Archiv für den Monat: Februar 2009

Integration

Gerade ist mir wieder eine Story ueber erste Eindruecke eingefallen, die mir im Spaetsommer 2008 passiert ist. Eine Freundin hat ihren Geburtstag in ihrer WG in Augsburg gefeiert, und ich wollte von Altenstadt aus mit dem Fahrrad dort hin und am naechsten Tag wieder nach Hause fahren. Hoert sich schlimmer an, als es ist — knapp vier Stunden gemuetliche Fahrt entlang der B300 ueber Ebershausen, Thannhausen, Gessertshausen, Anhausen und Goeggingen. Herrlicher Sonnenschein, keine grossartigen Anstiege, im Endeffekt nicht einmal Muskelkater.


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Ich wollte Krumbach auf der Hinfahrt suedlich umfahren — laut unserer sehr detaillierten Feuerwehrkarte haette ich dazu in Waltenberg durch den Wald nach Hohen- und Niederraunau fahren und anschliessend bei Edenhausen wieder auf die B300 stossen muessen. Naja, erstmal habe ich mich im Wald kurzzeitig verfahren, und in Hohenraunau wusste ich nicht mehr so recht, wie ich nach Edenhausen weiterkomme. Also jemanden am Strassenrand fragen.

Entlang der Hauptstrasse waren nur ein paar wenige Leute unterwegs, aber eines der Haeuser wurde gerade von seinem Bewohner mit dem Presslufthammer traktiert, waehrend seine Ehefrau danebensass. Die koennte man ja fragen, die kennen sich bestimmt aus. Naehergefahren stellte sich die Baustelle dann als Szene mit Migrationshintergrund heraus: Der tuerkischstaemmige Presslufthaemmerer mit Blaumann und buschigem Schnurrbart, Ehefrau mit Kopftuch auf dem Klappstuhl sitzend und strickend.

Innerlich laeuft da schon wieder das Schema im Kopf ab: Hmm, soll ich die jetzt wirklich fragen? Nachher versteht der mich nicht… aber sonst ist eh keiner da, und jetzt hat er schon bemerkt, dass ich ihn was fragen will. Na gut: „Ich hab mich glaub verfahren — koennen Sie mir sagen, wie ich am besten wieder auf die B300 in Richtung Augsburg komme?“

Der Presslufthaemmerer sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Auch die Strickarbeiten werden eingestellt. Hat er mich jetzt ueberhaupt verstanden? Warum schaut er so fragend? Haette ich doch nur jemand anders nach dem Weg gefragt.

Meine Gedankengaenge werden unvermittelt von meinem Gegenueber unterbrochen: „Hm, i glaub des beschde werd sei, wenn da do langfaehrsch, noch kommsch an so an groassa Kreisverkehr, ond noch gaht’s rechts weg noch Augschburg“.

Der Mann spricht besser schwaebisch als ich. Waehrend ich durch den Kreisverkehr radle (der uebrigens in Krumbach liegt. Soviel zum Umfahrungsplan), ueberlege ich mir, bald einmal an einem Integrationskurs teilzunehmen.

PS: Google Maps findet „unser“ Krumbach nicht. Dafuer findet er zu Niederraunau „Niederraunau, Krumbach (Schwaben)“

Alle Jahre wieder

…ist in Altenstadt Faschingsumzug, der sich stets durch seltsame Organisation und in den letzten Jahren immer noch heftigeren Sicherheitsmassnahmen auszeichnet. Letztes Jahr war die Landespolizei mit einer Hundertschaft samt Gefangenensammelstelle vor Ort, was dann vielleicht doch etwas uebertrieben war. Dieses Jahr hat die LaPo dann quasi als Ausgleich so gut wie gar nichts von sich hoeren lassen, was auch eigentlich gar nicht noetig war, denn so friedlich wie gestern war’s lange schon nicht mehr.

Um’s quasi zu twittern:

