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Au Revoir, Montreal

Abgesehen von San Francisco hatte ich bisher kein Problem, eine Stadt zu verlassen, die ich besucht habe. Weisst schon, man hat viel gesehen, schoen wars, aber jetzt raus hier, was anderes sehen.

Montreal zu verlassen fuehlt sich dagegen wie Abschied von einem guten Freund an. Ich hoffe, ich kann irgendwann einmal hierher zurueckkommen.

Schneeparadies Montreal

So, hier nun die versprochenen Bilder von neulich nacht.

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Ich habe keine Ahnung, wie die Leute morgens an ihre Autos kommen und wie lange sie brauchen, um ihre Kiste freizuschaufeln.

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Aber anscheinend funktioniert das schon, denn am naechsten Tag waren diese Autos alle weg.

Aussergewoehnliche Umstaende erfordern aussergewoehnliche Massnahmen: Als ich auf dem Weg zum Olympiapark war, sind mir einige schwere LKW aufgefallen, die durch die Strassen gezogen sind. Ich habe mir erstmal nichts dabei gedacht, schwere LKW sind ja nun auch nicht so aussergewoehnlich in Nordamerika.

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Spaeter habe ich aber herausgefunden, was die transportieren: Schnee. Strassenraeumung sieht naemlich hier so aus: Zuerst wird gepfluegt und dabei die ganze Masse an den Strassenrand geschoben. Danach kommt eine dicke Schneefraese und wirft das meiste davon irgendwo in die Buesche (sofern vorhanden)

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Nun wird der Gehweg freigeschoben und ein anderer Pflug kratzt die komplette rechte Seite der Strasse bis zum Buergersteig frei.

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Anfangs habe ich mich gewundert, warum das alles dann wieder nach rechts geschoben ist — bis ich die letzte Schneefraese gesehen habe.

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Die nimmt naemlich den ganzen Rest und packt ihn in einen der grossen Sattelschlepper, der das Zeug dann aus der Stadt bringt. Krass.

Zufallsbekanntschaften

Uebernachtet man in einem Hostel, lernt man zwangslaeufig andere Reisende kennen, was natuerlich vollkommen genial ist — irgendjemand findet sich fast immer, der eine Runde Poker spielen, was essen gehen oder in eine Bar ziehen mag.

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Nun gehen Rai und ich also mit drei Maedels (2* Australien, 1* Irland) und einem Kerl aus Brasilien in ein Pub hier. Siehe Bild oben, auf dem Raimar unsichtbar ist. Der Abend ist sueffig und unterhaltsam, und am Tisch nebenan spielen ein paar andere Leute das oertliche Gegenstueck zu „Bauernpoker“: Einen Penny vom Tisch abprallen lassen und in ein Bierglas versenken. Umdrehen, mitmachen, ins Gespraech kommen, ja, ich komme aus Deutschland, Stefan, angenehm, wie mein Nachname ist? Ob ich Couchsurfer bin?

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Ja. Trifft man doch tatsaechlich Gaetan von Couchsurfing, der Raimar und mich eine Nacht lang hosten koennen haette (waere dann aber zu kompliziert geworden, deswegen haben wir das sein gelassen). So wurde dann der kurze Trip in den Pub (man muss ja morgens frueh aufstehen von wegen auschecken und so, jaja) doch nochmal ein paar Stunden laenger und sueffiger 😉

Ganz anderes Grossstadtgefuehl

Ich kann nicht schlafen (liegt wohl entweder am Dr. Pepper oder daran, dass ich nach dem Barausflug dick verschlafen hatte). Was liegt da also naeher als ein kleiner Nachtspaziergang mit der Kamera.

