Ich hatte mir ja eigentlich wenig Hoffnung gemacht, mein geklautes Fahrrad nochmal wiederzusehen. Wer wuerde denn so bloed sein, das weiter hier in Ulm herumzufahren?
Nun, irgendjemand war wohl wirklich so doof, denn dass hier plingte gestern abend bei mir auf:
Aeeeh, blauer Pollux-Rahmen, LED-Standlicht, Pit-80-Tacho, Anhaengerkupplung – Heiliger Graf Zeppelin, DAS IST MEIN FAHRRAD! Angeschlossen mit einem Spiralschloss an einen Baum in Neu-Ulm.
Die Beweissicherungs- und Festkettungseinheit (BFE) der Facebook-Drei-???, bestehend aus Kadda und Henning, brachte also zusaetzlich noch einmal ein etwa 30 Kilogramm schweres Kettenschloss und den Hinweis „Rad ist geklaut“ am Fahrrad an, waehrend ich die Polizei anrief und mich auf den Weg machte.
„Moment, Sie sind an der Uni? Wie koennen Sie dann sicher sein, dass das Ihr Fahrrad ist?“
– „Ich habe von Kollegen ein Foto per Facebook zugeschickt bekommen, und das ist ganz eindeutig meins, und ich bin jetzt auf dem Weg. Wenn Sie das SEK jetzt losschicken, muessten wir gleichzeitig eintreffen!“
– „Aeh ja, also, wenn Sie vor Ort sind und sich GANZ SICHER sind, dass das Ihr Fahrrad ist, rufen’s doch einfach nochmal an, dann kommen wir vorbei.“
– „Wenn Sie Argumente fuer eine Hundertschaft und Hubschrauber brauchen, da findet gerade eine linke Demo statt, und Hausbesetzer und so…“
– „Was?!“
– „Ach nix, ich ruf nachher nochmal an.“
Nach leicht umwegbehafteter Busfahrt war ich also dort, und kein Zweifel: Das IST natuerlich mein Rad. Die (kaputte) Welle des Tachos fehlte nun ganz, der „FahrRad in Ulm“-Aufkleber war weg, ebenso das Rahmenschloss, und der total kaputte Sattel war gegen einen nicht ganz so kaputten Sattel (mit Federung!) getauscht.
Die Polizei war dann nach 10–15 Minuten da, und unter aufmerksamer Beobachtung der umliegenden Senior*innenbewohnerschaft von deren jeweiligen Fenstern her begutachteten wir gemeinsam das Rad und verglichen es mit den Bildern davon, die ich auf dem Telefon hatte und was ich sonst noch so ueber das Fahrrad erzaehlen konnte, was offenbar hinreichend ueberzeugend war, dass das wirklich meins ist.
Nachdem mit der Polizei Ulm – die meine per „Internetwache“ abgeschickte Gestohlenmeldung und Anzeige vom Sonntag noch gar nicht bearbeitet hatte – abgeklaert war, dass auch die kein Interesse an dem Rad als „Spurentraeger“ hatten, musste also noch das Schloss weg. Die Polizemeisteranwaerterin schaute bei der Funkrueckmeldung und Nachforderung eines Schneidwerkzeugs etwas verzweifelt auf die massive Kette, die aber sogleich von Henning grinsend aufgeschlossen wurde, was fuer allgemeine Erleichterung sorgte. Auch das Angebot von Henning, mit der mitgebrachten Eisensaege das Spiralschloss durchzusaebeln wurde abgelehnt – „Der Kollege ist jetzt unterwegs, und der freut sich so, wenn der sowas machen darf.“
Der freute sich auch wirklich, als er nach weiteren 10–15 Minuten („Der faehrt jetzt nicht mit Blaulicht hier her, oder?“ – „Aeh. Nein.“) eintraf und seiner Kollegin grinsend den Bolzenschneider abnahm: „Natuerlich kann ich das, das hab ich mit 14 jeden Tag gemacht!“ – „Ah ja, so rekrutiert sich die deutsche Polizei…“ :>
Die Anwohner*innen duerften mittlerweile den Eindruck gewonnen haben, dass das hier kein Fahrrad, sondern eine mobile Drogenverkaufsstation, wenn nicht eine Bombe sein duerfte: Zwei Polizeifahrzeuge mit Warnblinker, vier Polizist*innen, und die Drei Internet-??? mit Taschenlampe, dicker Kette um den Hals und breitem Grinsen im Gesicht. Angesichts des vorher ziemlich rabiat behandelten Bolzenschneiders mit drei dicken Scharten in der Schneide dauerte das Durchknipsen des Schlosses dann zwar doch gleich zwei Minuten und zum Schluss brachialer Gewalt des sichtlich in seiner Schlossknackerehre angegriffenen Polizisten, am Schluss stand ich dann aber wieder mit meinem Rad und einem geknackten Schloss da, waehrend die Polizei sich eilig zu einer Schlaegerei (oder sowas) aufmachte.
Bleibt die Frage, wer die Kackbratze war, die das Rad gestohlen hatte. Fuer mich sah das so aus, als waere das Rad zusammen mit anderen in einen Transporter geworfen (wobei wohl das Kabel des Ruecklichts abgerissen wurde), irgendwo dann das Schloss entfernt und der Sattel getauscht worden, bevor das Ding (minus des auffaelligen Aufklebers) irgendwo fuer ein paar Euro verkauft wurde. So doof, das Rad selber in der Stadt umherzufahren, in der man es geklaut hat, ist hoffentlich niemand. Die Chance, die Diebe zu finden, duerfte irgendwo Richtung Null gehen – Fahrraddiebstahl ist de facto ein quasi risikofreies Verbrechen.
…das macht einem aber andererseits schon ein wenig Lust, mal auf Fahrraddiebesjagd zu gehen. Die Drei Student-Lab-??? und die unscheinbaren Fahrraeder mit GPS-Tracker? Mal sehen 😀