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stk macht Urlaub. Sort of.

Eigentlich habe ich drei Artikel in der Warteschleife: Einen Rueckblick auf Hohenpeissenberg, etwas ueber Urheberrecht und die dringend notwendige Neuauflage der „Ein Herz fuer Blogs“-Aktion, bei der dann auch noch die anderen endlich verlinkt werden, die das verdient haetten. Leider sind die aber allesamt noch nicht wirklich veroeffentlichungsreif, weswegen es hier voraussichtlich bis zum 26. Juli still werden wird. Ich bin jetzt naemlich erstmal unterwegs in den Norden, und danach in Nijmegen beim Vierdaagse, und ob ich dort Internet bekomme, ist fraglich.

Solange also einfach den Vodafone-1984-Remix, den ich immer noch schwer beeindruckend finde.

Ueber den Daechern Berlins

Auf der re:publica waren sie angekuendigt. In Schoeneberg habe ich sie dann gefunden: Die Grossstadtnomaden.

dachaufstieg

Man stelle sich das so vor: Es trifft sich ein buntes Haeufchen Berliner (wie ueblich zum groessten Teil aus Zugezogenen bestehend), einer mit einem Tragl Bier, der andere hat ein Radio dabei, und irgendjemand wird auch Batterien fuer das Teil haben. Verschwoererisch drueckt man sich dann um ein vorab ausgekundschaftetes Haus und bedient sich einer ausgekluegelten Taktik, um in selbiges hineinzukommen (ueberall klingeln, bis jemand aufmacht). Per Hindernisparcours durch den Dachboden gelangt man dann auf’s Dach – wo man den Berliner Sonnenuntergang und den Ausblick ueber die Stadt geniesst.

wlada

Romantisch, lustig, abenteuerlich, oder? Wlada begleitet die Dachhasen schon seit einer ganzen Weile, um einen Artikel darueber zu schreiben (demnaechst in Ihrem Berliner Totholzmedium) und erzaehlt, dass sie einmal mit der Gruppe verhaftet wurde. Naja, verhaftet nicht so ganz, setzt sie nach, jedenfalls wurden die Personalien aufgenommen. Doch nicht mehr ganz so furchtbar abenteuerlich. Die anderen relativieren: Auf manchen Berliner Daechern kann man wohl in die Oberlichter von diversen Toiletten und Schlafzimmern sehen, was aber nur solange lustig war, bis ein betroffener Toilettenbesitzer bzw. -benutzer die Polizei rief. Und ein Verfahren wegen Hausfriedensbruch sei momentan auch noch in der Schwebe. Deswegen halten sich nun auch alle von den Oberlichtern entfernt, die es vier Daecher weiter gibt, eine Minute Kletterpartie von „unserem“ Dach entfernt.

gegenlicht

Stattdessen werden Fotos gemacht. Sonnenuntergang, Fernsehturm, Panoramaaufnahmen. Auf das Schoeneberger Rathaus sollte man mal, sagt die eine lachend. Der ragt noch ein ganzes Stueck weiter aus dem von oben gar nicht mal mehr so hoch aussehenden Haeuserwald. Oder irgendwo nach Moabit, damit Fernsehturm und Sonnenuntergang in derselben Richtung liegen, fuer ein noch schoener-pittoresk-klischeehaftes Berlin-Sonnenuntergangsbild.

prost1

Auch dieses Mal gibt es wieder Stress, obwohl wir keine Toilettenoberlichtbesitzer gegen uns aufgebracht haben. Die Bewohnerin der obersten Wohnung vermutet in uns Junkies, die auf dem Dach pushen wollen, und droht mit der Polizei. Lustige Vorstellung: Fixer weg von der Strasse, aber abends kann man sie auf Berlins Daechern herumhuepfen sehen, Mary-Poppins-artig. Naja, vielleicht doch nicht so lustig. Die Bewohnerin – bestimmt nicht viel aelter als wir – laesst sich dann doch noch ueberreden, uns zu dulden, „aber naechstes Mal gibt’s Aerger!“, erzaehlt unser juengster Dachkletterer, vielleicht zehn Jahre alt, heute mit seinem Papa hier. Die bereits spasseshalber erkundeten Fluchtrouten durch angrenzende Haeuser muessen doch nicht mehr auf ihre Tauglichkeit ueberprueft werden.

