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Schneller Meinungswechsel

Martin Rivoir (SPD), im Herbst 2015 als OB-Kandidat zur Schaffung von Ausnahmen vom gesetzlichen Alkoholverkaufsverbot im Land befragt:

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„Außerdem stehe ich weiterhin zu dem Landesgesetz.“

Die Baden-Wuerttembergische SPD, im Fruehjahr 2016 im Wahl-O-Mat zur Abschaffung des Alkoholverkaufsverbots im Land befragt:

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„Deswegen werden wir Alkoholverkaufsverbote ab 22 Uhr abschaffen.“

Warum man die SPD nun fuer die Abschaffung des Alkoholverkaufsverbots extra waehlen sollte, wo sie doch – genau wie die Gruenen, die diese Position ebenfalls im Wahl-O-Mat vertreten – seit beinahe sechs Jahren als Landesregierung bereits die Moeglichkeit dazu gehabt haetten, ist leider unklar.

Paperfunde: Wahlbetrug und Bill Clintons Zigarre

Die zwei Fundstuecke des Tages:

Klimek, Yegorov, Hanel & Turner: Statistical detection of systematic election irregularities

Wer sich mit Wahlmanipulationen wie Gerrymandering nicht zufrieden gibt, greift zu „haerteren“ Wahlfaelschungstechniken — aber wie deckt man diese auf? Klimek et al streifen kurz den (umstrittenen) Ansatz ueber Benford’s Law, bevor sie ein eigenes Modell vorstellen; zur Visualisierung eines „Fingerabdrucks“ werden Wahlbeteiligung und Wahlergebnis der Siegerpartei in ein 2D-Diagramm abgetragen. Man beachte die deutlichen Aussreisser bei der 100%/100%-Marke der Wahlen in Russland und Uganda…

Wer sich ueber den Fingerprint der Kanadischen Wahlen wundert: Quebec vs. anglophones Restkanada 🙂

(via fasel)

Zeitliche Zufaelle sorgten dafuer, dass plomlompom ein Paper fand, das ich vor kurzem gerne schon gekannt haette und sich mit der Frage beschaeftigt, was eigentlich als „Sex“ durchgeht. Verdacht: Clinton ist schuld daran! Tatsaechlich eher: Unsere Sprache ist viel zu unpraezise.

Hans, Gillen & Akande: Sex Redefined: The Reclassification of Oral-Genital Contact.

Professionals themselves use these terms inconsistently. For example, in some contexts, abstinence encompasses any and all sexual activity with oneself or others, but in others, it refers to a
more limited scope of behaviors, such as those that carrya risk of STD or may result in conception. Perhaps most infamously, President Bill Clinton played on the ambiguity concerning what behaviors constitute sex by emphatically stating at a White House press conference in January 1998 that he “did not have sexual relations” with a White House intern. Some considered this statement misleading when it later became known that oral-genital contact had occurred, yet many Americans shared the interpretation that President Clinton relied on

Die befragten Studierenden an der UKY teilten diese Ansicht offenbar auch: Nur 20,1% (m) bzw. 19,8% (w) der ProbandInnen wuerden Oral-Genital-Kontakt als „Sex“ bezeichnen — immerhin mehr als bei intensivem Kuessen (8,1%/4,9%), aber deutlich weniger als bei penil-analem (79,9%/77,7%) oder vaginal-analem Geschlechtsverkehr (96,0%/98,2%).

Ich haette gerne DesignerInnen, die einem per Baukasten ein menschliches Aequivalent zu Aircraft Safety Cards zusammenklicken lassen. Da darfs dann auch eine spezielle Karte fuer Sex geben, auf der besondere Eigenschaften des Modells verzeichnet sind, das einem gegenuebersteht. Problem geloest! \o/

Spannender Wahlabend

Mannometer. Da sitzt man zum zweiten Mal im Leben als Maeuschen auf einer Wahlparty, und irgendwie ist alles anders.

Waehrend man sich zur Bundestagswahl 09 ueber jeden Stimmbezirk mit mehr als 2% Piratenstimmen gefreut hatte, wurde heute jeder Bezirk _unter_ 2% mit leichter Enttaeuschung quittiert. Und das waren gar nicht mal so viele. Man scheint wohl in der Breite angekommen zu sein.

Die Abschaffung der Studiengebuehren und des Alkoholverkaufsverbots scheint derweil in greifbarer Naehe. Hoffen wir einmal, dass uns der doppelte d’Hondt keinen Strich durch die Rechnung macht.

