Liebe Piratenbasher

Ich werde die Piratenpartei am 27. September nicht nur waehlen, ich habe sie in den letzten Wochen auch nach Kraeften im Wahlkampf unterstuetzt und werde das die restliche Woche auch weiterhin tun. Weil ich es wichtig finde, dass das Thema in der Politik erstens auf die Tagesordnung kommt und zweitens mit Sachverstand behandelt wird. Und weil ich bislang zwar nie irgendetwas mit Parteien zu tun haben und stattdessen meine Unabhaengigkeit bewahren wollte, ich aber im Austausch mit den anderen Politikern immer den Eindruck hatte, genausogut mit meinem Wohnzimmertisch reden zu koennen. Mein Engagement, so klein es auch ausfaellt, ist fuer mich nichts anderes als ein verzweifelter Notwehrversuch, bevor es zu spaet ist.

Ich habe trotzdem versucht, meine Distanz zur Partei zu bewahren, und jedes Mal wenn ich von jemandem #piraten+ in Twitter lese, bin ich mittlerweile geneigt, den Unfollow-Button anzuklicken. Ich sehe die Gefahr, dass die eigentlichen Ziele im Parteigeschwurbel aus den Augen verloren werden, und dass man sich vor lauter Parteisolidaritaetstrullala nicht mehr kritische Fragen stellt. Ansaetze hierfuer gibt es nicht erst seit gestern, und der Beissreflex gegen alles, was sich kritisch mit den Piraten beschaeftigt, ist nur eine Auspraegung davon.

Aus diesen Gruenden, und weil ich der Ansicht bin, dass die “Piratenbewegung” mehr sein sollte als nur eine Partei gewordene Nerdinteressensvereinigung, werde ich nach der Wahl die Distanz zur Partei noch ein wenig weiter vergroessern. Bei Bedarf werden sie weiter meine Unterstuetzung bekommen, aber ich spiele lieber den Advocatus Diaboli als den Parteisoldaten. Nicht, weil ich das eine besser koennte als das andere, sondern weil mir die Rolle besser steht und gefaellt. Und, weil das offenbar noetig ist. Beispiele muss ich hier glaube ich nicht nennen.

Wenn ich mich ueber allzu engagierte Parteimitglieder und -sympathisanten beschwere, dann aber nicht, weil ich Parteien bloed finde (tu ich), manches Vorstandsmitglied manchmal des Groessenwahns verdaechtige (tu ich), Gruppenkulte mit hochgehaltenen Fahnen bedenklich finde (tu ich) oder einen kleinen Pipi habe (tu ich nicht). Sondern weil ich ein bisschen Angst habe, dass die Scheisse, die die Piratenpartei bestimmt noch bauen wird, ja, notwendigerweise bauen muss, negativ auf die ganze Bewegung [die keine sein will] zurueckfaellt. Und das waere fatal. Ich will eine Diskussion ueber eine Urheberrechtsreform, ueber Netzneutralitaet, ueber staatliche Transparenz und ein Aufbrechen der alten politischen Verkrustungen, verdammt nochmal, ich werde mich weiter dafuer einsetzen, und selbst wenn die CDU das einfuehren wuerde, waere mir das Recht.

Und gerade deswegen kotzt mich ein Grossteil der sogenannten deutschen A-Blogger derzeit so gewaltig an, die an jeder Stelle die Piraten bashen und mit dem Praedikat “unwaehlbar!11″ versehen. Weil ich keinen von denen sich jemals fuer all diese Punkte engagieren sehen habe. Weil mir keiner von denen bislang eine Alternative abseits der Piraten genannt hat, wie wir das Thema schnellstmoeglich nachhaltig in alle Parteien bringen koennen. Und weil mir bislang noch keiner sagen konnte, wer denn ueberhaupt noch waehlbar sein soll, wo doch alle offenbar unwaehlbar sind.

So.

mspr0 schafft es trotz staendiger Besaeufnisse, das ganze Thema mit weniger Kraftausdruecken und mehr Verstand niederzuschreiben. Sein Blog fuettert er ja nicht oft, aber wenn er schreibt, gefaellt mir das. Auch wenn er nicht wie angedroht nackich zur rp09 gekommen ist und auf dem Klo darauf angesprochen nur Ausfluechte parat hatte.

Und beim mir bis dato noch gar nicht bekannten qrious gibt es einen weiteren Erklaerungsversuch, warum so viele A-Blogger gerade staendig querschiessen. Sehr bissig, hat mir gefallen.

Abschliessend. Bevor mir nun wieder jemand unterstellt, ich wuerde irgendjemanden diskreditieren oder kleine Kinder fressen wollen. Ich bin an einer sachlichen, unaufgeregten Diskussion interessiert. Piratenheiligsprechungsfanatiker auf der einen und staendig unkonstruktive Querschiessalphablogger auf der anderen Seite tragen dazu offenbar nichts bei. Die heute schon empfohlenen @plomlompom und @NotPeeSee tun das dagegen, wie mir scheint. Und bekommen schon deshalb einen Sympathiebonus, weil es ihnen scheissegal ist, wenn @sixtus sie deswegen entfollowt.

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