Man kann eine ganze Reihe von Gruenden finden, warum man etwas im lokalen Einzelhandel und nicht online kauft. Weil man nicht dazu beitragen will, dass Menschen Robotergleich durch Versandzentren gescheucht werden, beispielsweise. Oder weil es um die Arbeitsbedingungen bei den Paketdiensten oft nicht besser ist. Oder weil man generell einen Wert darin sieht, vor Ort noch Ladengeschaefte zu haben – und die eben auch Umsatz brauchen, um zu ueberleben. Politischer Konsum, ganz klassisch.
In Ulm scheint man der Ansicht zu sein, den Einzelhandel vor allem durch Fahrspuren fuer Autos foerdern zu koennen. Weil, so die Logik, Leute ja staufrei mit dem KFZ in die Innenstadt fahren wollen, um dann zu konsumieren. Die angedachte Reduktion der Friedrich-Ebert-Strasse von vier auf zwei Fahrspuren wurde denn gleich als Untergang des Einzelhandels gebrandmarkt – egal was die verkehrsplanerische Vernunft sagt, denn das Braess-Paradoxon ist eben mal kontraintuitiv.
Aus Sicht einer, aeh, vielleicht mehr netz- als autoorientierten Generation laege die Loesung aber ganz woanders. Die Schmerzen bestehen fuer mich viel mehr darin, dass ich mich gar nicht damit beschaeftigen will, wo ich denn nun mein gewuenschtes Produkt im stationaeren Einzelhandel bekomme und wie ich da hinkomme. Je niedriger diese Schwelle ist, desto einfacher wird der Amazon-Verzicht. Eine Bierlaunenidee war da schnell gefunden:
Offene Daten ueber offene Schnittstellen aus dem Einzelhandel, dazu Soll-Fahrplandaten im GTFS-Format – damit waere das Feld bestellt, auf dem beliebige Browserplugins geschrieben werden koennten, um dem Ziel naeherzukommen.
Wie sich wenige Tage spaeter herausstellte, gibt es so etwas tatsaechlich schon:
Zugegeben, fuer den Buecher-Anwendungsfall ist die Angelegenheit etwas einfacher – jedes Buch laesst sich ja eindeutig ueber seine ISBN identifizieren, und quasi alle Bibliotheken haben irgendeine Form von OPAC, in den sich die ISBN fuettern laesst. Bei anderen Produkten ist das schwieriger aufzuloesen – und vor allem hat der Einzelhandel auch bislang seltenst ueberhaupt Schnittstellen fuer sein Inventar. Geschweige denn in standardisierter Form.
Langfristig waere aber genau das der richtige Ansatz: Offene, standardisierte Schnittstellen. Auf deren Basis dann jemand beispielsweise als Radkutschenkurier sein eigenes Geschaeft aufbauen kann, um entweder binnen einer Stunde die gewuenschte Ware aus dem Laden in der Stadt nach Hause liefert.
Das wird nicht gleich morgen entstehen, und es beraubt einen des befriedigenden Gefuehls der Geschaeftigkeit, das man beispielsweise beim Einrichten von Portalen hat (niemand braucht und/oder nutzt Portale). Geschaeftigkeit ist aber nicht Produktivitaet – und was ich fuer die nachhaltigere Loesung halte, duerfte klar sein, oder? 😉