Stattdessen bekommen wir Besuch vom Haus gegenueber. Nils, ebenfalls Student, hatte angesichts der grueppchenweise einmarschierenden jungen Leute zuerst eine Wohnungsbesichtigung vermutet und fand den auf Nachfrage herausgefundenen Hintergrund so amuesant, dass er spontan seine Hoehenangst ueberwand, um sich uns anzuschliessen und von oben aus seinen Mitbewohnerinnen gegenueber zuzuwinken.

fotografieren

Dann sind so ziemlich alle denkbaren Bilder gemacht, die Sonne untergegangen, und langsam lehnt man sich zum Geschichten erzaehlen an die gemauerten Kamine, deren Backsteine noch schoen warm von der Sonne sind. Die ersten gehen wieder, wir schliessen uns an, und lassen uns noch ein wenig durch das Nachtleben treiben: Club der Visionaere (Treptow, abgefahren-gemuetlich, mehr Grasgeruch als um die Montrealer Metro herum) und irgendein Kneipchen in Friedrichshain (Singer-Naehmaschinentische, Knuddelbarkeeper). Viel zu spaet nach Hause kommen. Frueh aufstehen, Wlada schlaeft noch, kann mich nicht mal verabschieden. Klischeeberlin mit fruehmorgens nach Hause kommenden Partygehern sehen, nach Tegel fahren, und dann war’s das auch schon.

Aber ich komme wieder.

Schon allein wegen der Daecher.

Endlich: Reisefazit.

Ich haette ja nicht gedacht, dass das mit dem Heimflug doch noch klappen wuerde, aber ich bin nun tatsaechlich bereits am Freitag wieder heil in der Bundesrepublik angekommen. Ich warte zwar immer noch auf den Tag, an dem ich mit Air Canada 100% reibungslos fliege (von Boston nach Toronto gab es eine knappe Dreiviertelstunde Verspaetung), da ich aber den gecancelten Mittwochsflug wohlweislich auf eine Verbindung mit langem Layover umbuchen lassen habe, war das aber kein Problem.

Fazit? Durchwachsen. Es war vielleicht nicht die allerkluegste Idee, mitten im Winter ausgerechnet Chicago und Montreal zu besuchen. Auf der Heimreise hatte ich einen Muenchener neben mir, der in Miami gewesen war, und im Frankfurter Fernbahnhof habe ich zwei Ulmerinnen (sic!) getroffen, die in Mexiko und LA waren und sich nun bitter ueber das „kalte“ Wetter in .de beschweren, waehrend ich das schon als ganz normal empfand. So schnell verschiebt sich die Wahrnehmung.

Die vergangenen vier Wochen fand ich auch deutlich anstrengender als 2005 die fuenf Monate in den USA. Teilweise mag das daran liegen, dass die Abschlussreise 2005 quasi komplett durchgeplant war und ich mich zwischendurch um nichts mehr kuemmern musste. Andererseits hege ich langsam den Verdacht, dass „Urlaub“ fuer mich am besten als „entspannende, Spass machende Arbeit“ definiert wird — optional mit zwischendurch eingeworfenem Sightseeing, am besten mit einem kundigen Fuehrer oder alleine mit aller Zeit der Welt. Ob das nun gut ist oder schlecht, weiss ich noch nicht, irgendwie erscheint mir das aber gerade ein wenig absurd: Workaholic braucht Arbeit fuer gelungenen Urlaub. Und das mir.

