Schlagwort-Archive: Feuerwehr

Komparsen

…und dann haben wir Juliane einfach in einen HuPF-Schutzanzug verpackt, ihr den Diretto-Rucksack aufgesetzt und sind mit Blaulicht durch den Wald gebraust.

Sobald der Videoschnittplatz fertig ist, geht’s dann ans eingemachte. Jetzt erstmal vielen(!) herzlichen Dank an Kay fuer die 5D Mark II, und Basti, Benjamin, Cookie, Juliane, Matthias, Richard und das Kommando der Feuerwehr Altenstadt fuer die Unterstuetzung!

(Das Sequel „Ghost Tractor“ folgt dann vielleicht auch irgendwann.)

Eine legendaere Maschine

tlf

Als ich 1999 meine Feuerwehrausbildung angefangen habe, war das noch unter dem beinahe schon legendaeren Kommandanten Kiebele, und mit einem deutlich anders aussehenden Fahrzeugpark als dem heutigen. Fuer ein neues LF16, MZF, SW1000 und Ruestwagen hatte Kiebele schon gesorgt, die alte Drehleiter (auf Magirus-Rundhauber-Fahrgestell) wurde 2000 von einem Neufahrzeug ersetzt, und so blieb von den „alten“ Fahrzeugen nur das stattliche Tankloeschfahrzeug uebrig.

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Vorschriften und ihre Interpretation

Der Beitrag gestern zum Loveparade-Unglueck kam aus schlechter Laune zustande. Verursacht auch durch die sofortigen Schuldzuweisungen und Interpretationen Sach- und Ortsfremder. Vor allem aber dadurch, dass die laxe Ausfuehrung von Sicherheitsvorschriften kein Einzelfall ist, sondern sich durch quasi alle Veranstaltungen zieht, die man sich denken kann.

(Einschub: Fuer mich sieht es derzeit so aus, als sei die Genehmigung samt aller Auflagen nur fuer den eigentlichen Veranstaltungsort erteilt worden — da der Tunnel aber eben ausserhalb des Ortes gelegen ist, wurde er beflissentlich uebersehen. Das ist zwar reine Spekulation, deckt sich aber mit den Erfahrungen, die ich gemacht habe: Probleme werden zwischen den beteiligten Instanzen hin- und hergeschoben, Hauptsache man kann sich selber reinwaschen.) Nachtrag 1917 Uhr: Bullshit. Was aergere ich mich ueber Rumspekuliererei, wenn ich selber Unsinn verzapfe. Sorry.

Das ist nicht nur bei Grossveranstaltungen so: Jetzt fasst sich bitte mal jeder selber an die Nase, ob er als Veranstalter immer alle Auflagen eingehalten hat. Noch nie mal eben bei der Twitterlesung 100 Besucher mehr eingelassen, „weil ja noch Platz ist“? Immer bei der Bestuhlung auf markierte Fluchtwege gemaess der VstVO geachtet? Wo sind die Loeschgeraete? Wer kann damit umgehen? Sind die Fluchtwege breit genug und unverstellt? Saemtliche Brandlasten aus allen Verkehrswegen entfernt?

Ich weiss, fuer manche wirkt das ueberpenibel, wenn ich bei Veranstaltungen, an denen ich beteiligt bin, mit dem Meterstab herumlaufe, Fluchttore ums Verrecken in die „unaesthetischere“ Richtung schwingend haben moechte oder bei aufgekeilten Tueren herummeckere (meine Holzkeilsammlung ist mittlerweile ziemlich beeindruckend). Aber es ist eben verdammt nochmal wichtig. Ich hoffe, Duisburg sorgt fuer ein Umdenken auch im Kleinen.