Wie anders doch Montreal im Vergleich zu Chicago ist! Wir sind hier quasi im Stadtzentrum, der Zentralbahnhof ist nur zwei Strassen entfernt, aber trotzdem ist es hier nachts um 0200 Uhr totenstill. Nur der knirschende Schnee unter den eigenen Fuessen ist zu hoeren, ab und zu das seltsame mechanische Schaltgeraeusch der Ampeln, und gaaaaanz selten einmal ein Auto oder ein Lastwagen irgendwo ein oder zwei Strassen weiter. Vollkommen ungewohnt, nicht staendig Autos oder heulende Sirenen zu hoeren. Arg kalt ist es dabei gar nicht, ich schaetze die Temperatur auf wenige Grad unter Null.

Fotos folgen.

Weisse Weihnachten

Es ist schon ein wenig seltsam: In Chicago haben wir uns bei -10 °C den sprichwoertlichen Hintern abgefroren und waren froh, wenn wir irgendwo im Warmen sein konnten. Hier hatte es heute nun ebenfalls -10 °C, und uns kam das vielleicht nicht unbedingt „warm“, aber problemlos ertraeglich vor.

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Heute hat es wieder angefangen, in dicken fetten Flocken zu schneien, und die vorhergesagten 30 Zentimeter Schnee sind glaube ich gar nicht so unrealistisch. Die Montrealer scheinen aber gut darauf vorbereitet zu sein, denn das Raeumgeraet hier hat schon ganz andere Dimensionen als die Schneepflueglein in der Heimat. Hier muss selbst auf dem Gehsteig mit Kettenfahrzeugen geraeumt werden, das ist halt schon etwas anderes.

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Heute waren wir mit Hernan (ja, Hernan, nicht Herman, darauf hat er ausdruecklich hingewiesen, Raimar ^^) und ein paar anderen Reisenden auf dem Markt, um Zutaten fuer die Empanadas zu kaufen, die Hernan morgen backen will. Das ist sowieso eine geniale Sache hier: Wenn Julien und Hernan hier kochen, ist es gar kein Problem, dass jeder mitessen kann, der dafuer hinterher den Abwasch macht und vielleicht ein paar CAD zur Kostendeckung reinschmeisst. Das ist glaube ich sowieso noch einen eigenen Artikel wert.

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Auf dem Markt musste ich mich natuerlich auch gleich mit etwas furchtbar kanadischem eindecken: Ahornsirup. Hier gibts sogar Ahornsiruplutscher fuer 50 ¢ zu kaufen, die erstaunlich gut schmecken.

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Irgendwann muss man aber natuerlich auch etwas „richtiges“ essen, und dafuer haben wir uns nach Poutine fuer die zweite Empfehlung unserer Gastgeber entschieden: Die anscheinend besten Bagels der Stadt bei St. Viateur, meiner mit Ruehrei und Speck und Salat und Tomate und Frischkaese und einer Suppe dazu. Wenn ich meinen nicht beim Essen zerlegt haette, haette ich dann sogar was von der Tomate gehabt 😉

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Raimar hat dann noch im Dollarshop seinen inneren Deutschen rausgelassen.

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Notiz: Alte Posts wurden mit Bildern versehen.

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Houseparty deluxe

Okay. Stellt euch vor, ihr habt so ein richtig grosses, altes, viktorianisches Haus. Mit kleinen Treppenhaeuschen und verschnoerkelten Tuerstoecken und so. Und da ist Party. Ueber alle Stockwerke hinweg. Jede Nacht.

Genau da waren wir gestern, in Le Bar Saint-Sulpice. Vier Stockwerke, alles sehr verwinkelt, im Winter dann natuerlich ohne die Aussenterrasse und „nur“ mit sieben Bars. Trotzdem passiert es einem, nach einer halben Stunde zufaellig nochmal eine Treppe zu finden, die einen zu weiss Gott fuer einer anderen Bar fuehrt.

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Die Australier und Briten, die mit uns dort hingegangen waren, sind schon vor 0200 Uhr wieder abgehauen, weil es ihnen wohl nicht so gefallen hat. Raimar hat es dann aber geschafft, binnen einer Minute von irgendeinem random Kerl zuerst beinahe aufs Maul zu bekommen und dann sein Kumpel zu werden.

