Archiv für den Monat: Februar 2009

Recherchemangel

Ich lese medienlese.com sehr gerne, nicht nur wegen „6vor9“. Den letzten Beitrag von Ronnie Grob finde ich aber etwas befremdlich.

Zur Vorgeschichte, kurz umrissen: Basel spielt gegen Zuerich, der preisgekroente Journalist Jean-Martin Buettner vom Tagesanzeiger faehrt im Sonderzug der Zuericher Zuercher Fans (danke Guido) mit und moechte ueber die Stimmung berichten. Dummerweise klappt er ausgerechnet im Waggon der Hardcore-Fans den Laptop auf, wird als Journalist erkannt, angepoebelt, gekloppt und aus dem Zug geworfen. Die ganze Story gibt es hier.

Grob greift das Thema, besser gesagt die Kommentare unter dem Beitrag auf, und fragt sich, ob es mittlerweile No-Go-Areas fuer Journalisten gibt. Unter anderem zieht er ueber den folgenden Kommentar von Bugsierer auf klartext.ch her:

ich will das elende verhalten dieser krawallanten nicht herunterspielen, aber mal ehrlich: ich habe mich echt gefragt, wie der gute auf die abstruse idee kommt, ausgerechnet mitten in einem fanzug seinen laptop auszupacken. da würde ich mir schon zehn meter gegen den wind sorgen um das gerät machen und mich möglichst unauffällig irgendwo hinsetzen resp. einen späteren zug nehmen. und dann auch noch als basler in einem zürcher fanzug. das finde ich schon etwas weltfremd.

Solche Ansichten machen laut Grob „Feigheit zur Maxime allgemeinen Handelns“, wenngleich ich diesen Kommentar fuer den kluegsten der zitierten Beitraege im Artikel halte. Allein Grob will das nicht einsehen.

Ich habe eben mit einem Bekannten gesprochen, der ueber Umwege Leute in der Hooligan-Szene kennt, und der hat schon bei der Schilderung des Sachverhaltes die Augenbrauen hochgezogen. Nein, rechtzufertigen sei das alles nicht, ganz im Gegenteil, durch die Hools leide die komplette Fussballkultur. In Sachen Journalist sehe er das aber wie der zitierte Bugsierer: Es sei nicht so, dass solch ein Zug eine No-Go-Area speziell fuer Journalisten sei — vielmehr sei das eine No-Go-Area fuer jeden „Aussenseiter“, der in das Beuteschema gewaltbereiter Fussbalfans kommen koennte. Und in Sachen Journalismus sagt er nur eines:

Als Journalist war das entweder blauaeugig oder absichtlich provokativ, ohne jetzt die Sachlage zu kennen. Du kannst dich nicht dazu entscheiden, ueber Fussball eine Insiderreportage zu machen, und dich einfach so in einen Fanzug reinzusetzen — beobachtend im Auge der Beobachteten, mit elektronischem Equipment.  Da hat jemand wohl einfach nicht recherchiert — er hat sich selber eine Reportagepflicht auferlegt, fuer die man auch Risiken eingeht. Der Risiken muss man sich aber bewusst sein und sich darauf vorbereiten.

Ich haette mir wenigstens einen Fanschal mitgenommen…

Ich lasse das mal einfach so hier stehen.

Schalk im Nacken

Ich wuerde gerne ein paar ruestige Rentnerinnen kennen, mit denen man allen moeglichen Scheiss machen kann. Zum Beispiel einen Klapptisch in der Ulmer Linie 1 aufbauen, Kekse, Kaffee und Tee darauf drapieren und ueber die Rolle der BRIC-Staaten in der Weltwirtschaftskrise sinnieren. Und keiner wuerde sich trauen, uns zu fragen, was wir da tun. Aus Angst vor den Omas.

Ich weiss nicht, warum mir sowas donnerstagabends um halb zehn einfaellt.

Super-Symbolfotos

Es ist ja nicht so, als waere das Symbolfoto der Suedwest Presse zum Thema „Kinderpornographie“ schon von sich aus nicht absolut hanebuechen.

swp-kipo

Nur gabs das vor nicht allzulanger Zeit schonmal ähnlich doof bei der dpa. Die haben wenigstens auf die relativ sicher nicht kinderpornographischen Bilder im Hintergrund verzichtet.

Mannomann.

(via @SWPde)

Digitale Vermaechtnisse

Alles ist vergaenglich, und jedes Leben kommt an ein Ende. Auch der eine oder andere Blogger wird irgendwann einmal das zeitliche segnen, und es stellt sich die Frage, was danach mit den von ihm veroeffentlichten Inhalten passiert.