Was ich aber nicht oft genug betonen kann: Ich liebe Europa. Ich liebe Hochgeschwindigkeitszuege, die 15 Gehminuten von meiner Wohnung entfernt in alle Richtungen fahren. Ich liebe zu Fuss begehbare Staedte mit funktionierendem Nahverkehr. Ich liebe kurze Entfernungen. Ich liebe die Autobahn. Im Frankfurter Fernbahnhof habe ich mich beim Warten auf den Zug mit einer Lufthansa-Mitarbeiterin unterhalten, die seit 30 Jahren durch die Weltgeschichte pendelt, und die mittlerweile Nordamerika meidet wie der Teufel das Weihwasser. Nichts anderes als „Parkplatzwaechter“ seien die TSA-Kasper und ihre absurd-manischen Sicherheitsrichtlinien idiotisch, und ich bin versucht, ihr Recht zu geben. Frau Lufthansa empfiehlt uebrigens die BahnCard 50, und nachdem ich die naechsten Reisen und Ausfluege sowieso innerhalb Europas durchfuehren moechte, gefaellt mir die Idee immer besser. Mal sehen, was langfristig guenstiger kommt: Dauer-Spezial (immer 29-49 EUR, dafuer Zugbindung und Buchungsfrist) oder BC50 (115 EUR fuer Studis, 50% Rabatt)

Sonst noch was? Auf dem Rueckflug dank des wunderbaren In-Seat-Systems drei Filme gesehen, anstatt sinnvollerweise zu schlafen. Burn After Reading ist teils unterhaltsam, teils so lala. „Righteous Kill“ hat einen interessanten Twist, mich aber nicht vom Hocker gerissen. „Nick and Norah’s Infinite Playlist“ fand ich dagegen unheimlich niedlich, was vielleicht aber auch schon an der fortgeschrittenen Stunde lag.

Achja, unheimlich toll ist auch, einfach aus dem Flughafen zu kommen, sich einen Fahrschein zu loesen und direkt darauf mit ueber 200 Sachen in Richtung Koeln zu brausen. Keine Sicherheitskontrollen, keine Umbuchungen, keine Anschnallpflicht, aber dafuer Beinfreiheit. Habe ich schon gesagt, dass ich Europa liebe? 😉

Hat sich was

Ich fange an, Air Canada langsam zu hassen. Bislang hat kein einziger Flug mit denen wie geplant geklappt, und natuerlich wurde auch heute mein Flug nach Montreal gecancelt. Naechster Versuch ist dann morgen via Toronto, Ankunft in Frankfurt am Freitag um 0700 Uhr. Und es war doch eine bloede Idee, die Zugfahrt ab Frankfurt mit dem (zuggebundenen) Dauer-Spezial zu buchen -.-

Und tschues USA

Wie schnell doch vier Wochen voruebergehen — irgendwie krass. Die letzten Tage war ich nicht sehr arg motiviert, hier arg viel zu schreiben, hauptsaechlich deswegen, weil wir quasi jeden Tag gut 200 Meilen gefahren sind und ich meistens die Nachtfahrten uebernommen habe, was mich dementsprechend groggy gemacht hat.

Koffer und Rucksack sind nun gepackt und ich warte eigentlich nur noch auf Aushilfschauffeurin Dani, die mich an Raimars Stelle nach Boston fahren wird, da der einen ungeplanten Fahrdienst im Eisregen uebernehmen musste und nun selig pennt 😉

Eigentlich war ja klar, dass bei meiner Ausreise das Wetter schlimmstmoeglich ist. Eisregen ist immer toll, Montreal ist im Zweifelsfall sicher noch schlimmer dran, und nachdem ich schon zweimal das „hervorragende“ Management bei Air Canada Jazz miterlebt habe, rechne ich eigentlich schon mit dem Schlimmsten. Falls dem wider Erwarten dann doch nicht so sein sollte, habe ich morgen vormittag wieder bundesdeutschen Boden unter den Fuessen — danach geht es noch kurz in den Norden auf Verwandtschaftsbesuch, und am Sonntag hat mich Ulm wieder.

