Verwaltungsdigitalisierungsinfluencer vs. ArchitektInnen

Die Videos des „Akkudoktor“ Andreas Schmitz rund um Klein-Photovoltaikanlagen sind in Teilen meines Bekanntenkreis lange Pflichtprogramm. Da nerdet sich jemand richtig tief ins Thema rein (und ist auch schon vom Fach), testet Geraete tiefer auf Herz und Nieren als so manchem Hersteller das lieb ist und macht das derweil, ohne dabei was verkaufen zu wollen – weil er an den damit verbundenen hoeheren Zielen interessiert ist.

Im oben eingebetteten Video teilt er gute und schlechte Erfahrungen im Umgang mit Herstellern und wie das normalerweise mit Influencern und Influencer-Agenturen so laeuft – und da fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren, dass das in weiten Teilen auch Erwartungshaltung sowie Spannungsfeld zwischen zivilgesellschaftlichem Civic-Tech-Einsatz und Verwaltung – und insbesondere Smart City – widerspiegelt.

Als Gold-Standardfall nennt Schmitz, dass es nach einem von ihm gemeldeten Problem sofort eine Krisensitzung gab, die Entwicklungs-/Engineering-Abteilung einbezogen wurde, er offenbar auch direkten Draht dorthin bekam und er die naechsten Schritte dargelegt bekam, was nun zur Fehlerbehebung passieren wuerde.
Das Negativbeispiel, das bei Influencermarketing normal sei: Man habe nur Kontakt zu einer Influenceragentur. Die hat gar keinen Durchgriff aufs Produkt und bezahlt einen im Zweifelsfall, dass man gefundene Probleme nicht an die grosse Glocke haengt und die Schnauze haelt.

Kommt bekannt vor? Mir schon. Mit dem spannenden Unterschied, dass es die Entwicklungs- und Engineering-Abteilung z.B. in der Smart City meist nie im eigenen Haus gibt. Und es dementsprechend diesen Feedback- und Lösungs-Cycle gar nicht geben kann. Weil quasi jeder Schmarrn von externen Dienstleistern entwickelt wird – die manchmal brauchbares Requirement Engineering vom oeffentlichen Auftraggeber bekommen. Meist aber nicht.

Bei mancher oeffentlichen Stelle wuerde ich mittlerweile aus der Erfahrung im Austausch mit den an der Sache interessierten zivilgesellschaftlichen Engineers (w/m/d) und der behoerdlich eingerichteten Digitalisierungsagentur mittlerweile auch sagen: Das ist mehr Influencer-Agentur denn an der langfristigen Entwicklung interessierte Einheit. Denn sie sind nicht nur von den zu entwickelnden Produkten und Infrastrukturen so weit weg wie die Influencer-Agentur. Sondern ihnen ist im schlimmsten Fall das langfristige ideelle Ziel weniger wichtig als die akute oeffentlichkeitswirksame Darstellung.

Vor dem Hintergrund bin ich gerade auch etwas professionell angepisst vom neuerlichen Vorstoss der Social Entrepreneurs von ProjectTogether, die heute ihr neues rework-Programm vorstellten, mit dem nun alles bei der Verwaltungsdigitalisierung besser werden soll. Nicht nur, dass mir das gesamte Social-Entrepreneur-Wesen von Grund auf unsympathisch ist – ich halte diese Verlagerung von Verantwortung in Startups fuer Teil des Problems, nicht der Loesung. Dazu kommt, dass die Truppe mir mit UpdateDeutschland noch enorm schlecht in Erinnerung ist. Nach dem Event gab es einen Austausch mit Aktiven des Netzwerks Code for Germany, bei dem in kurzer Zeit immer deutlicher wurde, dass der ganzen Veranstaltung kaum vorbereitende Recherche vorausgegangen war, was es bislang schon gab und was weswegen (nicht) funktioniert hatte.

Ich persoenlich haette schon gerne, dass das mit der Verwaltungsmodernisierung was wird. Wenn dann brauchen wir aber mehr Austausch wie den, den Andreas Schmitz beschreibt. Und in vielen Faellen muss dafuer erst einmal die Entwicklungs- und Engineering-Abteilung im Staat erst mal wieder internalisiert und als wichtig eingeordnet werden, anstatt das weiterhin auf Dienstleister auszulagern. Einfach nur dasselbe Silicon-Valley-Cosplay weiter nachzumachen, wird lediglich auch in Deutschland laengst (mehrfach) abgespielte Playbooks nochmal von vorne auffuehren. Dabei den naechsten Schwung ueberzeugter EnthusiastInnen in den Burnout schicken. Denjenigen, die daraus dann eine Buehne machen, hat das bislang selten geschadet. Ich wuerde aber gerne endlich mal wieder die Sache im Vordergrund sehen.

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