Ich wurde gestern auf der WG-Party bei Raimar wieder einmal angesprochen, ob ich Terrorist sei. Ich habe ja schliesslich einen Bart (einen wilden, buschigen, mittlerweile), und Terroristen, wissenschon. Das ist nicht das erste Mal, und es ist halt ein Icebreaker, Konversationsstarter, sicher nicht boese gemeint. Und anfangs hat mich das auch noch amuesiert. Eine schoene Antwort war fuer mich vor einigen Monaten die stetige entsetzte Entgegnung, dass Terroristen doch gross, blond, blauaeugig und antiislamisch eingestellt seien — und die erschiessen dann wehrlose Kinder. An der Reaktion der Leute darauf war auch sehr leicht zu erkennen, ob sich die weitere Unterhaltung ueberhaupt lohnen wuerde.
Mittlerweile ist mir das Lachen vergangen. Jedes Mal, wenn der Spruch kommt, wird aufs Neue schmerzhaft klar, dass seit zehn Jahren in der Gesellschaft fest verankert ist, dass Terroristen eben baertige Islamisten sind. Dass ueber Jahre hinweg Opfern einer rechtsterroristischen Gruppe von Ermittlerseite von vorneherein unterstellt wurde, irgendwie dem kriminellen Milieu zuzuordnen zu sein — weil sie Auslaender waren. Dass brennende Autos in die Naehe von Linksterrorismus gerueckt werden, waehrend bei rechtsradikal motivierten Exekutionen womoeglich sogar der Verfassungsschutz eine Rolle gespielt haben koennte.
(Man kann sich als Experiment einmal darin ueben, abwechselnd „Linksterrorismus“ und „Rechtsterrorismus“ zu sagen und dabei zu ueberlegen, welcher Begriff leichter von der Zunge rollt.)
Vielleicht sollten viel mehr Leute mal einen Bart tragen und sich ueber einen laengeren Zeitraum „scherzhaft“ vorwerfen lassen, Terrorist zu sein. Das ist augenoeffnend.