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Auswerten, wann die Facebook-Freunde online sind. Und Graphenprobleme.

Dieser Post erklaert, wie man per Facebook-Messenger den Tag-Nacht-Zyklus (oder gut, vielleicht besser den Nicht-auf-Facebook-aktiv/auf-Facebook-aktiv-Zyklus, aber das kann bisweilen ja identisch sein) abgrast und auswertet:

Das Witzigste sind aber Rants wie dieser hier, die sehr bekannt vorkommen:

Let me paint you a word-picture. It’s 11pm, I’m listening to the soundtrack to The Social Network (ironically? meta-ironically? I don’t even know), I have six terminals tiled across two screens as well as fifty thousand browser tabs open and I’m up to my third graphing library.

Making graphs is really hard.

Oh ja! 😉

(via)

Noch mehr Facebook-Rassismus

Nicht nur bei der oertlichen Zeitung, auch beim offiziellen Facebook-Account der Stadt Ulm kann man gewisse Themen offenbar nicht anschneiden, ohne dass der braune buergerlich-mittige Mob loslegt.

hindenburg

Die Ueberlegung, dort eine Unterkunft fuer Gefluechtete einzurichten, war nicht ganz neu – als die aber in den Kommentaren auftauchte, ging’s erst einmal rund.

jehova

 

Wie man an den zerhackt wirkenden Folgekommentaren sieht, hatte die Stadt zwischenzeitlich ordentlich aufgeraeumt, d.h. sowas hier ist das, was nach der Kommentarbereinigung uebrig blieb:

durchbringenlassen von_deneressentiments

Kollege Andy hatte interessehalber einfach mal zufaellig auf irgendein Hass-Kommentar-Profil geklickt:

Holy Shit, hab in der Diskussion mal Wahllos ein Profil angeklickt und runtergescrollt………
https://www.facebook.com/video.php?v=10202471008606639&set=vb.1537272794&type=2&theater

Das ist zwar wohl nicht der Kommentator selbst, aber trifft recht genau die Stimmung, die dort unter dem Stadt-Posting herrschte.

Ich bin gespannt, wie die Stadt damit weiter umgeht.

 

Minimum Wage

Sehr schoener Facebook-Beitrag:

sign

Yes, I did unfriend you — why? You insulted the burger flippers and the counter clerks, as if your Big Mac, Coke, and fries, somehow makes you superior to the people who worked hard to make sure that your lunch was prepared in a clean environment and served to you promptly. If it weren’t for them, you’d have had to make your own fucking sandwich.

Guess what, the minimum wage is SUPPOSED to be a living wage. Anyone who works 40 hours a week should be able to provide a good home for themselves and their family.

You know what? You think being able to write a pivot table in Excel is so important? It isn’t. Not really. The human race survived for thousands of years without Excel. We built an industrial world without even electricity. And with electricity, we created global communications — without Excel. Excel is nice. It’s a useful tool — but it’s not the measure of intelligence or humanity.

You know what’s more important? Being able to grow a crop and bring it to market. Without that skill, we all starve. You know what else is important? Good plumbing. Without clean water, we die of cholera and typhus. You know what else is important? People in service industries — because they make it possible for you to have a clean room in the hotel, a meal served to you in a restaurant, a ride to the airport, and all the other thousands of little chores you take for granted.

They are not your flunkies, they are not your slaves, they are not your servants — they are your partners in a technological civilization, they make it possible for you to live inside your pampered white bubble, isolated from the daily chores of existence. That you — you flaming asshole — think you have the right to be abusive to any other human being for any reason at all — that reveals more about the failure of your parents to teach you social skills and your own lack of compassion for your fellow human beings than it says about anything else that falls out of your mouth as „opinion.“

Yes, I’m angry. Because I knew some of the men and women who were beaten in the thirties and forties by corporate goons so you could have a forty-hour work week, a weekend, access to public education, social security, and other benefits hard won by the labor movement.

The only thing you are required to say to that burger flipper or that counter clerk is simply, „Thanks!“ And mean it!

Telling them that you disapprove of their life choices is not an item on the McMenu. And if it were — you couldn’t afford it.

So, yeah — you’re an asshole and I defriended you.

(via/Original)

Die drei ??? und die Internetfahndung nach dem gestohlenen Fahrrad

Ich hatte mir ja eigentlich wenig Hoffnung gemacht, mein geklautes Fahrrad nochmal wiederzusehen. Wer wuerde denn so bloed sein, das weiter hier in Ulm herumzufahren?

