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Bescherung

Gestern ist endlich mein Weihnachtsgeschenk von mir an mich selbst angekommen: The Visual Display of Quantitative Information von Edward Tufte und Presentation Zen von Garr Reynolds, dazu noch ein Paeckchen voller Freude von Thinkgeek.

Das Tufte-Buch ist ein richtiger Augenschmaus, vom Einband bis zur letzten Seite ein ansprechendes und wunderhuebsches Layout. Fuers Lesen war bisher keine Zeit (die beiden Buecher hebe ich mir fuer ein paar ruhige Stunden auf), die TV-B-Gone haben wir aber gleich einmal ausprobiert. Das huebsche kleine Teil sendet naemlich binnen einer knappen Minute den Infrarot-Fernbedienungs-Ausschaltcode quasi aller gaengigen TV-Geraetehersteller aus — in der Elektronikabteilung des Wal-Mart haben wir damit innerhalb weniger Sekunden etwa ein Viertel der riesigen Full-HD-Fernseher abschalten koennen. Spassig 🙂

Bilder hochzuladen gestaltet sich gerade etwas umstaendlich, ich bin naemlich bald am 200-Bilder-Limit von Flickr. Ich ueberlege mir gerade, wie ich das am besten umgehen kann.

Quasi-Renaissance-Antiqua

MasimoVignelli New York Subway Guide

Ich mag die Akzidenz-Grotesk sehr, viel lieber als Helvetica oder Univers. Schade eigentlich, dass sie kaum mehr verwendet wird (so ist jedenfalls mein subjektiver Eindruck) — in New York habe ich sie noch an und in einigen U-Bahn-Stationen gesehen, die noch nicht auch auf Helvetica umgestellt worden sind, aber ansonsten laeuft sie einem eher selten ueber den Weg.

Um so angenehmer war ich im Fruehjahr ueberrascht, als ich auf der Ulmer Bildungsmesse sowohl bei einem grossen lokalen Metallverarbeiter als auch bei der Bundeswehr Plakate und Stellwaende sah, auf denen anscheinend die AG Extended verwendet wurde. Ich sage „anscheinend“, weil ich mir im Nachhinein nicht mehr hundertprozentig sicher bin, ob es nun tatsaechlich die AG oder doch „nur“ die Helvetica Neue Extended ist — beim fluechtigen Hinsehen sind die beiden sich doch relativ aehnlich, besonders dann, wenn keiner der typischen Buchstaben zu sehen ist, anhand derer man die zwei problemlos unterscheiden kann.

Ganz sicher bin ich mir jedoch, dass mir die AG — ebenfalls wieder im „Extended“-Schnitt — in Chicago mehrfach ueber den Weg gelaufen ist. Und auch in Montreal setzt man auf Schriften aus Deutschland: Nicht nur dass die offizielle Stadt-Wortmarke und die Wortmarke der Station Centrale d’Autobus in Otl Aichers „rotis“ gesetzt wurden, im Busbahnhof trifft man die „alte Bekannte“ Akzidenz-Grotesk wieder. Verwechslung ausgeschlossen, diese „2“ erkenne ich ueberall wieder 😉

Mal schauen, ob die AG vielleicht doch noch einmal eine Renaissance erlebt — und alle Typographen bitte ich um Entschuldigung fuer den flachen Wortwitz im Titel 😀

Eigenheim fuer 150 Millionen Dollar

Mittlerweile sind Raimar und ich wieder auf dem Campus angekommen und waren heute erst einmal ausgiebig in Massachusetts im Wrentham Village einkaufen — Tommy-Pullover fuer 20 USD sind einfach zu verlockend, um da nicht zuzugreifen.

Morgen startet dann der erste „richtige“ unserer Tagesausfluege. Newport (Rhode Island) ist nur knapp zwei Autostunden entfernt, und dort werden wir uns einmal richtig luxurioese Eigenheime ansehen. Der Bau von „The Breakers“ hat 1893 den Gegenwert von heute rund 150 Millionen USD gekostet und eine Besichtigung der RĂ€ume gilt als das Highlight der Stadt. Das ist aber nicht die einzige Luxusvilla, und leider wird die Zeit morgen nie im Leben reichen, sie alle anzusehen, aber zumindest Marble House werden wir auch noch besichtigen.

