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Auf dem Dach

Damit jetzt auch mal im Bild bewiesen wurde, dass man nicht eigens nach Berlin fahren muss, um Picknick auf dem Dach machen zu koennen. Nein, das geht auch in Ulm, und wenn man sich einen geeigneten der vielen Berge aussucht, hat man einen wunderbaren 270°-Panoramablick ins Donau- oder Blautal.

Gut, der Umstand, dass zumindest einer der Bewohner des zum Dach gehoerenden Hauses mit dabei war, macht die ganze Angelegenheit ein bisschen weniger spektakulaer. Nicht aber die Aussicht, und das Gefuehl, gerade noch ein letztes bisschen Spaetsommer mitzunehmen, bevor die Sonne untergeht.

(Bildverfremdung mit CameraBag fuers iPhone. Nettes Spielzeug.)

Ueber den Daechern Berlins

Auf der re:publica waren sie angekuendigt. In Schoeneberg habe ich sie dann gefunden: Die Grossstadtnomaden.

dachaufstieg

Man stelle sich das so vor: Es trifft sich ein buntes Haeufchen Berliner (wie ueblich zum groessten Teil aus Zugezogenen bestehend), einer mit einem Tragl Bier, der andere hat ein Radio dabei, und irgendjemand wird auch Batterien fuer das Teil haben. Verschwoererisch drueckt man sich dann um ein vorab ausgekundschaftetes Haus und bedient sich einer ausgekluegelten Taktik, um in selbiges hineinzukommen (ueberall klingeln, bis jemand aufmacht). Per Hindernisparcours durch den Dachboden gelangt man dann auf’s Dach – wo man den Berliner Sonnenuntergang und den Ausblick ueber die Stadt geniesst.

wlada

Romantisch, lustig, abenteuerlich, oder? Wlada begleitet die Dachhasen schon seit einer ganzen Weile, um einen Artikel darueber zu schreiben (demnaechst in Ihrem Berliner Totholzmedium) und erzaehlt, dass sie einmal mit der Gruppe verhaftet wurde. Naja, verhaftet nicht so ganz, setzt sie nach, jedenfalls wurden die Personalien aufgenommen. Doch nicht mehr ganz so furchtbar abenteuerlich. Die anderen relativieren: Auf manchen Berliner Daechern kann man wohl in die Oberlichter von diversen Toiletten und Schlafzimmern sehen, was aber nur solange lustig war, bis ein betroffener Toilettenbesitzer bzw. -benutzer die Polizei rief. Und ein Verfahren wegen Hausfriedensbruch sei momentan auch noch in der Schwebe. Deswegen halten sich nun auch alle von den Oberlichtern entfernt, die es vier Daecher weiter gibt, eine Minute Kletterpartie von „unserem“ Dach entfernt.

gegenlicht

Stattdessen werden Fotos gemacht. Sonnenuntergang, Fernsehturm, Panoramaaufnahmen. Auf das Schoeneberger Rathaus sollte man mal, sagt die eine lachend. Der ragt noch ein ganzes Stueck weiter aus dem von oben gar nicht mal mehr so hoch aussehenden Haeuserwald. Oder irgendwo nach Moabit, damit Fernsehturm und Sonnenuntergang in derselben Richtung liegen, fuer ein noch schoener-pittoresk-klischeehaftes Berlin-Sonnenuntergangsbild.

prost1

Auch dieses Mal gibt es wieder Stress, obwohl wir keine Toilettenoberlichtbesitzer gegen uns aufgebracht haben. Die Bewohnerin der obersten Wohnung vermutet in uns Junkies, die auf dem Dach pushen wollen, und droht mit der Polizei. Lustige Vorstellung: Fixer weg von der Strasse, aber abends kann man sie auf Berlins Daechern herumhuepfen sehen, Mary-Poppins-artig. Naja, vielleicht doch nicht so lustig. Die Bewohnerin – bestimmt nicht viel aelter als wir – laesst sich dann doch noch ueberreden, uns zu dulden, „aber naechstes Mal gibt’s Aerger!“, erzaehlt unser juengster Dachkletterer, vielleicht zehn Jahre alt, heute mit seinem Papa hier. Die bereits spasseshalber erkundeten Fluchtrouten durch angrenzende Haeuser muessen doch nicht mehr auf ihre Tauglichkeit ueberprueft werden.

Stattdessen bekommen wir Besuch vom Haus gegenueber. Nils, ebenfalls Student, hatte angesichts der grueppchenweise einmarschierenden jungen Leute zuerst eine Wohnungsbesichtigung vermutet und fand den auf Nachfrage herausgefundenen Hintergrund so amuesant, dass er spontan seine Hoehenangst ueberwand, um sich uns anzuschliessen und von oben aus seinen Mitbewohnerinnen gegenueber zuzuwinken.

fotografieren

Dann sind so ziemlich alle denkbaren Bilder gemacht, die Sonne untergegangen, und langsam lehnt man sich zum Geschichten erzaehlen an die gemauerten Kamine, deren Backsteine noch schoen warm von der Sonne sind. Die ersten gehen wieder, wir schliessen uns an, und lassen uns noch ein wenig durch das Nachtleben treiben: Club der Visionaere (Treptow, abgefahren-gemuetlich, mehr Grasgeruch als um die Montrealer Metro herum) und irgendein Kneipchen in Friedrichshain (Singer-Naehmaschinentische, Knuddelbarkeeper). Viel zu spaet nach Hause kommen. Frueh aufstehen, Wlada schlaeft noch, kann mich nicht mal verabschieden. Klischeeberlin mit fruehmorgens nach Hause kommenden Partygehern sehen, nach Tegel fahren, und dann war’s das auch schon.

Aber ich komme wieder.

Schon allein wegen der Daecher.