Nun, irgendjemand war wohl wirklich so doof, denn dass hier plingte gestern abend bei mir auf:

Bildschirmfoto vom 2013-08-21 10:59:26

 

Aeeeh, blauer Pollux-Rahmen, LED-Standlicht, Pit-80-Tacho, Anhaengerkupplung – Heiliger Graf Zeppelin, DAS IST MEIN FAHRRAD! Angeschlossen mit einem Spiralschloss an einen Baum in Neu-Ulm.

Die Beweissicherungs- und Festkettungseinheit (BFE) der Facebook-Drei-???, bestehend aus Kadda und Henning, brachte also zusaetzlich noch einmal ein etwa 30 Kilogramm schweres Kettenschloss und den Hinweis „Rad ist geklaut“ am Fahrrad an, waehrend ich die Polizei anrief und mich auf den Weg machte.

„Moment, Sie sind an der Uni? Wie koennen Sie dann sicher sein, dass das Ihr Fahrrad ist?“
– „Ich habe von Kollegen ein Foto per Facebook zugeschickt bekommen, und das ist ganz eindeutig meins, und ich bin jetzt auf dem Weg. Wenn Sie das SEK jetzt losschicken, muessten wir gleichzeitig eintreffen!“
– „Aeh ja, also, wenn Sie vor Ort sind und sich GANZ SICHER sind, dass das Ihr Fahrrad ist, rufen’s doch einfach nochmal an, dann kommen wir vorbei.“
– „Wenn Sie Argumente fuer eine Hundertschaft und Hubschrauber brauchen, da findet gerade eine linke Demo statt, und Hausbesetzer und so…“
– „Was?!“
– „Ach nix, ich ruf nachher nochmal an.“

Nach leicht umwegbehafteter Busfahrt war ich also dort, und kein Zweifel: Das IST natuerlich mein Rad. Die (kaputte) Welle des Tachos fehlte nun ganz, der „FahrRad in Ulm“-Aufkleber war weg, ebenso das Rahmenschloss, und der total kaputte Sattel war gegen einen nicht ganz so kaputten Sattel (mit Federung!) getauscht.

Die Polizei war dann nach 10–15 Minuten da, und unter aufmerksamer Beobachtung der umliegenden Senior*innenbewohnerschaft von deren jeweiligen Fenstern her begutachteten wir gemeinsam das Rad und verglichen es mit den Bildern davon, die ich auf dem Telefon hatte und was ich sonst noch so ueber das Fahrrad erzaehlen konnte, was offenbar hinreichend ueberzeugend war, dass das wirklich meins ist.

Nachdem mit der Polizei Ulm – die meine per „Internetwache“ abgeschickte Gestohlenmeldung und Anzeige vom Sonntag noch gar nicht bearbeitet hatte – abgeklaert war, dass auch die kein Interesse an dem Rad als „Spurentraeger“ hatten, musste also noch das Schloss weg. Die Polizemeisteranwaerterin schaute bei der Funkrueckmeldung und Nachforderung eines Schneidwerkzeugs etwas verzweifelt auf die massive Kette, die aber sogleich von Henning grinsend aufgeschlossen wurde, was fuer allgemeine Erleichterung sorgte. Auch das Angebot von Henning, mit der mitgebrachten Eisensaege das Spiralschloss durchzusaebeln wurde abgelehnt – „Der Kollege ist jetzt unterwegs, und der freut sich so, wenn der sowas machen darf.“

Der freute sich auch wirklich, als er nach weiteren 10–15 Minuten („Der faehrt jetzt nicht mit Blaulicht hier her, oder?“ – „Aeh. Nein.“) eintraf und seiner Kollegin grinsend den Bolzenschneider abnahm: „Natuerlich kann ich das, das hab ich mit 14 jeden Tag gemacht!“ – „Ah ja, so rekrutiert sich die deutsche Polizei…“ :>

Die Anwohner*innen duerften mittlerweile den Eindruck gewonnen haben, dass das hier kein Fahrrad, sondern eine mobile Drogenverkaufsstation, wenn nicht eine Bombe sein duerfte: Zwei Polizeifahrzeuge mit Warnblinker, vier Polizist*innen, und die Drei Internet-??? mit Taschenlampe, dicker Kette um den Hals und breitem Grinsen im Gesicht. Angesichts des vorher ziemlich rabiat behandelten Bolzenschneiders mit drei dicken Scharten in der Schneide dauerte das Durchknipsen des Schlosses dann zwar doch gleich zwei Minuten und zum Schluss brachialer Gewalt des sichtlich in seiner Schlossknackerehre angegriffenen Polizisten, am Schluss stand ich dann aber wieder mit meinem Rad und einem geknackten Schloss da, waehrend die Polizei sich eilig zu einer Schlaegerei (oder sowas) aufmachte.