Frohes Fest aus New York

Meine Hoffnung, dass das mit den Chaos-Reisen sich schon beim Hinflug erledigt haette, hat sich bislang nicht erfuellt — Chicago-Montreal war ja auch schon etwas „schwierig“, aber der Transfer Montreal-NYC hat das dann noch getoppt. Eigentlich wollten wir den letzten planmaessigen Greyhound um 2345 Uhr nach NYC nehmen, und in weiser Voraussicht waren wir schon gegen 2200 Uhr am Busbahnhof. Im Uebernachtbus haetten wir dann schlafen koennen und waeren morgens gegen 0800 relativ fit in New York angekommen. So war jedenfalls der Plan.

Zunaechst dachten wir, dass die scheinbar endlos lange Schlange fuer den frueheren Bus um 2230 ansteht, aber dann wurde uns bewusst, dass die 1. gar nicht alle in die paar Busse passen wuerden, und 2. die Schlange noch gaaaaaaaanz bis ans andere Ende des Terminals geht. Au Backe.

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Gegen Mitternacht waren wir dann immerhin bis zur Mitte des Busbahnhofs gekommen, aber auch das half nichts: Die ersten Leute in der Schlange bekamen noch einen Boarding Pass fuer den allerletzten Bus des Abends, der Rest wurde auf den naechsten Bus um 0745 Uhr vertroestet. Das haben nicht alle so ganz gelassen aufgenommen, teilweise flossen Traenen, und eine Passagierin bekam einen Schreikrampf, waehrend wir uns einen Platz fuer die Nacht suchten. In der Schlange hatten wir Rene aus Oberhausen kennengelernt, der in Kanada Work und Travel macht, und der sich ganz pragmatisch Tische und Baenke zusammengeklaut hat, aus denen man sich was halbwegs bequemes zum pennen basteln kann. Lange Nacht.

Die Busreise an sich war… interessant. Ja, das ist wohl der richtige Ausdruck. Unser jamaikanischer Fahrer war sowas wie ein Klassenfahrtbusfahrer, supernett und witzig („Wir fahren jetzt durch die Huegel in Richtung USA, und da fahren wir langsam. Da wohnt naemlich niemand, und wir wollen keinen Unfall bauen. Geht schlafen, Leute, es gibt dort wirklich NICHTS zu sehen“)

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Als naechstes die Kontrollen in Helmstedt-Marienborn an der US-Grenze… einschuechternd. DHS-Officer mit strengem Blick, hier ausfragen lassen („Woher kommst du, wohin willst du, was machst du dort, kennst du jemanden, warst du schonmal in den USA, warum?“), dort hinsetzen und nicht vom Fleck ruehren, jetzt im Gaensemarsch in den Bus, warten auf vier Leute, die wohl extra genau befragt werden. Mich kotzt das an, ehrlich. Ich werde so froh sein, wenn ich nach dem Rueckflug erst mal keine beschissenen Grenz- und Sicherheitskontrollen mehr ueber mich ergehen lassen muss und auf das Wohlwollen eines einzelnen muerrischen Immigration Officers angewiesen bin, um eine Grenze zu uebertreten. Schengen rules, aber hallo. Wie unser Busfahrer sagte: „Schaltet eure Handys aus, bevor ihr reingeht… die werden ungemuetlich, wenn man drinnen telefoniert. Naja, die sind sowieso immer ungemuetlich.“

Naechster Stop: Albany, NY. Meine Guete, sieht diese Stadt haesslich aus. Und die haesslichsten Postkarten der Welt gibt es dort auch. Vier Stunden spaeter endlich NYC, und da das Hostel ueberbucht ist, haben wir zwei Betten in einem Sechs-Bett-Apartment statt eines kleinen Zimmerchens bekommen. Der Blick vom Balkon(!) unserer zweistoeckigen(!) Bude entschaedigt dann fuer alle Strapazen 😉

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Frohe Feiertage an alle Leser!

