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Science: Jetzt mit Puder

Dies ist das offizielle Video der EU-Kampagne „Science: It’s a Girl Thing!“.

Wer sich mit wissenschaftlichen Publikationen um das Thema Gender vor allem in Bezug auf die MINT/STEM-Faecher beschaeftigt (die hier offenkundig eine Rolle spielen sollen), koennte beispielsweise ueber D.E. Betz and D. Sekaquaptewa: “My Fair Physicist? Feminine Math and Science Role Models Demotivate Young Girls” (in: Social Psychology and Personality Science, 4/2012) stolpern. Das Paper ist ausserhalb von Unis mit sauteurem Sagepub-Abo leider nur gegen Kohle verfuegbar, wer’s lesen will… klopfe mal. Auszug aus dem Abstract:

Women in science, technology, engineering, and mathematics (STEM) are labeled unfeminine, a costly social label that may discourage female students from pursuing these fields. Challenges to this stereotype include feminine STEM role models, but their counterstereotypic-yet-feminine success may actually be demotivating, particularly to young girls. Study 1 showed that feminine STEM role models reduced middle school girls’ current math interest, self-rated ability, and success expectations relative to gender-neutral STEM role models and depressed future plans to study math among STEM-disidentified girls. These results did not extend to feminine role models displaying general (not STEM-specific) school success, indicating that feminine cues were not driving negative outcomes. Study 2 suggested that feminine STEM role models’ combination of femininity and success seemed particularly unattainable to STEM-disidentified girls. The results call for a better understanding of feminine STEM figures aimed at motivating young girls.

Weiter:

Feminine STEM role models were least motivating to girls who
already disliked STEM. In Study 2, these girls saw feminine
STEM role models’ success as especially unlikely, perhaps
because they already saw STEM as an unlikely pursuit (Oyser-
man & Fryberg, 2006). Rather than opening these girls’ minds
to new possibilities, the feminine STEM role model seemed to
shut them further. This result echoes stereotype threat’s ability
to make people prefer the safe and known over the risky and
unknown, whether by inducing prevention focus (Seibt & For-
ster, 2004) or inhibiting new problem-solving strategies (Carr
& Steele, 2009).

Wer hier ueber „Stereotype Threat“ gestolpert ist: Hier wird davon ausgegangen, dass Menschen ein Bedrohungsgefuehl verspueren, wenn sie befuerchten muessen, auf Basis negativer Vorurteilen bewertet zu werden oder glauben, durch ihr eigenes Verhalten ein negatives Vorurteil ueber eine (ihre) Gruppe zu bestaetigen, ohne das zu wollen. Fuer die uulm-Studierenden: Die Arbeitsgruppe Keller hat das als Forschungsschwerpunkt. Auf reducingstereotypethreat.org wird das Thema beleuchtet und Gegenstrategien vorgestellt.

Die Frage ist nun, wie mit diesem Problem umgegangen wird. Die Informatik verliert Jahr fuer Jahr faehige, begabte Menschen (und zwar nicht nur weiblichen Geschlechts) von vorneherein, weil das anhaftende Bild des sozial unfaehigen Nerds immer noch unseren Eindruck von ihr praegt. Resultat: Eine selbsterfuellende Prophezeiung (vgl hierzu auch Cheryan, Plaut, Davies & Steele, 2009: “Ambient Belonging: How Stereotypical Cues Impact Gender Participation in Computer Science”). Und wenn Frauen sich weniger fuer MINT interessieren, wenn zuvor Ziele wie Attraktivitaet und Begehrtheit Maennern gegenueber aktiviert wurden (siehe auch), dann gibt das schon zu denken.

Jedenfalls sollte es zu mehr Nachdenken fuehren, bevor man Puder, Lippenstift und High Heels als Werbebotschaft fuer mehr Frauen in der Wissenschaft ins Feld ziehen laesst. Die Kommentare sprechen gluecklicherweise fuer sich.

(Dieser Beitrag zitiert wissenschaftliche Arbeiten, erhebt aber selbst nicht einmal annaehernd einen Anspruch von Wissenschaftlichkeit. Er ist vielmehr entsetzt schnell zusammengekloeppelt worden.)

Fuer die Zeit bis zum Herbst

…und wieder ein WTF-Staffelfinale, und wieder ein Dreivierteljahr ohne Dexter. Wem die Zeit bis dahin zu lang ist: In Wien hatte ich auf dem Buechertisch Dexter – An Omnibus* mit den ersten drei Dexter-Originalromanen gefunden und gleich mal weggeputzt. Wem die Serie gefaellt, dem kann ich diesen Sammelband sehr ans Herz legen: Die ersten drei Serienstaffeln basieren auf den Buechern, und selbst wer sie schon gesehen hat, duerfte Gefallen an dem Roman finden. Erstens folgt die Serie den Buechern teilweise nur sehr lose (Charaktere sind zum Teil anders, sterben frueher/anders/gar nicht,…), zweitens ist der Dexter aus dem Buch noch ein ganzes Stueck emotionsloser, teuflischer und dunkler, und drittens sind die Buecher voller schoener Formulierungen:

“In my life long study of human beings, I have found that no matter how hard they try, they have found no way yet to prevent the arrival of Monday morning. And they do try, of course, but Monday always comes, and all the drones have to scuttle back to their dreary workday lives of meaningless toin and suffering.”

