Keine einfach-so-Lizenzen fuer Datensaetze

Ich sitze gerade an einer internen Handreichung fuer die Bereitstellung von Open Data, und bin dabei wieder ueber die Unsicherheiten von Menschen im oeffentlichen Dienst gestolpert, welche Lizenz man denn fuer Open Data verwenden solle.

Das Problem ist: Eigentlich ist die Frage schon falsch. Denn die auf dem Urheberrecht aufbauenden Lizenzen sind ueberhaupt nur anwendbar, wenn es sich bei dem zu lizenzierenden Material um Werke im Sinne des Urheberrechts handelt, oder Datenbankherstellerrechte bestehen. Das duerfte aber regelmaessig bei reinen Faktendaten nicht der Fall sein, insbesondere nicht bei Messdaten.

Leider hat sich – vermutlich auch durch das ueber die Jahre entstandene Erklaermaterial, das gerne auch einfach mal CC-BY-Lizenzen hierfuer vorsieht – die Vorstellung in den Koepfen verfestigt, dass man Lizenzen „einfach so“ anwenden koenne, ohne dass hierfuer irgendwelche Voraussetzungen erfuellt sein muessen. Umso schlimmer wurde das durch die „Datenlizenz Deutschland“, die gar nicht erst offenlegt, auf welcher Rechtsgrundlage sie anwendbar sein soll (siehe, siehe auch).

Ich hatte hier im Blog letztes Jahr schon argumentiert, warum ich diesen Automatismus „Daten als Open Data herausgeben → beliebige Lizenz im Sinne der Open Definition anwenden“ bzw. die Frage „wem gehoeren die Daten“ fuer gefaehrlich halte. Und dass an den Anfang der Entscheidung die Frage gehoert, ob hier Urheberrechte vorliegen – weil wenn nein, gehoert als Label schlicht die CC-0 drauf, und gut ist.

Jochen vom OK Lab Berlin machte mich gestern auf zwei Schriften aus dem Open-Science-Umfeld aufmerksam, die zur Unterfuetterung dieser Argumentation gut geeignet sind, und die ich bislang noch nicht kannte.

Die Kurzform ist das Fact Sheet on Creative Commons and Open Science (2017). Sehr viel ausfuehrlicher ist „Rechtsfragen bei Open Science“ von Till Kreutzer und Henning Lahmann (2019), die detailliert am UrhG entlang die Rechtslage aufzeigt und auch in mehreren Kapiteln auf FAQ zu bestimmten Aspekten eingeht. Zielpublikum ist zwar eigentlich ein akademisches, das mit Forschungsdaten umgeht. Der Transfer auf Daten der oeffentlichen Hand sollte aber nicht schwer fallen.

2 Gedanken zu „Keine einfach-so-Lizenzen fuer Datensaetze

  1. ~sumpfsuppe

    Das selbe Problem (CC-By-Lizenz an Faktendaten klatschen) hatte man anfangs bei OpenStreetMap auch. Dort werden ja von Freiwilligen Geodaten gesammelt von „dort ist ein See“ bis „dieses Geschäft akzeptiert folgende Kreditkarten“. Das ist ja nicht soo weit weg von den von dir genannten Messdaten – jedenfalls insoweit, dass beide Datenarten theoretisch immer wieder von jedermann neu erhoben werden können.

    Was ich sagen will (ohne im Detail drin zu stecken in diesem Thema): Für OpenStreetMap wurde seiner Zeit die Open Data Commons Open Database License (ODbL) entwickelt. Vielleicht taugt sie auch für die Zwecke, die du im Kopf hast?

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    1. stk Beitragsautor

      Hey, danke fuer die Ergaenzung! Die ODbL basiert leider ebenfalls auf dem Urheberrecht. Grund fuer die Entwicklung dieser Lizenz war damals, dass hier vor allem das europaeische Datenbankherstellerrecht als Rechtsgrundlage herangezogen werden sollte, und das war in den damaligen Creative-Commons-Lizenzen (bis einschliesslich 3.0) nicht beruecksichtigt worden.

      Ich stehe der Lesart der OSM-Community rund um die Rechte an der OSM eher kritisch gegenueber. Ich kann den Anspruch verstehen, Copyleft zumindest theoretisch erzwingen zu koennen (ob es dann auch rechtlich erstritten wird ist eine andere Frage). Man erkauft sich diese Moeglichkeit aber immer im Gesamtpaket mit allen weiteren rechtlichen Folgen – auch denen, die andersherum gegen einen gelten.

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