(Stencil in der Rosi aufm Klo gesehen)

Bediente Klischees

Heute morgen am Theater gesehen: Irgendwie habe ich den Eindruck, dass sowohl CDU („Unser Land ist zu schade fuer Rot-Gruen-Rot“) als auch NPD (sinngemaess „Kein Islam-Unterricht an deutschen Schulen“) ganz aehnliche Akkorde auf der Gefuehlsklaviatur zu bedienen versuchen.

Dass keines der acht Plakate nach den Plakatierregeln der Stadt dort haengen duerfte, ist da nur Randnotiz — SPD und FDP ignorieren die nun schon seit Wochen gleichermassen konsequent.

Die „Kampfgruppe Kneipengaenger“ bedient derweil ganz andere Provokationsmechanismen, waehrend sie sich ueber „Rock gegen Gruen“ lustig macht. Pasteup gesehen auf dem Klo der Olgabar.

Zugzwang und Vertrauensfrage

Manchmal sitzt man einfach da und fragt sich, ob das Gegenueber eigentlich bis zum Ende durchgedacht hat, was es da tut.

So geht es mir momentan bei einer Kandidatur fuer den Senat der Universitaet Ulm. Als BaWue-Uni mit Pseudo-AStA gab es hier lange Zeit einen UStA, bis dieses Modell 1999 unter Federfuehrung von BCW durch ein unabhaengiges Konstrukt namens StuVe samt Traegerverein TStuVe ersetzt wurde. Dieses Modell ist zwar einerseits vollkommen unabhaengig — der TStuVe e.V. kann selbstaendig Geld verwalten, die StuVe besteht aus Fachschaftsvertretern und dem AStA, den sie formal beraet und der letztlich nur nochmals die Beschluesse bestaetigt — aber auch komplett darauf angewiesen, dass alle studentischen AStA-Kandidaten das U-Modell anerkennen und aktiv unterstuetzen. Oder anders gesagt: Wenn einzelne Studierende versuchen, ihre Absichten ausserhalb des U-Modells durchzusetzen, unterlaufen sie damit den Vertretungsanspruch der StuVe sowie das Modell an sich. Genau dies ist aktuell der Fall.

Zu dem ganzen Wahlvorlauf gehoert naemlich auch, dass zwei studentische Vertreter in den Senat gewaehlt werden sollen. Im Sinne des U-Modells liegt das Vorschlagsrecht hier natuerlich ebenfalls wieder bei der StuVe: Die Senatoren sollen die Entscheidungen der StuVe vertreten, und deswegen werden die Kandidaten auch nach dem Gesichtspunkt der Vertrauenswuerdigkeit gewaehlt und im Vorfeld in groesserer Runde befragt. Am Ende kann die StuVe entweder genau zwei Kandidaten ins Rennen schicken, oder die Studierenden zwei aus vier Kandidaten waehlen lassen, oder gar zwei Listen fuer sich antreten lassen — der Kreativitaet sind hier kaum Grenzen gesetzt.

Eine Grenze gibt es jedoch: Die Wahlvorschlaege fuer den Senat „duerfen“ aus den oben genannten Gruenden nur von der StuVe kommen. Im Vorfeld werden deshalb auch immer alle Kandidaten befragt, ob sie hinter dem U-Modell stehen und ob sie fuer eine andere Senatorenliste kandidieren wuerden, wenn sie nicht von der StuVe aufgestellt werden wuerden.

Vor diesem Hintergrund weiss ich nicht, ob die Aufsteller der aktuellen Gegenkandidatur-Liste viel nachgedacht haben. Zumindest ein Kandidat wird angesichts seiner — offensichtlich falschen — Aussagen zu U-Modell und Konkurrenzliste seine Glaubwuerdigkeit verspielt haben. Und nicht zuletzt sollten sich die Gegenkandidaten bewusst machen, dass ihr Antreten fuer die StuVe einen direkten Angriff bedeutet, der sie in einen fatalen Zugzwang versetzt. Unternimmt sie nichts gegen diese Attacke, stellt sie ihr grundliegendes Modell und damit ihre Existenz in Frage. Ihr bleibt also keine andere Wahl als der gezielte Gegenangriff, um zu ueberleben.

Ich bin gespannt, wie beide Seiten mit der Situation umgehen werden.

Die Qual der Wahl

Morgen ist Buergermeisterwahl in Altenstadt — vier Jahre zu frueh, eigentlich, nachdem der langjaehrige Amtsinhaber Gustav Schloegel im vergangenen Herbst nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben war. Die Rathausfraktionen aus CSU, SPD und Freien Waehlern waren sich ungewohnt einig bei der Nominierung eines Nachfolgekandidaten: Wolfgang Hoess soll es werden, der bislang in der kommunalen Verwaltung taetig war.

