Hier wird neue Firmware geflasht

Der Hacksauger mit Valetudo

Staubsaugen ist so eine Taetigkeit, die man halt machen muss, aber auf die man selten wirklich Lust hat. Die Anzahl der Gelegenheiten, an denen ich aufgestanden bin und gedacht hab „also weisst was, Staubsaugen waere jetzt eine Handlung, die mich mit grosser Freude erfuellen wuerde“ ist unterm Strich doch ueberschaubar.

Das liegt nicht einmal an der Taetigkeit des Staub saugens selbst (ich bin sehr verwirrt, ob ich das jetzt klein und zusammen oder gross und getrennt oder sonst was schreiben soll, ich hab ein Attest, ich hab auch noch alte Rechtschreibung gelernt). Staubsaugen hat durchaus eine befriedigende Komponente. Meine fruehere Nachbarin sagte auf schwaebisch, dass ihr am besten gefalle, einen Teppich zu saugen, weil „dann hoert man, wie’s so schee rieselet“. Quasi ein sofortiges Feedback, dass das, was man gerade tut, auch einen Effekt hat. Geil. Mit ein Problem ist ja auch, dass man vor dem staubsaugen (ich permutiere jetzt einfach alle Varianten durch) erstmal herumliegende Dinge aufheben und idealerweise auch aufraeumen sollte.

Also fuer andere ist das vermutlich kein so ein Problem weil die raeumen das einfach auf oder sorgen eh gleich dafuer, dass Zeug nicht einfach auf dem Boden herumliegt und sie geben auch ihre Steuererklaerung direkt Ende Maerz ab nachdem sie alle dafuer notwendigen Unterlagen haben und sind generell sehr produktive Erwachsene.

Ich bin das nicht.

Ich habe mich schon mehrfach dabei beobachtet, wie ich anfange, alles zum staub Saugen (das sieht seltsam aus) vorzubereiten, den Boden freizuraeumen und so weiter. Und dann habe ich mich entweder in einem Aufraeum-Side-Quest verloren, weil der wieder irgendwelche Abhaengigkeiten sichtbar gemacht hat, was man auch noch machen muesste, oder nach dem Aufraeumen war das Wohnung-sauberhalten-Energiekontingent fuer den Tag erschoepft und dann hab ich das so gelassen und danach stand diese Schachtel, die urspruenglich auf dem Boden stand, zwei Wochen auf dem Sofa und es war immer noch nicht gesaugt.

Ein grosser Aha-Moment kam erst, als ich mir einmal, es muss so 2018 gewesen sein, einen Staubsaugerroboter fuer meine damalige WG auslieh. Das war ein Roborock S50, und ich war ziemlich begeistert, weil man musste eben nur den Part mit dem Boden-freimachen erledigen, und dann rennt die Kiste durch die Wohnung und saugt dabei nicht so richtig perfekt, aber natuerlich deutlich besser, als wuerde man nur den Boden freiraeumen und dann nicht saugen und das stattdessen auf spaeter verschieben.

Letzten Sommer war ich in der neuen WG in Neu-Ulm etwas unzufrieden mit diesem Verhaeltnis von Boden freiraeumen zu tatsaechlich staubsaugen und habe daher angefangen zu recherchieren, was man denn heute gerne haette. Ich hatte noch in Erinnerung, dass die Roborock-Sauger um die 400 Euro gekostet hatten und ging davon aus, dass man angesichts des technischen Fortschritts etwa so ein Modell mit etwa diesem Funktionsumfang (saugt ein bissel, orientiert sich grob anhand von Sensoren und kann einen Mopp hinter sich her ziehen) sicherlich nun hinterhergeworfen bekaeme fuer enorm wenig Geld.

Das war nicht der Fall.

