Irgendwann, ich glaube es war am zweiten Tag der re:publica, fiel mir auf, dass ich grantig war. Unzufrieden. Und als irgendwann danach der Beitrag von Till Westermayer durch meine Timeline kam, wurde mir auch ziemlich schnell bewusst, warum das so war: Die re:publica ist fuer mich irgendwie ausgelutscht.
die #rp13 fühlt sich von draußen an den geräten immer noch an wie der #kirchentag. wischiwaschi, gut gemeint, nicht ganz unsympathisch.
— Martin Lindner (@martinlindner) May 7, 2013
Das klingt jetzt vermutlich viel haerter, als es eigentlich gemeint ist. Die re:publica ist und bleibt die Internetzkonferenz, zu der sich jaehrlich beinahe alle treffen und man demnach auch beinahe alle treffen kann; sie erreicht ein vermutlich beispiellos breit aufgestelltes Publikum (cave: vorwiegend weisser, sich den Besuch leisten koennender Menschen) und duerfte damit die Ergaenzung zum Congress sein, nicht nur die Nerds zu erreichen, um solche Dinge wie Netzpolitik in die Gesellschaft hinauszutragen.
Insofern ein riesiger Dank an Andreas, Johnny, Markus und Tanja, dass sie sich das zum mittlerweile siebten Mal antaten – auch da bin ich ganz bei Till.
Aber.
Der Fluch der re:publica ist ihr Programm, das angesichts seiner wirklich erstaunenswerten Breite kaum Platz fuer wirkliche Tiefe laesst. Wer in diese Welt hineinschnuppern moechte, einmal etwas von allem mitnehmen, ist da sicher richtig – wer zum wiederholten Mal dort ist (oder die einschlaegigen Blogs und Debatten liest, oder einfach keine Lust mehr auf die Diskussion Print-vs-Onlinejournalismus hat), muss beinahe schon aktiv suchen, um Neues zu finden. Selbstverstaendlich endet der Wissensaustausch nicht mit dem Sessionende, und dass man ja sowieso hauptsaechlich der Gespraeche und des Austauschs zwischen den Sessions wegen in die Station kommt, ist ja kein Geheimnis. Ich habe viele Impulse zu OpenData und OpenGovernment mitgenommen, mich noch stundenlang mit einigen der auf dem Feld Aktiven unterhalten und hatte insgesamt den Eindruck, dass diese ganz spezielle Subgruppe der Netzgemeinde fuer sich genommen etwas von diesem „Klassentreffen“ hatte – und ich gehe davon aus, dass es noch hunderte andere Subgruppen gab, die jeweils fuer sich zufrieden nach Hause gehen konnten.
Oberhalb dieser Grueppchen, in der Gesamtheit der sogenannten Netzgemeinde, scheint sich derweil so recht nichts zu tun. Letztes Jahr forderte Sascha Lobo, man moege mehr bloggen – gemerkt habe ich davon nichts. Gerade wurde die Netzgemeinde mit dem durchgeboxten Leistungsschutzrecht abgewatscht, nun kommt die „Drosselkom“ – und was passiert? So gut wie nichts. Lobo stellte in diesem Jahr reclaim.fm als meines Erachtens wirklich spannenden Versuch vor, sich mit einem WordPress-Plugin wieder ein wenig Publikationsherrschaft zurueckzuerobern, und das ist auch gut so – es scheint naemlich so, als wuerden seine Appelle, etwas zu tun, mittlerweile eben nur noch als ritualisierte Show verstanden, die man der Unterhaltung (und Publikumsbeschimpfung) wegen ansieht. Und dann eben doch nichts tut.
Ich mag mich nicht so recht der Praemisse anschliessen, die tante an den Beginn seiner lesenswerten Kritik stellt, naemlich dass „die Netzgemeinde“ unter den Machtlosigkeitswatschen nach LSR, Bestandsdatenauskunft und Co leidet – dazu unterstelle ich einem grossen Teil der rp13-Gaeste schlichtweg mangelndes Interesse am Thema. Vielmehr sehe ich genau dasselbe Problem, das er in der Anbetung Fixierung der Szene auf einige, wenige Gestalten sieht, die’s richten sollen:
Die Szene hatte schon immer das Problem sich zu sehr auf Autoritäten und Lichtgestalten zu verlassen, der Preis, den sie dafür zahlt, wurde dieses Jahr nur zu deutlich: Wenn die Leitfiguren eben nicht mehr alle anderen auf ihren Schultern tragen können, ist die Luft raus. (Wie unfair es ist, die Verantwortung für so tiefgreifende gesellschaftliche Änderungsprozesse wie die aktuell laufenden bei 3 oder 4 Einzelpersonen und 3 oder 4 Organisationen abzukippen, brauche ich hier hoffentlich niemandem zu erklären.)
Ich fuer meinen Teil frage mich, wie das weitergehen soll.
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Also ich war ja noch nie da und will das im nächsten Jahr unbedingt mal nachholen (und dann gefällt mir sicherlich alles, eben weil’s für mich in der dortigen Form neu ist).
reclaim.fm jedenfalls klingt für mich sehr interessant. Viele (mich eingeschlossen) benutzen parallel zu ihrem Blog so viele verschiedene Netzwerke und das Verknüpfen ist da echt anstrengend, wenn man es nicht bei einfachem Hin- und Herlinken belassen will. Und ich kann mir gut vorstellen, dass man damit dann wieder weniger Zeit auf Facebook und Twitter und mehr Zeit auf einzelnen Blogs verbringt, um sich genauer anzuschauen, was deren Besitzer so treiben, liken, teilen, wasauchimmer. Aktuell müsste man da meist viel wühlen und zig verschiedene Seiten benutzen.
Nebenbei habe ich das (nicht repräsentative^^) Gefühl, dass sich auch sonst viel auf Facebook versteift. Man postet/diskutiert wieder mehr mit Menschen, die man kennt, als sich neue Bekanntschaften zu suchen. Ich merke das auch bei mir selbst, wobei ich aktuell versuche, dem Bloggen wieder mehr Bedeutung zu schenken – es ist halt ne eigene Seite, die man betreibt und die man organisiert und auf die Beine stellt, und das ist am Ende tausendmal cooler als alle Likes, die man so verteilt. Auch wenn es dann nicht 300 Leute sehen, sondern vllt. 50.
Also, Memo an mich: Nicht nur mehr bloggen sondern auch mehr Blogs lesen und kommentieren und gucken, was andere Menschen außerhalb der großen Netzwerke treiben.