  • Zusammenarbeit mit der BPol ist kollegial und spassig. Wir wundern uns gemeinsam ueber Buerokratie: Die Kollegen kommen aus Augsburg und Nuernberg zu uns. In Ulm gibts auch eine BPol, aber in der „falschen“ Zustaendigkeit.
  • Die LaPo ordnet eine Strassensperrung mit Bauzaeunen an, an die sich alle(!) halten sollen. Vergisst aber dann offenbar, das an die BPol und die eigenen Kollegen weiterzugeben
  • Grosse Schwestern von fuenfzehnjaehrigen Maedchen unter Alkoholeinfluss werden renitent, wenn man vorschlaegt, das Maedel von den Eltern abholen zu lassen.
  • Vorbesprechung: „Wir haben zwei verschiedene verkehrsrechtliche Anordnungen, die sich inhaltlich widersprechen. Ich bin darueber aber nicht ueberrascht.“
  • Auf Funk: „Bei den Wagenfahrern weiss keiner nicht von der Herausloesung am Bahnuebergang Bescheid, die Sicherheitsfirma ist nicht in Sicht, und der BPol hat auch keiner Bescheid gesagt. Also gleiche Situation wie jedes Jahr.“
  • FW-Einheit (hochdeutsch): „Wir brauchen mal den Rettungsdienst zu [Gaststaette], da hat sich einer verletzt“.
    FW-Einsatzbetreuung: „Verstanden. Frage: welche Art von Verletzung liegt denn vor?“
    FW-Einheit (schwaebisch): „Oehm… der isch voll mit der Fresse auf da Randstoi gfloga“
  • „Zur Information, die hilflose Person moechte nicht behandelt werden und droht der Polizei mit Schlaegen. Wir beobachten das mal weiter.“
  • Schuetzenhilfe durch die BPol bei laufendem THL-Einsatz am Bahnhof: „Ja, CO2 ist furchtbar boese, Sie bleiben jetzt aber trotzdem von dem Feuerwehrfahrzeug weg und werden das nicht abzustellen versuchen!“
  • „Die [Organisatoren] meinen wohl immer, dass das schon einfach so von selber laeuft, ohne dass sie solche Details klaeren muessen, weil das ja schon immer so gelaufen sei. Was ja auch stimmt: Das lief in der Hinsicht schon immer vollkommen chaotisch“

Diese scheiss sozialen Netzwerke

Ich hasse, hasse, hasse es. Frueher[tm] hatten fast alle Bands, auch die eher regionalen, eine eigene Website. Die war nicht immer schoen, aber fast jede davon hatte einen Pressebereich, in dem sich Fotos fanden, die man veroeffentlichen kann.

Heute? Die URLs bestehen immer noch — zu sehen bekommt man aber MySpace. Jede Band, jeder Kuenstler ist auf MySpace. Weil man da Kontakt mit den Fans halten kann, alles wunderbar.

Aber wie komme ich jetzt an Bilder, die ich zur Illustration eines Artikels verwenden kann (und darf!)?

Scheiss Fortschritts-Bumerangeffekt.

Darkroom in der UUlm-Mensa

Ich habe keine Ahnung, warum ich mich schon wieder breitschlagen lassen habe, bei einer Absolventenfeier zu fotografieren. Ich bin eigentlich mehr in Sachen Editorial zuhause, da kann ich mich austoben, man hat relativ viel Zeit, kann gegebenenfalls in die Trickkiste greifen und ein oder zwei „Safe Shots“ gibt’s immer.

Nicht so bei Absolventenfeiern. Die Absolventen kommen nach vorne, es werden Haende geschuettelt, danach kurzes Posieren, fertig. Insgesamt nicht mehr als 10-15 Sekunden, und das muss dann sitzen. Sonst hat derjenige Absolvent kein Foto von seiner Urkundenueberreichung.

Das waere an sich gar nicht so schlimm, wenn diese Feiern nicht aufgrund des hohen Andrangs in der UUlm-Mensa stattfinden wuerden. Dieses Bauwerk ist naemlich nicht nur dann eine Katastrophe, wenn es um ihren eigentlichen Bestimmungszweck geht, auch fuer derartige Feiern ist die Bude ein architekturpreisgekroenter Albtraum. Im Prinzip hat man nur eine Ueberlebensschance: Weichen Blitz von rechts, hartes Aufhelllicht von links, Verschluss ziehen und beten. Korrekturmoeglichkeiten gibt es nicht, entweder die Bilder werden was, oder eben nicht. Kontrollieren und ggf. nachstellen kann man erst, wenn der aktuelle Absolvent weg ist — und dann ist es fuer den einzelnen sowieso zu spaet.

In der Situation zeigen sich dann auch die Schwaechen meines Low-Budget-Ansatzes. So ein 45er-Metz hat ja eigentlich schon einiges an Kraft — wenn aber ueber einen Zeitraum von zwei Stunden gut 300 Bilder geschossen werden sollen, machen irgendwann die Akkus schlapp, und auch die Nachladezeiten zwischen jedem einzelnen Bild kaempfen gegen einen. Bleibt also nur, eine kleinere Teilleistung einzustellen. Ich weiss nicht mehr, ob es 1/8 oder 1/16 war, es war jedenfalls zu wenig. Ich muss endlich von der Pi-mal-Daumen-Methode wegkommen…

Als wuerde das noch nicht reichen, gibt es hinterher noch Gruppenbilder. Schon einmal in einer komplett bestuhlten, zugestellten und ansonsten eigentlich nur aus Sichtbeton bestehenden Mensa 90 Personen auf ein Bild gebracht? Ich auch nicht. Letzten Sommer waren’s nur rund 50 Leute, die ich draussen vor dem Suedeingang auf der Treppe drapieren und gegen die untergehende Sonne fotografieren konnte, das klappte sogar recht gut.