Bewusstsein bekommen statt verurteilen

Titelbild von NullProzent, cc-by-nc

Ich werde mich nicht einmal ansatzweise aus dem Fenster lehnen, was die Zulaessigkeit der Fluchtwegefuehrung bei der fatalen Loveparade in Duisburg angeht. Erstens, weil ich die Rechtslage in NRW nicht kenne, und zweitens weil ich die Oertlichkeit und das Brandschutzkonzept noch nie gesehen habe.

Was den Tunnel angeht: In manchen Bundeslaendern genehmigen die jeweiligen Versammlungsstaettenverordnungen auch Fluchtwege, die baulich ueberdeckt sind. Und ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass der Tunnel der einzige abgenommene Fluchtweg ist. In BaWue spricht man von 1,20 Metern lichter Weite pro 600 Veranstaltungsgaesten, das muesste dann schon ein 2,3 Kilometer breiter Tunnel sein. Sowas genehmigt keiner, jedenfalls hoffe ich das.

Nicht zuletzt soll ein Besuchermob im Notfall auch aufgeteilt werden — auch dafuer sind in Veranstaltungsbauten „Wellenbrecher“ Pflicht. Niemand hat etwas davon, wenn auf einmal alle durch denselben Ausgang rennen.

Was ich aber aus der Praxis sagen kann: In der Realitaet geht sowas oft nach hinten los. Wenn eine Masse mal rennt, rennt sie. Und nachdem das Aufhaengen von Fluchtwegeschildern von vielen Veranstaltern als laestige Pflicht empfunden wird, sind die — offiziell abgenommenen — Fluchtwege oft nicht so erkennbar, wie auf dem Papier genehmigt.

Ein Bewusstsein dafuer, dass es wichtig sein koennte, schnell die ausgewiesenen Fluchtwege in der ansonsten wegen womoeglich einsteigender „Schwarzgaeste“ hermetisch abgeriegelten Umfriedung zu oeffnen, finde ich ebenfalls selten.

Von Vorverurteilungen irgendwelcher Leute ohne genaue Kenntnis der Genehmigung, Vorschriften und Objektlage halte ich jedenfalls nicht. Das schlimmste fuer mich ist, dass dieser Vorgang „endlich“ mal ein abschreckendes Beispiel waere, das man bei der Abnahme von Veranstaltungen vorbringen kann. Aber ich habe schon die Antwort in den Ohren: „Das waren eineinhalb Millionen Leute, das ist ja ganz was anderes“.

Denkste.

Wasser fuer die Feuerwehr

Auch bei der Feuerwehr haben wir dieser Tage mit der Hitze zu kaempfen. Weniger wegen der trockenen Waelder, die seit Wochen von der Luftbeobachtungsstaffel kontrolliert werden — toi toi toi — sondern wegen der Arbeit in der prallen Sonne.

Bei der Vorbereitung auf die Leistungspruefung verzichten wir zumindest zeitweise auf Schutzjacke und Helm. Im Einsatz sind beide aber Pflicht, und da der landeseinheitliche Schutzanzug „Bayern 2000“ diplomatisch ausgedrueckt nicht gerade ein Musterbeispiel in Sachen Atmungsaktivitaet ist, wird die Jacke binnen weniger Minuten zur ganz persoenlichen Sauna.

Nun haben wir zwar schon seit einigen Jahren Trinkwasserflaschen auf allen Loeschfahrzeugen, die aber teilweise gerade mal fuer die besonders belasteten Atemschutzgeraetetraeger reichen — wofuer sie eigentlicht auch einmal gedacht waren. Der Landesfeuerwehrarzt empfiehlt derweil mindestens drei Liter Fluessigkeit pro Einsatzkraft und Tag, und so bringt das jeweils nachrueckende Loeschfahrzeug mindestens noch einmal eine Kiste Wasser an die Einsatzstelle. Alternative Systeme mit Plastik- statt Glasflaschen oder Faltwasserbehaeltern und Bechern sind gerade in Ueberlegung.

Frueher gab’s Wasser allenfalls aus dem Fahrzeugtank. Womit wieder mal bewiesen waere, dass heutzutage zwar fast alles komplizierter, dafuer aber das meiste besser ist.