Roboter mit genau diesem Funktionsumfang (saugen, einfach nur einen Lappen hinter sich herziehen, Zitat „viele Frauen kennen letzteres aus dem professionellen Berufsleben“) kosteten nur unwesentlich weniger als vor fuenf Jahren. Die gewohnte Preisklasse konnte jetzt etwas mehr (rotierende Mopps! Anhebbare Mopps! Irgendwas mit KI!), und zusaetzlich gab es jetzt alle moeglichen Upgrades wie z.B. Roboter mit Dockingstationen, an denen ihnen der Staubbehaelter leergesaugt und das Wischwasser getauscht wird. Was ich dann mit so am absurdesten fand: Die klassischen Roboter haben dann einfach so einen Kunststoff-Staubbehaelter, den man in den Abfalleimer leert, aber die Absaugstationen haben dann wieder Staubbeutel als Verbrauchsmaterial, die man kaufen und bevorraten muss, und am Ende kostet so ein High-End-Teil mit Station, die Verbrauchsmaterialien braucht, ueber 1000 Euro. Das ist etwa vier Mal so viel wie ein Miele-Bodenstaubsauger, mit dem man dann dafuer sogar in irgendwelche Ecken kommt. Vielleicht ist das etwas fuer Leute, die irgendwo eine Fuenftwohnung haben, in die sie alle paar Wochen kommen, und dann soll dort gesaugt und gewischt sein und vielleicht kommt zwischendrin jemand um das Dock zu saeubern.

Ich bin dann aber ueber Angebote von Refurbished-Dreame-Staubsaugerrobotern gestolpert. Ich habe eben nachgesehen und festgestellt, dass diese Quelle im Sommer 2024 versiegt zu sein scheint, weswegen dieser Tipp aktuell keinerlei praktischen Nutzen hat. Das haelt mich dennoch nicht davon ab, nun umso prahlerischer zu sagen: Ich habe so einen Dreame L10 pro fuer um die 150 Euro refurbished von ebay gekauft. Ich haette das sogar noch guenstiger haben koennen, zwischenzeitlich gingen die fuer 130 Euro weg. Also eigentlich habe ich sogar 169 Euro bezahlt, aber mein Roboter roch beim Auspacken etwas seltsam, und der Geruch ging zwar nach einer Woche einwandfrei weg und brachte mir dennoch aufgrund meiner Beschwerde eine Teil-Rueckerstattung des Kaufpreises. Eventuell hat der Vorbesitzer das Ding ausgepackt, einmal was uebelriechendes eingesaugt und es dann sofort zurueckgeschickt. Man weiss es nicht.

Seither bin ich jedenfalls Besitzer eines gehackten Staubsaugerroboters. Man kann sich naemlich auch dazu entscheiden, nicht die Software des Herstellers zu verwenden (mit der man auch aus der Ferne sagen kann, saug bitte mal den Flur durch), sondern Valetudo. Valetudo ist Freie Software, mit der man den Staubsaugerroboter nicht mehr an den Hersteller bindet und weniger Paranioa haben muss, dass die Bilder der Tiefenkamera auf denen man nackt durch die Wohnung rennt, irgendwo landen wo sie nicht sein sollten. Ausserdem wird die Usability fuers Auswaehlen einzelner Raeume in der Benutzeroberflaeche viel schlechter und man kann nicht mehr aus der Ferne das Saugen des Flurs anstossen, dafuer checkt das Geraet einzelne Sachen besser. Valetudo macht auch sehr deutlich klar, dass es nicht fuer den Durchschnittgeschmack ist und das ist wenigstens ehrlich. You win some, you lose some.

Und wie taugt das alles? So mittelgut, wuerde ich sagen. Das Teil kommt halt nicht ueberall hin. Den Boden in meinem Schlafzimmer freizuhalten ist immer noch eine Herausforderung. Und Spiegel, die auf dem Boden stehen, auch, weil dann denkt die dumme Kiste, dass da nochmal ein Raum existiert, ueberlagert auf einen bereits existierenden. Wischen ist so ein Mittelding: Es ist schon okay-ish, wirkt aber manchmal eher so, als wuerde man mit dem Lumpen einfach nur den bestehenden Zustand in der Gegend verteilen. Und ich wuerde gerne die Home-Assistant-Integration mit bestehenden Zigbee-Buttons kombinieren, so dass man auch ohne App sagen kann „heh Roboter, komm mal bitte her und saug kurz in genau diesem Raum durch“.

Dass man damit aber Zeit gewinnt zwischen dem „richtigen“ Staubsaugen mit dem „richtigen“ Bodenstaubsauger, und dass man einfach nur den Boden frei machen muss und dann rennt das Teil einfach und nimmt mal grob was mit: Das ist schon ziemlich geil.

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