Schlagwort-Archive: Journey to the End of the Night

Arduino everywhere

Bei Hack-a-Day bezichtigen manche Kommentatoren die Autoren schon der erotischen Fixierung auf dieses Ding: Arduino heisst die Plattform, die einem in den letzten Jahren immer haeufiger ueber den Weg laeuft, wenn es um das sogenannte „Physical Computing“ geht — also den Umgang mit kleinen eingebetteten Rechner- oder Microcontrollersystemen, die sich in die Umgebung integrieren und mit dem Benutzer interagieren.

Im Wesentlichen steckt hinter den Arduino-Boards nichts weiter als ein Atmel-MegaAVR-Controller — der aber in standardisierten Entwicklungsboards fuer rund 25 EUR steckt, simpelst per USB zu programmieren ist und dessen Entwicklungstoolchain einem die Programmierung ermoeglicht, ohne dass man allzu tief in bitweises Registerschieben und sonstige Abgruende vorstossen muesste. Wer mag, kann das natuerlich trotzdem tun, der Einsteiger bekommt aber in kuerzester Zeit seine Programme zum Laufen, ohne zuerst tagelang herauszufinden, welche Register genau was anstellen.

Via Netzpolitik.org bin ich vorhin auf eine gut halbstuendige Reportage ueber den Arduino gestossen, und nachdem ich jetzt seit drei Jahren ein einfaches Developer-Board fuer die megaAVRs im Schrank versauern habe, weil es nur ueber die serielle Schnittstelle oder einen ISP zu programmieren ist (den ich nicht habe), werde ich mir nun wohl doch mal so ein Arduino-Board anschaffen. Vielleicht kann man das ja auch in den Kontext von Urban Sensing einbauen 😉

Arduino The Documentary (2010) English HD from gnd on Vimeo.

PS: Kleine Welt. Bei der Herumsuche bin ich dann wieder auf Eli Skipp aus Chicago gestossen, die zusammen mit fin bei der #journeyvienna unterwegs war, und die sich aus einem Arduino einen Handschuh fuer explosive High-Fives baut. Awesome.

Addendum 2016-03-04: Der urspruengliche Entwickler von Wiring hat der Arduino-Geschichte auch noch etwas hinzuzufuegen. Die Doku sollte im Kontext seiner Aussagen gesehen werden.

Unsere Reise ans Ende des Jahres

Man nehme rund 300 Leute, jeder davon mit einem blauen Armband versehen, die fuenf Checkpoints in einer Grossstadt anlaufen muessen, ohne von den Faengern mit dem roten Armband gefangen zu werden. Wer gefangen wurde, soll selber so viele Laeufer wie moeglich erwischen und sie daran hindern, alle Checkpunkte vor 2200 Uhr zu erreichen, bevor es zur Neujahrsparty geht. Fertig ist die Journey to the End of the Year

Im Mai hatte ich zum ersten Mal von den Journeys to the End of the Night in San Francisco gehoert und wollte so etwas unbedingt in Ulm haben. Zur Silvester-KIF gab es nun die erste Gelegenheit, selber einmal an einer Journey teilzunehmen, um ein Gefuehl fuer das Spiel zu bekommen. Was muss so eine Reise haben, um Spass zu machen? Wie genau funktioniert das? Und vor allem: Funktioniert es ueberhaupt, einfach so etwas zu planen und dann fuer 1900 Uhr alle Interessierten zu einem bestimmten Ort einzuladen?

Ja, und wie das klappt. Wir (auf dem oberen Bild in der Mitte oben vor dem komischen grauen Ding zu sehen) waren wohl acht von weit ueber 100 Laeufern, die angetreten waren, um durch die Stadt zu rennen. Und wenn es am Anfang auch nur wenige vorab bestimmte Chaser waren, die uns alle fangen sollten, war jede Strasse erst einmal eine Gefahrenquelle: Solange drei auf die Karte schauten, suchten die anderen die Umgebung nach verraeterischen roten Armbaendern ab.


