Dag van Groesbeek: Ich mag nicht mehr

Donnerstag, 23. Juli 2009. Fuer heute ist wieder Regen angekuendigt, wieder hat es ueber 80% Luftfeuchtigkeit, zum Glueck bei angenehmen Temperaturen, wieder geht es morgens erst einmal zwei Stunden lang durch das oede Gewerbegebiet in Richtung Sueden. Meine Idee mit dem langsamen Laufen habe ich aufgegeben, ich marschiere wieder mein eigenes Tempo, moechte aber haeufige Pausen einlegen. Anfangs ist das Christian noch ganz Recht, nach drei Stunden sind ihm die stuendlichen Unterbrechungen aber zu viel und wir trennen uns wieder. Eine Pause in Mook wird mir dann zum Verhaengnis: Ich ueberdehne mein linkes Bein, sofortige stechende Schmerzen im Knie sind die Folge. Vorsichtiges Anlaufen, es geht noch, tut aber weh. Nun gut.

Mitbewohner Marwin hat uns morgens noch einmal ordentlich motiviert. Sobald wir in Groesbeek angekommen seien, haetten wir das Kreuz quasi schon in der Tasche — der Rest gehe dann im Flug, und der vierte Tag sei sowieso ganz etwas anderes. Das spornt an, und so haenge ich mich bei der obligatorischen 10-km-Extrarunde an zwei Polizisten aus NRW, die einen ordentlichen Schritt vorgeben. Ottersum markiert die Halbzeit der Extrarunde, und kurz vorher kommt er nun endlich tatsaechlich, der schon die letzten beiden Tage vorhergesagte Wolkenbruch. Es schuettet aus Kuebeln, und trotz Poncho ist binnen weniger Minuten meine Hose ab dem Knie patschnass. Schlimmer noch ist, dass ich meine Laufschuhe nie auf ihre Eignung fuer Maersche im Regen getestet habe. Das luftige Obermaterial ist naemlich ganz toll atmungsaktiv, dafuer sickert mir aber nun das Wasser in die Socken. Egal. Nur bis Groesbeek kommen, von da ab geht ja alles von selber. So bescheisst man sich selbst, und es funktioniert tatsaechlich.

regen

Der Weg bis Groesbeek ist die Hoelle. Die Socken sind langsam aber sicher vollkommen durchnaesst, jeder Schritt tut nun an den Ballen und Zehen weh. Endlich in Groesbeek angekommen goenne ich mir doch noch einmal eine Pause, und nachdem ich nun schon ueber zwei Stunden durch den Regen marschiert bin, beschliesse ich, die Socken zu wechseln, bevor es auf den Zevenheuvelenweg geht. Heute ist naemlich Tag der Bergwertung — auf der folgenden Strecke warten vier ganz schoene Anstiege auf uns, bevor wir in die passend benamste Ortschaft Berg en Dal kommen.

Die neuen Socken sind natuerlich auch in kuerzester Zeit durch und durch nass, und langsam fuehle ich Scheuerstellen an den Zehen, die im bloedesten Fall heute abend dicke Blasen bedeuten. Mir tut alles weh: Das Knie, die Fuesse, es ist kalt, es regnet immer noch Bindfaeden, mir rollen vor Zorn und Schmerzen die Traenen herunter. Dann, kurz vor dem ersten Anstieg, geschieht das Wunder: Es hoert zu regnen auf, und nach wenigen Minuten reisst der Himmel auf und die Sonne scheint. Rechts und links des Anstiegs stehen hunderte Menschen, mit Wohnwaegen, Musikbeschallung und Gurkenscheibchen, die uns anfeuern. Von hinten kommt eine Gruppe englischer Soldaten, „we eat hills! we eat hills! we eat hills!“, danach nochmal Air Cadets: „Push! Push! Push a little harder, Push! Push! Push a little harder…“. Ich lasse mich von diesem Mantra anstecken und von der klatschenden Menge ueber den Huegel tragen, und ueber den naechsten sowieso. Psychospielchen: Nur noch zwei Stunden laufen, dann sind 150 Kilometer geschafft, und der vierte Tag, den bekommen wir auch noch hin. Irgendwie.

Besonders die Abstiege von den Huegeln sind die Hoelle. Beim Bremsen schmerzt das linke Knie wie Feuer, und die gewechselten Socken haben einen verdammt engen Bund, der rechts staendig am Schienbein reibt. Ich stake mehr als ich laufe, durch Berg en Dal, am kanadischen Soldatenfriedhof vorbei, noch einen Huegel, dann kommt fast schon Nijmegen. Dort saeumen wieder Menschenmassen die Strassen, die ich aber nicht mehr wahrnehme, ich will nur noch ins Ziel, dann nach Hause, duschen und ins Bett. Wie ein Roboter tapse ich die letzten 45 Minuten der Route zu Ende, um 15.20 Uhr bin ich im Ziel. Auf dem Heimweg hole ich mir noch ein Menue und einen Becher Extra-Eis zum Kuehlen des Knies bei McDonalds, ich fuerchte naemlich langsam, zu wenig zu essen: Heute waren es nur zwei Sandwiches und zwei Muesliriegel. Fuer den Heimweg habe ich am ersten Tag unter 10 Minuten benoetigt, heute sind es inklusive McD-Bestellung fast 40. Dann endlich Dusche, Salbe, Bett. Ich will nicht mehr.

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