Archiv für den Monat: Juni 2012

Mit dem Rad zur EM 2012

Der geschaetzte Andreas Rother alias @fischkippe, der sich (zusammen mit Lu Haslauer) unter anderem fuer die Papst-Neuvertonung beim ZDF verantwortlich zeigte, ist seit gut zwei Wochen mit einem Kumpel von Berlin nach Kyiw unterwegs, das sie am 30. Juni erreichen wollen. Und der Herr Rother ist mir noch sympathischer geworden, nachdem er auf ziemlich die Art und Weise reist, wie sie mir gefaellt: In diesem Fall auf alten, klapprigen Raedern, unter Tarps am Weichselstrand naechtigend, immer wieder den Elementen trotzen muessend.

Ich weiss, was es fuer ein Stress ist, sowohl zu reisen als auch davon zu berichten — deswegen Hut ab, und lest seine Berichte 🙂

Science: Jetzt mit Puder

Dies ist das offizielle Video der EU-Kampagne „Science: It’s a Girl Thing!“.

Wer sich mit wissenschaftlichen Publikationen um das Thema Gender vor allem in Bezug auf die MINT/STEM-Faecher beschaeftigt (die hier offenkundig eine Rolle spielen sollen), koennte beispielsweise ueber D.E. Betz and D. Sekaquaptewa: “My Fair Physicist? Feminine Math and Science Role Models Demotivate Young Girls” (in: Social Psychology and Personality Science, 4/2012) stolpern. Das Paper ist ausserhalb von Unis mit sauteurem Sagepub-Abo leider nur gegen Kohle verfuegbar, wer’s lesen will… klopfe mal. Auszug aus dem Abstract:

Women in science, technology, engineering, and mathematics (STEM) are labeled unfeminine, a costly social label that may discourage female students from pursuing these fields. Challenges to this stereotype include feminine STEM role models, but their counterstereotypic-yet-feminine success may actually be demotivating, particularly to young girls. Study 1 showed that feminine STEM role models reduced middle school girls’ current math interest, self-rated ability, and success expectations relative to gender-neutral STEM role models and depressed future plans to study math among STEM-disidentified girls. These results did not extend to feminine role models displaying general (not STEM-specific) school success, indicating that feminine cues were not driving negative outcomes. Study 2 suggested that feminine STEM role models’ combination of femininity and success seemed particularly unattainable to STEM-disidentified girls. The results call for a better understanding of feminine STEM figures aimed at motivating young girls.

Weiter:

Feminine STEM role models were least motivating to girls who
already disliked STEM. In Study 2, these girls saw feminine
STEM role models’ success as especially unlikely, perhaps
because they already saw STEM as an unlikely pursuit (Oyser-
man & Fryberg, 2006). Rather than opening these girls’ minds
to new possibilities, the feminine STEM role model seemed to
shut them further. This result echoes stereotype threat’s ability
to make people prefer the safe and known over the risky and
unknown, whether by inducing prevention focus (Seibt & For-
ster, 2004) or inhibiting new problem-solving strategies (Carr
& Steele, 2009).

Wer hier ueber „Stereotype Threat“ gestolpert ist: Hier wird davon ausgegangen, dass Menschen ein Bedrohungsgefuehl verspueren, wenn sie befuerchten muessen, auf Basis negativer Vorurteilen bewertet zu werden oder glauben, durch ihr eigenes Verhalten ein negatives Vorurteil ueber eine (ihre) Gruppe zu bestaetigen, ohne das zu wollen. Fuer die uulm-Studierenden: Die Arbeitsgruppe Keller hat das als Forschungsschwerpunkt. Auf reducingstereotypethreat.org wird das Thema beleuchtet und Gegenstrategien vorgestellt.

Die Frage ist nun, wie mit diesem Problem umgegangen wird. Die Informatik verliert Jahr fuer Jahr faehige, begabte Menschen (und zwar nicht nur weiblichen Geschlechts) von vorneherein, weil das anhaftende Bild des sozial unfaehigen Nerds immer noch unseren Eindruck von ihr praegt. Resultat: Eine selbsterfuellende Prophezeiung (vgl hierzu auch Cheryan, Plaut, Davies & Steele, 2009: “Ambient Belonging: How Stereotypical Cues Impact Gender Participation in Computer Science”). Und wenn Frauen sich weniger fuer MINT interessieren, wenn zuvor Ziele wie Attraktivitaet und Begehrtheit Maennern gegenueber aktiviert wurden (siehe auch), dann gibt das schon zu denken.