Bleibt die Frage, wer die Kackbratze war, die das Rad gestohlen hatte. Fuer mich sah das so aus, als waere das Rad zusammen mit anderen in einen Transporter geworfen (wobei wohl das Kabel des Ruecklichts abgerissen wurde), irgendwo dann das Schloss entfernt und der Sattel getauscht worden, bevor das Ding (minus des auffaelligen Aufklebers) irgendwo fuer ein paar Euro verkauft wurde. So doof, das Rad selber in der Stadt umherzufahren, in der man es geklaut hat, ist hoffentlich niemand. Die Chance, die Diebe zu finden, duerfte irgendwo Richtung Null gehen – Fahrraddiebstahl ist de facto ein quasi risikofreies Verbrechen.

…das macht einem aber andererseits schon ein wenig Lust, mal auf Fahrraddiebesjagd zu gehen. Die Drei Student-Lab-??? und die unscheinbaren Fahrraeder mit GPS-Tracker? Mal sehen 😀

Usability und freie Social Networks

Diaspora ist tot. Der vermeintliche „Facebook-Killer“ mit Privatsphaerenoptionen war vor zwei Jahren hoch gehypt und mit 200.000 USD an Crowdfunding-Mitteln ueberschuettet worden (siehe auch). Was bislang zu sehen war, blieb immer hinter den Erwartungen zurueck; und nun redeten die Entwickler ihren Rueckzug als „Uebergabe an die Community“ schoen — und beschaeftigen sich kuenftig mit Mem-Plattformen samt Facebook-Login (sic)

Es ist ja jetzt nicht so, als waere kein Bedarf an alternativen Veroeffentlichungsmoeglichkeiten abseits von Facebook und Twitter vorhanden, ganz im Gegenteil. Ganz abgesehen von der Prinzipfrage, ob man seine Publikationen ueberhaupt einer unberechenbaren dritten Partei ueberlassen moechte, verhalten sich beide Plattformen schon gefuelt immer arrogant sowohl EntwicklerInnen als auch NutzerInnen gegenueber. Diaspora beschaeftigte sich jedoch weniger mit der Unabhaengigkeitsfrage als vielmehr zentral mit dem Anspruch, ein Netzwerk mit Datenschutz zu sein — ein Ansatz, der von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist, da die Schmerzen Huerden bei der Interaktion damit fuer die Masse der Benutzer prohibitiv hoch werden, man keine Kontakte findet und gar nicht erst „sozial“ interagieren kann. Schoenes Zitat aus dem Artikel bei ccm:

p.s.: Neben Versuchen, Diaspora auf öffentlichen Pods zu verwenden, habe ich als Experiment für die mittlerweile um die 500 Mitglieder starke c-base einen eigenen Diaspora-Server aufgesetzt. Nach einigen Wochen haben sich ca. 40 Mitglieder angemeldet, die Gesamtzahl der Posts blieb im unteren zweistelligen Bereich. Selbst im Technik- und Datenschutz-affinen Umfeld stößt der Dienst auf kein Interesse. »Wie finde ich denn jetzt Kontakte?« war häufiger zu lesen. Q. e. d.

In den Kommentaren bei netzpolitik schlug erlehmann WordPress als offenes, dezentrales soziales Netzwerk vor, und die Idee klingt auch erst einmal gut: Jedes Blog unter eigener Kontrolle, keine Datenschutzaugenwischerei, Vernetzung durch Verlinkung. In der Praxis scheitert das fuer mich aber immer wieder an der Usability. Ich selbst erwische mich immer wieder dabei, wie ich eigentlich gerne was bloggen wuerde, es dann aber doch nur nach Facebook kuebele. Und ich bin damit wohl nicht alleine.

