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The Lunchbox (und die Dabbawala)

Sneak-Empfehlung: Falls jemand Lust auf einen schoenen Feel-Good-Film hat, der obendrein – obwohl eine Bollywood-Produktion – nicht kitschig ist, sei The Lunchbox empfohlen.

Ich verlinke mit Absicht nicht auf den Trailer, der m.E. ein wenig zu viel verraet, und verweise stattdessen mit grosser Faszination auf den heimlichen Star des Films, naemlich das Dabbawala-System in Mumbai, mittels dessen die titelgebende Lunchbox durch die Stadt faehrt:

Mumbai is one of the most populated cities on earth with huge flows of traffic. Because of this, lengthy commutes to workplaces are common, with many workers travelling by train.

Instead of going home for lunch or paying for a meal, many office workers have a cooked meal sent from their home, or sometimes from a caterer who cooks and delivers the meal in lunch boxes and then have the empty lunch boxes collected and re-sent the same day. This is usually done for a monthly fee of about ₹450. The meal is cooked in the morning and sent in lunch boxes carried by dabbawalas, who have a complex association and hierarchy across the city.

collecting dabbawala, usually on bicycle, collects dabbas either from a worker’s home or from the dabba makers. As many of the carriers are illiterate, the dabbas have some sort of distinguishing mark on them, such as a colour or group of symbols.

The dabbawala then takes them to a designated sorting place, where he and other collecting dabbawalas sort (and sometimes bundle) the lunch boxes into groups. The grouped boxes are put in the coaches of trains, with markings to identify the destination of the box (usually there is a designated car for the boxes). The markings include the railway station to unload the boxes and the destination building delivery address.

At each station, boxes are handed over to a local dabbawala, who delivers them. The empty boxes are collected after lunch or the next day and sent back to the respective houses.

Ab 2013-11-21 mehrmals taeglich in der Lichtburg in der Frauenstrasse.

God’s Eye View

Tvtropes kennt den Namen „God’s Eye View“ zwar nicht, aber seien wir mal nicht paepstlicher als, ja, was auch immer:

God’s Eye View from Brian Carroll on Vimeo

Beim ersten Sehen dachte ich „haha, da kennste ja die Haelfte der Filme“ — beim Versuch, das aufzuschreiben, bin ich aber klaeglich gestrandet. Bei vielen bin ich mir 100% sicher, das schon gesehen zu haben, kann aber keinen Film zuordnen (das Taxi in der zweiten Szene macht mich wahnsinnig. Ich kenne das!)

Sammeln wir mal in den Kommentaren? 🙂 (via Kris Koehntopp auf G+)

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Unter Kontrolle

Schoen, wenn in der Sneak kommt, was man sowieso ansehen wollte: „Unter Kontrolle“ (ZDF-Kurzportrait) hat sich auf leicht gespenstische Weise schon ueberholt, bevor er ins Kino kam. Volker Sattel erzaehlt in gewaltiger Bildsprache und teilweise schmerzhaft langsamen Dollyfahrten die Geschichte der „friedlichen Atomkraftnutzung“ in Deutschland und Oesterreich — angefangen von den Verheissungen der 1950er ueber den laufenden Betrieb bis hin zur Endlager- und Rueckbauproblematik laesst er einfach nur die Beteiligten fuer sich sprechen. Ganz ohne Kommentar schafft er so eine Bestandsaufnahme und damit im wahrsten Sinne des Wortes eine Dokumentation ueber den Status Quo: Ueber die Brennstabrevision und den Arbeitsalltag in Gundremmingen, die IAEO und das Forschungszentrum Karlsruhe bis hin zum Endlager Morsleben und den Umbau nie in Betrieb gegangener Anlagen zu Vergnuegungsparks und Schulungseinrichtungen.

Da steht dann in der simulierten Leitwarte der Reaktorschule Essen das dem Dialekt nach aus Gundremmingen kommende Bedienpersonal vor riesigen Bedienpaneelen, die in Form und Baujahr aus einem 1970er-James-Bond-Film stammen koennten. Alarmklingeln schrillen und Warnanzeigen blinken, das Personal nimmt eine Schnellabschaltung vor, und gefuehlte drei Minuten spaeter erzaehlt ein Kerningenieur, dass man technisch auf dem neuesten Stand sei. Man will es nicht recht glauben.