PS: Wer tolle(?) Web-2.0-Sachen ausprobieren will, kann hier meinen Flug Boston-Montreal und hier Montreal-Frankfurt live verfolgen — sofern der Vogel nicht ueberm Atlantik ist 😉

Amerikanische Wertarbeit

Auf der Fahrt nach Newport ist uns ein interessantes „Feature“ von Raimars Karre aufgefallen. Wenn man naemlich die Lueftung aufdreht, alle der wertigen Lueftungsklappen bis auf die rechte schliesst und anschliessend letzterer einen Schubs gibt… seht selbst:

Der von Raimar angekuendigte Unfall war im Uebrigen eher harmlos. Ich war gestern nach New Haven, CT gefahren, um mir dort die Yale University anzusehen (mehr dazu folgt). Beim einparken war ich kurz von der Bremse gekommen und dank Automatik ein klein wenig nach hinten gerollt — nur um dann zu merken, dass ich von irgendetwas gebremst worden bin. Au backe. Aussteigen, den ziemlich neuen Jeep hinter mir begutachten und– WAS ZUM TEUFEL? Raimars Karre hatte keinen Kratzer, aber die Stossstange des Jeeps war massiv eingebeult. Oehm, okay, klar, amerikanische Wertarbeit oder so… Wie sich dann spaeter herausgestellt hat, kam die Beule gluecklicherweise nicht von mir, sondern Das War Schon So[tm] 😉

Und noch einmal Newport

Der nochmalige Ausflug nach Newport hat sich auf jeden Fall gelohnt, konnten wir doch nicht nur abschliessend „The Elms“ besichtigen, sondern hatten auch bombastisches Wetter. So gab es also statt eisigem Wind blauen Himmel, Sonnenschein und Plusgrade — natuerlich optimales Wetter, den Cliff Walk entlangzugehen, Haeuser zu bestaunen und auf Felsen herumzuklettern.

Da ich im Hostel in Boston dreimal die Treppe hinuntergefallen bin, hatte ich wohl noch Guthaben auf dem Unfall-Konto und bin nur beinahe bei einer Kletteraktion in den Atlantik gefallen. Andererseits haette es ja theoretisch sein koennen, dass man auch aussenrum auf die andere Seite des Felsvorsprungs kommt — durch den Tunnel laufen ist ja langweilig 😉

The Elms… wieder mal protzig-imposant, anders kann ich das nicht sagen. Raimar ist im Museumsladen dann auch endlich auf seine langersehnte „deutsche“ Weihnachtsgurke gestossen, und an der Kasse fand der folgende Kopfschuettel-Dialog statt:

stk: Do you actually decorate your christmas tree with such a pickle?
Verkaeuferin 1: Yeeeeeah, I am German, and so we have been doing that for ages!
stk: You’re German?! Echt?
Verkaeuferin 1: Well, my great-great-Grandmother is from Germany

(Das ist hier uebrigens normal. Wessen Ururgrossvater oder -mutter bei der Auswanderung Fuss auf deutschen Boden gesetzt hat, bezeichnet sich hier als German.)

stk: The thing is, we’re both from Germany, and we’ve never heard from this custom. Ever.
Verkaeuferin 1: Really?! Hmm, you should Google it or something
Raimar: We did. Nobody in Germany does that thing with the pickle.
Verkaeuferin 1: Hm, we’ve been doing this since I was small… the first one to find the pickle got a little present, like gas vouchers or something like that.
Verkaeuferin 2: Yeah, those will come in handy with gas prices like that (ca. 45 US-¢ pro Liter sind schon teuer fuer die Amis)
stk: Well, consider yourselves lucky… back home we pay more than 6 Dollars for a gallon of gas!
Verkaeuferin 2: Yes, but you have imperial gallons, don’t you?
stk: oO

Das ist eigentlich die Loesung aller Energieprobleme. Ich waere ja gerne bereit, selbst 2 Euro fuer den Sprit zu bezahlen, wenn das ab sofort in Gallonen abgerechnet werden wuerde. Egal ob imperial oder US. Oh Gott…

(spitze Kommentare, dass wir natuerlich wie der Rest der zivilisierten Welt das SI-System verwenden, habe ich mir dann aber gespart.)

Prosit Neujahr

Ich muss ja zugeben, dass langsam sowas wie Reisemuedigkeit einsetzt — dieses Mal schon zu Beginn der vierten (und letzten) Reisewoche, vermutlich deswegen, weil ich im Gegensatz zu vor drei Jahren quasi alles zusammen mit Raimar selbst organisieren muss. Abgesehen von Newport und eventuell noch New Haven/Yale werden wir es deswegen in den letzten drei verbleibenden Tagen recht gemuetlich angehen lassen, denke ich mal.