Ganz besonders aufmerksam verfolgt man das natuerlich, wenn der Blogger keines ganz natuerlichen Todes stirbt. Und wenn es sich dabei um ein Gewaltverbrechen handelt, interessiert sich sogar die Springer-Presse dafuer, welche persoenlichen Einblicke der Taeter vor dem gewaltsamen Ableben seiner Opfer und seiner selbst ins Netz gestellt hat.

Warum im Hamburger Abendblatt in diesem Zusammenhang idiotisches veroeffentlicht wird, wird von Thomas Knuewer und Thomas Mrazek erklaert. Letzterer stellt aber eine Behauptung in den Raum, die ich nicht nachvollziehen kann:

Im vorliegenden Fall muss sich auch der Anbieter des Blog-Services, Google, fragen lassen, warum die Daten weiterhin öffentlich zugänglich sind. Eine entsprechende Anfrage habe ich eben an Google Deutschland gerichtet.

Ja, Google muss sich das natuerlich fragen lassen. Aber der Fragesteller muss sich seinerseits fragen lassen, welche Antwort er denn erwartet.

Wir wurden bei TU in den vergangenen Jahren haeufiger als uns lieb war mit Profilen von Nutzern konfrontiert, die verstorben waren — tragischerweise waren das in der Mehrzahl junge Leute, die durch Unfaelle, ploetzliche Krankheit oder Suizid viel zu frueh einfach nicht mehr da waren. Auch im Team selbst blieben wir nicht verschont. Es ist nichts schoenes, zur Beerdigung eines (damals) 19jaehrigen Kollegen und Freundes gehen zu muessen, weil eben die Strasse glatt war.

Die Frage ist nun, wie man mit den natuerlich noch verbleibenden Profilen umgehen soll. Man zeigt ja gerne mit dem Finger auf den Betreiber, aber schon im „ueberschaubaren“ Rahmen von weniger als 500.000 Benutzerprofilen bekommen wir seltenst unmittelbar mit, wenn einer unserer User verstirbt — wie auch, sollte man etwa alle Nutzerdaten taeglich mit Todesanzeigen oder Schlagzeilen spektakulaerer Verbrechen vergleichen? Oft kommen dann Anfragen von Freunden, ob man nicht das Profil loeschen koenne, und bringen uns in eine arge Zwickmuehle, denn eigentlich sollten das nur die Angehoerigen entscheiden, und die haben im ersten Moment meistens andere Dinge im Kopf, als bei irgendwelchen Hostern, Providern und Social Networks eine Datensperrung zu beauftragen.

gb

Gaestebucheintrag, zweieinhalb Jahre "danach"

Die Frage des „digitalen Vermaechtnisses“, das man nach seinem Tod hinterlaesst, ist in jedem Fall eine schwierige. Teilweise werden aus den persoenlichen Profilen richtiggehende „Gedenkstaetten“ gemacht[1], teilweise moechte man die Inhalte vielleicht doch lieber nicht mehr der Oeffentlichkeit zugaenglich machen. Den schwarzen Peter hier den Anbietern in die Schuhe zu schieben, halte ich fuer vermessen.

juanpablo

[1] Gaensehauteffekt: Es gibt mehrere „RIP“-Gruppen bei TU, in denen einzelner Verstorbener gedacht wird — bei der Recherche bin ich eben auf eine Gruppe gestossen, die sich auf einen Bahnunfall bezieht, bei dem ich an der Bergung beteiligt war. Ich bin mir sicher, dass die Gruppengruender und -Mitglieder einen anderen Bezug zu diesem Ereignis haben als ich. Soviel zu subjektiver Wahrnehmung.

Ich bin nicht alleine!

Ich koennte aus dem Stegreif nicht sagen, wie Kapern schmecken. Nicht einmal grob. Und wenn man mir welche vorsetzen wuerde, wuerde ich sie vermutlich nicht als solche erkennen.

Mein Wissen ueber Kapern war bis kuerzlich sehr beschraenkt: Es gibt sie offenbar, man kann sie ziemlich sicher essen, und das koennten so kleine Muscheln oder sowas sein.

Ich habe mittlerweile gelernt, dass das keine Muscheln, sondern Bluetenknospen sind. Aber ich habe auch gelernt, dass ich nicht der einzige bin, der sowas auf der Frutti-di-Mare-Pizza suchen wuerde:

Ich habe als Kind niemals Kapern bekommen und daher waren es für mich irgendwelche Meeresfrüchte.
Das Wort kannte ich ja aus Piratenfilmen …

(Daniela Duerbeck im Netdigest <6vuh2uFkbra7U1@mid.uni-berlin.de>)

Speziell fuer Ray und Natalie

…weil sie beide den Ausdruck so gerne moegen: „F… my life“. Beichthaus ist ein Witz dagegen. Exzerpt:

Today, my boyfriend broke up with me. I cried and told him that I loved him. He gave me a quarter and told me to call someone who cared. I threw the quarter in his face and ran. I waited for the bus, but when I got on, I realized I was 25cents short of the fare. I walked home in the rain. FML

Ich sollte ja eigentlich noch was arbeiten, aber die Stories sind einfach zu herrlich.

via Spreeblick

Stangenware

Beim Werbeblogger echauffiert man sich ueber ein pseudovirales Xing-Flashspiel, was Oliver Gassner trocken kommentiert:

Xing, ist das nicht der Katalog mit der Neckermann-Anzugskollektion der letzten 30 Jahre 😉 ?

