Das Problem mit Nicht-so-ganz-open-Data

Vorbemerkung: Wer mit tatsaechlich vorhandenen offenen Daten spielen und etwas machen mag, sei herzlich eingeladen: Am Samstag, 23. Februar, ist Open Data Day, und Ulm gehoert zu einigen wenigen Staedten, in denen an diesem Samstag gehackt wird. Bonustrack: Open Access an der Uni Ulm. Mehr auf ulmapi.de!

Alle reden, keiner tut’s. Oder so aehnlich. Wenn man mit offenen Daten aus Regierungshand zu tun hat, kommt man sich oft vor wie eine kaputte Schallplatte — oder als wuerde man eine hoeren. Von den Daten, die offizielle Stellen erheben und sammeln, sind die wenigsten in irgendeiner Form verfuegbar, und selbst diejenigen, die es sind, sind selten „offen“.

Die SZ titelt „Lasst endlich Daten sehen!“, und spricht mir aus der Seele. Zu langwierig sind die Prozesse hinter Open Government in Deutschland, zu halbherzig die Ergebnisse. Juengstes Beispiel ist das Datenportal des BMI, govdata.de, das zwar nun endlich ein bundesweites Portal fuer Regierungsdaten darstellt, aber nicht ohne Grund kein „Open“ vor dem „Government Data“ stehen hat. Fuer dessen Daten hat sich Fraunhofer FOKUS eigens eine selbst ausgedachte „Datenlizenz Deutschland“ gebaut, die eine vollstaendig eigene, zu etablierten Lizenzen wie Creative Commons oder ODbL inkompatible Inselloesung darstellt und sich dazu noch den Vorwurf unsauberer Formulierung machen lassen muss. Die ausfuehrliche Version findet sich in einer gemeinsamen Erklaerung auf not-your-govdata.de. (Dass das System vom „Ansturm ueberlastet“ war, ist zwar peinlich, aber nicht kriegsentscheidend, lieber Fefe.)

Leider dreht man sich in Deutschland aber immer in denselben Spiralen. Kultureinrichtungen koennen ihre Schaetze nicht unter freier Lizenz bereitstellen — weil sie nicht den Haushalt bekommen, den sie brauchen, sondern von ihnen erwartet wird, ihn sich mit Lizenzierungsgebuehren auszubauen. Was dazu fuehrt, dass sich die staedtische Oeffentlichkeitsarbeit fuer die offizielle Facebookseite Ulms Archivbilder beim staedtischen Archiv im wahrsten Sinne des Wortes einkaufen muss. Anstatt den einen Topf ordentlich zu befuellen, damit alle etwas davon haben, wird intern umgetopft. So ist das in der Verwaltung eben. Und ueber Vermessungsaemter reden wir jetzt am besten gar nicht erst.

Lorenz Matzat zieht ein eher ernuechtertes Fazit:

 

In meinen Augen geht es um die Themen Macht und Herrschaft: Also darüber, wer gesellschaftliche Regeln festlegen und dann auch durchsetzen kann. Neben dem Gewalt- spielt das Informationsmonopol dafür eine zentrale Rolle. Dass das Internet hier als „Gamechanger“, als „Disruptor“ auftritt ist mittlerweile eine so banale Feststellung, dass es mir fast weh tut, sie aufzuschreiben. Trotzdem ist Dynamik um und der Ruf nach Open Government inklusive Open Data eben Ausdruck davon.

Dieser Ruf wird verhallen. Das ist mein Fazit. Weil er ausgesessen werden wird. In den Verwaltungen und mit ihnen verzahnten Parteistrukturen ist das Phänomen des Selbsterhalts von Institutionen so ausgeprägt, dass ein radikales Konzept wie Open Data (als wichtiger Bestandteil von OpenGov) – wenn es nicht ignoriert werden kann – weichgespült werden wird. Da wird auch ein “Kulturwandel” wenig nützen, weil es einen Wandel bzw. eine deutliche Fortentwicklung des gesamten jetzt bestehendem politischen Systems bräuchte.

Den gesamten Text zu lesen lohnt, nicht zuletzt der Links rund um die Debatte wegen. Ebenso seinen zweiten Text zu den Entwicklungskosten, und was man eigentlich fuer 150.000 EUR stattdessen alles haben koennen haette.

Allein: Ja, auch ich bin nicht mehr so enthusiastisch, wie ich es 2010/2011 war. „Uphill Battle“ trifft es recht gut. Aber da gibt es dann wieder so Momente, in denen ich zufrieden laecheln muss. In denen das Schlachtfeld zumindest lokal wieder schoen aussieht. In den naechsten Tagen kommt hoffentlich ein Datensatz online, fuer den ich lange gefochten habe, und wenn alles glatt geht, unter einer hervorragenden Lizenz. Und ich kann auch nicht verhehlen, so ein bisschen viel stolz zu sein. Darueber, dass die „neuesten Datensaetze“ auf govdata.de allesamt aus Ulm sind — und dass sie unter cc-by-Lizenz stehen.

Manchmal ist Ulm halt doch ganz okay. Danke in Richtung Rathaus an Lucia und Konsorten — ihr koennt was, und wir wissen, was wir an euch haben 🙂

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