Das ist ein anstrengender Film. Ganz sicher kein Hollywood-Mainstream. Und ich weiss nicht, woran das lag, aber offenbar war gestern eine ganze Menge Arschloecher im Kino, die das Mephisto aus unerfindlichen Gruenden fuer ein Mainstream-Sneakkino hielt. Ob man diese in diesem Umfang und Tiefe doch eher seltene Bilderschau auch zehn Wochen nach dem zweiten INES-7-Unfall der Menschengeschichte und mit einem bereits einmal havarierten Reaktor direkt vor der Haustuere interessant finden soll, sei jedem selbst ueberlassen. Wer sich dann aber eine halbe Stunde lang mit dem Nachbarn unterhaelt, ob man nicht doch lieber in die Olgabar gehen will, offenbar nicht ohne Erzaehler-Meinungsvorgaben auskommt oder sogar Galileo als Referenz fuer gute Dokumentationen heranziehen will, soll halt verdammt nochmal in die Dietrich-Sneak gehen.

Irgendwann baue ich ein Geraet, das labernden Dummbacken in der Sneak automatisch eins in die Fresse haut. Ich werde steinreich werden.

Zwei Tipps aus dem Mephisto

…der eine kam gestern in der Sneak, der andere laeuft noch eine Weile im Mephisto

„Haende hoch, das ist ein Gig!“


(direktmusicforonehighway)

„Sound of Noise“ beginnt scheinbar unzusammenhaengend mit einem Polizisten, der aus einer Familie mehrerer Generationen von Musikgenies entstammt — und Musik hasst. Und nun einer Gruppe durchgeknallter „Musikterroristen“ nachstellt, die… nein, das verraet man besser gar nicht erst. Wer den Trailer sieht, hat leider schon viele der besten Stellen gesehen — ohne Vorkenntnisse wird das ein herrlich-skurriles Filmvergnuegen, dem man auch die eher flache zweite Haelfte verzeiht.

Wem die Musiker bekannt vorkommen: Ja, das sind die aus „Music for one Apartment and Six Drummers“.

Oy Noeddelstrauch

„Wir riefen Arbeitskraefte und es kamen Menschen“ — ganz unironisch schliesst „Almanya“ mit dem gefluegelten Frisch-Zitat. Wer die Geschichte von drei Generationen tuerkisch-deutscher Einwanderer nacherzaehlt bekommen will, findet hier leichtfuessige Unterhaltung, der man auch das Abdriften ins leicht kitschige Ende verzeihen mag. Die Sprachbarrieren der Einwanderer ist wunderbar ueber ein Kunst-Deutsch verdeutlicht, das sich wie eine Mischung aus Finnisch und Tuerkisch anhoert — und „Plueng, Ding-Dong Pluengeluengelueng“ hoert sich tatsaechlich irgendwie besser an wie „Kling, Gloeckchen…“ 😉

„Almanya“ laeuft noch mindestens eine Woche in Ulm;

Die Mond-Verschwoerung

Fast jeden Montag pilgern wir abends in das Mephisto-Kino (nachdem die Lichtburg nun ja den Paechter gewechselt hat) und schauen uns irgendeinen Film an, den wir nicht kennen. Sneak-Preview, 2,50 EUR pro Nase, guenstiges Bier und Suessigkeitenverlosung: Gut ist das.

Besonders gut ist die Ex-Lichtburg-jetzt-Mephisto-Sneak aber aus zwei Gruenden: Erstens sind die ganzen Trottel, die jeden Sneakfilm lautstark kommentieren zu muessen glauben in der Regel stattdessen in der Dietrich-Sneak. Ausnahmen bestaetigen die Regel, beispielsweise vor zwei Wochen, als der unbekannte Nebensitzer bei „Welcome to the Rileys“ weder James Gandolfini noch Melissa Leo noch Kristen Stewart kannte und deren als (zu Recht) gut angekuendigte Schauspielleistung wohl nicht so recht zu ihm durchdringen wollte.

