Das Sendestudio im Rucksack

Die Idee fuer dieses Konzept entstand erstmals, als Claus und ich die Geschehnisse im Rahmen der NPD-Demonstration am 1. Mai in Ulm und die dazugehoerigen Gegendemonstrationen per Kamera mehr oder weniger live dokumentieren wollten. Im Endeffekt war es ein abwechselndes Fotografieren und Hochladen der Bilder, was aber nicht wirklich befriedigend war.

So kam also zunaechst die Idee auf, die Bilder direkt nach ihrem Entstehen auf das Netbook im Rucksack zu uebertragen und von dort aus samt Geotag zur Redaktion weiterzuleiten. Langsam reifte diese Idee weiter und fuehrte schliesslich zu einem Konzept, Journalisten in moeglicherweise feindlich gesinntem Umfeld (Stichwort Iran) die Moeglichkeit zu bieten, Bilddokumentation direkt und sicher weiterzuleiten, sich eventuell mit anderen Reportern zu koordinieren und dabei moeglichst wenig aufzufallen. Ein weiteres Anwendungsfeld waere beispielsweise eine verteilte mobile Bestandsaufnahme nach Grossschadenslagen, bei denen Katastrophenschutzeinheiten und Feuerwehr auch nach Ausfall der normalen Fernmeldeinfrastruktur eine schnelle und flaechendeckende Erkundung des betroffenen Gebiets durchfuehren koennen.

Scr300

An solch ein System werden harte Anforderungen gestellt. Es muss vor allem in jeder Hinsicht robust sein: Gegen mechanische Belastung wie Schlaege, fallende Gegenstaende sowie Hitze- und Feuchtigkeitseinwirkung muss es ebenso geschuetzt sein wie vor elektromagnetischen Stoerquellen, wie sie beispielsweise durch beschaedigte Hochspannungs- oder Sendeanlagen in Erdbebengebieten prinzipiell vorkommen koennen. Der Uebertragungsweg muss ebenso robust sein: Einerseits muss er den Ausfall beispielsweise des UMTS-Netzes verkraften koennen und alternative Uebertragungswege beispielsweise ueber WLAN- oder Bluetooth-Meshing mit anderen solchen Rucksaecken ermoeglichen und eine sichere Uebertragung garantieren, andererseits muss auch gewaehrleistet sein, dass Dritte die Informationen auf dem Weg nicht abfangen, einsehen oder aendern koennen. Da gerade in Krisengebieten eine Stromversorgung nicht staendig gesichert ist, sollten die uebertragenen Daten stets auf mehrere Standorte verteilt gesichert werden, um bei Ausfall eines Speicherortes die Daten noch an den anderen Orten zur Verfuegung zu haben. Eine lange Einsatzdauer ist Pflichtvoraussetzung, ohne dabei den Benutzer durch furchtbar schwere Akkupacks unnoetig koerperlich zu belasten. Schlussendlich muss der Benutzer Probleme wie zur Neige gehende Akkukapazitaet, Uebertragungsfehler oder dergleichen sicher angezeigt bekommen, eventuell ist auch ein Rueckkanal von der Leitstelle zum Benutzer denkbar.

Da hier mehrere klassische Ubicomp-Themengebiete zum Tragen kommen (Trust, Security etc.) sieht es derzeit so aus, als koennte ich eine Beispielumsetzung in meinem Anwendungsfach realisieren. Natuerlich laesst sich jedes Problem einfach loesen, indem man es mit ausreichend Geld bewirft (alte Ingenieursweisheit), in diesem Fall steht aber natuerlich auch ein guenstiger Preis im Pflichtenheft. Fuer Feedback und Input bin ich auf jeden Fall immer offen :)

Dass solch ein System prinzipiell auch in der Lage waere, polizeiliche Uebergriffe auf Demonstrationen zu dokumentieren und sicher an mehrere unabhaengige Orte zur spaeteren gerichtlichen Verwertung zu uebertragen, ist tatsaechlich reiner Zufall, aber nicht unwillkommen.

2 Gedanken zu „Das Sendestudio im Rucksack

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