Auch bei der Feuerwehr haben wir dieser Tage mit der Hitze zu kaempfen. Weniger wegen der trockenen

Waelder, die seit Wochen von der Luftbeobachtungsstaffel kontrolliert werden — toi toi toi — sondern

wegen der Arbeit in der prallen Sonne.

Bei der Vorbereitung auf die Leistungspruefung verzichten wir zumindest zeitweise auf Schutzjacke und

Helm. Im Einsatz sind beide aber Pflicht, und da der landesweite Schutzanzug „Bayern 2000“

diplomatisch ausgedrueckt nicht gerade ein Musterbeispiel in Sachen Atmungsaktivitaet ist, wird die

Jacke binnen weniger Minuten zur ganz persoenlichen Sauna.

Nun haben wir zwar schon seit einigen Jahren Trinkwasserflaschen auf allen Loeschfahrzeugen, die aber

eigentlich nur fuer die besonders belasteten Atemschutzgeraetetraeger gedacht sind. Der

Landesfeuerwehrarzt empfiehlt derweil mindestens drei Liter Fluessigkeit pro Einsatzkraft und Tag, und

so bringt das jeweils nachrueckende Loeschfahrzeug mindestens noch einmal eine Kiste Wasser an die

Einsatzstelle. Alternative Systeme mit Plastik- statt Glasflaschen oder Faltwasserbehaeltern und

Bechern sind in Ueberlegung.

Frueher gab’s Wasser allenfalls aus dem Fahrzeugtank. Womit wieder mal bewiesen waere, dass heutzutage

zwar fast alles komplizierter, dafuer aber das meiste besser ist.

Raeder suchen ein Zuhause

Nachdem bislang Jahr fuer Jahr bei unserer Schrottsammlung jede Menge fahrtuechtige Raeder im Container gelandet waren, hatten wir dieses Mal kurzerhand alles, was noch irgendwie fahrtuechtig war, vorab eingesammelt. Alle anderen Raeder wurden am Sammelplatz vollstaendig ausgeschlachtet: Klingeln, Lampen, Dynamos, Schlaeuche, Maentel, Saettel — alles, was irgendwie so aussah, als koennte es verwertet werden, landete in der Sammelkiste.

So sind im Frankenstein-Prinzip einige Raeder entstanden, von denen ein paar auch schon einen neuen Besitzer gefunden haben — sechs Stueck stehen aber momentan noch im Hof und warten darauf, kostenlos an Freunde des Foerdervereins meiner Feuerwehr abgegeben zu werden. Als Freund zaehle ich jeden, der den Verein (und damit die gemeindliche Einrichtung „Feuerwehr“) mit einer Spende unterstuetzt, sagen wir mal 15–25 EUR, je nach Zustand des Rads. Wir verstehen uns, gell? 😉

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Inspektion

IMG_3031Alle drei Jahre muessen sich Feuerwehren in Bayern einer Inspektion unterziehen, bei der die Einsatzbereitschaft der Wehr geprueft wird. Neben „statischen“ Angelegenheiten wie der Fuehrung aktueller Alarm-, Einsatz- und Uebungsplaene und der Einhaltung von Pruefvorschriften gehoert auch das Ablegen zweier Uebungen dazu. Unter den Augen der Kreisbrandinspektion muss je eine Einsatzuebung zur technischen Hilfeleistung und eine zum abwehrenden Brandschutz absolviert werden. Die Einsatzleiter wissen dabei vorher nicht, was sie erwartet, und muessen — wie im Einsatz — aus dem Stegreif heraus ihre Befehle geben.