So viel Einigkeit warf natuerlich Fragen auf: Ein Wunschkandidat aller Fraktionen? Ob man da nur einen wohlgesonnenen „Abnicker“ haben wolle, der auch ja den Zielen der altgedienten Marktraete nicht im Weg stehen wuerde? Bald wurde ein Einzelhaendler aus dem Ort als Gegenkandidat ins Spiel gebracht — der aber noch auf der potentiellen Nominierungsversammlung das Handtuch warf.

Auf derselben Veranstaltung fiel dann auch kurz darauf ein weiterer Name: Norbert Baumgaertner, der in Altenstadt als Versteigerer ansaessig ist und zu den groessten Gewerbesteuerzahlern gehoert (oder sogar der groesste? Ich weiss es nicht.) Der fuehlte sich aber erst einmal ueberrumpelt und lehnte ab — die Nominierungsfrist verstrich, und so wird nur Hoess auf dem Stimmzettel stehen.

Das bayerische Kommunalwahlrecht kennt hier aber eine Besonderheit: Falls nur ein Kandidat fuer das Buergermeisteramt auf dem Stimmzettel steht, kann der Waehler eine beliebige andere Person haendisch eintragen. Und so wurde Baumgaertner von diversen anderen Buergern bedraengt, er moege doch auch offiziell seinen Hut in den Ring werfen — was dieser schlussendlich auch tat. In einem ruehrigen „Forum“, dessen Betreiber nur halbherzig ihre Wunschpraeferenz kaschieren, kommt sowohl der inoffizielle Kandidat als auch — per Karikatur — der vermutete Buergerwille zur Sprache. Die Wahl wird morgen wohl fuer Hoess ausfallen, interessant wird es aber allemal werden.

Interessant am Rande: Die Illertisser Zeitung wollte Baumgaertner gar nicht erst interviewen. Das naehrt natuerlich die oben genannten „Filzmunkeleien“ nur weiter. Und noch eins am Rande: Den von Baumgaertner genannten Vorgang auf der Raiffeisen-Mitgliederversammlung habe ich ebenfalls mitbekommen, und mich haetten die von ihm gestellten Fragen ebenfalls interessiert. Ich fuehle mich versucht, die RaiBa-Vorstandschaft ein wenig zu piesacken…

Wahlnachbereitung (ein rotes Fotodrama)

Interessant ist nach Wahlen fuer mich auch immer, wie die Medien die Informationen aufbereiten. Und dieses Mal geht ein ganz grosses Kudos an die SWP, die eine interaktive dpa-infokom-Karte direkt auf die Startseite gelegt hat, mittels derer man sich durch alle Stimmbezirke klicken und die Verhaeltnisse anzeigen lassen kann. Die Augsburger Allgemeine meint dagegen, mit (unvollstaendigen) Ergebnislisten auskommen zu koennen (Screenshot oben) — die Zeiten duerften aber mittlerweile endgueltig vorbei sein.

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Interessant war auch, wie das Wahlergebnis in Ulm wahrgenommen wurde. Die Piraten feierten stilecht: Im Keller.

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Andi, Besitzer der Kultbar, hatte eingeladen, und ab 1500 Uhr trudelten die ersten Piratenshirttraeger ein. Die Uebertragung des Bundesradios klappte mangels Laptop mit AV-Ausgang nicht, deshalb wartete man (mittlerweile mit ziemlich voller Kultbar) auf das Ergebnis im ZDF.

Warten auf die Exit Polls

Das war irgendwie erstaunlich unspektakulaer: Es wurde wie erwartet schwarz-gelb, und wie (zumindest von mir) erwartet waren die Piraten ziemlich sicher nicht ueber die 5%-Huerde gekommen. Interessant war eigentlich nur noch das tatsaechliche Abschneiden der SPD und der Piraten.

