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Dichterkrieg im Roxy

Ich hatte ja vorab so leichte Zweifel, ob man mit dem Ulmer Poetry Slam, der bislang die Podium.bar des Theaters mit ihren 180 Plaetzen maximal ausfuellte, auch das Roxy fuellen koennen wuerde. Zumindest waren selbst eine halbe Stunde vor Beginn noch ganz regulaer ermaessigte Karten zu haben — im Theater waere das praktisch unmoeglich gewesen, dort war schon drei Wochen vor jedem Slam alles ausverkauft (und man bekam an der Theaterkasse auch vorab ermaessigte Karten, was im Roxy wieder nur mit der fuer Studierende nur leidlich interessanten Abomax-Karte funktioniert)

Die Zweifel verflogen aber, je naeher der Beginn rueckte: In Ulm kann man also erwiesenermassen rund 600 Gaeste zu einem Poetry Slam bewegen, und wie fast immer waeen die meisten von ihnen Slamneulinge, die erst einmal einer anfaenglichen Unterweisung bedurften.

Die kam dieses Mal von einem ganz anderen Moderatorenduo. Rayl Patzak wird aus gesundheitlichen Gruenden nach seiner nun beinahe ein Jahr waehrenden Abstinenz anscheinend gar keine Slams mehr moderieren, und so fuehrte Ko Bylanzky im Roxy mit Science-Slam-Moderatorin Dana Hoffmann durch den Abend. Das war stellenweise ein wenig holprig anzuhoeren — Ko und Rayl hatte ich ueber zwei Jahre lang mit ihrem Monat fuer Monat quasi text-identischen Einfuehrungsvortrag erlebt, und vor dem Hintergrund „hakte“ es jedes Mal merkbar, wenn Ko Baelle spielte, die Dana dann in ganz andere Richtungen weiterpasste oder Ansagen machte, die so gar nicht ins Poetry-Slam-Schema passen wollten. Vielleicht haette es geholfen, vorab ein paar Mal als Gast auf einem Slam gewesen zu sein.

Den Einstand der SlammerInnen fand indes nicht nur ich sehr gelungen: Clara Nielsen kann sich ruehmen, nicht nur beim allerersten Slam im Theater, sondern nun auch im Roxy brilliert zu haben; Max Steiner ist als einer der wenigen lokalen Slammer in Text und Vortrag ganz gewaltig gewachsen; und eine mir bis gestern gaenzlich unbekannte Almuth Nitsch von Kerry (die laut Internetz seit Jahren slamt, unter anderem mit Tilman Doering) waere so meine Lieblingsslammerin fuer eine Videoveroeffentlichung abseits des Finales. Und wenn der Local aus Babenhausen den Vortrag seiner in ihrer politischen Unsubtilitaet hervorstechenden Texte noch weiter uebt, kann vielleicht irgendwann auch er im Finale stehen, vielleicht dann zusammen mit Max Kennel, der ebenfalls ungewohnt politisch unterwegs war.

Und weil das der Ueberraschungen nicht genug war: Franziska Holzheimer vollzog nicht nur optisch durch einen Stilwechsel, sondern sprach einen Text ganz (fuer sie) anderer Art, den man sich vermutlich noch mindestens drei Mal anhoeren muesste, um ihn ganz erfassen zu koennen. Wobei sie mit ihrer Stimme vermutlich auch durch das Vorlesen von Packungsbeilagen ein Publikum fesseln koennte. Das waer mal ein Podcastformat: Franziska Holzheimer und Patrick Salmen lesen den Bundesanzeiger vor. Ich wuerd’s abonnieren.

Abschließend: Um 2200 Uhr einen Slam hinter anstatt vor sich zu haben, ist dann doch ungewohnt, aber auf angenehme Weise. Ich hatte noch Zeit, ausgiebig mit Michael Sommer, Martin Wegen und Ko zu quatschen und vor allem mit Ersterem „endlich“ einmal rein als Zuschauer einen Slam zu erleben, nachdem der SWP als Medienpartner des Slams das Aufzeichnungsangebot von Micha und mir zu teuer war. Abgesehen vom Dead or Alive und einigen noch herumliegenden Perlen wird es auf unserem Kanal also erst einmal keine Slamvideos mehr geben — dafuer im Laufe des Jahres voraussichtlich ein paar ganz andere Sachen. Wenn ihr darauf genauso gespannt seid wie ich darauf, was die SWP aus den Slamvideos macht, freu ich mich schon 🙂

Der Tag der Brandschutztuere

Ich breche ab. Da bin ich ne Stunde beim Essen, und schon ist die Twitter-Timeline voller Anspielungen auf eine Stahltuere.

