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Digitale Vermaechtnisse

Alles ist vergaenglich, und jedes Leben kommt an ein Ende. Auch der eine oder andere Blogger wird irgendwann einmal das zeitliche segnen, und es stellt sich die Frage, was danach mit den von ihm veroeffentlichten Inhalten passiert.

Ganz besonders aufmerksam verfolgt man das natuerlich, wenn der Blogger keines ganz natuerlichen Todes stirbt. Und wenn es sich dabei um ein Gewaltverbrechen handelt, interessiert sich sogar die Springer-Presse dafuer, welche persoenlichen Einblicke der Taeter vor dem gewaltsamen Ableben seiner Opfer und seiner selbst ins Netz gestellt hat.

Warum im Hamburger Abendblatt in diesem Zusammenhang idiotisches veroeffentlicht wird, wird von Thomas Knuewer und Thomas Mrazek erklaert. Letzterer stellt aber eine Behauptung in den Raum, die ich nicht nachvollziehen kann:

Im vorliegenden Fall muss sich auch der Anbieter des Blog-Services, Google, fragen lassen, warum die Daten weiterhin öffentlich zugänglich sind. Eine entsprechende Anfrage habe ich eben an Google Deutschland gerichtet.

Ja, Google muss sich das natuerlich fragen lassen. Aber der Fragesteller muss sich seinerseits fragen lassen, welche Antwort er denn erwartet.

Wir wurden bei TU in den vergangenen Jahren haeufiger als uns lieb war mit Profilen von Nutzern konfrontiert, die verstorben waren — tragischerweise waren das in der Mehrzahl junge Leute, die durch Unfaelle, ploetzliche Krankheit oder Suizid viel zu frueh einfach nicht mehr da waren. Auch im Team selbst blieben wir nicht verschont. Es ist nichts schoenes, zur Beerdigung eines (damals) 19jaehrigen Kollegen und Freundes gehen zu muessen, weil eben die Strasse glatt war.

Die Frage ist nun, wie man mit den natuerlich noch verbleibenden Profilen umgehen soll. Man zeigt ja gerne mit dem Finger auf den Betreiber, aber schon im „ueberschaubaren“ Rahmen von weniger als 500.000 Benutzerprofilen bekommen wir seltenst unmittelbar mit, wenn einer unserer User verstirbt — wie auch, sollte man etwa alle Nutzerdaten taeglich mit Todesanzeigen oder Schlagzeilen spektakulaerer Verbrechen vergleichen? Oft kommen dann Anfragen von Freunden, ob man nicht das Profil loeschen koenne, und bringen uns in eine arge Zwickmuehle, denn eigentlich sollten das nur die Angehoerigen entscheiden, und die haben im ersten Moment meistens andere Dinge im Kopf, als bei irgendwelchen Hostern, Providern und Social Networks eine Datensperrung zu beauftragen.

gb

Gaestebucheintrag, zweieinhalb Jahre "danach"

Die Frage des „digitalen Vermaechtnisses“, das man nach seinem Tod hinterlaesst, ist in jedem Fall eine schwierige. Teilweise werden aus den persoenlichen Profilen richtiggehende „Gedenkstaetten“ gemacht[1], teilweise moechte man die Inhalte vielleicht doch lieber nicht mehr der Oeffentlichkeit zugaenglich machen. Den schwarzen Peter hier den Anbietern in die Schuhe zu schieben, halte ich fuer vermessen.

juanpablo

[1] Gaensehauteffekt: Es gibt mehrere „RIP“-Gruppen bei TU, in denen einzelner Verstorbener gedacht wird — bei der Recherche bin ich eben auf eine Gruppe gestossen, die sich auf einen Bahnunfall bezieht, bei dem ich an der Bergung beteiligt war. Ich bin mir sicher, dass die Gruppengruender und -Mitglieder einen anderen Bezug zu diesem Ereignis haben als ich. Soviel zu subjektiver Wahrnehmung.

Diese scheiss sozialen Netzwerke

Ich hasse, hasse, hasse es. Frueher[tm] hatten fast alle Bands, auch die eher regionalen, eine eigene Website. Die war nicht immer schoen, aber fast jede davon hatte einen Pressebereich, in dem sich Fotos fanden, die man veroeffentlichen kann.

Heute? Die URLs bestehen immer noch — zu sehen bekommt man aber MySpace. Jede Band, jeder Kuenstler ist auf MySpace. Weil man da Kontakt mit den Fans halten kann, alles wunderbar.

Aber wie komme ich jetzt an Bilder, die ich zur Illustration eines Artikels verwenden kann (und darf!)?

Scheiss Fortschritts-Bumerangeffekt.