Mir fallen auf Anhieb zwei Gruende ein, warum ich Dinge lieber auf Facebook, Twitter, G+ und Co teile als im eigenen Blog. Da ist einmal die sofortige Gratifikation durch Favs, Likes und Kommentare, die auf Leserseite mit trivialstem Aufwand zu verteilen sind.

Viel gewichtiger ist aber das Problem, das mir quasi immer begegnet, wenn eine Technologie eigentlich theoretisch super waere: Die Usability ist unter aller Sau. Auf Facebook habe ich mit zwei Klicks einen Link in die Timeline geworfen, zu dem es automatisch ein Exzerpt und ein Bild zur Illustration gibt. Bilder sind in ebensovielen Klicks geteilt. Auf WordPress muss ich ins Backend, einen Artikel erstellen, eine Ueberschrift ausdenken, ein Bild hochladen, das Bild einbinden, Tags aussuchen, Veroeffentlichen. Und ich habe immer noch keine sinnvolle Alternative gefunden, wie das besser geht. Sascha Lobo beschrieb vor einer Weile ein WP-Plugin, mit dem man Blogposts von der „Blogvorderseite“ aus verfassen kann, unter dem Link findet sich aber nichts mehr, das einzige mir bekannte Plugin ist (mittlerweile?) kostenpflichtig, und ich habe keine Ahnung, was die kostenlose Variante kann. Weitere Plugins zum Beispiel zum schnellen Bildupload sehen dagegen dann auch wieder aus wie Arsch und Friedrich.

Naja.

Falls jemand Tipps fuer schnelleres, schoeneres Verfassen von Posts hat, ich bin ueber Hinweise dankbar.

(Was dann noch fehlt: Die zwangslaeufig auf allen moeglichen sozialen Netzwerken zerfasernden Diskussionen zu einem Artikel wieder zurueck aus diesen Drecks-Datensilos zum Artikel zurueckportieren. Was in etwa dann seitens Zuckerberg und Co zugelassen werden duerfte, wenn Schweine fliegen.)

 

Addendum // mir fiel eben auf, dass ich einen aehnlichen Rant schon vor beinahe genau einem Jahr vom Stapel liess und schon damals den Usability-Hinweis von Stephan Urbach zitierte. Hat sich offenbar nix getan in der Zeit.

Die Angst vor den Menschen

In Ulm fand dann doch keine verbotene Facebook-Party statt. In Konstanz sorgten Polizeihubschrauber(sic) und -hundertschaften dafuer, dass die 30 erschienenen jungen Menschen ordnungsgemaess ihren Platzverweis vom Strandbad Horn erhielten. Gewonnen haben auf jeden Fall die Repressionsmassnahmen der betroffenen Staedte und der Landes- und Bundespolizei, denn:

  • Passiert gar nichts (wie in Ulm), waren die Massnahmen erfolgreich. Ohne das Komplettverbot saemtlicher(!) ueber soziale Netzwerke organisierte Veranstaltungen im Stadtgebiet und das massive Polizeiaufgebot waeren schlimme Dinge™ passiert.
  • Passiert wenig oder quasi nix (wie in Konstanz), waren die Massnahmen erfolgreich. Ohne die Allgemeinverfuegung oder mit weniger als diesen vielen hundert PolizistInnen waeren deutlich mehr Leute gekommen und es haetten schlimme Dinge™ passieren koennen.
  • Passiert doch was, waren die Massnahmen erfolgreich. Nur durch die Allgemeinverfuegung und das massive Polizeiaufgebot konnte die Lage halbwegs gemeistert werden.

Unterdessen stellt sich die Frage, wer die Kosten fuer besagte massives Polizeiaufgebot tragen soll. Zitat heise online:

Baden-Württembergs Landespolizeipräsident Wolf Hammann und Innenminister Reinhold Gall (SPD) wollen sich nun wehren. „Die Polizei wird alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Kosten für Polizeieinsätze, beispielsweise Platzverweise wegen Ruhestörungen, Streitigkeiten oder ähnlichem, in Rechnung zu stellen“, sagt Gall.