Was ist passiert? Ein paar Aktivisten hatten symbolischerweise den Suedfluegel des Stuttgarter Bahnhofs besetzt. Eigentlich wollte man den dann irgendwann mal wieder friedlich verlassen, nur ging dann eine Brandschutztuer nicht mehr auf, und die Polizei versuchte, eben diese Tuer zu ueberwinden. Und weil @tilman36 das gleich mitgefilmt hat, konnte man den Tueroeffnungsversuch auch im Internet verfolgen. Live. Ueber eine Stunde lang. Der Feuerwehrler in mir, dem das schnelle und effiziente Tueroeffnen beigebracht wurde, hat dann schon etwas lachen muessen, als er die Aufzeichnung gesehen hat (ab ca. 1:30 wirds laut).

Eine ganz neue Form von Reality-TV. Von den etablierten Medien hatte das natuerlich keiner, bis jetzt.

PS: Brandschutztueren haben ja gewisse Feuerwiderstandsklassen. Feuerhemmend F30 heisst beispielsweise, dass die Tuer 30 Minuten lang einer Brandbeaufschlagung widerstehen kann. Die besagte Tuer ist dann wohl hochpolizeihemmend P60 😉

Danke fuer die Links an @sebaso!

Crossmedia fatal

Die SWP hatte heute ein zweiseitiges Feature ueber Stuttgart 21 in der Printausgabe. Seite 4/5, Filetstueck also, mehrere Themen jeweils aus Sicht der Befuerworter und der Gegner argumentiert.

Im Layout sieht das klasse aus. Die Texte aussen um erlaeuternde Grafiken zum raeumlichen Zusammenhang in Stuttgart selbst, zur Neubaustrecke Ulm-Wendlingen, eine Zeitleiste der Entscheidungen, Diagramme… wunderhuebsch.

Und was davon wurde fuer Online weitergesponnen, dem Medium entsprechend aufbereitet und eingestellt?

NICHTS!

Es gibt eine Einstiegsseite mit Bild, Teaser und Link auf eine Uebersichtsseite, auf der lieblos Links zu den einzelnen Texten geklatscht sind, die Texte sind lieblos in neue Artikel geklatscht, es gibt keine Karte, keine Grafik, kein Bild, nicht mal recyclete Klickstrecken, kurz gesagt, es gibt einen SCHEISSDRECK zu sehen.

Bis auf die rechte Spalte natuerlich, samt Twitter und Facebook und RSS, und Wetterbericht und Branchenbuch, und Nachtleben in Ulm, und Todesanzeigen.

Ich wuerde ja normal gar nichts sagen — ich weiss mittlerweile aus erster Hand, wie wenig Zeit man in einer Onlineredaktion neben Content Management und dem normalen Tagesgeschaeft fuer Sonderaktionen hat; dass man nicht mal eben ein Flashpaket aus der Luft zaubern kann, und ich weiss auch, in welchen Parallelwelten Print- und Onlineredaktion oft nebeneinander her arbeiten. Aber gestern abend ging es in einem Gespraech um genau solche Punkte, und waehrend ich auf bislang nicht genutzte Erzaehlformen, Experimente und volle Ausnutzung des Mediums aus war, hoerte ich immer nur „monetarisieren“, „kein Geld“ und sonstiges Zeug, das mir Gaensehaut bereitete.

Ich glaube, ich geh mich jetzt besaufen.

Aktuell: Hosentaschenkamera

Nur so kurz zwischenrein: Ich habe mir ja vor ein paar Wochen die Kodak Zi6 recht guenstig gekauft, um eine immer-dabei-Videokamera mit HD zu haben, und sie hat sich bislang auch beim Poetry Slam relativ gut bewaehrt. Einzige Mankos aus bisherigen Erfahrungen: Nicht schlechtwettertauglich (wie bei dem Schneetreiben neulich festgestellt) und es gibt keine Anschlussmoeglichkeit fuer ein Netzteil.