VIP fuer zwei Euro

Von der Aktion wurde ich nun etwas ueberrascht: Andy hat vorhin die Moeglichkeit eingebaut, fuer den naechsten anzuschaffenden Team-Ulm-Server zu spenden (Kostenpunkt 10kEUR). Wer per PayPal 2 EUR oder mehr spendet, bekommt fuer einen Monat ein VIP-Logo hinter den Namen gesetzt. Nett.

Jetzt bin ich mal gespannt, ob da auch tatsaechlich etwas zusammenkommt 😉

Ist Ulm besser als Berlin?

Ich hatte das ja neulich mal vollmundig behauptet. Mittlerweile ist Team-Ulm im Ranking wieder hinter die Berliner auf Platz 2 gefallen, und Heinz Koch (seines Zeichens Co-Intendant des AuGuS-Theaters Neu-Ulm) beklagt, dass in der Richtung wohl doch noch einiges zu tun ist:

Eine Stadt, die auf Dauer konkurrenzfähig sein will, muss Spitzenwerte anstreben – neben den Parametern „Technologie“ und „Talent“ auch und in Sachen „Toleranz“, muss ihre schrägen Vögel füttern und neue anlocken, muss hegen und pflegen, was man „Boheme“ schimpft. Ein solches Klima lockt die „kreative Klasse“

Den kompletten Artikel habe ich als Gastbeitrag auf TU veroeffentlicht.

Anbei ein Haufen Text

Manchmal frage ich mich, was manche Leute eigentlich denken, wenn sie Pressemitteilungen verfassen und versenden. Die ueblichen duenn getarnten PR-Texte, die ueber manchen „Pressedienst“ kommen, landen zu 99% sowieso einmal ueberflogen im Muell. Manchmal sind da sogar dankbare Aufhaenger fuer „ernsthafte“ Artikel dabei — das kam glaube ich bisher ganze zweimal vor.

Positiv stechen einige Theater der Region hervor, allen voran das Theater Ulm: Alle wichtigen Informationen, neutral und objektiv dargestellt, sauberes Deutsch, erstklassig. Manchmal muss ich noch aweng kuerzen, aber in der Regel kann der Text fast 1:1 so in den Redaktionsteil — mit ein wenig Glueck ist auch noch ein Bild dabei. Gesamter Arbeitsaufwand vom Empfang bis zur Veroeffentlichung: 5 Minuten.

Haarstraeubend ist dagegen, was ich aus manchen anderen Quellen bekomme. Kurze Informationsbroeckchen vermischt mit Eigenlob, an strategisch wichtigen Stellen mit Rechtschreibfehlern versehen und natuerlich bunt! Dazu noch ein oder zwei Bilder, die im besten Fall maessig brauchbar, im schlimmsten Fall mit irgendwelchen „kreativen“ Effekten versehen sind. Daraus einen passenden Text zu basteln, dauert je nach Aufwand 10-20 Minuten und verursacht Frust. Vor allem dann, wenn die PM sich vermeintlich auf zwei oder drei Vorstellungen bezieht, und zwei Wochen spaeter derselbe Text fuer die naechsten Vorstellungen desselben Stuecks kommt.

Mich nervt so etwas. Wuerde ich dafuer bezahlt werden, waere das vielleicht etwas anderes. Aber warum soll ich eigentlich die Texte korrigieren, mit denen andere fuer ihr Angebot werben und somit Geld verdienen wollen?

Zahlenvisualisierung deluxe

Nachdem Raimar schon den Windows-Bildschirmschoner bemaengelt, der auf unserem Mega-Visualisierer 2000[tm] zu sehen ist, weil Andy sein MSI Wind so komisch konfiguriert hat: Die Studenten waren gestern eine Stunde zu spaet dran, und in der Zeit hatten sich Andy und ich auf dem grossen Schirm ein paar Videos zur Visualisierung von Zahlen angesehen, weil wir doch so gerne etwas 1337es haetten, mit denen wir unsere Gaeste beeindrucken koennen.

Akamai hat 2006 einen Einblick in sein Proll-NOC gewaehrt und erklaert einem die wunderhuebschen riesigen Kontrollmonitore:

Und Andy war total begeistert von der kurzweiligen TED-Praesentation von Altmeister Hans Rosling, der 2006 auf lockerste Art verschiedene geniale Visualisierungen zur Weltgesundheit und -Einkommensverteilung praesentiert hat:

Stellt sich nun die Frage: Sollen wir von TU aus nochmal ein Medienpraktikum an der Uni ausschreiben, um mal ganz IS-maessig eine tolle Visualisierungssuite zu entwickeln, die die Echtzeitstatistiken der Server auswertet und Apple-glanz-und-Helvetica-maessig todschick auf unseren grossen Bildschirm wirft? 😉