Bei einer geplanten Facebook-Party an diesem Wochenende in Ulm gab allein die örtliche Polizei ihre Ausgaben mit 60.000 Euro an. […] Nach der ausgeuferten Feier in Backnang (Rems-Murr-Kreis) eine Woche zuvor wollen Polizei und Stadt den Verantwortlichen dort sogar rund 140.000 Euro auf die Quittung schreiben. […]

Die Politik will der Minister aber erstmal nicht einschalten. „Grundsätzlich können junge Menschen Partys feiern und Spaß haben, aber wie immer nicht auf Kosten und zum Schaden Dritter oder der Allgemeinheit.“ Momentan reiche das bestehende Instrumentarium aus, um gegen Facebook-Partys vorzugehen. So zeigten die massiven Drohungen von Stadt und Polizei in Ulm und Konstanz Wirkung – die Partys fielen aus. „Falls notwendig, werde ich zu gegebener Zeit die Problematik in den zuständigen Gremien thematisieren“, betonte Gall.

Da stellen sich mir noch ein paar Fragen:

  • Wenn Fussballfans Party feiern und Spass haben, wird das ebenfalls von Polizeihundertschaften begleitet. Hierfuer kommen die SteuerzahlerInnen auf. Wo ist der Unterschied?
  • Wenn Autokorsos EM- oder WM-Siege feiern, geschieht das zum Nachteil der AnwohnerInnen der betroffenen Strecken, wie man in lokalen Nachrichtenmedien alle zwei Jahre an geeigneter Stelle nachlesen kann. Auch hier schreitet die Polizei nicht ein. Wo ist der Unterschied?
  • Wo ist der Unterschied einer „fuehrungslos“ per Facebook organisierten Party zu einer „fuehrungslos“ durch andere Kommunikationsmittel organisierten Veranstaltung? Verstehen wir uns nicht falsch, Telefonketten sind jetzt nicht mehr so das Mittel der Wahl, aber wuerde man nach dem Nabada zu einem kollektiv veranstalteten Riesenpicknick in der Au einladen, wuerde das in Teilnehmerzahl, eventuell verursachtem Muell und Lautstaerke womoeglich an die „Facebook-Party“ heran-, jedoch nicht wesentlich ueber das „normale“ Treiben nach dem Nabada heraus-ragen. Oder gibt es Tage, an denen das gesellschaftlich akzeptiert ist, weil es da genuegend parallel laufende „herkoemmliche“, kommerzielle Veranstaltungen gibt?
  • Und nicht zuletzt: Warum warte ich bislang vergeblich auf eine kritische Reflektion der im Vorfeld lustig berichtenden Regionalmedien ueber ihre eigene Rolle in der Eskalationsspirale?

Die Stadtwerke machen Social Media

Ausnahmelagen sind die Momente, in denen das Echtzeitnetz brillieren kann. Heute streikten die BusfahrerInnen der Stadtwerke Ulm bis etwa 1430 Uhr, was auch bereits in den grossen Medien der Region angekuendigt wurde.

Von einer tatsaechlichen medialen Begleitung des Ausstands hatte ich wenig mitbekommen — tatsaechlich war es hauptsaechlich Selbsthilfe der Betroffenen auf Twitter, beispielsweise durch das von @taxilof schnell auf die Lage angepasste Haltestellenscript, mit dessen Hilfe man herausfinden konnte, wann der naechste von der (nicht streikenden) RBA betriebene Bus des Umlaufs 3/5 kommen wuerde, der einen an die Uni bringt. Das wurde dann noch ein wenig untereinander verteilt, und ueber @ulmapi twitterte ich, als auf einmal wieder Ist-Daten der rollenden Busse eintrafen, ansonsten schien es aber ruhig an der Social-Media-Front.

Erst gerade vorhin sah ich durch Zufall, dass die Stadtwerke eine ansehlich gepflegte Facebook-Praesenz haben — auf der sich nicht viel zum Streik fand, aber immerhin alle Rahmendaten und die Information, als es wieder weiterging. Und Videos, die es zwar auch dilettieren, dafuer aber menscheln liessen.

Man kann sich jetzt wieder fragen, ob das so toll ist, wenn diese Informationen auf der Facebook-Seite mit wenigen hundert Fans, aber nicht auf der offiziellen Unternehmensseite zu finden ist. Halt, ich nehme das zurueck: Das ist eigentlich ziemlich beschissen. Dass dort aber etwas geht, und vor allem dass auf jeden einzelnen Kommentar reagiert wird, finde ich respektabel.

Da koennte sich manch andere Instanz eine dicke Scheibe abschneiden.