Beides soll die Zx1, ebenfalls von Kodak, beheben. Das Teil ist spruehwassergeschuetzt (IP 43) und hat auch eine Hohlsteckerbuchse, um das Teil ueber laengere Zeit mit Saft versorgen zu koennen. Das allein waere kein Grund, das hier breitzutreten, aber bei Amazon gibt es die Kamera (samt Fernbedienung!) als „Deal der Woche“ fuer 69 EUR, (Partnerlink) was nur ganz wenig mehr ist, als ich fuer die Zi6 bezahlt habe.

Vielleicht ist das ja also etwas fuer den einen oder anderen 😉

Neues vom Poetry Slam

In den letzten Wochen konnte ich allen Widrigkeiten zum Trotz endlich die neue Videoschnittmaschine bei team-ulm in Betrieb nehmen — erst hatten wir vier Wochen lang auf die fehlenden Platten, Gehaeuse und Grafikkarte warten muessen, weil letztere nicht lieferbar war, und dann fehlte beim Gehaeuse der komplette Schraubensatz und die Plattenrahmen.

Nun werkelt die Kiste fleissig vor sich hin, und nachdem sie nach Vorlage des DIY7-Systems bei den Videoguys entstanden ist, steckt da auch ordentlich Dampf dahinter: Im Inneren steckt ein Intel Core i7 in einem Asus P6T V2 Deluxe, und 2*3 GB RAM und ein eigenes RAID-0 mit 2*1 TB nur fuer die Videodaten sorgen fuer den richtigen Durchsatz. Auf so einer Kiste kann man nun auch muehelos HD in voller Aufloesung schneiden, das macht richtig Spass 🙂

Nachdem nun auch die Speicherplatzprobleme endlich behoben sind, konnte ich mich auch endlich der Videos vom Dezember-Slam annehmen, die bis dato nur auf externer Platte lagen. Und weil mir der Text von Bibercap sogar noch besser gefallen hat als die der jeweiligen Rundensieger, habe ich einfach mal beschlossen, ihn zuerst fertig zu machen und hochzuladen. Viel Spass damit 😉

PS: Alle anderen Videos der Ulmer Slams gibts am besten in meinem Vimeo-Stream.

Krisensichere Aufklaerung

Und noch einmal so ein Aha-Erlebnis: Freiwillige des Openstreetmap-Projekts haben sich quasi ueber nacht des bislang kaum kartographierten Haiti angenommen und in den vergangenen Tagen in fuenf-Minuten-Intervallen neue Datensaetze bereitgestellt — auch fuer Garmin-Navigationsgeraete, die damit sogar den Weg von A nach B berechnen koennen. Und auch das zu diretto verwandte Ushahidi stellt eine eigene Seite bereit, um Ereignisse verorten zu koennen.

Ushahidi hatte Benni in den letzten Wochen schon schlaflose Naechte bereitet. Bislang war das vollkommen ausserhalb unseres Radars gewesen, seit einigen Wochen taucht es aber immer wieder in irgendwelchen Features auf und war nun auch wieder im Blickpunkt u.a. von Netzpolitik. Der Fokus liegt bei Ushahidi aber immer noch auf Textnachrichten, die hauptsaechlich per SMS abgesetzt werden sollen — mit dem Nebeneffekt, dass man groesstenteils von funktionierenden GSM-Netzwerken abhaengig ist, die auf Haiti natuerlich erst einmal ausgefallen waren. Trotzdem einmal interessant, so etwas in Action zu sehen, vor allem in diesem riesigen Massstab, dem gegenueber das — momentan fuer raeumlich deutlich eingeschraenkterere Lagen gedachte — diretto recht winzig aussieht. Es wird auch sicher interessant werden, das Konzept des ausgelagerten Stabes einmal im KatSchutz-Szenario umzusetzen, beispielsweise bei einer Waldbranduebung mit „echten“ Kraeften vor Ort.