Bruhaha. Nach kurzer Reflektion und Betrachtung: Ja, ist es :->

Auch interessant war die Kleidung der eingeladenen Kandidaten der juengsten Berufungskommission — einerseits unglaublich, wie sehr die Wahl des Anzugs auf den subjektiven Eindruck ueber den Kandidaten abfaerbt, und andererseits unglaublich, welche Details einem irgendwann auffallen.

Guenstige Anzuege gibt’s derweil uebrigens in England, seit der britische Peso quasi gratis zu haben ist. Preise ab 300 EUR fuer ein massgeschneidertes Sakko lassen mich gerade schwer ueberlegen, ob ich nicht eines ordern mag. Hachja, wenn ich einmal reich waere…

Tschuldigung, ich habs nicht kleiner

Schoen waers:

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War dann aber doch nur ein Tippfehler der Kassiererin.

Im Uebrigen kann man gleichzeitig dreilagiges Billigklopapier durch die Stadt tragen und sich maennlich fuehlen. Ich fuerchte jedoch, dass das nur mit dem dreilagigen Papier klappt.

ToDo-Liste: Vierlagiges Klopapier ausprobieren, tatsaechlich mal mit 2000 EUR bar bezahlen, und der Hochzeitsgesellschaft vor meinem Fenster die Hupen abklemmen.

Das MfB

Angesichts des neuen AK Ministeriums fuer BECI-Sicherheit braucht man wohl keine Angst mehr vor terroristischer Bedrohung des O27 haben.

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Ich bin nach wie vor der Ansicht, dass man Mab den ehemaligen Soldaten ansieht :->

„Telefonieren kostenlos?“

In den 1990ern gab es ja diese Werbung von T-Mobile, die sich damals noch T-D1 schimpften, und in denen ihre Prepaid-Karte Xtra beworben wurde. Das war ja noch damals[tm], als man als Schueler so langsam anfing, ein hochmodernes Nokia 5110 haben zu wollen, weil das ja auch alle anderen hatten. Nur das mit dem „Telefonieren kostenlos?“ endete nicht nur in der Werbung mit einer Fahrt gegen die Mauer.

Vor knapp drei Jahren wollte mir O2 ja auch „telefonieren kostenlos“ per Vertrag auf die Backe binden. 10 EUR zusaetzlich pro Monat sind aber nicht „kostenlos“, und so habe ich erst dankend abgelehnt und letztes Jahr auch den Vertrag auf Genion S umstellen lassen.

Die kompetenten Mitarbeiter des oertlichen Mobilfunkladens hatten mir dabei entgegen meines Wunsches weiterhin die (bis dahin kostenlose) Office-Option angehaengt, was mich erst einmal geaergert hatte, weil ich nun eine vorab bestimmte Nummer „kostenlos“ fuer knapp 2 EUR pro Monat anwaehlen konnte.

Im Nachhinein hat sich das jetzt aber als Prima herausgestellt. Wegen irgendeines Bugs hatte ich knapp eine Woche lang ein Tonbandsymbol auf dem XDA Neo, „Simple Notification“ heisst das wohl, und es hat genervt. Weil die O2-Techniker fuer die Behebung gut eine Woche gebraucht haben, durfte ich gnaedigerweise eine ansonsten kostenpflichtige Umstellung an meinem Vertrag vornehmen. Zum Beispiel die Office-Zielrufnummer kostenlos aendern.

Tjoa. Gut, wenn man noch eine ungenutzte SIP-Rufnummer hat, die man in die Fritz!-Box eintraegt und Callthrough aktiviert. So kann ich (und nur ich) nun kostenlos die Fritz!-Box anrufen, mir dort per PIN-Eingabe ein Amt ueber die Festnetzflatrate holen und de facto vom Handy aus fuer 2 EUR im Monat ohne weiteren Aufpreis  ins gesamte deutsche Festnetz telefonieren.

Das ist zwar immer noch nicht kostenlos, aber fuer meinen Geschmack hinreichend nahe am Ziel 😀

PS: Mein erstes Handy war ein 3110, anno 1999 fuer 10 Mark von einem Kumpel abgekauft. Wie die Zeit vergeht…