In der Zill feierte die SPD — beziehungsweise sie feierte eben nicht. Ich hatte zwei wahlkaempfenden Ex-Kollegen schon vorher versprochen, noch auf ein Bier vorbeizukommen und den Wahlkampf zu begiessen. Die Stimmung dort war ziemlich begraebnisartig, vor allem, als langsam die ersten Ergebnisse aus dem Wahlkreis Ulm eintrudelten, Hilde Mattheis war schon nach Berlin entschwebt. Aus Respekt keine Fotos ;)

Mit Simon und Joe traf ich mich dann noch am Rathaus, um dort mal zu schauen, wie sehr die beiden in Piratenshirt und… Joes normalem Outfit auffallen wuerden. Die JUler beaeugten das jedenfalls kritisch, behaupteten aber immerhin, piratische Themen zukuenftig in die Partei tragen zu wollen. Bei einem abgestaubten Weinchen (von dem ich immer noch nicht weiss, ob ich das ueberhaupt haette haben duerfen) ein wenig bekannten Gesichtern von den jungen Gruenen, JuLis und den mittlerweile im Rathaus eingetroffenen SPDlern zugenickt und insgesamt den Eindruck gehabt, dass die meisten nur herumstanden, um von Journalisten angesprochen zu werden und ansonsten die politische Konkurrenz abschaetzig begutachteten.

Die SPD faellt ein

Auch in der Kultbar war bei meiner Rueckkehr nur noch der harte Kern uebrig, der dann aber gegen spaeter nochmal verstaerkt wurde, als sich die uebrig gebliebenen Jusos mit einem Gegenbesuch revanchierten. Im Bild versucht Sebbe H. (SPD, links) Simon (PIRATEN, rechts) zu erklaeren, warum es in de_dust auch in Zukunft kein Wahllokal geben wird.

Galgenhumor

Andere versuchten sich das Wahlergebnis schoenzusaufen. Ingo (Juso-Vorstand, rechts) war uebrigens der einzige WoW-Spieler im Raum, das muss mal vermerkt werden.

Aua

Als dann bekannt wurde, dass die FDP bei den Zweitstimmen die SPD in Ulm ueberholt hatte, wollte Sebbe nicht mehr.

Frustsaufen

Es muss wirklich frustrierend sein, und ich will nicht in der Haut der Jusos stecken, die wirklich wochen- und monatelang Vollgas gegeben haben. Aber es sieht so aus, als wuerden nun auch Konsequenzen gezogen werden. Hoffen wir’s.

Wen waehlen?

Alvar Freude hat mal wieder zugeschlagen: Auf wen-waehlen.de wurden alle(!) Bewerber darum gebeten, einen umfangreichen Fragebogen zu verschiedensten politischen Themen auszufuellen. Die Antworten sind sehr erhellend, so habe ich jetzt noch einen weiteren (aussichtsreicheren) Kandidaten fuer meine Erststimme auf dem Radar, und ein anderer Kandidat, den ich bislang empfohlen habe, ist in meiner Gunst aufgrund einzelner Aussagen recht arg gesunken.

Erschreckend ist allemal, dass im Wahlkreis Ulm kaum ein Kandidat den Fragebogen ausgefuellt hat, und auch in NU haben sich Ekin Deligoez und — wenig ueberraschend — Dr. Georg Nuesslein nicht internetoeffentlich geaeussert. Gluecklicherweise gibt es da aber ein E-Mail-Feld, mit dem man den Druck ein wenig erhoehen kann. Haut rein.

Nicht zuletzt auch noch der Hinweis auf die Hinweise von wahlrecht.de, wie man Erst- und Zweitstimme optimal einsetzt.

Was tun mit alten Wahlplakaten?

Wenn am Sonntag die Wahl gelaufen ist, sind die droelftausend Millionen Wahlplakate auf einen Schlag ueberfluessig, die gerade wirklich ueberall rumhaengen und das Landschaftsbild, aehm, gestalten. Man kann es den Abplakatiertrupps aber auch ein wenig einfacher machen, indem man ab Sonntag abend das eine oder andere Plakat einfach mitnimmt.

Jetzt ist es eher unwahrscheinlich dass man sich eine Hilde oder einen Georg ins Wohnzimmer haengen moechte, die Kunststoff-Hohlkammerplakate kann man aber kreativ zweitverwerten. Beispielsweise, indem man ein Vogelhaus daraus baut. Und Hobbyfotografen koennen sich daraus einen Wabenvorsatz (Grid) fuer das Blitzgeraet bauen, anstatt teures Geld fuer einen fertigen Vorsatz auszugeben.

Das funktioniert mit allen Hohlkammerplakaten, die durchgehende Kammern haben. Die Piratenplakate haben eine andere Technik mit Kreisen, da funktioniert das nicht. Aber die wird sich der eine oder andere — im Gegensatz zur Annette — vielleicht sogar zuhause aufhaengen wollen.

Und immer daran denken: Beim Abplakatieren immer so tun, als duerfe man das. Auf die Weise bin ich nach den Kommunalwahlen ‘07 angetrunken mit einem Ivo auf dem Sitz neben mir im ersten Zug nach Hause gefahren, und keiner hat was gesagt.