Wir konzentrieren uns derweil erst einmal auf den Ansatz, unseren Uplink Devices ihr eigenes Netz mitzugeben, egal ob das nun ueber WLAN, TETRA oder WiMAX umgesetzt wird. Wie Simon Columbus naemlich ganz richtig erkennt: So ueberwaeltigend der Einsatz der ueber das Netz organisierten Spender und freiwilligen Helfer ist, so verfrueht sind die Jubelrufe, die hier das „soziale“ Netz in den Himmel loben. Letztendlich braucht es immer noch Einsatzkraefte vor Ort, die die zu verarbeitenden Daten sammeln, um eventuell spaeter von einer community-aufgewerteten Fassung profitieren zu koennen. Schauen wir mal, dass wir ihnen ein geeignetes Werkzeug bauen 😉

diretto — Technische Details

Da in den Kommentaren schon spekuliert wurde, ein paar Punkte zur diretto-Implementierung, wie wir sie uns derzeit vorstellen:

  • Ein Netbook als Basis fuer das uplink device war auch bei uns die erste Idee. Mittlerweile halten auch die Akkus lang genug, wie wir uns das denken, und natuerlich ist auch gleich ein Bildschirm und eine Tastatur dabei, so dass man auf dem Ding auch mobil direkt am System arbeiten koennte.
    Den Bildschirm muesste man dann aber wieder besonders vor Umwelteinfluessen schuetzen, und beim Wasserschutz steht man ziemlich schnell vor dem Problem, dass man nicht weiss, wohin man mit der Abwaerme soll. Im Idealfall koennte man einen Nettop passiv ueber das Schutzgehaeuse kuehlen. Da muss ich mir aber noch Gedanken machen.
  • Das uplink device soll, wie Flo erkannt hat, regelmaessig seine Position mitloggen. Das ist auch dann interessant, wenn der Rucksacktraeger eine Videokamera verwendet und der Fotograf ein wenig abgesetzt operiert — hinterher kann man so Videobild und Standort synchronisieren, was ja sonst nicht ginge.
  • Benjamin hatte die Tage auch einen netten Einfall, wie man auch mit einem Nettop HCI ueber akustisches Feedback per Headset hinaus machen koennte. Da verrate ich aber noch nix, das muss erst getestet werden, bevor wir Sachen versprechen koennen.

Das Sendestudio, nicht nur im Rucksack

Bevor jemand meint, die Idee des direkt uebertragenden Fotografensystems sei bereits wieder gestorben: Ist sie nicht. Wir sind nur gerade noch nicht so ganz sicher, welchen Weg wir einschlagen sollen.

Auf der Zugfahrt nach Koeln und zurueck hatte ich neben der Korrektur von Uebungsaufgaben auch Zeit dafuer, mir die Aufzeichnungen einiger 26C3-Vortraege anzusehen, unter anderem die Nachbereitung der „Ereignisse des 12.9.“, und mir gefiel, was ich da sah. Also natuerlich nicht, nochmal aus unzaehligen Blickwinkeln Polizeigewalt zu sehen, sondern dass die Idee eines direkt uebertragenden Dokumentationssystems gut zu sein scheint. Neben dem FSA-Vortrag klang fuer mich auch im Street-Photography-Vortrag des dpd-Fotografen und dem spassig-peinlichen Unbild-Projektvortrag der Wunsch mit, manchmal auch mal direkt alle Fotos in Sicherheit zu bekommen, ohne eine Beschlagnahme befuerchten zu muessen.

Mit diesen Erkenntnisen begann aber noch einmal das Gruebeln, denn auch bei einem Feuerwehreinsatz neulich fielen mir einige Punkte auf, die ich vorher nicht bedacht hatte, und die die Umsetzung nicht einfacher machen werden:

  • Es ist sehr schwierig, zeitliche und raeumliche Ablaeufe im Nachhinein zu rekonstruieren, wenn nicht sofort mitprotokolliert wird, besonders wenn neue Ereignisse dazukommen, die der Aufmerksamkeit beduerfen.
  • Schriftliche Dokumentation erfordert die volle Aufmerksamkeit und nimmt Zeit in Anspruch.
  • Muendliche Dokumentation funktioniert relativ gut, wenn (mit Zeitcode) mitgeschnitten wird oder die Einsatzbegleitung (der Feuerwehr) die Meldungen mit Zeitstempel sofort ins Einsatztagebuch transkribiert.
  • Ich hatte den Eindruck, dass insbesondere bei der FSA-Aufarbeitung die Videoaufzeichnungen deutlich wertvoller waren, um schnelle Handlungsabfolgen nachvollziehen zu koennen. Bei Fotos waeren hier Serienbilder notwendig, um die Abfolge erkennen zu koennen.
  • Wenn ich Andy Mueller-Maguhn richtig verstanden habe, waren auch die Audiospuren der Filmaufzeichnungen im Nachhinein relativ wertvoll. Hier war man aber offenbar vielfach verleitet, auf die Audiospur die eigene Interpretation der Handlungen aufzusprechen, die mangels Ueberblick ueber die Gesamtsituation quasi immer vorurteilsbehaftet ist.