Nachdem die Loeschzuguebung absolviert war, ging es an die technische Hilfe — und da das weniger eine Personalschlacht ist als der Loescheinsatz, war ich „frei“ und habe das (endlich) mal wieder mit der Kamera dokumentiert. Angenommen war ein Tiefbauunfall: Ein Arbeiter sei in einen Schacht gefallen, der einsturzgefaehrdet sei. Es galt, den (laut Uebungslage) nur von oben zugaenglichen Schacht zu sichern und die Person zu befreien.

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„Wie im echten Leben“: Die Fahrzeuge ruecken im zeitlichen Versatz von wenigen Minuten an. Die Gruppenfuehrer — die nur eine unklare Lagemeldung ueber Funk erfahren haben — werden vor Ort von Einsatzleiter Christian ueber die Lage gebrieft und erhalten Anweisungen, wie ihr Fahrzeug aufzustellen ist. Die Inspektionsleitung hoert dabei staendig zu, ob die Befehle und Arbeitsauftraege sinnvoll gegeben werden.

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Bereitstellungsraum und Drehleiter werden in Position gebracht. Die Idee ist es, die Person nach Abstuetzen des Schachts ueber ein an der Leiter befestigtes Rollgliss aus dem Schacht zu heben.

Im Normalfall waere jetzt auf jeden Fall schon der Rettungsdienst vor Ort und wuerde die Verletztenbetreuung uebernehmen — wir tun mal so, als kaeme er erst spaeter, und halten Sprechkontakt mit dem Verletzten, waehrend sich ein Trupp mit Sicherungsgurten fuer den Abstieg ausruestet und das Rollgliss am Leiterpark angebracht wird.

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Unter den Augen der Kreisbrandinspektion: Vorgehen ueber eine Steckleiter — der Schacht wird jetzt mit Baustuetzen gesichert.

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…und hoch damit.

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Die Plane im Vordergrund ist seit einiger Zeit bei unserer Feuerwehr in Gebrauch, um den Bereitstellungsraum klar zu definieren: Genau hier werden Werkzeuge und Material abgelegt, die somit nicht unnoetig schmutzig werden oder erst gesucht werden muessen.

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Person gerettet, Uebungsziel erreicht, und auch Christian (vorne rechts) scheint erleichtert 😉 Aufraeumen, und gut ist.

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Prioritaeten setzen

Wenn wir bei der Feuerwehr alarmiert werden, dann definitionsgemaess eigentlich immer zu einer moeglichst unguenstigen Zeit. Zum Beispiel, wenn man gerade eingeschlafen ist, unter der Dusche steht oder, wie im Falle eines Kollegen neulich, gerade beim Friseur die Blondierung aufgetragen bekommen hat. Da trifft man dann schon einmal auf Leute mit verschiedenfarbigen Socken auf dem Weg in den Einsatz, oder Kollegen, bei denen es unter dem Helm hervordampft, waehrend sich der Rest der hastig ausgespuelten Blondierung in den Innenhelm einarbeitet.

Heute morgen wurden wir zu einer unklaren Lage auf der Autobahn gerufen, und zuerst fiel mir am Maschinisten P. nichts auf. Von rechts gesehen war alles normal, und von links gesehen auch, wenngleich auch etwas struppig. Erst beim Blick von vorne fiel dann auf, dass der Alarm wohl gerade zu der Zeit kam, als erst eine Gesichtshaelfte fein saeuberlich rasiert war 😉

Ueber Katastrophen, die keine sind

Daisy kommt mir langsam vor wie Vogelgrippe 2.0. Damals — ja, stimmt, das ist schon wieder ewig her — wurden die Feuerwehren zu jedem toten Vogel alarmiert, damit dieser unter Koerperschutz in Verwahrung genommen und zur weiteren Untersuchung verwahrt werden konnte. Richtig gehoert: Fuer einen beschissenen toten Vogel wurde alarmiert, im Klartext: Man hat die Leute von ihrer regulaeren Arbeit weggepiepst und ist mit einem Einsatzfahrzeug gefahren, um das Vieh aufzusammeln und Flaechendesinfektionsmittel auszubringen. Dafuer hatte jede Feuerwehr im Landkreis extra einen Posten Einwegschutzanzuege, Filtermasken, Handschuhe und Desinfektionsmittel bekommen.