Egal. Der zweite Grund ist naemlich, dass die lautstarken Sneak-Trottel gerade deswegen nicht ins Mephisto kommen, weil dort in der Regel „etwas andere“ Filme kommen. „Welcome to the Rileys“ beispielsweise, dessen Story schon im Trailer zu 100% erzaehlt ist, den man ohne Trailervorkenntnis aber trotzdem geniessen kann. Und dann kommt auch mal „Four Lions“ Monate vor dem Kinostart in OmU. Mainstream gibt’s selten.

(Direktmondverschwoerung)

So skurril wie gestern war es aber schon lange nicht mehr. Da watschelte und vw-kaeferte Dennis Mascarenhas, Reporter des deutschsprachigen DDC TV aus Denver, durch Deutschland. Auf der Suche nach Antworten rund um den Mond. Und stoesst auf Dinge, die man nicht fuer moeglich gehalten haette.

Der Film lebt von mehreren Dingen: Zum einen natuerlich vom langsamen Abgleiten der Interviewpartner, die im Fortschreiten des Films von Raumfahrtrechtlern zu immer noch absurderen Esoterikern reichen. Zum anderen aber von dem schwergewichtigen Mascarenhas selbst, der den Interviewten quasi Martin-Sonnebornesk gegenueber sitzt und keine Miene verzieht, waehrend diese von Chemtrails erzaehlen, oder das Wasser mit liebenden Worten „aufgeladen“ werden kann, oder von der juedischen Weltverschwoerung. „Man hat bei mir einen Verfolgungswahn festgestellt, aufgrund dessen mehrere Verfahren wegen sogenannter Volksverhetzung eingestellt wurden.“ — „Oh.“

Und dann setzt sich Mascarenhas auch selbst ein: Bei der Mondgymnastik, im Selbstversuch der Neumondhautcreme, oder im investigativen Versuch, Guido Westerwelle Ansichten zur Vollmondfriseurin Ilka Brueckner zu entlocken. Westerwelle wiegelt ab, waehrend der Besuch dem FPD-Landesverband Thueringen immerhin einen Blogeintrag wert war.

Zugegeben, je laenger der Film dauert, desto schmerzhafter werden die Druckstellen an der Stirn, wo man sich staendig den Kopf halten muss, damit er nicht unter der Last der Verschwoerungstheorien einfach platzt. Und ein Kino hauptsaechlich voller Studenten ist ein dankbares Publikum fuer solch einen Film. Er ist aber auch so sehenswert — mit wunderbarer Kameraarbeit, skurrilen Einstellungen, geschickt geschnitten und von der Optik her so gar nicht nach diesem Jahrzehnt aussehend. Ein Bier hilft bei der mentalen Verdauung — das kann dann auch gerne zur Lieblingsmondphase gebraut sein.

Der Soundtrack deines Sozialen Netzwerks

Mittlerweile duerften quasi alle Leute, die ich kenne, „The Social Network“ gesehen haben, und die Palette der Eindruecke reicht von „erstklassig“ bis „dahinplaetschernd und nichtssagend“. Der Knuewer findet beispielsweise letzteres (natuerlich verbunden mit einem Rant „Alte Medien — Internet“) und unterstellt ihm handwerklich schlechte Arbeit; Jeff Jarvis findet den Film handwerklich gut, aber inhaltlich schlecht ausgefuehrt; und Lawrence Lessig beleuchtet das Ganze nochmal aus Sicht der Sache mit dem „geistigen Eigentum“.

Ich war fasziniert. Und nachdenklich.

Ich muss an der Stelle nochmal zurueckspulen: Wir waren zu viert im Kino. Bei mir noch Claus und Tobias, die beide seit mehr als fuenf Jahren die Techniker eines regionalen Social Networks sind, und Anya, die dort vor Jahren zum ersten Mal „fuer jemanden fotografiert hat“. Und ich, mittlerweile auch ein paar Jahre dabei. Wir sind kein Facebook, um Himmels Willen, aber immerhin sowas wie das gallische Dorf zwischen Lokalisten und Kwick, wenn man metaphorisch von Muenchen nach Stuttgart faehrt.