Geht doch mit der Mobilisierung

Wer demonstrieren moechte, hat’s in der Regel eher schwer. 2007 konnte ich immerhin so um die 80 Personen im Soundslide dokumentieren, die gegen die Vorratsdatenspeicherung demonstrierten, vor einigen Wochen standen dann nur mehr fuenf Leute bei der VDS-Mahnwache, und die SWP titelte zur letzten Ulmer Bildungsstreik-Demo, dass man sich das Demonstrieren bei gerade mal 100 Schueler*innen und Studierenden doch glatt sparen koennte.

Ich kann mir deswegen eine gewisse klammheimliche Freude nicht verkneifen, wenn es um die Anti-ACTA-Demonstrationen am kommenden Samstag geht, die europaweit stattfinden sollen. Anonymous hatte vorab ein fuer meine Begriffe leicht ueberzogenes Informationsvideo veroeffentlicht, das ich in den letzten Wochen erstaunlich oft auf Facebook verbreitet sah — auch von Leuten, die mir bislang selten im netzpolitischen Kontext aufgefallen waren. Und dieses Video wirkte offenbar als eine Art Katalysator.

Die Piraten aus Ulm und Ehingen hatten ja anfangs mit 50 Demonstrationsteilnehmern gerechnet und die Kundgebung fuer Samstag entsprechend beim Ordnungsamt Ulm angemeldet. Zeitgleich hatten einige Anons ein Facebook-Event fuer die Demonstration am Samstag und zwei vorangehende Paperstorms zur Mobilisierung angelegt: Jeweils Freitags sollte die Stadt mit Plakaten und Flyern zum Thema bestueckt werden.

Und dann gings rund.

Freitag nachmittag hatten sich 264 Menschen als Demoteilnehmer*innen auf Facebook eingetragen. Aktuell, zwei Tage spaeter, zaehlt die Seite 472 Zusagen und 349 „vielleicht“ Kommende. Selbst wenn nur ein Teil der Angemeldeten am Samstag auch teilnimmt, duerften dort je nach Witterung 250+ Personen aufkreuzen. Gar nicht schlecht.

Bis dahin sollte man sich die Einschaetzung von RA Thomas Stadler zu ACTA durchlesen, die deutlich weniger drastisch ausfaellt als das Anon-Video. Das ist jedoch kein Grund, nicht gegen die Art und Weise des Zustandekommens dieses Vertrags zu demonstrieren — und gegen die zugrunde liegenden Dogmen. Ein oeffentlicher Aufschrei ist ganz im Gegenteil sogar ueberfaellig.

//Nachtrag: qrios hat auch noch einige Argumente zusammengefasst.

Hunde in der Ukraine und Nacht in Ulm

Erinnert ihr euch noch an die aufgebrachten Facebook-Kommentare, die die Toetung von Strassenhunden in der Ukraine beklagten und einen Boykott der Fussball-EM forderten? Turns out: War gar nicht so. Jedenfalls nicht so, wie das kolportiert wurde.

Irgendwo wurden tatsaechlich Hunde getoetet. Die Huendin mit den herzzerreissenden Welpen oben: Erschossen. 2003. Offenbar in Zenica, Bosnien. Und dergleichen Ungereimtheiten gibt es mehr — kobuk.at hat sie zusammengefasst und legt die Vermutung nahe, dass hier oesterreichische Boulevardzeitungen einfach Auflage schaffen wollten.

Es folgte ein Spendenaufruf fuer den Schutz der ukrainischen Hunde, ein Entschliessungsantrag der oesterreichischen Bundesregierung — und jede Menge Facebook-Posts mit der Bitte um Weiterleitung. Laut einem der Kommentatoren habe die ukrainische Regierung zu der Zeit jedoch schon insgesamt die Toetung der Strassenhunde verboten gehabt…

(via @miinaaa)

 ♦

Zur Wiederaufmunterung: datalove-Kollege Michael Mueller hat eine Timelapse von Ulm gemacht. Inklusive Originalnebel.

Ulm Timelapse from Michael Müller on Vimeo.

Wie das ganze gebaut wurde, gibt’s auf Michis Blog und beim CineAStA

Der Weichert und die Social Networks (und das Geld und so)

Thilo Weichert ist nicht nur Chef des ULD, sondern auch Evangelist. Lars Reineke vergleicht ihn nicht zu Unrecht mit einem „religioesen Fundamentalisten“, wobei man sich das „religioes“ sparen und gegebenenfalls bei der Ueberarbeitung der zugehoerigen Wikipedia-Seite helfen kann. Letzten Herbst hatte Weichert beispielsweise mal eben den ueberwiegenden Teil des anwesenden Publikums in der Boell-Stiftung als „dumm“ bezeichnet, weil sie Google benutzen, und nun will er Kraft seines Datenschuetzeramtes schleswig-holsteinische Firmen ins Visier nehmen, wenn sie Facebook-„like“-Buttons verwenden.

