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Satirisches aus dem Gericht

Auf den einschlaegigen Juristenblogs wurde die Entscheidung ja schon genuesslich ausgebreitet, ich habe sie aber eben Mab noch einmal vorgelesen und dabei ueber Absaetze gelacht, die ich damals[tm] beim ersten Lesen offenbar uebersehen hatte.

Ein Passant hatte einem im Rahmen einer Verkehrskontrolle taetigen Polizeikommissar in Berlin-Marzahn im Vorbeigehen die Worte „Herr Oberfoerster, zum Wald geht es da lang!“ zugerufen haben. Wie man weiss, duzen einen manche Polizisten im Dienst gerne oder heissen einen ganz furchtbare Dinge, ohne dass sich jemals ein Richter darum scheren wuerde, auf der anderen Seite sind in der Regel gerade diese Polizisten furchtbar empfindlich und fuehlen sich toedlich gekraenkt, wenn man daraufhin ein wenig flapsig ist.

So auch in diesem Fall, der Polizeikommissar erstattete Anzeige. Das zustaendige Amtsgericht Berlin-Tiergarten hatte der Staatsanwaltschaft wohl schon im Vorfeld angedeutet, dass man sich doch vielleicht lieber bedeutenderen Dingen als diesem laesterlichen Affront gegen den bundesdeutschen Heimatschutz widmen wuerde, was die StA anscheinend nicht von ihrem Vorhaben abbringen konnte.

Der Beschluss, den das AG Tiergarten daraufhin unter der Geschaeftsnummer (412 Ds) JU Js 186/08 (74/08) Jug veroeffentlicht hat, ist jedenfalls so zum bruellen komisch, dass ich doch noch einmal daraus zitieren moechte:

Nun versteht sich der ehrverletzende Charakter dieser Äußerung keineswegs von selbst, ist doch die Tätigkeit im Forstdienst etwa eines Bundeslandes für sich genommen kaum geeignet, den sittlichen, personalen oder sozialen Geltungswert einer Person infrage zu stellen, vielmehr dürfte es sich bei den dienstlichen Verrichtungen eines Försters in aller Regel um nützliche, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten handeln.

[…] Oberförster war bzw. ist die Dienstbezeichnung für einen im höheren bzw. gehobenen Dienst tätigen staatlichen Forstbeamten oder auch Angestellten im Forstdienst (vgl. etwa Hasel/Schwartz: Forstgeschichte, 2002 S. 192). […] In der Vorschrift über die Dienstbezeichnungen der Forstangestellten des Landes Brandenburg (Runderlass des Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 24.02.1993 auf Grundlage des § 45 des Brandenburgischen Landeswaldgesetzes) wird festgelegt, dass dem Revierförster (Forstangestellter des gehobenen Dienstes) nach erfolgreicher 6-jähriger Tätigkeit in dieser Funktion die Dienstbezeichnung „Oberförster“ verliehen werden kann. Ob der Geschädigte im vorliegenden Verfahren auch schon auf eine erfolgreiche 6-jährige Tätigkeit im gehobenen Polizeidienst zurückblicken kann, lässt sich der Akte (naturgemäß) nicht entnehmen, jedenfalls wird ein verständiger Dritter die inkriminierte Äußerung auch nicht wegen des Zusatzes „Ober“ als beleidigend empfinden, ebenso wenig wie sich ein verständiger Revierförster durch die Bezeichnung als „Oberkommissar“ in seinem Ehrgefühl gekränkt sehen würde.

Die Staatsanwaltschaft, die die ihr übermittelten Zweifel des Gerichts an der Strafbarkeit in der vom Angeschuldigten getätigten Äußerung unverständlich fand („nicht ansatzweise nachvollziehbar“), hat in ihrer Rückäußerung betont, nicht die Titulierung als „Oberförster“ allein stehe in Rede sondern die gesamte Äußerung „Herr Oberförster, zum Wald geht es da lang!“ sei eine strafbare Äußerung der Missachtung. Leider hat die Staatsanwaltschaft versäumt dem Gericht mitzuteilen, inwiefern die Bezugnahme auf den Wald bzw. die Richtung, in der dieser gelegen sei, der für sich nicht ehrverletzenden Äußerung des Angeschuldigten (s. dazu die vorstehenden Ausführungen) ehrverletzenden Charakter sollte verleihen können. Es mag sein, dass sich nach einer kleinen Weile des Nachdenkens und Assoziierens mit dem Begriff Wald oder Holz Bezeichnungen oder Ausdrücke finden ließen, die, hätte der Angeschuldigte sie gebraucht, gewiss dem Tatbestand der Beleidigung unterfielen, indessen hat er dies nicht getan, sodass es müßig ist, in dieser Richtung nachzusinnen, worin die Beleidigungsrelevanz des Waldes liegen könnte.

[…] Es handelt sich hier um eine Bemerkung, die ein Polizeibeamter und auch PK, wenn ihm denn keine schlagfertige Entgegnung einfällt, einfach übergehen sollte. Die Staatsanwaltschaft jedenfalls sollte einen solchen Schmarren nicht anklagen.

(via blogfuerst, von dem ich ge-copy-und-pastet habe, weil ich das eingescannte PDF nicht abtippen wollte)