Au Revoir, Montreal

Abgesehen von San Francisco hatte ich bisher kein Problem, eine Stadt zu verlassen, die ich besucht habe. Weisst schon, man hat viel gesehen, schoen wars, aber jetzt raus hier, was anderes sehen.

Montreal zu verlassen fuehlt sich dagegen wie Abschied von einem guten Freund an. Ich hoffe, ich kann irgendwann einmal hierher zurueckkommen.

Schneeparadies Montreal

So, hier nun die versprochenen Bilder von neulich nacht.

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Ich habe keine Ahnung, wie die Leute morgens an ihre Autos kommen und wie lange sie brauchen, um ihre Kiste freizuschaufeln.

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Aber anscheinend funktioniert das schon, denn am naechsten Tag waren diese Autos alle weg.

Aussergewoehnliche Umstaende erfordern aussergewoehnliche Massnahmen: Als ich auf dem Weg zum Olympiapark war, sind mir einige schwere LKW aufgefallen, die durch die Strassen gezogen sind. Ich habe mir erstmal nichts dabei gedacht, schwere LKW sind ja nun auch nicht so aussergewoehnlich in Nordamerika.

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Spaeter habe ich aber herausgefunden, was die transportieren: Schnee. Strassenraeumung sieht naemlich hier so aus: Zuerst wird gepfluegt und dabei die ganze Masse an den Strassenrand geschoben. Danach kommt eine dicke Schneefraese und wirft das meiste davon irgendwo in die Buesche (sofern vorhanden)

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Nun wird der Gehweg freigeschoben und ein anderer Pflug kratzt die komplette rechte Seite der Strasse bis zum Buergersteig frei.

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Anfangs habe ich mich gewundert, warum das alles dann wieder nach rechts geschoben ist — bis ich die letzte Schneefraese gesehen habe.

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Die nimmt naemlich den ganzen Rest und packt ihn in einen der grossen Sattelschlepper, der das Zeug dann aus der Stadt bringt. Krass.

Zufallsbekanntschaften

Uebernachtet man in einem Hostel, lernt man zwangslaeufig andere Reisende kennen, was natuerlich vollkommen genial ist — irgendjemand findet sich fast immer, der eine Runde Poker spielen, was essen gehen oder in eine Bar ziehen mag.

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Nun gehen Rai und ich also mit drei Maedels (2* Australien, 1* Irland) und einem Kerl aus Brasilien in ein Pub hier. Siehe Bild oben, auf dem Raimar unsichtbar ist. Der Abend ist sueffig und unterhaltsam, und am Tisch nebenan spielen ein paar andere Leute das oertliche Gegenstueck zu „Bauernpoker“: Einen Penny vom Tisch abprallen lassen und in ein Bierglas versenken. Umdrehen, mitmachen, ins Gespraech kommen, ja, ich komme aus Deutschland, Stefan, angenehm, wie mein Nachname ist? Ob ich Couchsurfer bin?

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Ja. Trifft man doch tatsaechlich Gaetan von Couchsurfing, der Raimar und mich eine Nacht lang hosten koennen haette (waere dann aber zu kompliziert geworden, deswegen haben wir das sein gelassen). So wurde dann der kurze Trip in den Pub (man muss ja morgens frueh aufstehen von wegen auschecken und so, jaja) doch nochmal ein paar Stunden laenger und sueffiger 😉

Ganz anderes Grossstadtgefuehl

Ich kann nicht schlafen (liegt wohl entweder am Dr. Pepper oder daran, dass ich nach dem Barausflug dick verschlafen hatte). Was liegt da also naeher als ein kleiner Nachtspaziergang mit der Kamera.

Wie anders doch Montreal im Vergleich zu Chicago ist! Wir sind hier quasi im Stadtzentrum, der Zentralbahnhof ist nur zwei Strassen entfernt, aber trotzdem ist es hier nachts um 0200 Uhr totenstill. Nur der knirschende Schnee unter den eigenen Fuessen ist zu hoeren, ab und zu das seltsame mechanische Schaltgeraeusch der Ampeln, und gaaaaanz selten einmal ein Auto oder ein Lastwagen irgendwo ein oder zwei Strassen weiter. Vollkommen ungewohnt, nicht staendig Autos oder heulende Sirenen zu hoeren. Arg kalt ist es dabei gar nicht, ich schaetze die Temperatur auf wenige Grad unter Null.