Das einzige, was dieses Mal uebrig blieb, war von der Balustrade aus nach unten zu fotografieren. Alle reihen sich auf, schauen nach oben, und ich packe vom Gelaender aus zwei Mal alles an Licht nach unten, was die Blitze hergeben. Resultat: Es faellt von unten nicht auf, dass die 90 Personen nicht in schoenen Reihen stehen, sondern eher einen Haufen bilden. Und es ist quasi nicht auf die Schnelle zu vermitteln, wie die Helfer das unten schnell noch korrigieren koennen.

Naja. Naechstes Mal wissen wir mehr. Wenn ich mich noch einmal breitschlagen lassen sollte 😉

PS: Ich dachte ja, ich sehe nicht recht, als einer der Promovierenden sich als einer der Biolehrer an meiner ehemaligen Schule herausgestellt hat. Irgendwie sehr suess — nochmal herzlichen Glueckwunsch, Herr Dr. F 😉

Niedergang eines Flaggschiffs

Andere haben es vorgemacht, und ich habe mittlerweile auch die Schnauze voll: Basic Thinking ist raus aus dem Feedreader.

Frueher[tm] war wenigstens immer wieder unterhaltsames dabei, auch wenn ich Robert ganz offen gestanden etwas seltsam fand — ueber komisches scrollte man drueber, und dann hatte man immer noch Beschaeftigung fuer Mussestunden.

PR-Mitteilungen ueber neue Mobiltelefone tu‘ ich mir aber nicht an. Besonders nicht, wenn der Chefredakteur so einen hanebuechenen Mist verzapft.

Tagwerk vollbracht

Sowas wie den „Heimwerker des Monats“ gibts hier in der WG nicht, aber ich werde den Titel jetzt mal einfuehren und mich als erstes selber kroenen. Die Maedels waren heute abend nicht hier, als ich gegen 2100 Uhr wieder in Ulm ankam, also habe ich die Gelegenheit genutzt, um endlich all das aufzuholen, was sich in den letzten Wochen so angesammelt hat.

Mein Zimmeranschlusskabel neu verlegen, zweites Kabel zu S. legen, alle Dosen normgerecht (8P8C) beschalten und beschriften: Check.

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Auseinanderfallende Duschvorhanghalterung entfernen, Loecher ausspachteln, Duebel neu setzen und alles wieder fest verschrauben: Check

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Nachttisch montieren, anbringen und vom schiefen Zimmerboden nicht beirren lassen: Check

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Sinnloses Rumgespiele Nummer 4792472394 — seltsame WG-Telefontechnik durch Feldfernsprecher FF54 ergaenzen: Check

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Gar nicht so schlecht fuer nicht mal drei Stunden.

Fragezeichen

Da ich keinen Fernseher habe, habe ich auch nicht Sixtus vs. Lobo auf 3sat ansehen koennen, sondern musste mich mit der Internetausgabe „begnuegen“. Und ich bin ein wenig ratlos.

Ich mag sowohl Sixtus, als auch Lobo irgendwie. Sixtus, weil er als ElRep zwar ein wenig sonderlich, aber mit teilweise wirklich sehenswerten Interviews daherkam. Lobo, weil er ein wenig so aussieht und sich so verhaelt wie mein Onkel Rainer, und weil er dazu noch einen roten Iro hat, mit dem er ganz wunderbar sein Querdenkertum unter Beweis stellen kann, falls nicht sofort alle wissen, dass das ja der Lobo von Riesenmaschine ist. Aber dieses Format bei 3sat – funktioniert nicht. Jedenfalls nicht bei mir.

Sixtus vs. Lobo – Mashups

Ich weiss ja ehrlich gesagt nicht einmal, was mir die beiden sagen sollen. Soll das einfach nur so ein hochpersiflierter Schlagabtausch zwischen den zwei Lagern im Netz sein? Wenn ja, dann wie jetzt? Ich dachte, bei 1000 Bloggern im Netz Aktiven gebe es 2000 Lager? Und wenn nein, was soll das denn dann?

Irgendwie wird das alles weichgespuelt. Versucht, massentauglich zu werden. Und das schadet den zweien, die meiner Meinung nach gerade dann brillieren koennen, wenn sie „ihre“ netzaffinen Randgruppen ansprechen, „richtigen“ Unsinn machen und auch mal auf die Kacke hauen.