Da das Ganze nun als diretto im Rahmen unseres Anwendungsfaches umgesetzt werden soll, muessen wir uns jetzt anhand dieser Bedingungen erst einmal gut ueberlegen, was unsere Implementation am Ende koennen soll. Was ich mir so ueberlegt habe:

  • Zeitsynchronisierung, um auf jeden Fall immer korrekte Zeitstempel in allen Medien zu haben
  • Uebertragung beliebiger (vorerst einmal nicht gestreamter) Medien, was die Bandbreite hergibt, an ein Lagezentrum oder externe Speicher (Text, Bild), samt Metainformationen (Ort, Zeit, Ausrichtung, Prioritaet)
  • eventuell auch das Setzen von Cue-Punkten (Kamera ein, Kamera aus)
  • Vorausschauende Unterstuetzung von Smartphones, ohne momentan sonderlich viel Zeit darauf zu verwenden, da die Kameras immer noch zu schlecht sind und die Uebertragungsmoeglichkeit per MMS oder UMTS unkritisch ist
  • Spaetere Verfeinerung von Medien, bei denen Aufnahmeort und -Zeit nicht ganz sicher sind (vor Ereignis X, nach Ereignis Y)
  • Verschlagwortung der einzelnen Medien

…und letztendlich stellt sich nun auch die Frage, in welche Richtung das Ganze gehen soll. Meine urspruengliche Idee drehte sich ja nur darum, die Daten sicher zu verteilen, entweder per Ad-hoc-WLAN-Meshrouting oder per UMTS — der jetzige Entwurf laesst das konkrete Endgeraet aber erst einmal links liegen und fokussiert sich hauptsaechlich auf die Datenhaltung, um sowohl live als auch in der Nachbereitung Zusammenhaenge feststellen zu koennen.Benni haengt sich nun schon seit Wochen voll rein, um gerade dieses System hinzubekommen und ruft mich auch schon einmal Mitternachts an, weil er fuerchtet, gescoopt worden zu sein — und ich versteife mich dann wieder auf Detailfragen und Ideen, wie das Rucksackgeraet nun aussehen koennte.

Am Montag muessen wir den Projektvorschlag einreichen — mal sehen, was es im Endeffekt wird 😉

HD aus der Hosentasche

Gestern war wieder Poetry Slam, und natuerlich waren Micha und ich wieder am Start, um das ganze auch aufzuzeichnen. Bislang haben wir das ganze mit einer 5d Mark II (in HD) und einer XM 2 (in SD) aufgenommen, der Ton kommt vom Line-Ausgang des Mischpults direkt in den Zoom H2.

Die XM2 hat mich schon eine ganze Weile gestoert. Erstens kann sie nur SD, zweitens zeichnet sie auf miniDV auf (das Ueberspielen uebernimmt zum Glueck Michael Sommer vom Theater Ulm) und drittens bringt sie einige Kilogramm auf die Waage und mir tut hinterher der Arm weh. Meh.

Micha hatte gestern nun seine kleine Panasonic TZ7 mitgebracht, und ich kann nur sagen, Scheisse, ist das ein geiles Teil! 720p-Videos koennen wahlweise als MJPEG oder AVCHD gespeichert werden, die Audiospur des Stereomikrofons klingt ueberraschend gut und auch Zoomen und Nachfokussieren ist waehrend der Aufnahme problemlos moeglich. Und das bei einem Preis von knapp 280 EUR fuer eine Hosentaschenkamera.