Nach dem Film standen wir alle nochmal ein paar Minuten vor dem Kino zusammen. Wortlos. Claus sagte hinterher, er hatte in dem Moment Lust, sich einfach an den Rechner zu setzen und zu coden. Ich dachte daran, wie unsere Story noch so verlaufen haette koennen, wenn wir in den zehn Jahren hier und dort anders gehandelt haetten. Nein, nicht wie die von Facebook, klar. Egal.

Was in diesem Moment gut haette laufen koennen: Der Treznor-Soundtrack, als heimlicher Star des Films. Ich weiss ehrlich gesagt gar nicht, ob es auf Facebook auch die typischen StudiVZ-Gruppen a la „Das Leben sollte einen Soundtrack haben“ gibt. Jedenfalls sollte so ein Soundtrack von Trent Reznor kommen.

State of Play kann man schon ansehen

Normalerweise kommen in der Sneak ja in der Regel Filme, die irgendwann in ein paar Wochen anlaufen. State of Play kam am Montag, und morgen laeuft er schon an. Und ja, man kann sich den schon ansehen:

Wer sich gerne ueber die Darstellung von Internet und Blogs und was dazugehoert in Filmen lustig macht, wird auch dieses Mal auf seine Kosten kommen. Nix besonders peinliches oder doofes, aber die dargestellten Website- und Block-Mockups sind schon gaaaaanz tief aus der Klischeekiste gegriffen.

Wer leidender Journalist ist und so einen richtig geradlinigen, tollen, unbeugsamen Journalisten auf der Leinwand bewundern moechte, wird Russel Crowe gebannt am Bleistift haengen. (Keine Metapher.)
Teilweise etwas arg dick aufgetragen, aber nett.

Und wer Zeitungsdruckereien faszinierend findet, der findet den Abspann bestimmt genauso toll wie ich. Irgendwie wie in „The Wire“ (ja, ich bin Fan. Ja, ich bin einen Sommer lang jeden Morgen frueher aufgestanden, um taeglich vor der Uni eine Folge sehen zu koennen).
Nachteil: Man muss sich vorher durch einige Laengen kaempfen. Aber das ist schon verschmerzbar. Solides Popcornkino eben.

Bei den Ruhrbaronen gibts dann auch ein schoenes Klischeedialog-Zitat Online vs. Print.

Menno

Eigentlich kann man ja davon ausgehen, dass ein deutscher Film mit gefuehlter 90%iger Wahrscheinlichkeit einfach nur Scheisse wird. Umso toller, dass der Filmtrailer zu Deutschland 09 einer dieser Trailer ist, bei dem man schon nach zehn Sekunden so ein Kribbeln im Nacken verspuert, das die ganzen restlichen 90 Sekunden anhaelt.

Ich bin gespannt. Und leicht enttaeuscht, dass ich diese „13 kurzen Filme zur Lage der Nation“ nicht in Ulm sehen kann. Muss ich wohl vor der re:publica noch in Berlin ins Kino gehen 😉

Bitte Hirn am Eingang abgeben

Man darf ja von Videospielverfilmungen nicht so viel erwarten. Und Anya meint, dass man bei „Schiessfilmen“ eh nicht auf Dialoge oder so achten muesse. Wobei dagegen die „Stirb langsam“- und „Lethal Weapon“-Reihen stehen, die trotzdem zumindest fuer nette Zitate gut sind.

Max Payne ist dagegen so grottig, dass ich waehrend des halben Films die Hand an der Stirn hatte. Grottige Dialoge, unterirdische Synchro, Continuityfehler, und den ganzen Film ueber zwar solide beleuchtet, aber immer absolut nach demselben „Schema F“.

Kurz gesagt: Mit Abstand der schlechteste Film, den ich in diesem Jahr gesehen habe, inklusive aller Sneak-Filme und „Die Chroniken von Narnia“.