Nur ein gutes hat das Ganze. Ich habe neulich im Keller einen roten Strassenbesen gefunden und mir ueberlegt, an Fasching als Sascha Lobo zu gehen. Nun, da der sogar im Fernsehen kommt, koennten manche Leute sogar erkennen, was die Verkleidung darstellen soll.

Kein Nachhilfeunterricht noetig

Die Farce rund um Benedikt den Unfehlbaren und seine etwas seltsamen Priester habe ich nur am Rande verfolgt, wenn auch mit kaum zu verhehlenden Amusement. Besonders schmackhaft fand ich in dem Zusammenhang die Leserbriefe, die ich in den letzten Tagen in der AZ meiner Eltern lesen konnte, und die sich lustigerweise hauptsaechlich ueber das Merkel mokierten.

Ich weiss ja nicht, ob diese Affaere letztendlich schuld daran war, dass Obama unsere Bundesangie vom Thron des weltweit beliebtesten Politikers stossen konnte, aber es ist schon belustigend, wie viele Zeitungsleser der Ansicht sind, dass Frau Merkel als Kanzlerin eines saekularen Staates ja wohl keinerlei Einmischungsrecht in kirchliche Angelegenheiten habe.

„Jawoll“, bin ich versucht zu sagen, „unser Regensburger Kampfbischof Mixa haelt sich ja auch daran! Man muss sich als Staat und Kirche gegenseitig keinen Nachhilfeunterricht geben, das hat er ja erst die Tage selbst gesagt:“

“ [D]er Heilige Vater [benoetigt] keinen Nachhilfeunterricht der deutschen Regierungschefin.“
(Mixa wirft Merkel Fehlgriff vor)

Deswegen nun kommentarlos einige Beispiele fuer die hervorragende gegenseitige Nicht-Einmischung von Politik und Kirche, die mir aus den letzten Monaten noch im Gedaechtnis sind.

Der Augsburger Bischof Walter Mixa bezeichnete die geplante Erhöhung um zehn Euro monatlich für die ersten beiden Kinder als „Beleidigung und grobe Missachtung der Leistung von Familien für unsere Gesellschaft“. Der Anstieg sei völlig unzureichend, um die gestiegenen Lebenshaltungskosten auch nur annähernd auszugleichen, sagte Mixa nach Angaben des Ordinariats.
(Kindergeld-Entlastungspaket, 15. Oktober 2008)

Augsburgs Bischof Walter Mixa und die schwäbische Industrie- und Handelskammer warnen vor den negativen Auswirkungen eines „sozialschädlichen Neokapitalismus“ und einer „ausufernden Staatswirtschaft“.
(IHK und Bischof warnen vor Neokapitalismus)

Ganz klare Sache, oder?

Das blaue Band

Ich wuesste ja gern, ob es einen Jahreszeiten-Geraeuschrechner gibt. Vielleicht bilde ich mir das naemlich nur ein — ich bin ja auch kein Biologe — aber irgendwie hoert sich warmes Wetter auch anders an.

Nein, ich habe nicht gesoffen, ich meine die Voegel, die man draussen hoert. Im tiefen Winter gibt es allenfalls Raben Rabenkraehen Saatkraehen Kraehen mit ihrem typischen Kraechzen zu hoeren. Aber jetzt, wo es draussen gerade so ein bisschen ueber den Gefrierpunkt geht, kein Schnee liegt und auch die Sonne scheint, hoert man doch immer wieder Singvoegel zwitschern. Bei weitem nicht genug fuer einen Sommertag, aber immerhin schon genug, um eine Vorahnung vom Fruehling zu bekommen.

Jahreszeiten-Tageslaengenrechner gibt es uebrigens natuerlich, samt Erklaerungen, was eigentlich die Zeitgleichung ist, warum der kuerzeste Tag nix mit fruehestem Sonnenunter- oder spaetestem Sonnenaufgang zu tun hat, und warum eigentlich nur ein paar Mal im Jahr die Zeit auf der Uhr mit der tatsaechlichen Ortszeit uebereinstimmt. Morgen ist der Tag in Ulm demnach 9:52 Stunden lang und damit drei Minuten laenger als der heutige. Zwar noch ein weites Stueck bis zum 21.06. (16:07 h), aber immerhin.

Merkt man langsam, dass ich genug vom Winter habe?

PS: Am 21.06. ist der Tag in Flensburg 17:19h lang, ohne dass nachts die Daemmerung endet. Urlaub im Norden, anyone? 😉