Wenn man sich in die weigertsche Logik einmal eindenkt, ist das auch gar nicht mal so bescheuert, wie es im ersten Moment klingt. Trotz vielfaeltiger Kritik aus dem gewohnt gut funktionierenden Empoerungskombinat gibt es demnach auch einige unterstuetzende Kommentare zu diesem Schritt, und insgesamt scheint es, als seien alle Reaktionen recht gut vorhersehbar gewesen. Selbst der Jarvis schreibt in so vorhersehbarer Tonalitaet und Schlagrichtung, dass man mittlerweile versucht ist, saemtliche Internetdebatten zukuenftig doch einfach von rudimentaeren KIs ausfechten zu lassen, damit man die Zeit sinnvoller am Baggersee verbringen kann, wozu man eigentlich nur noch saemtliche dort umliegenden Mobilfunkmasten faellen muesste.

Die gesamte Datenschutzdebatte um die Geschichte ist mir gerade ziemlich Wurscht (was im spaeteren Verlauf fuer Veraegerung sorgen sollte), vielmehr war da ein kleines Detail, das mich zum Nachdenken brachte. Es schrob Jarvis folgendermassen:

“Google’s only interest is to earn money,” he said, as if shocked. That theme continues in his Facebook attack, where he complains that the company is worth more than $50 billion. No, he’s not from the Communist part.

„Googles einziges Ziel ist es, Geld zu verdienen.“

Es ist irgendwie seltsam, das so stehen zu sehen, weil es eine eigene Wahrnehmungsverzerrung aufdeckt. Natuerlich ist es das Ziel Googles (und auch Facebooks), ordentlich Reibach zu machen — das sind schliesslich profitorientierte Unternehmen, innerhalb eines kapitalistischen Marktes — aber das zu schreiben wirkt fuer mich aehnlich, als wuerde mein fuenfjaehriges Selbst auf einen Zettel krakeln, dass es das Christkind nicht gibt. Wir wussten das alle irgendwie, aber es macht aus golden und rot glitzernden Weihnachtsbaeumen einfach nur bedampfte Kunststoffstreifen und in China geblasene Glaskugeln, und natuerlich hat die Mama die Glocke gelaeutet, und keine anthropomorphe Jahresendfluegelfigur.

(Ich fange ausserdem an, Google und Facebook mit Weihnachten zu vergleichen. Ich muss Weichert mal fragen, was er so gegen seine Wahnvorstellungen nimmt und ob ich etwas abhaben kann.)

Worauf ich hinaus will: Abgesehen von der gesamten Datenschutzdebatte und was man in diesem Zusammenhang anstellen kann, fehlt mir ein wesentlicher Punkt in der Diskussion, der mir seit der Einfuehrung von Google Plus und allerspaetestens seit den nerd-typischen Profilloeschungsamoklaeufen ebenda irgendwo am Hinterkopf nagt (oben, eher links am Rand).

Erstens.

Anfangs war das alles fuer mich eher ein Usability-Problem: Wohin soll ich eigentlich den Mist giessen, der staendig durch meinen Kopf wabert? Zur grossen Erleichterung einer grossen Menge an Bahnfahrern gibt es ja mittlerweile das Internet, so dass ich das nicht mehr zufaelligen Nebensitzern erzaehlen muss — allein, welcher Kanal ist der beste? Facebook? Google Plus? Eigenes Blog? Youtube? Twitter?

Ja, solche Fragen treiben mich um, und deswegen habe ich mir zur weiteren Verkomplizierung erst einmal eine Soup angelegt. Noch ein Kanal mehr. Prima, du Pfeife.

Eine Variante ist ja, einfach alles _ueberall_ abzuladen: Kurze Gedankenflatulenzen passen optimal auf Twitter, der Rest kommt ins eigene Blog und wird dann in alle sozialen Netzwerke gekuebelt, die nicht schon von vorneherein meine Seite blocken. Sowas nervt dann erfolgreich all diejenigen, die einem auf mehreren Netzwerken folgen, wodurch sich dann der virtuelle Bekanntenkreis solange verkleinert, bis man mit allen Social-Media-Beratern alleine ist.