Dass die Filtermasken die falsche (zu niedrige) Schutzstufe hatten, war der kleinste Teil der ganzen Farce. Einer der groesseren war, dass die Tiere gegen Ende der Hysteriewelle einfach nur noch in die Muelltonne kamen. Die Medien fanden’s trotzdem prima.

Wenn es ums Wetter geht, wiederholt sich die ganze Maschine. Wer unbedarfterweise die Warnkarte des DWD ansieht, geraet schnell ins staunen: Die ganze Karte mindestens gelb, wenn nicht sogar orange. Das ist aber schlicht ein Designproblem. Wegen mir koennte, nein sollte, man gelb und orange durch grau und blau ersetzen, denn sie „warnen“ eigentlich gar nicht, sondern weisen nur auf Wetter und markantes Wetter hin. „Wetter“. Nicht „Unwetter“ — das kommt erst ab rot.

Die Hysterie beginnt aber schon frueher. Man uebersieht geflissentlich, dass Wetterlagen eine lokale Sache sind, bei denen schon wenige Kilometer einen grossen Unterschied machen koennen. Medienunternehmen haben Einzugsgebiete mit zigtausenden Quadratkilometern, da kann man auf solche Unterscheidungen getrost verzichten — mit fatalen Folgen. Oeffentliche Entscheidungstraeger fuehlen sich in solchen Faellen naemlich dazu bemuessigt, oeffentlich zu demonstrieren, dass sie erstens die Lage im Griff und zweitens etwas zu sagen haben. Das BBK fuehlt sich bemuessigt, auf seine Broschuere zur Vorratshaltung hinzuweisen. Die Medien fuehlen sich wiederum bemuessigt, daraus noch weitere Horrormeldungen zu machen, Joerg Kachelmann dazu, ueber den DWD herzuziehen (obwohl er nicht besser war) und schlussendlich passiert, abgesehen von einem ganz normalen Winterwochenende — nichts.

Doch, etwas passiert: Die Bevoelkerung weiss die Meldungen des DWD immer noch nicht richtig zu interpretieren. Erstens, weil die Farben auf der Warnkarte scheisse sind, und zweitens, weil das Ausbleiben eines –wohlgemerkt in der Hauptsache vom Fernsehen, nicht vom DWD heraufbeschworenen — Bundesblizzard neben der Enttaeuschung der bereitstehenden Reporter auch zu einem Glaubwuerdigkeitsverlust gegenueber dem DWD fuehrt. Die Bevoelkerung tut nun die an sich durchaus sinnvolle Vorratshaltungsempfehlung des BBK zu Unrecht als Unsinn ab. Und die Feuerwehr wird wieder alarmiert: Diesmal zu den Autounfaellen, wenn Autofahrer Daisy als Ente abgeschrieben haben und nun von den ganz normalen winterlichen Schneeverwehungen in den Strassengraben getrieben wurden. Ganz normales Programm eben.

Und was lernen wir daraus?

Nichts.

Bis zum naechsten Mal. Bin gespannt, was es dann sein wird.

T2, Technische Hilfeleistung, mittel

Ich hasse Gaffer.

Die Sache mit dem absichtlichen Geisterfahrer auf der BAB7 duerfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Wir wurden dazugerufen, weil zunaechst nicht klar war, auf welcher Fahrspur und in welcher Fahrtrichtung das Ganze passiert ist — die Verwirrung angesichts des Falschfahrers tat wohl ihr uebriges — so dass letztendlich die zustaendigen Feuerwehren aus beiden Fahrtrichtungen an der Einsatzstelle eintrafen, was im Nachhinein angesichts der noetigen Materialschlacht auch kein Fehler war.

