Archiv für den Monat: August 2017

Warum Mieten immer noch teuer sind

Der Wohnungsbau könnte also durch die derzeit niedrigen Zinsen deutlich günstiger erfolgen als noch vor zehn Jahren, doch leider sind im gleichen Zeitraum die Grundstückspreise deutlich angestiegen.
[…]
Grundstückspreise zeichnen sich nun dadurch aus, dass sie gerade keine objektiven Werte darstellen, sondern einzig und allein die erwarteten Erträge durch die dort realisierte Nutzung anzeigen. Je höher also die erwarteten Mieteinkünfte, desto höher die Grundstückspreise.
[…]
Die Mieten steigen nicht wegen der hohen Baukosten, sondern wegen der hohen Ertragserwartungen. Modellrechnungen zeigen, dass allein mit anderen Finanzierungsmodellen und mit einem Verzicht auf die Eigenkapitalverzinsung trotz der derzeit anfallenden Baukosten Mieten von unter 5 Euro pro Quadratmeter erreicht werden können.

Andrej Holm – »Wohnungen zu bauen ist teuer, hohe Mieten sind also ok« (neues-deutschland.de)

wasfehlt: Gruendungsberatung fuer Civic-Tech-Projekte

Dieser Tage ging mein Blogpost wieder rum, in dem ich Hackathons als langsam etwas abgedroschenes Standardformat fuer Open Data und Civic Tech betrachtet und gefragt habe, wie sich die Community nachhaltiger foerdern liesse.

Tatsaechlich gibt es mittlerweile schon einige Ansaetze, wie auch die vielen ehrenamtlichen Gruppen gefoerdert werden koennen, und nicht nur die Fraunhofers und sonstigen etwas verstaubten grossen Player. Der Prototype Fund der OKF DE ist ein Beispiel, und dass die Stadt Ulm der Civic-Tech-Community ein ganzes Haus samt Ausstattung zur Verfuegung stellt, findet hoffentlich bald Nachahmung in anderen Staedten.

Eine Sache fehlt aber nach wie vor ganz gewaltig, und das ist Beratung. Auch als Bruecke, um die vielen Ideen, die in den OK Labs und anderen Initiativen entstehen, ueberhaupt erst in einen Zustand zu versetzen, um sich beispielsweise fuer den Prototype Fund bewerben zu koennen.

Startup- vs. Gemeinwohlberatung

Es ist ja eigentlich eine Crux: Wer heutzutage ein Startup gruenden und VC-Gelder verbrennen moechte, findet an jeder Ecke institutionalisierte Beratung. Gruenderzentren, IHK und Co. pruegeln sich geradezu, wer denn nun kompetenter beraten kann, Literatur gibts zuhauf, und wenn die politischen Signale guenstig stehen, fliessen auch die Foerdertoepfe grosszuegig.

Fuer Civic-Tech-Projekte – insbesondere diejenigen, aus denen sich kein Geschaeftsmodell entwickeln laesst, sondern deren Gemeinnuetzigkeit dem entgegensteht – sieht die Lage mau aus. Das klang neulich schon an, als ich nach Alternativen zu den von unbedachten Hackathon-Veranstaltern oft ausgelobten grossen Barpreisen fragte:

Was auffaellt: Viele der Vorschlaege drehen sich um Mentorierung und Folgefinanzierung – der Rest um die schon im Dezember angesprochenen Huerdensenker wie Reisekosten etc.

Weil

Das da oben habe ich mittlerwiele zigmal gehoert.

Jedes Mal in einer Runde mit faehigen Leuten[1], die die Idee garantiert umsetzen koennten. Und fuer die der Schritt aber gefuehlt zu gewagt ist, ihre (in der Regel) Festanstellung zu reduzieren und nebenher finanziert aus $Foerdertopf dieses Projekt voranzubringen. Oder es laeuft noch viel banaler, und die oertliche Civic-Tech-Gruppe bekommt von Lokalpolitikern eingefluestert, dass man sie schon laengst in einem Foerderprogramm untergebracht haette, wenn sie nur endlich mal einen gemeinnuetzigen Verein gegruendet haetten.

Diese Kluft haette ich gerne ueberbrueckt. Damit nicht nur Vereinsprofis und die jetzt schon freiberuflich arbeitenden Softwareentwickler*innen eine Chance auf Foerderung haben, sondern auch moeglichst viele andere.

Auf dass es bald in jedem OK Lab heissen kann:

Wiederkehrender Dialog:
„Ja ey, [XYZ] bräuchte es!“
„Ja, und das wuerde sogar zu [Foerdertopf] passen“
„Hm“
„Ich frag mal die Civic-Tech-Sprechstunde“
„Jo“

[1] Meine Definition in diesem Kontext: Leute, die etwa tausendfach besser Software entwickeln koennen als ich. Das fuehrt unweigerlich dazu, dass ich von enorm vielen faehigen Leuten umgeben bin.

Charlottesville

Vice hat eine Reportage ueber das vergangene Wochenende in Charlottesville, VA veroeffentlicht.

Inhaltswarnung: Harter Tobak.

Und wieder einmal: Zeigt das euren Eltern. Mit besonderer Beachtung dieser Stellen:

Ab 7:33: Interview mit einem Neonazi des Daily Stormer, der ganz explizit sagt:

They were showing to this parasitic class of anti-white vermin, that this is our country […] I believe, as you can see, that we’re stepping off the Internet in a big way. For instance, last night at the torch walk, there were hundreds and hundreds of us. People realize, they are not atomized individuals, they are part of a larger whole […]

Vielleicht reicht das endlich als Argument, warum man Nazis nicht einfach protestieren und „sich zum Affen machen“ lassen sollte, und vielleicht bekommt ihr somit auch mal die Argumente untergebracht, warum man sich Nazidemos unbedingt entgegenstellen sollte: Weil sie sonst den Unentschlossenen, den „ich hab doch nix gegen, aber“-Sagern und den „Das muss man mal sagen duerfen“-Aerschen ein Bild von Staerke und Viele-sein vorspielen koennen.

Weiter ab 10:35, wo die neurechten Bewegungen in Europa als explizites Beispiel fuer Community Organizing genannt werden. Vielleicht reicht das dann auch als Argument, warum man Identitaeren-Hipstern und anderen Krawattennazis weiterhin keinen Fussbreit gewaehren darf – und warum ein IB-Plakat beim Schwoermontag vielleicht doch polizeilicher Aufmerksamkeit bedarf, obwohl die Polizei angeblich besseres zu tun hat. Zum Beispiel „kein Mensch ist illegal“-Plakate zu monieren.