“In fact, from what I had observed it was quite possible for one to actively dislike one’s girlfriend, although of course true hatred is reserved for marriage.”

“I am not shy about admitting my modest talents. For example, I am happy to admit that I am better than average at clever remarks, and I also have a flair for getting people to like me. But to be perfectly fair to myself, I am ever-ready to confess my shortcomings, too, and a quick round of soul-searching forced me to admit that I had never been any good at all at breathing water. As I hung there from the seat belt, dazed and watching the water pour in and swirl around my head, this began to seem like a very large character flaw.”

Hach… 🙂

* Amazon-Affiliate-Link. Wer darueber bestellt, macht mich unsaeglich reich und treibt Buchhaendler in den Ruin. Wer stattdessen beim oertlichen Nicht-Ketten-Buchhaendler bestellen mag: ISBN 1409100650. Faend ich auch nett.

Bediente Klischees

Heute morgen am Theater gesehen: Irgendwie habe ich den Eindruck, dass sowohl CDU („Unser Land ist zu schade fuer Rot-Gruen-Rot“) als auch NPD (sinngemaess „Kein Islam-Unterricht an deutschen Schulen“) ganz aehnliche Akkorde auf der Gefuehlsklaviatur zu bedienen versuchen.

Dass keines der acht Plakate nach den Plakatierregeln der Stadt dort haengen duerfte, ist da nur Randnotiz — SPD und FDP ignorieren die nun schon seit Wochen gleichermassen konsequent.

Die „Kampfgruppe Kneipengaenger“ bedient derweil ganz andere Provokationsmechanismen, waehrend sie sich ueber „Rock gegen Gruen“ lustig macht. Pasteup gesehen auf dem Klo der Olgabar.

Beschissene Onlinewerbung vs. Journalistenbezahlung

Kurze Zwischenmeldung aus der Versenkung: Bei Felix Schwenzel bin ich nochmal auf einen zwei Artikel gestossen, die ich beim ersten Mal offenbar ueberlesen hatte. Und die eigentlich zusammengehoeren.

Einmal eine Ausfuehrung ueber die von Jens Weinreich aufgezeigten Workflow-Unterschiede zwischen einem per Blog abgesetzten Inhalt und dem Gegenstueck bei einem „etablierten“ Medium (sorry fuer die dumme Bezeichnung, mir faellt gerade nichts besseres ein)

Und einmal der kommentierte Link auf einen NYT-Artikel mit dem schoenen Namen „Why is digital advertising so lousy?“

Und damit verschwinde ich jetzt wieder in der Versenkung, um mir Bayessche Netze anzusehen. Wie spannend!

Don’t spam me, bro!

Liebe Facebook-Kontakte: Hört auf, mir eure scheiß Page-Suggestions zu senden. […]

Bitte macht euch endlich die Arbeit und schaut euch an, an wen ihr was schickt, statt erstmal an alle Kontakte auszuwählen.

Ich bitte auch darum. Weil es mir langsam zum Hals heraus haengt. Gemeint sind nicht die sinnvollen Suggestions, die tatsaechlich ab und zu kommen, weil sich jemand Gedanken gemacht hat, was mir gefallen koennte. Sondern die Leute, die Facebook in erster Linie als (Selbst-)Vermarktungsinstrument zu verstehen scheinen.

Hoert auf mit dem Scheiss. Sonst sind wir bald keine Facebook-Freunde mehr.

Are y’all the movie people?

Bei Felix Schwenzel bin ich auf den vermutlich besten Lokalfernsehwerbespot aller Zeiten gestossen. Bei den Amis gibt’s das viel haeufiger als bei uns — in den USA existiert ein Netz von „kleinen“ Sendern wie WBKO, die ihr eigenes Lokalprogramm mit einem Network wie abc vermischen und dann auch mal Werbung fuer den Autohaendler um die Ecke bei der Werbepause von Malcolm in the Middle laeuft.

Die Spots rangieren dann oft zwischen „peinlich“ und „mittelmaessig“ (also das, was auch auf Regio TV laeuft), ab und zu gibt es aber richtige Kracher. Und der hier toppt alles:

Wer nicht wusste, was Mobile Homes sind: Das ist quasi der Standard schlechthin fuer die Landbevoelkerung im Sueden, wenn sie irgendwo wohnen moechten. Standardvariante ist der Singlewide, und ein richtiger Doublewide ist dann schon echter Luxus. Wie’s so schoen heisst, „You might be a Redneck if your richest relative buys a new house and you have to help take the wheels off.“ Ich kannte damals im 30-Meilen-Radius nur ein gemauertes Wohnhaus mit mehr als einem Stockwerk und bin bis heute ueberzeugt, dass die auch nen Mobile Wal-Mart bauen wuerden, wenn sie nur koennten.

Wer den Southern Drawl genau so liebt wie ich, hier das Making Of, bei dem ich einen sofortigen Flashback an Kentucky hatte. So ist das im Sueden.

Der absolute Oberkiller ist aber dieser Spot. We all love Butt Drugs. Omg.