Akademische Aufmerksamkeit

Irgendwie reisst es nicht ab — erst bietet TU ein Medienpraktikum fuer Studenten der Uni Ulm an, wird danach zum Thema zweier Diplomarbeiten (Augsburg und Heidenheim) und vergibt einen Praktikumsplaetz an eine Journalismusstudentin (Darmstadt, wobei mir da wieder einfaellt, dass ich mir noch phaette Projekte fuer die drei Monate ausdenken muss oO)

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Heute hatten wir das ganze Buero voller Studentinnen und Studenten aus Augsburg, die sich im Rahmen eines kooperativ durchgefuehrten Projektes mit modernem Journalismus beschaeftigen und dazu die SWP und uns besuchten. Der Betreuer hat bei mir gleich mal Sympathiepunkte gesammelt — ich weiss nur bis jetzt noch nicht, wie ich den Gesichtsausdruck der netten Dame von der SWP bei Aussagen wie „natuerlich wird das in der Mehrzahl online geschehen“ deuten sollte 😉

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Auf den Bildern sehen die Maedels und Jungs zwar aweng gelangweilt aus, es kamen aber trotzdem viele interessierte Fragen und Rueckfragen, und Andy und ich durften knapp eineinhalb Stunden lang aus dem Naehkaestchen plaudern, Graphen zeigen und ein wenig die Mitbewerber durch den Kakao ziehen.

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Ich finde es saugut, dass es auch Hochschulen gibt, die nicht dem „Print ist toll, Print wird nie sterben“-Mantra folgen (so wie gewisse Freie Unis in Berlin) sondern sich Gedanken darueber machen, wie die Medienlandschaft morgen aussehen koennte — und wie man das vor allem auch finanzieren kann. Die Gruppe hat auch ein Blog, dessen URL ich aber leider noch nicht weiss und das man ueber die furchtbaren Seiten der Uni bzw. HS Augsburg auch nicht finden kann. Den Link reiche ich aber baldestmoeglich nach und werde das Ganze selbstverstaendlich auch weiter beobachten und dort herablassende und polemische Kommentare abladen sowie mit Links zu meinen Lieblings-Journalismus-Blogs und -Artikeln wild um mich werfen 😉

//Nachtrag: Wenn ein Projektblog schon mit Titeln wie „Print ist tot“ um sich wirft, finde ich das sympathisch. Und ausserdem verwenden sie das WordPress-Theme, das ich auch haben moechte ^^

Der Blick von aussen

…fehlt manchmal wirklich. Mir geht ja schon ewig die Ulmer Jugend auf den Senkel. Von denen meint naemlich anscheinend ein grosser Teil, ueberall anders sei es besser als hier. Derweil bietet Ulm relativ zur Groesse verdammt viel — man muss sich einmal vor Augen halten, dass es wohl kaum eine Stadt dieser Groesse in Deutschland gibt, die ein so hervorragendes Angebot in Sachen Nahverkehr, Einkaufen und auch Nachtleben bietet.

Die Clubszene habe ich in den letzten Jahren aber anscheinend vollkommen aus den Augen verloren. Okay, mich sieht man ohnehin eher in abgefuckten Kneipen oder Cocktailbars als in irgendwelchen Clubs, aber irgendwie war ich der Ansicht, dass das Angebot hier doch eher eintoenig waere: Frueher gab’s irgendwie nur Black und RnB, die letzten Jahre vorwiegend Drum’n’Bass. Dachte ich.

Am Dienstag war aber eine Journalismusstudentin von der FH Darmstadt im TU-Buero, die sich um einen Praktikumsplatz bei mir in der Redaktion bewerben wollte, und die kam aus dem Schwaermen gar nicht mehr heraus: Frueher sei es in Ulm eher droege gewesen und man sei nach Stuttgart oder sonstwohin gefahren — mittlerweile kaemen die Stuttgarter nach Ulm, weil hier so viel geboten sei. Moonbootica, Monika Kruse, Oliver Koletzki, undsoweiter, kenne ich alle zwar nur dem Namen nach, sagt mir aber durchaus was. Und es stimmt auch. Keine Ahnung, wer die alle hier her holt, aber es scheint zu funktionieren — grosse Namen in Ulm, und die Leute gehen auch hin und bleiben vielleicht sogar bis zur After-Hour, die’s hier auch (wieder) gibt.

Wir brauchen uns natuerlich nix vormachen, Ulm ist und bleibt Provinz. Subkulturen gibts zwar ein paar, aber halt irgendwo im hinteren Keller irgendwo am Stadtrand. Club-Hopping von $in-club-1 zu $in-club-8 gibts keins. Und nach der Party koennen die meisten Ulmer entweder zu Fuss oder fuer 5 EUR mitm Taxi nach Hause kommen.

Aber das ist glaube ich auch ganz okay so.

(Bild: Oliver Koletzki in Ulm // Team-Ulm.de)