Fotos folgen.

Weisse Weihnachten

Es ist schon ein wenig seltsam: In Chicago haben wir uns bei -10 °C den sprichwoertlichen Hintern abgefroren und waren froh, wenn wir irgendwo im Warmen sein konnten. Hier hatte es heute nun ebenfalls -10 °C, und uns kam das vielleicht nicht unbedingt „warm“, aber problemlos ertraeglich vor.

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Heute hat es wieder angefangen, in dicken fetten Flocken zu schneien, und die vorhergesagten 30 Zentimeter Schnee sind glaube ich gar nicht so unrealistisch. Die Montrealer scheinen aber gut darauf vorbereitet zu sein, denn das Raeumgeraet hier hat schon ganz andere Dimensionen als die Schneepflueglein in der Heimat. Hier muss selbst auf dem Gehsteig mit Kettenfahrzeugen geraeumt werden, das ist halt schon etwas anderes.

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Heute waren wir mit Hernan (ja, Hernan, nicht Herman, darauf hat er ausdruecklich hingewiesen, Raimar ^^) und ein paar anderen Reisenden auf dem Markt, um Zutaten fuer die Empanadas zu kaufen, die Hernan morgen backen will. Das ist sowieso eine geniale Sache hier: Wenn Julien und Hernan hier kochen, ist es gar kein Problem, dass jeder mitessen kann, der dafuer hinterher den Abwasch macht und vielleicht ein paar CAD zur Kostendeckung reinschmeisst. Das ist glaube ich sowieso noch einen eigenen Artikel wert.

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Auf dem Markt musste ich mich natuerlich auch gleich mit etwas furchtbar kanadischem eindecken: Ahornsirup. Hier gibts sogar Ahornsiruplutscher fuer 50 Âą zu kaufen, die erstaunlich gut schmecken.

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Irgendwann muss man aber natuerlich auch etwas „richtiges“ essen, und dafuer haben wir uns nach Poutine fuer die zweite Empfehlung unserer Gastgeber entschieden: Die anscheinend besten Bagels der Stadt bei St. Viateur, meiner mit Ruehrei und Speck und Salat und Tomate und Frischkaese und einer Suppe dazu. Wenn ich meinen nicht beim Essen zerlegt haette, haette ich dann sogar was von der Tomate gehabt 😉

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Raimar hat dann noch im Dollarshop seinen inneren Deutschen rausgelassen.

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Notiz: Alte Posts wurden mit Bildern versehen.

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Houseparty deluxe

Okay. Stellt euch vor, ihr habt so ein richtig grosses, altes, viktorianisches Haus. Mit kleinen Treppenhaeuschen und verschnoerkelten Tuerstoecken und so. Und da ist Party. Ueber alle Stockwerke hinweg. Jede Nacht.

Genau da waren wir gestern, in Le Bar Saint-Sulpice. Vier Stockwerke, alles sehr verwinkelt, im Winter dann natuerlich ohne die Aussenterrasse und „nur“ mit sieben Bars. Trotzdem passiert es einem, nach einer halben Stunde zufaellig nochmal eine Treppe zu finden, die einen zu weiss Gott fuer einer anderen Bar fuehrt.

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Die Australier und Briten, die mit uns dort hingegangen waren, sind schon vor 0200 Uhr wieder abgehauen, weil es ihnen wohl nicht so gefallen hat. Raimar hat es dann aber geschafft, binnen einer Minute von irgendeinem random Kerl zuerst beinahe aufs Maul zu bekommen und dann sein Kumpel zu werden.

Ja, doch. War lustig. Vor allem die Erkenntnis „Hey, wir haben jetzt schon 17 CAD fuer Bier ausgegeben… moment mal, das sind ja nur 10 EUR!“ 😀