Archiv für den Monat: April 2013

Boston Security Theater

Kleine Randnotizen zur Verdaechtigensuche in Boston: Die Suche nach zwei Verdaechtigen fuehrte mal eben dazu, eine komplette Grossstadt buchstaeblich herunterzufahren, „zum Schutz der BuergerInnen“ – mit Ausnahme von Donutshops fuer die Verpflegung der Polizei (sic!).

Security Theater in Reinstform, findet unter anderem Popehat:

That said, a large percent of the reaction in Boston has been security theater. „Four victims brutally killed“ goes by other names in other cities.

In Detroit, for example, they call it „Tuesday“.

…and Detroit does not shut down every time there are a few murders.

In dieselbe Kerbe schlaegt der Metronaut, der einen Guardian-Artikel zitiert:

[..] by letting one fugitive terrorist shut down a major American city, Boston not only bowed to outsize and irrational fears, but sent a dangerous message to every would-be terrorist – if you want to wreak havoc in the United States, intimidate its population and disrupt public order, here’s your instruction booklet.

Neben dem wirtschaftlichen Schaden, der vermutlich im mehrstelligen Millionen-USD-Bereich liegen duerfte, beklagt Popehat nicht zuletzt auch die irrsinnige Ineffizienz der Methode, paramilitaerisch auftretende Polizeihundertschaften das betroffene Gebiet durchkaemmen zu lassen:

Third, keeping citizens off the street meant that 99% of the eyes and brains that might solve a crime were being wasted. […] It was thousands of citizen photographs that helped break this case, and it was a citizen who found the second bomber. Yes, that’s right – it wasn’t until the stupid lock-down was ended that a citizen found the second murderer […]

We had thousands of police going door-to-door, searching houses…and yet not one of them saw the evidence that a citizen did just minutes after the lock-down ended.

Wenn die Sirenen heulen

27111H. Mit dieser Tonrufkombination werden im Landkreis Neu-Ulm regelmaessig die Sirenen mit dem Heulton „Warnung der Bevoelkerung“ probeausgeloest – Laien sagen auch „Katastrophenalarm“ dazu. Vier Mal im Jahr macht das die oertliche Leitstelle, zwei Mal im Jahr gibt es landesweite Probeausloesungen, die letzte war gestern.

Und wer meinen Rant in diesem Artikel ueber die antiquierte Bevoelkerungswarnung per Sirene und die Traegheit der Katastrophenschutzbehoerden bei so furchtbar modernen Dingen wie dem Internet nicht so recht glauben schenken wollte, kann sich mal folgendes Video der oertlichen Zeitung ansehen, wie ernst die Neu-UlmerInnen den Heulton nahmen, der sie im Ernstfall vor unmittelbarer Gefahr warnen soll.

Ueber Micromanagement

Ich vergleiche die operative Arbeit in Teams (vor allem im studentischen Umfeld, angefangen von Erstsemestereinfuehrungen bis zu Uniparties) gerne mit dem, was wir so bei der Feuerwehr gelehrt bekommen — Gruppengroesse, Fuehrungsstruktur, Kommunikation, es gibt genuegend Analogien. Und es ist erstaunlich, wie schnell man anhand der dort gemachten Erfahrungen erkennt, wer gut fuehren kann und wer nicht.

Man kann diese Erkenntnisse natuerlich immer wieder aufs Neue gewinnen, indem man irgendetwas gegen die Wand faehrt. Das ist spektakulaer, das bleibt im Gedaechtnis — bis nach so etwa vier Jahren die naechste Studigeneration an der Reihe ist, ihre eigenen Fehler zu machen 😉

Man kann sich aber auch an historischen Beispielen orientieren:

It was in Vietnam that the centralization of control reached its apex, with the White House dictating bombing targets and division and brigade commanders playing „squad leader“ in the sky.“ We reached a condition in which the chain of command was in a state of dysfunction. I have always maintained that a chain of command must function from the bottom up as well as from the top down — with every squad leader making squad leader decisions and reporting to his platoon leader, „Here’s what I found, here’s what I did, and here’s why I did it.“ When squad leaders have someone telling them not only what to do but also how to do it, they stop being leaders, and so do platoon leaders and company commanders. Initiative is stymied, and decision making is replaced by waiting to be told. Combat action becomes tentative, and military action bogs down.

In Vietnam many low-level commanders were subject to a hornet’s nest of helicopters carrying higher commanders calling for information, offering advice, making unwanted decisions and generally interfering with what squad leaders and platoon leaders and company commanders were trying to do. There is no more effective way to destroy the leadership potential of young officers and noncommissioned officers than to deny them opportunities to make decisions appropriate for their assignments.

Auch wenn man sich mit friedlicheren Dingen beschaeftigt: Die Lektion sollte sitzen. (Siehe auch Commander’s Intent)

(via)

Subways of North America

Der letzte XKCD ist wunderbar — vor allem, wenn man schon mit mehreren der genannten Transitsysteme gefahren ist und sich ausmalt, wie man mit den (farblich korrekten!) Linien haette fahren koennen, wenn das stimmen wuerde. Koennte man wirklich mit fuenf Halten von ORD nach OAK fahren, haette ich das gemacht. Dauert dann ja selbst per U-Bahn laenger, als nach SFO zu kommen, vor allem, wenn man eigentlich nach Civic Center will 😀

Langsam laeufts an

Seit eineinhalb Wochen gibt es nun offiziell die Soll-Fahrplandaten von den Stadtwerken unter freier Lizenz, und langsam faengt auch die Adaption und Integration in anderer Leute Werkzeuge an. Stefan Wehrmeyer hatte ja noch am Abend des VBB-EntwicklerInnen-Nachtreffens den Datensatz beantragt und Mapnificent entsprechend erweitert; mittlerweile hat auch Knut aus Berlin sein Werkzeug umgebaut, mit dem er die Haltepunkte aus dem GTFS-Feed mit den Haltepunkten in der OpenStreetMap vergleicht. Damit einhergehend kam auch gleich der erste Bug Report zum Feed, den ich heute mittag auch gleich loesen koennte — der bisherige Transformationswerkzeugkasten ist ein wenig codierungsagnostisch, so dass versehentlich UTF-8-codierte Zeichen in ASCII-Textdateien landeten.

Ein weiteres kleines Werkzeug habe ich aus der Ergebnispraesentation des VBB-EntwicklerInnen-Nachtreffens mitgenommen, das auch schnell auf Ulm adaptiert war: Analog zu Mapnificent eine Erreichbarkeitskarte, die Kreise mit waehlbarem Radius um Haltepunkte zeichnet und so anzeigt, wie „erreichbar“ der Nahverkehr in der Stadt ist. 800 Meter (der vorgegebene Wert aus Berlin) umfassen gleich quasi ganz Ulm, interessanter waere da die Abbildung des ganzen DING-Verbunds — die Daten hab ich zwar schon lange, aber leider nicht unter freier Lizenz 😉

Ein weiterer Kritikpunkt sowohl von Mapnificent als auch dieser Erreichbarkeitskarte ist ihre… begrenzte Aussagefaehigkeit (um den Begriff „Unsinnigkeit“ zu vermeiden :D). Konzentrische Kreise bilden quasi nie die Gehdistanz von/zu einem Haltepunkt ab. In einer typischen US-amerikanischen Planstadt waeren Rauten passender, in typischen europaeischen Staedten sieht es meist von Haltepunkt zu Haltepunkt anders aus. Hier mal eine Karte mit tatsaechlichem Fussgang-Routing zu bauen, das waer mal was 😉