Ich haette ja im Vorfeld nicht erwartet, dass Segeln so viel Spass macht. Es macht aber in der Tat so viel Spass, dass Ferienwohnungs-WG-Mitbewohner Joe mir bisweilen zu verstehen gibt, dass ich nicht alle 20 Minuten laut sagen muss, wie viel Spass Segeln macht.
Den SBF-B-Kurs des Universitaetssegelclub Ulm wollte ich eigentlich schon vor zwei Jahren machen, und letztes Jahr hat es dann irgendwie auch nicht gereicht, weswegen Raimar, Frank und Ferdi lange Zeit die einzigen im Bekanntenkreis waren, die mit dem amtlichen Segelwisch herumprotzen konnten. Nun habe ich aber mit Juli und Mab die Theoriepruefung abgelegt um nun eine Woche lang auf dem Ammersee zwecks Aneignung praktischer Kompetenzen herumzufetzen. Und auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Junge, macht das Spass! đ
Die Lernkurve ist schon verdammt steil, und allerspaetestens am zweiten Tag kann man auch mal eben schnell eine flotte Halse fahren, was einem zuvor im Theorieunterricht noch wie ein Buch mit sieben Siegeln vorkam. Ab dem zweiten Abend erfaehrt man dann auch, was „Landkrankheit“ ist, wenn einem leicht schwindlig wird, weil der Boden im Tengelmann beim gehen gar nicht nachgibt und schwankt, was einen dann auch richtig fertig macht. Ausserdem muss man davon ausgehen, dass man im taeglichen Leben auf einmal „Backbord“ und „Steuerbord“ oder Begriffe wie „Ablegen“ (statt „wegfahren“) verwendet, oder Luv- und Leeseite statt der Himmelsrichtungen zur Orientierung verwendet.
Absolutes Highlight ist aber die Regatta am Freitag, fuer die sogar noch einmal richtig ordentlich(!) Wind blies. Schon Donnerstags beginnen einige ganz besonders ehrgeizige Crews damit, optimale Regattakurse per GPS zu ermitteln, das allerletzte aus den (ziemlich abgefuckten) Segeln herauszuholen, oder gleich ganze Grosssegel bei anderen Schiffen mit besserer Ausstattung zu „klauen“. Dasselbe Schiff des besonders ehrgeizigen Bootsfuehrers bekam dann dafuer Freitag mittag von einer anderen Crew unter Wasser einen dicken Stein an den Kiel gebunden, um den Vorteil wieder auszubremsen, was unter allgemeinem Gelaechter leider schon vor Start auffiel. All diese kreativen Versuche wurden selbstverstaendlich von der Regattaleitung nach einem moeglichst willkuerlichen System mit Straf- oder Bonusminuten vergolten.
Den Vogel schoss aber die Crew ab, die zehn Minuten vor dem Start penibel auf der Seekarte den wirklich alleralleroptimalsten Kurs anhand des gerade anstehenden Windes ausrechnete (10 Strafminuten fuer zu viel Ehrgeiz), nach einigen Runden aber kurzerhand anfing, an der dritten Wendemarke wiederholt Boje-ueber-Bord-Manoever zu ueben, um anschliessend ihren USCU-Bootsfuehrer zu fesseln und knebeln und den Regattakurs gnadenlos bis zum Ende des Rennens andersherum zu befahren. Ich bin beinahe abgebrochen.
Und nachdem wir dann heute noch einmal bei ordentlichem Wind mit maximalster Kraengung ueber den See gefetzt sind, scheint nun auch meine Theorie bestaetigt, dass es guten Wind nur gibt, wenn man die weissen Schuhe anhat. Das werde ich aber erst noch einmal untersuchen muessen.