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Rundumschlag

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Gute Nacht!

Vorschriften und ihre Interpretation

Der Beitrag gestern zum Loveparade-Unglueck kam aus schlechter Laune zustande. Verursacht auch durch die sofortigen Schuldzuweisungen und Interpretationen Sach- und Ortsfremder. Vor allem aber dadurch, dass die laxe Ausfuehrung von Sicherheitsvorschriften kein Einzelfall ist, sondern sich durch quasi alle Veranstaltungen zieht, die man sich denken kann.

(Einschub: Fuer mich sieht es derzeit so aus, als sei die Genehmigung samt aller Auflagen nur fuer den eigentlichen Veranstaltungsort erteilt worden — da der Tunnel aber eben ausserhalb des Ortes gelegen ist, wurde er beflissentlich uebersehen. Das ist zwar reine Spekulation, deckt sich aber mit den Erfahrungen, die ich gemacht habe: Probleme werden zwischen den beteiligten Instanzen hin- und hergeschoben, Hauptsache man kann sich selber reinwaschen.) Nachtrag 1917 Uhr: Bullshit. Was aergere ich mich ueber Rumspekuliererei, wenn ich selber Unsinn verzapfe. Sorry.

Das ist nicht nur bei Grossveranstaltungen so: Jetzt fasst sich bitte mal jeder selber an die Nase, ob er als Veranstalter immer alle Auflagen eingehalten hat. Noch nie mal eben bei der Twitterlesung 100 Besucher mehr eingelassen, „weil ja noch Platz ist“? Immer bei der Bestuhlung auf markierte Fluchtwege gemaess der VstVO geachtet? Wo sind die Loeschgeraete? Wer kann damit umgehen? Sind die Fluchtwege breit genug und unverstellt? Saemtliche Brandlasten aus allen Verkehrswegen entfernt?

Ich weiss, fuer manche wirkt das ueberpenibel, wenn ich bei Veranstaltungen, an denen ich beteiligt bin, mit dem Meterstab herumlaufe, Fluchttore ums Verrecken in die „unaesthetischere“ Richtung schwingend haben moechte oder bei aufgekeilten Tueren herummeckere (meine Holzkeilsammlung ist mittlerweile ziemlich beeindruckend). Aber es ist eben verdammt nochmal wichtig. Ich hoffe, Duisburg sorgt fuer ein Umdenken auch im Kleinen.

Bewusstsein bekommen statt verurteilen

Titelbild von NullProzent, cc-by-nc

Ich werde mich nicht einmal ansatzweise aus dem Fenster lehnen, was die Zulaessigkeit der Fluchtwegefuehrung bei der fatalen Loveparade in Duisburg angeht. Erstens, weil ich die Rechtslage in NRW nicht kenne, und zweitens weil ich die Oertlichkeit und das Brandschutzkonzept noch nie gesehen habe.

Was den Tunnel angeht: In manchen Bundeslaendern genehmigen die jeweiligen Versammlungsstaettenverordnungen auch Fluchtwege, die baulich ueberdeckt sind. Und ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass der Tunnel der einzige abgenommene Fluchtweg ist. In BaWue spricht man von 1,20 Metern lichter Weite pro 600 Veranstaltungsgaesten, das muesste dann schon ein 2,3 Kilometer breiter Tunnel sein. Sowas genehmigt keiner, jedenfalls hoffe ich das.

Nicht zuletzt soll ein Besuchermob im Notfall auch aufgeteilt werden — auch dafuer sind in Veranstaltungsbauten „Wellenbrecher“ Pflicht. Niemand hat etwas davon, wenn auf einmal alle durch denselben Ausgang rennen.

Was ich aber aus der Praxis sagen kann: In der Realitaet geht sowas oft nach hinten los. Wenn eine Masse mal rennt, rennt sie. Und nachdem das Aufhaengen von Fluchtwegeschildern von vielen Veranstaltern als laestige Pflicht empfunden wird, sind die — offiziell abgenommenen — Fluchtwege oft nicht so erkennbar, wie auf dem Papier genehmigt.

Ein Bewusstsein dafuer, dass es wichtig sein koennte, schnell die ausgewiesenen Fluchtwege in der ansonsten wegen womoeglich einsteigender „Schwarzgaeste“ hermetisch abgeriegelten Umfriedung zu oeffnen, finde ich ebenfalls selten.

Von Vorverurteilungen irgendwelcher Leute ohne genaue Kenntnis der Genehmigung, Vorschriften und Objektlage halte ich jedenfalls nicht. Das schlimmste fuer mich ist, dass dieser Vorgang „endlich“ mal ein abschreckendes Beispiel waere, das man bei der Abnahme von Veranstaltungen vorbringen kann. Aber ich habe schon die Antwort in den Ohren: „Das waren eineinhalb Millionen Leute, das ist ja ganz was anderes“.

Denkste.