Um es gleich vorwegzunehmen: Sich in der Stadt auszukennen und vor allem zu wissen, wie der Nahverkehr funktioniert, hilft ungemein. Insgesamt haben wir wohl deutlich ueber 20 Kilometer zurueckgelegt, wovon aber gut die Haelfte tatsaechlich zu Fuss stattfanden. Demnach fielen wir auch von Checkpoint von Checkpoint immer weiter zurueck.

Ah ja, die Checkpoints. Von einem „Geheimtreffen von Superhelden“ bis zur „Treppe der Narren“ reichten die Tipps, anhand derer man den genauen Ort innerhalb der sicheren Zonen um die Checkpoints finden sollte. Da musste man schon mal eben sein Werkzeug zur Rettung der Welt aus Knete modellieren (Flair, Checkpunkt 1), die neuesten Modetrends herausbekommen (Albertina, Checkpunkt 4) oder einfach nur einen Punsch trinken (Uni Wien, Checkpunkt 2). Waehrend die Kinder sich dann hauptsaechlich dazu verleiten liessen, fuer die Kamera zu rennen (siehe oben), packte Juliane, Dodo, Herrn Kittler und mich irgendwann der Ehrgeiz, und wir wollten tatsaechlich auch im Ziel ankommen.

Stellensweise hatte es auch etwas unwirkliches: Man laeuft in der Gruppe durch ein Wien, das vor Menschen wimmelt — von denen aber jeder ein Gegner sein kann, bis man sich sicher ist, dass er auch kein rotes Band am Arm hat. Das Gefuehl aus Kindertagen, als geheimer Geheimagent inmitten unwissender Zivilisten unterwegs zu sein? Check. Sich in Gassen druecken, um die Ecke spitzeln und jeden Schatten kritisch ansehen? Check. Leichte Paranoia? Check 😀

Unser groesster Gegner war aber nach wie vor die Zeit: Wir waren immer weiter im Verzug, und je mehr andere schon erwischt worden waren, desto mehr Chaser wuerden uns am vorletzten Ziel ins Gehege kommen. Und tatsaechlich warteten sie auch gleich am (noch nicht in der sicheren Zone liegenden) U-Bahnhof, wo wir gleich mal Dodo verloren. Ein Spurt ueber den Bahnsteig zur anderen Seite, zwei weitere Chaser, Herr Kittler und ich geben Fersengeld in die vermeintliche Safezone — werden aber immer weiter verfolgt. Wir schlagen Haken, werden beinahe von einem Taxi ueberfahren, ich kann vor lauter Erkaeltungshusten kaum mehr laufen und druecke mich in einen Hauseingang. Zwei zitternde Minuten spaeter im viel zu hellen Eingang und ein Check mit dem GPS zeigen: Die Verfolger haben die Jagd aufgegeben, und wir sind pruegelbreit direkt von der Safezone weggelaufen.


Journey to the End of the Year auf einer grĂ¶ĂŸeren Karte anzeigen

Eine Strasse weiter treffe ich den Kittler wieder und erfahre, dass es auch Juliane erwischt hat und ueberall vor Chasern wimmelt. Ueber Umwege schleichen wir uns in die sichere Zone und sind gegen 2300 Uhr die letzten, die noch eine Unterschrift des vorletzten Checkpoints auf dem Journeyplan erhalten, bevor der Checkpoint schliesst. Unser Beschluss, den relativ kurzen Weg zwischen den beiden letzten Safezones weit zu umgehen, machte uns letztlich zu den einzigen aus unserer Gruppe, die alle Checkpunkte abgeklappert hatte, ohne gefangen zu werden — aber eben erst um 2330 im Ziel waren. Nach der Siegerehrung.

Aber gut. Wir wissen jetzt wie’s geht — vielleicht gibts dann bald auch mal eine Journey in Ulm. Kontakt zu den Wiener Orgas habe ich jedenfalls schon mal aufgenommen.

PS: Das Wiener Neujahrsfeuerwerk vom Dach des TU-Freihauses zu sehen, ist kapital. Das hat dann doch noch gerade so geklappt.

(Fotos [1,2] mit freundlicher Genehmigung von Christian Leitner // komplettes Set auf flickr)