Wie dem auch sei, zu Silvester waren wir ja wie schon angekuendigt in Boston, um dort an der „First Night“ teilzunehmen — so war das jedenfalls geplant. Bloed nur, dass es wieder einmal einen Wetterumschwung gab und in der Silvesternacht gefuehlte 10 Grad ueber dem absoluten Nullpunkt hatte, noch verstaerkt durch einen furchtbaren Wind. Aus irgendeinem Grund haben wir es abgelehnt, an der Silvesterparade teilzunehmen — schade eigentlich, denn das war so ziemlich die skurrilste Parade, die ich jemals gesehen habe. Vorneweg drei Streifenwagen des Boston Police Department (selbstverstaendlich mit allen verfuegbaren Kennleuchten blitzend), danach eine Staffel berittener Polizisten und einige berittene Boston Park Rangers. Pause. „WTF?“

Anscheinend hat das BPD zwei Klassen berittener Polizisten. Wer zu bloed ist, seinen Gaul zu striegeln, bekommt nur ein Fahrrad und darf in der Kaelte auf dem Mountainbike die Parade entlang radeln. In Formation mit seinen Kollegen. Dahinter kommt eine Jazzband auf einer alten Seagrave-Engine, ueberlebensgrosse Puppen ohne erkennbare Bedeutung, Tanzgrueppchen, ein chinesischer Drache, aufgeblasene Dinosaurier, ein FedEx-Lieferwagen mit lila Kennleuchten (nochmal: WTF?), diverse andere Grueppchen, in Formation fahrende Rettungswagen des Bostoner EMS (natuerlich mit blitzenden Kennleuchten) und zum Abschluss Einsatzfahrzeuge der Bostoner Feuerwehr (muss ich die Kennleuchten erwaehnen?) und noch einmal die Polizei. Was das ganze sollte? Fragt mich nicht. War aber offenbar ein Familienspektakel.

Da Raimar mit den Hostel-Heizungs-sabotierenden Zimmergenossinen aus dem Osten der Republik urspruenglich bereits weit vor Mitternacht in einem sehr kapitalistischen Club feiern wollte, hatte ich geplant, erst einmal ein paar Shows der First Night mitzunehmen und spaeter zu den anderen zu stossen. Den Eintrittsbutton fuer 18 USD haette ich mir dabei eigentlich vollkommen sparen koennen, denn weder beim Poetry Slam, noch bei der Improv-Comedy oder dem Konzert wurde ich jemals nach dem Button gefragt. Allein die Improv war das Geld dabei aber fast schon wert, qualitativ spielen die Jungs und Maedels fast in der Liga der Gruppe, die ich 2005 in NYC gesehen habe.

Aus irgendeinem Grund, den ich nicht mehr nachvollziehen kann, habe ich dann um 2300 Uhr nicht Raimar angerufen und nach seinem Standort gefragt, sondern bin auf die fixe Idee gekommen, vom Boston Common aus zum Hafen zu laufen, dort das Feuerwerk anzusehen und erst danach zu den anderen zu stossen. Der Wind hatte zu dem Zeitpunkt extrem aufgefrischt, und auf dem Weg zum Hafen (der so kurz gar nicht ist) habe ich mir so ziemlich alles abgefroren, was man sich abfrieren kann — nur um dann unten zu erfahren, dass aufgrund des starken Windes das Feuerwerk abgesagt wurde.

So war das dann doch wieder einmal ein eher chaotischer Jahreswechsel fuer mich — ohne dass ich wie Raimar unversehens in einem beruehmten Club gelandet bin, [hier wurde Jahre spaeter eine Formulierung entfernt, die ich schon lange nicht mehr so schreiben wuerde]

First Night Boston

Wieder geht ein Jahr zu Ende. Eigentlich halte ich es mit Silvester etwa so wie mit meinem Geburtstag, Weihnachten oder Fasching: An sich ist das ein Tag wie jeder andere, nur erwartet jeder, dass das etwas ganz besonderes sein muss, mit furchtbar tollen Festivitaeten etcetera. Und wenn’s dann doch nicht so spektakulaer war, ist das etwas schlimmes. Nonsens.