Ja, doch. War lustig. Vor allem die Erkenntnis „Hey, wir haben jetzt schon 17 CAD fuer Bier ausgegeben… moment mal, das sind ja nur 10 EUR!“ 😀

Regionale Spezialitaeten XXL

Ich habs ja schon angedeutet, natuerlich haben wir Chicago nicht verlassen koennen, ohne wenigstens eine Deep Dish Pizza zu essen. Im Wesentlichen ist das einfach eine Pizza, die aber eben in einer tiefen Form gemacht wird. Und genau da liegt das Problem fuer den ahnungslosen Reisenden.

Eher zufaellig waren wir naemlich auf eines der Lou Malnati’s-Restaurants gestossen, die diese Pizza anbieten, und da der Magen ohnehin gerade knurrte, lag es natuerlich nahe, mal eben so eine Pizza zu versuchen. Die gibt es dort in verschiedenen Groessen, wenn ich mich recht erinnere zwischen 8 und 14 Zoll Durchmesser. Ich hoer Raimar noch herumrechnen: „14 Zoll? Knapp 32 Zentimeter, so ne Pizza kann man doch alleine essen, reicht das auch?“

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Glaubt mir, das reicht. Die Pizza ist gut und gerne zwei Zentimeter dick, mit einem richtig satten (schoen hefig schmeckenden) Boden, viel Kaese, Tomatensosse und Salamischeibchen — es war zwar knapp, aber sowohl Raimar als auch ich mussten die letzten Paar Bissen unserer letzten „Slices“ auf dem Teller liegen lassen. Lecker ist so ein Teil allemal, aber 14″ sind selbst fuer zwei Personen deutlich zu viel 😉

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Heute mussten wir dann natuerlich auch die Lokalspezialitaet Poutine ausprobieren, zumal das angeblich beste Poutine-Restaurant, La Banquise, nur gut zehn Minuten vom Hostel entfernt ist. Wer mit dem Begriff nichts anfangen kann: Man nehme Pommes Frites, Kaesebruch und Bratensosse — und auf Wunsch so gut wie alles, was man sich noch als Zutat vorstellen kann, zum Beispiel Hackfleisch, Wurstscheiben, Chili, Schinkenstreifen, oder was auch immer. Hoert sich furchtbar an, ist mit Sicherheit auch furchtbar ungesund, schmeckt aber verdammt gut — und auch hier ist wieder Vorsicht angesagt. Wenn einem naemlich die „Regular Size“ an den Platz gebracht wird, liegt einem schnell der Spruch auf den Lippen, dass man unbedingt noch einmal eine grosse Portion probieren muss.

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Kurz gesagt: Vergesst es. Die „Regular Size“ reicht vollkommen 😀

Oh Air Canada

akt1::vorbereitung

Flug geht um 1328 Uhr, Bus und Metro brauchen eine Stunde bis O’Hare, also lass uns um 1000 Uhr aufbrechen — Nein nein, 30cm Schnee vorhergesagt, fahren wir um 0800 Uhr los — Pussy — Ja, aberaber — Na gut. 0900 Uhr