Ich bin mal gespannt, wie sich AVCHD auf den Workflow beim Schneiden auswirkt, und auch auf das Endergebnis. Da ich nur das Finale mit der TZ7 gefilmt habe (und komisch angesehen wurde, als ich den Henkelmann gegen eine P&S getauscht habe), wird nur ein einzelnes Video durchgehend in HD sein — der Rest lohnt sich jedoch auch, es war ein tolles Lineup am Start ;)

//edit: Hier mal ein Video, das den Zoomumfang der TZ7 verdeutlicht:

Das Sendestudio im Rucksack

Die Idee fuer dieses Konzept entstand erstmals, als Claus und ich die Geschehnisse im Rahmen der NPD-Demonstration am 1. Mai in Ulm und die dazugehoerigen Gegendemonstrationen per Kamera mehr oder weniger live dokumentieren wollten. Im Endeffekt war es ein abwechselndes Fotografieren und Hochladen der Bilder, was aber nicht wirklich befriedigend war.

So kam also zunaechst die Idee auf, die Bilder direkt nach ihrem Entstehen auf das Netbook im Rucksack zu uebertragen und von dort aus samt Geotag zur Redaktion weiterzuleiten. Langsam reifte diese Idee weiter und fuehrte schliesslich zu einem Konzept, Journalisten in moeglicherweise feindlich gesinntem Umfeld (Stichwort Iran) die Moeglichkeit zu bieten, Bilddokumentation direkt und sicher weiterzuleiten, sich eventuell mit anderen Reportern zu koordinieren und dabei moeglichst wenig aufzufallen. Ein weiteres Anwendungsfeld waere beispielsweise eine verteilte mobile Bestandsaufnahme nach Grossschadenslagen, bei denen Katastrophenschutzeinheiten und Feuerwehr auch nach Ausfall der normalen Fernmeldeinfrastruktur eine schnelle und flaechendeckende Erkundung des betroffenen Gebiets durchfuehren koennen.

Scr300

An solch ein System werden harte Anforderungen gestellt. Es muss vor allem in jeder Hinsicht robust sein: Gegen mechanische Belastung wie Schlaege, fallende Gegenstaende sowie Hitze- und Feuchtigkeitseinwirkung muss es ebenso geschuetzt sein wie vor elektromagnetischen Stoerquellen, wie sie beispielsweise durch beschaedigte Hochspannungs- oder Sendeanlagen in Erdbebengebieten prinzipiell vorkommen koennen. Der Uebertragungsweg muss ebenso robust sein: Einerseits muss er den Ausfall beispielsweise des UMTS-Netzes verkraften koennen und alternative Uebertragungswege beispielsweise ueber WLAN- oder Bluetooth-Meshing mit anderen solchen Rucksaecken ermoeglichen und eine sichere Uebertragung garantieren, andererseits muss auch gewaehrleistet sein, dass Dritte die Informationen auf dem Weg nicht abfangen, einsehen oder aendern koennen. Da gerade in Krisengebieten eine Stromversorgung nicht staendig gesichert ist, sollten die uebertragenen Daten stets auf mehrere Standorte verteilt gesichert werden, um bei Ausfall eines Speicherortes die Daten noch an den anderen Orten zur Verfuegung zu haben. Eine lange Einsatzdauer ist Pflichtvoraussetzung, ohne dabei den Benutzer durch furchtbar schwere Akkupacks unnoetig koerperlich zu belasten. Schlussendlich muss der Benutzer Probleme wie zur Neige gehende Akkukapazitaet, Uebertragungsfehler oder dergleichen sicher angezeigt bekommen, eventuell ist auch ein Rueckkanal von der Leitstelle zum Benutzer denkbar.

Da hier mehrere klassische Ubicomp-Themengebiete zum Tragen kommen (Trust, Security etc.) sieht es derzeit so aus, als koennte ich eine Beispielumsetzung in meinem Anwendungsfach realisieren. Natuerlich laesst sich jedes Problem einfach loesen, indem man es mit ausreichend Geld bewirft (alte Ingenieursweisheit), in diesem Fall steht aber natuerlich auch ein guenstiger Preis im Pflichtenheft. Fuer Feedback und Input bin ich auf jeden Fall immer offen :)

Dass solch ein System prinzipiell auch in der Lage waere, polizeiliche Uebergriffe auf Demonstrationen zu dokumentieren und sicher an mehrere unabhaengige Orte zur spaeteren gerichtlichen Verwertung zu uebertragen, ist tatsaechlich reiner Zufall, aber nicht unwillkommen.