Archiv für den Monat: September 2014

Apple-Schlangesteher und politische Demonstrationen

Dass Christopher Lauer die Piraten verlaesst, ist wohl gleichermassen schade wie konsequent — Respekt vor der Geduld, mit der er die staendigen Anfeindungen seiner Person und „den Berlinern“ gegenueber ertragen hat. Vor allem, weil „die Berliner“ tatsaechlich Politik machten und machen. Zum Einen mit dem Mittel der parlamentarischen Anfrage, mit dem „die Berliner“ gerne und oft Stachel im Fleisch des Berliner Senats sind, und zum Einen mit Beitraegen wie dem folgenden:

Addendum: Stefan Koerner hatte Lauer offenbar vorher eine Ordnungsmassnahme aufgedrueckt. Sympathisch. Aber wenngleich der Herr Koerner bislang wenig parlamentarische Politik betrieben hat, gab er eigenen Angaben zufolge ja >100 EUR am Tag fuer die Partei aus, da ist das sicher berechtigt.

Addendum2: Schiedsrichter fordert Videobeweis 😀

Auch im Bundestag darf demonstriert werden?

Interessantes Urteil des EGMR, Zitat vom Verfassungsblog (gerne in Gaenze lesen!):

Dass Bundestagspräsident Norbert Lammert ganz schnell den Humor verliert, wenn seine Abgeordneten drunten im Plenarsaal ihre politische Meinung auf andere Weise kundtun als durch Redenhalten und Zwischenrufen, ist bekannt: Mal fliegen Parlamentarier raus, weil sie bei der Debatte um das Afghanistan-Mandat Schilder mit den Namen der Kundus-Opfer hochhalten, mal, weil sie auf ihren T-Shirts ihren Protest gegen Stuttgart 21 anmelden. Alles, was wie eine organisierte Demo aussieht, wird als Angriff auf die “Würde des Hauses” gewertet und ohne viel Federlesens unter zustimmendem Nicken der veröffentlichten Meinung unterbunden.

Damit hat Lammert damit womöglich gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Das legt zumindest ein heute verkündetes Urteil des EGMR in Straßburg nahe.

Abschluss des Ganzen:

Aber an hör- und sichtbarer Opposition fehlt es doch wahrhaftig auch hierzulande. Die Vierfünftelmehrheit, auf die sich unsere aktuelle Regierung stützt, entfaltet eine sedative Wirkung auf die politische Meinungsbildung, die mir mehr Sorge macht als die Aussicht, im Bundestag könnten die Volksvertreter in Weimarer Gewohnheiten zurückfallen und sich vor lauter Leidenschaft wechselseitig an die Gurgel gehen, wenn man sie nicht disziplinarisch an der kurzen Leine hält.

Kanzlerin Merkel lässt ausrichten, die 12-Prozent AfD mit “gutem Regieren” bekämpfen zu wollen. Gutes Regieren, du lieber Himmel! Ich wünsche allen Grünen und Linken, die sich in streitbarer parlamentarischer Rede und Gegenrede an diesem Programm abarbeiten wollen, viel Vergnügen.

(via)

Die Praezision von GPS-Koordinaten

Ich bin auch schon Opfer der Idee gewesen, GPS-Koordinaten aus einem tatsaechlichen GPS-Empfaenger mit moeglichst vielen Nachkommastellen abzugreifen und zu speichern. Tatsaechlich ist schon die fuenfte Nachkommastelle bei handelsueblichen Empfaengern ohne Signalkorrektur schon eher eine ungenaue Angelegenheit:

  • The fourth decimal place is worth up to 11 m: it can identify a parcel of land. It is comparable to the typical accuracy of an uncorrected GPS unit with no interference.
  • The fifth decimal place is worth up to 1.1 m: it distinguish trees from each other. Accuracy to this level with commercial GPS units can only be achieved with differential correction.
  • The sixth decimal place is worth up to 0.11 m: you can use this for laying out structures in detail, for designing landscapes, building roads. It should be more than good enough for tracking movements of glaciers and rivers. This can be achieved by taking painstaking measures with GPS, such as differentially corrected GPS.
  • The seventh decimal place is worth up to 11 mm: this is good for much surveying and is near the limit of what GPS-based techniques can achieve.
  • The eighth decimal place is worth up to 1.1 mm: this is good for charting motions of tectonic plates and movements of volcanoes. Permanent, corrected, constantly-running GPS base stations might be able to achieve this level of accuracy.
  • The ninth decimal place is worth up to 110 microns: we are getting into the range of microscopy. For almost any conceivable application with earth positions, this is overkill and will be more precise than the accuracy of any surveying device.
  • Ten or more decimal places indicates a computer or calculator was used and that no attention was paid to the fact that the extra decimals are useless. Be careful, because unless you are the one reading these numbers off the device, this can indicate low quality processing!

Ich war damals so blauaeugig, acht Stellen anzugeben. Wuesste ich heute natuerlich besser 😉

Was das mit der Signalkorrektur und HDOP und sonstigen Dingen auf sich hat, laesst sich auf Kowoma.de nachlesen.

(via)

Minimum Wage

Sehr schoener Facebook-Beitrag:

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Yes, I did unfriend you — why? You insulted the burger flippers and the counter clerks, as if your Big Mac, Coke, and fries, somehow makes you superior to the people who worked hard to make sure that your lunch was prepared in a clean environment and served to you promptly. If it weren’t for them, you’d have had to make your own fucking sandwich.

Guess what, the minimum wage is SUPPOSED to be a living wage. Anyone who works 40 hours a week should be able to provide a good home for themselves and their family.

You know what? You think being able to write a pivot table in Excel is so important? It isn’t. Not really. The human race survived for thousands of years without Excel. We built an industrial world without even electricity. And with electricity, we created global communications — without Excel. Excel is nice. It’s a useful tool — but it’s not the measure of intelligence or humanity.