Die naechste logische Konsequenz waere also ein Meta-Netzwerk: Eine Seite, auf der ich mich einloggen kann, und auf der alles zusammengefuehrt wird, was ich irgendwie auf welchem Datensilo auch immer sehen kann. XY ist online, und ich kann mit XY Instant Messaging betreiben — egal, ob XY nun auf ihrer Seite den Facebook-Chat, OTR oder Brieftauben verwendet. Kommentare auf einen meiner Beitraege werden aggregiert angezeigt — egal ob sie nun in Google Plus, als Twitter-Reply oder als Blogkommentar aufgelaufen sind.

Also habe ich Google Scholar angeworfen und nach Papers ueber dezentrale soziale Netzwerke gesucht. Und wurde von einer Flut an Papers ueber Privacy in Social Networks erschlagen. Verdammte Privacy-Forscher. Es gab aber auch Lichtblicke — ich bin momentan so etwa 10% durch einen dicken Stapel mehr oder weniger aktueller Papers und habe einen Wust an Notizen gesammelt, deren Bedeutung ich zum Teil sogar noch verstehe.

Aber.

Zweitens.

Es gibt einen wesentlichen Punkt, der vermutlich zum Grossteil dafuer verantwortlich ist, dass heute beispielsweise immer noch kaum jemand Mails verschluesselt. Oder der Oma ein GNU/Linux auf ihrem Surfrechner installiert (Ubuntu hat hier einiges geaendert, aber trotzdem). Es ist immer wieder dasselbe, sobald man ein fesches neues Projekt entdeckt, das technisch (und wissenschaftlich) sehr sexy ist: Man kann getrost diverse Kisten Bier darauf wetten, dass das UI grottig sein wird. Grausig. Abschreckend.

Das faengt mit simplen Dingen an. Ich kann in Sekunden ein Bild vom iPhone nach Twitter kuebeln. Oder nach Facebook. Mit Beschreibung, zack, fertig. Vielleicht habe ich einfach nicht den richtigen Client dafuer, aber wenn ich dieselbe Nummer mit meinem Blog veranstalten will, habe ich auf Facebook schon droelf Likes und acht Kommentare, bis das Bild ueberhaupt mal (im falschen Format) auf dem Blog gelandet ist. Und nach Facebook und Google Plus muss ich es dann haendisch verlinken, weil… ach… lassen wir das halt. So etwas nervt.

Mit den Facebook-Alternativen ist es nicht anders. In einigen Papers wird FOAF als Modellbeispiel fuer dezentrale Netze herangezogen. Auf dem cccamp 2011 gab es einen Workshop dazu, und schon die Anleitung zeigt, dass wir auf eine Akzeptanz in der breiten Masse ebenso hoffen duerfen wie auf ein Bekenntnis der CSU zu freiem Internet und einem bedingungslosen Grundeinkommen.

Ich werde jetzt erst einmal den Stapel Papers zu Ende lesen. Egal, was da aber drinsteht, und egal, was in den naechsten Jahren (nicht nur) zu unabhaengigen Social Networks kommen wird: Die Akzeptanz hierfuer steht und faellt mit der User Experience. Man sieht, wie wichtig mir das ist, wenn ich tatsaechlich „User Experience“ schreibe.

Wir schliessen mit den Worten von Stephan Urbach ueber Software fuer Aktivisten. Gut, dass er beschlossen hat, bei uns zu bleiben.

First, please make good UIs. Make them that anyone can use the tool. You will not believe, how many people out there would use your great software if it was usable. Please remember, that not everyone outside who is on the ground is in the position to have the knowledge on how their machines work and how they get configured proper. Please do not create security problems because of a shitty UI. There might be a great algorithm but if most of the targeted user base is not able to use it the goal is not reached. […]

Make good error messages that the users understand. Yeah, for you might a big NULL be enough but for the users it is not. Catch exceptions and translate them that normal people understand. It is not a problem if an error occurs, but it needs to be understandable.
Please, when you do the UI – do it like the last Hello Kitty App – without Hello Kitty. Do not write „Activists Messaging System“ on it. Use Nyancat in it if appropiate. Make it hipsterglitter without hipsters and glitter. You get the point. […]
Conclusion: Be awesome. Make it easy. Test. Crowdsource. Review. Make it more secure. Test. Be still awesome. Thank you.