Als dann irgendwann herauskam, dass der Unfallverursacher offenbar mit suizidaler Absicht in den Gegenverkehr gefahren war, gab das hochgezogene Augenbrauen bei den Einsatzkraeften. Erst zwei Tage vorher waren wir zu dem gerufen worden, was die Eisenbahner „Fremdberuehrung“ nennen und was bei der Feuerwehr — genau wie der Unfall auf der A7 — unter T2, Technische Hilfeleistung, mittel faellt. Zwei Suizide innerhalb von 48 Stunden, die auch dementsprechend aussehen, das nimmt auch erfahrene Einsatzkraefte mit.

Gaffer dagegen scheinen sich zu freuen.

Der gemeine Gaffer horcht auf, wenn er irgendwo Blaulicht sieht. „Da muss was passiert sein, schauen wir mal“. Eigentlich kann ich einem das gar nicht veruebeln, ich war auch mal so. Auch im Einsatz. Man will ja schliesslich sehen, weswegen man eigentlich gerufen wurde. Und irgendwann kommt dann bei vielen so ein Einsatz, nach dem man sich zukuenftig in dieser Hinsicht eher ein wenig zurueckhaelt. Gab’s auch bei mir.

Seither schaue ich mir nur noch an, was ich auch unbedingt sehen muss, um meinen Job zu machen. Wenn man einen konkreten Auftrag hat, ist das sowieso am besten, dann ist ein Patient ein Patient, und man denkt neben der Arbeit nicht viel drueber nach. Wenn man gerade nichts zu tun hat, schaut man sich dann am besten nach einer Arbeit um, und ansonsten ist es kein Fehler, dem Geschehen vorne einfach mal den Ruecken zuzudrehen und Gaffer abzuwimmeln. Bei Bahnsuiziden kommen sie „zufaellig“ spazieren, auf der Autobahn sitzen sie in ihren Autos und schauen mit offenen Augen und Muendern durch die Seitenscheibe, anstatt zuegig an der Engstelle vorbeizufahren. Einer hatte heute den Nerv, beinahe bis zum Stillstand abzubremsen und seine Digitalkamera aus dem Fahrerfenster hochzuhalten, um einen Schnappschuss mitzunehmen.

So etwas nervt mich tierisch. Aber die Gefahr, dass mich das irgendwann in den kommenden Tagen am Einschlafen hindert, ist dann doch deutlich geringer, als wenn ich mich umdrehen und dieses Bild auf mich wirken lassen wuerde, dass sich einem bietet. Wenn man in der Situation naemlich gerade nichts zu tun hat — so wie das ist, wenn man wartet, bis der Kriminaldauerdienst seine Arbeit abgeschlossen hat — kommt man ins Gruebeln. Wer das war, warum er das getan hat, und wie das wohl die Angehoerigen aufnehmen? …Nein.

Deswegen gibt es bei schweren Einsaetzen die Witzchen, die fuer einen Aussenstehenden furchtbar brutal klingen muessen. Und deswegen machen wir auch „das“ weg, und nicht „den“, ob das Anke Groener und Lars Reineke nun passt oder nicht. Natuerlich sind das Menschen, denen es furchtbar ging, und die voller Verzweiflung den vermeintlich letzten Ausweg waehlten. Wenn ich aber so tue, als seien sie’s nicht, wenn ich mich darueber aergere, warum sie „nicht ein bisschen ruecksichtsvoller sterben konnten“, geht’s wenigstens mir ein wenig besser. Kein Mensch, nur eine T2, Technische Hilfeleistung, mittel.

Ankes „Fresse, Idiotenbande.“ leite ich dann gerne an diejenigen weiter, die mir unterstellen, dass ich das doch abkoennen muesse, wenn ich den Job schon mache. Ich kann gerne mit ihnen tauschen. Oder mit den Gaffern.

Nachtrag: Link hinzugefuegt, sonst versteht in einem Jahr keiner mehr, worum es ging.