You know what’s more important? Being able to grow a crop and bring it to market. Without that skill, we all starve. You know what else is important? Good plumbing. Without clean water, we die of cholera and typhus. You know what else is important? People in service industries — because they make it possible for you to have a clean room in the hotel, a meal served to you in a restaurant, a ride to the airport, and all the other thousands of little chores you take for granted.

They are not your flunkies, they are not your slaves, they are not your servants — they are your partners in a technological civilization, they make it possible for you to live inside your pampered white bubble, isolated from the daily chores of existence. That you — you flaming asshole — think you have the right to be abusive to any other human being for any reason at all — that reveals more about the failure of your parents to teach you social skills and your own lack of compassion for your fellow human beings than it says about anything else that falls out of your mouth as „opinion.“

Yes, I’m angry. Because I knew some of the men and women who were beaten in the thirties and forties by corporate goons so you could have a forty-hour work week, a weekend, access to public education, social security, and other benefits hard won by the labor movement.

The only thing you are required to say to that burger flipper or that counter clerk is simply, „Thanks!“ And mean it!

Telling them that you disapprove of their life choices is not an item on the McMenu. And if it were — you couldn’t afford it.

So, yeah — you’re an asshole and I defriended you.

(via/Original)

Eine etwas andere Transit-Karte

Von Transit-Livemaps hatte ich es hier ja schon haeufiger, das hier ist aber ein schicker und etwas anderer Ansatz: Christoph Doeberl hat den Linzer Nahverkehr auf eine Hardware-Karte gepackt.

Bild von Christoph Doeberl, CC-BY

Bild von Christoph Doeberl, CC-BY

Ein Rechner fragt die EFA-Daten der Linz Linien AG periodisch ab, und mittels Arduino werden dann RGB-LEDs angesteuert, um die jeweiligen Linienfarben an den passenden Haltestellen aufleuchten zu lassen.

Mir ist noch nicht ganz klar, ob da dann auch „Interims-LEDs“ fuer die Streckenabschnitte zwischen den Haltepunkten geplant sind, oder ob die Position immer „nur“ an den Haltestellen angezeigt werden kann; schick sieht’s allemal aus. Der Code steht auf Github einsehbar bereit.

Spassfakt zwischendurch: Etwa so funktionierten auch die Perlschnuranzeigen in Bussen und Bahnen: Ueber den mittlerweile ueber 30 Jahre alten IBIS-Wagenbus nach VDV-300 wurde die kommende Haltestelle und die Fahrtrichtung uebertragen, und im Fahrzeug mittels Laempchen hinter einer Durchlichtanzeige angezeigt. Bei manchen Verkehrsbetrieben sieht man solche Anzeigen gelegentlich noch – wenn ich mich richtig erinnere, z.B. in Stuttgart

An diesem Anwendungsfall zeigen sich auch die Probleme des leider von vielen Verkehrsverbuenden und dem VDV propagierten Modells, Fahrplandaten nicht als Open Data, sondern als „Open Service“ (also nur ueber Schnittstellen wie die EFA) bereitzustellen:

Leider ist ein Dauerbetrieb der Echtzeit-Abfrage von Daten sehr Bandbreiten intensiv, weshalb diese zeitweise ausgesetzt wird.

Deutlich sinnvoller erscheint an dieser Stelle der GTFS-Ansatz: Es gibt einen statischen Soll-Fahrplan, und Abweichungen von diesem werden als Realtime-Updates veroeffentlicht. Anstatt alle Fahrten bzw. Haltestellen periodisch komplett abfragen zu muessen, kann so der Soll-Fahrplan als Basis verwendet werden, und nur die Abweichungen muessen aus dem Internet bezogen werden. Das scheint man beim VDV vor lauter Angst vor Fremdnutzung aber nicht verstehen zu wollen.

Fragen an meinen Freund, den Replikatorkommunisten

Ein wunderbarer Kurz-Aufsatz mit noch wunderbareren Fragen:

In den technikafinen Kreisen, in denen ich viel verkehre, gibt es viele Leute, die antikapitalistischen oder gar kommunistischen Ideen viel abgewinnen können – und sei es nur deswegen, weil sie sie aus ihren geliebten Science-Fiction-Serien kennen – die dann aber oft in etwa so argumentieren:

“Ja, wenn wir mal Replikatoren|3D-Drucker|KI|Nanoroboter|Weltraumaufzug|Kernfusion| haben, dann gibt es keine Knappheit mehr und dann ist der Kapitalismus obsolet aber bis dahin müssen wir wohl mit ihm leben.”

Empfohlene Lektuere. Vor allem fuer Leute, die das Nachdenken ueber Weltraumaufzuege fuer total bescheuert halten.

Fragen an meinen Freund, den Replikatorkommunisten — keimform.de, via @johl

Ja wie jetzt

Schoener Kommentar von Sven Tuerpe auf Google+: Fefe entdeckt gerade das ambivalente Verhältnis der Hackerszene zum Thema Sicherheit

Hacker, zumindest als Community, wollen zweierlei zugleich: Sie wollen Sicherheitshelden sein, die sogenannte Sicherheitslücken finden und Verschlüsselung promoten, und sie wollen anarchistische Freiheitshelden sein, die Beschränkungen kreativ umgehen. Das passt nicht zusammen. Es passt nicht in Fefes Fallstudie einer offenbar effektiven Sicherheitserhöhung, nicht im gerooteten iPhone mit seiner willkommenen und daher nicht beklagten Schwachstelle, und es passt auch nicht in der unbelegten und wahrscheinlich falschen Vermutung, man könne seine Freiheit mit Verschlüsselung bewahren.

(via)