akt2::o’hare international airport

Siehste, jetzt isses gerade mal 10Uhr. Pussy. Sind wir in der Schlange richtig? Nein, hier nur fuer US-Wehrmacht. Bildschirme suchen. Flug nach Montreal cancelled. Erster Stock, United. Schlange stehen. Gepaeck zwei Pfund zu schwer. Handtuecher und Hosen ins Carry-On stopfen. Schlange stehen. Schalter. Bitte zu Air Canada gehen, auch wenn wir ein United-Ticket haben. Laessiger Air-Canada-Mensch hackt auf 20 Jahre altem Computer rum und scherzt, stellt uns handgeschriebenen Ersatzflugschein aus. Wir fliegen ueber Ottawa nach Montreal, erster Flug mit United. Einchecken ebenda. Schlange stehen. United-Mitarbeiterin will Air-Canada-Mitarbeitern Gewalt antun, weil diese keine Plaetze auf dem Ersatzflug nach Ottawa gebucht haben. Tickets, Danke. Sicherheitscheck anstellen. „SSSS“ auf dem Ticket: „Selected“. Selected fuer Komplettabtastung. Fotorucksack kontrollieren lassen. Unfreundliche TSA-Mitarbeiter. 1330 ans Gate kommen, Boarding beginnt sofort. Just in Time. Draussen Schneepflugarmada im Einsatz. Schneefraesen spucken im hohen Bogen Pulverschnee zur Seite, auf der Landebahn einszweidreivierfuenf… 15 Schneepfluege. Nein, keine Schneepfluege, Schneemonster. Wie auf der Bundesautobahn. Liftoff.

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akt3:: ottawa

NebelnebelnebelnebelnebelnebelmomentmaldasistjaSchnee. Sind das da unten Lichter? Kein Plan. Schnee. 1650 Eastern Time. Aussteigen. Einreise nach Kanada. Kein Alkohol, keine Zigaretten, ich bin als Tourist hier, Aufenthalt in Hostel in Montreal, mit dem Kerl da drueben, Schoenen Aufenthalt, Danke. Raimar bekommt Spezialbefragung. Gepaeck holen, wieder einchecken, 20 Sekunden lang Flughafen bewundern, wir haben es eilig. Gepaeck abladen, Sicherheitskontrolle. Huch, was ist das denn, freundliche Sicherheitsleute? Fotorucksack bekommt wieder grosse Aufmerksamkeit, Sicherheitsmann haelt Smalltalk ueber Kameragehaeuse, will mein Vorhaengeschloss sehen. Was ist das? Was auch immer Tochterblitzausloeser heisst. Fotorucksackroentgenbild sieht lustig aus. Weiter zum Gate. Wieder Just in Time: 1800 Uhr EST. Wenn wir nicht Air Canada Jazz fliegen wuerden. Sehr geehrte Fluggaeste, wir muessen noch den Vogel aufraeumen. Und Treibstoff enttanken. Und einen Tankwagen auftreiben. Oder einen Enttankwagen. Neue Zeit ca. 1900 EST. Oder auch 1950. Oder auch 2000. Oh Air Canada.

akt 4:: montreal

Reisehoehe erreicht. Raimar macht Laptop an. Sinkflug beginnt. Whut? Ahja, Reisezeit 20 Minuten. Gepaeck holen, 2200 Uhr. Endlich jemand im Hostel erreichen. Rezeption bis 2330 besetzt, mit dem Linienbus bzw. Metro sollen wir besser nicht fahren, Aerobus faehrt uns mit Shuttle fuer 15 CAD bis zum Hostel. 9 Euro? Machen wir. Busfahrer ist Mischung aus verschrobenem Briten und verschrobenem Englaender Franzosen. Vermuten aber stark, dass er heimlich Kanadier ist. Leute hier sind alle freundlich. Ungewohnt.

akt 5:: hostel alexandrie

Hernan oeffnet. Fuelliger, langhaariger, liebenswerter, redseliger Kerl. Bier kaufen geht nur noch sechs Minuten, also los. „Checkin“ dauert halbe Stunde. „Checkin“: Alle Leute vorgestellt bekommen. Hauptsaechlich Australier. Karte von Montreal gezeigt bekommen, mit allen Sachen, die man sehen, erleben, essen sollte. Bei Unklarheiten einfach nochmal nachfragen. Kostenloses WLAN, zwei Gemeinschaftsraeume, kostenlose Waschmaschinen und Trockner, nehmt euch einfach Waschmittel. Wahnsinn. Geld holen, Pizza essen, viel „Bonjour“ und „Merci“ sagen. Poker spielen, Raimar zockt alle ab.

Hostel toll, Montreal toll, Kanada toll.

Ende.