Im besten Fall treffen wir heute abend bei der First Night in Boston wieder irgendwelche interessanten, skurrilen und/oder verrueckten Leute und erleben seltsame Geschichten. Und im schlimmsten Fall haben wir eben an der Bostoner Version der Kulturnacht teilgenommen und ein oder zwei Feuerwerke gesehen. Das wuerde mir vollkommen reichen 😉

Allen Leserinnen und Lesern ein zufriedenes und glueckliches neues Jahr!

Bauste dir halt mal ein Haus

Zeit, unseren Ausflug nach Newport zu rekapitulieren. Wir hatten uns ja ein Ticket gekauft, um The Breakers und noch eine beliebige andere „Mansion“ anzusehen. Diese Haeuser sind der absolute Wahnsinn. Auf dem Weg zur Bellevue Avenue, in der die meisten dieser Haeuser aus dem Gilded Age stehen, begegnen einem schon einige andere sehr repraesentative Gebaeude (teilweise zur Salve Regina University gehoerend), die einen ins Staunen versetzen — gegen die gewaltigen Bauwerke a la The Breakers, Marble House, Rosewood etc. verblassen aber selbst die anderen Villen.

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Im Inneren regiert naemlich der pure Luxus. Aufwaendig verzierte Decken, Wandteppiche, jahrhundertealte Kamine und Wandvertaefelungen, die aus franzoesischen Chateaus eingeschifft wurden, aus gewaltigen Marmorbloecken gehauene Badewannen, … ich kann das gar nicht alles wiedergeben, stoebert am besten mal ein wenig bei flickr herum und staunt. Raimar und ich konnten es natuerlich nicht lassen, uns vor einer der Mansions in Szene zu setzen. Auch wenn Raimar eher veraengstigt als arrogant-herablassend schaut, so wie das der Plan war :->

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Drinnen gab es dann schon wieder eine Zufallsbekanntschaft: Ich hatte ein wenig mit zwei aelteren Herren ueber die nach ueber 100 Jahren immer noch fantastisch plastisch wirkenden Oelgemaelde auf der Wand gestaunt. Einer der beiden, Robert, ist Mitglied der Preservation Society of Newport, die die meisten der Mansions verwalten und unterhalten, und er hatte seinen langjaehrigen Arbeitskollegen Matthew im Schlepptau, um ihm ein paar der Mansions zu zeigen. Robert fiel mein deutscher Akzent auf, und auf meine Antwort, dass ich aus Ulm komme, war er gleich begeistert: „Ah, der Schneider von Ulm!„. Hoppla, da kennt sich aber jemand aus 😀

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Auf der Aussenterasse haben wir die beiden noch einmal getroffen und gleich noch einmal einige Details ueber die Kalksteinverkleidung und die aufwaendigen Verzierungen an der Fassade erfahren. Und weil Robert vor einigen Jahren bei seiner Reise durch Europa so herzlich aufgenommen war, hat er auf der Stelle beschlossen, uns ueber seinen Mitgliedsausweis kostenlos ins Marble House zu bringen, damit wir mit unserem zweiten Eintrittskartenabschnitt zusaetzlich noch The Elms ansehen koennen.

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Nachdem wir mit Marble House fertig waren und uns von Robert und Matthew verabschiedet hatten, war es aber schon so spaet, dass wir beschlossen, einfach mal den Ocean Drive entlangzufahren, die Aussicht zu geniessen und einfach in den naechsten Tagen noch einmal nach Newport zu fahren, um unsere verbleibende Eintrittskarte einzuloesen und die Stadt ein wenig naeher zu erkunden.

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Abends wurde es dann noch unterhaltsam: Chris hat gerade Besuch von seinen Kumpels Eric und Knoppers aus Deutschland, und nachdem ungeplanterweise beinahe der gesamte Biervorrat bei gemuetlichem Beisammensitzen in Raimars Zimmer draufging, ergab es sich noch aus nicht mehr nachvollziehbaren Gruenden, dass Eric draussen trotz mehrfacher Warnungen Stinktiere gejagt und mit Chips gefuettert hat. Zu seinem grossen Glueck hat ihm das Stinktier das aber nicht uebel genommen :->