Jedenfalls sollte es zu mehr Nachdenken fuehren, bevor man Puder, Lippenstift und High Heels als Werbebotschaft fuer mehr Frauen in der Wissenschaft ins Feld ziehen laesst. Die Kommentare sprechen gluecklicherweise fuer sich.

(Dieser Beitrag zitiert wissenschaftliche Arbeiten, erhebt aber selbst nicht einmal annaehernd einen Anspruch von Wissenschaftlichkeit. Er ist vielmehr entsetzt schnell zusammengekloeppelt worden.)

Linkschleuder

Datenjournalismus, OpenData &c.

Genderpopender

Der Untergang von Nokia

Ich habe leider den Linkgeber vergessen, weil der Tab einige Tage offen wartete, von mir gelesen zu werden. Dieser Artikel mit dem passenden Namen „The Titanic Deck Chairs Moment“ ist lang, aber ultimativ lesenswert. Er beschreibt, wie Nokia in Person von CEO Stephen Elop in den letzten Jahren quasi alles falsch machte, was man falsch machen kann.

Before the Elop Effect there was no ’strength‘ that Android or Apple had in retail. You walked into any telecoms retail store on the five continents where Nokia did well […] and there were stacks of Nokias and the retail staff ran at you to sell you.. a Nokia! Nokia was famous for dominating the retail environment. Not just competitive, dominating it. This was regularly listed as one of Nokia’s biggest strengths, when analysts wondered, how could Nokia, with clearly older technology smartphones on Symbian, outsell Apple by 2 to 1, and Samsung by 3 to 1 globally? Yes, that is true. As recently as 18 months ago, Nokia was outselling Apple iPhones – I mean yes, Nokia smartphones, Nokia Symbian based smartphones – were outselling all iPhones by 2 to 1. More than 2 to 1 in fact. And all Samsungs by 3 to 1.

Seltsame strategische Entscheidungen und Personalumbesetzungen. Windows-Phones und die oeffentliche Ankuendigung, Skype toll zu finden (was die Netzbetreiber voellig vorhersehbar nicht toll fanden). Und nun dazu: Massive Entlassungen. Der Artikel bemaengelt explizit die Schliessung des Standorts Ulm, und damit den Abschied von alternativen Handset-Betriebssystemen.

The layoffs in some offices including closing Ulm in Germany means the end of the Meltemi project and the end of the Linux and open source dream at Nokia. Meltemi was the sister OS platform to MeeGo, as a Linux based smarpthone operating system, but designed for ultra low cost handsets, to help Nokia migrate from S40 and S30 based ‚featurephones‘ to smartphones, in the under 40 Euro/50 US dollar price range. This is a price point where Windows Phone cannot reach.

Lange Lektuere, aber lesenswert.

Reaktorkonferenz

Neben der Silvester-KIF 2010 in Wien war vergangene Woche nun die dritte „offizielle“ Konferenz der Informatikfachschaften, auf der ich war — an meiner Heimatuniversitaet Ulm 🙂

Letztes Jahr in Hamburg hatten sich einige FINnies spontan auferlegt, die kif 40.0 hier in Ulm ausrichten zu wollen, was im Laufe des Jahres zu einigen internen Verstimmungen fuehrte. 2004 war das wohl in Ulm ganz anders gelaufen: Die OrganisatorInnengruppe wuchs umso enger zusammen, je naeher die KIF rueckte — und wollte danach quasi nichts mehr miteinander zu tun haben. Dieses Mal war es quasi andersherum — was im Endeffekt auch ganz gut so war 😉

Juka und ich hatten noch auf der KIF in Hamburg angekuendigt, nur operativ kurz vor und waehrend der Konferenz selber dabei zu sein — und je naeher die Veranstaltung kam, desto schwieriger wurde es fuer mich, auf der Orgamailingliste querzulesen, da ich staendig zwischen „Mist, das geht in die Hose“ und „Nein, du mischst dich da nicht ein und schreibst denen vor, wie sie zu arbeiten haben“ schwankte. Dann kam die Veranstaltungswoche, und mir ist mehr denn je bewusst, wie froh wir eigentlich ueber unsere saucoole Uni und die saucoolen Studierenden hier sein koennen.

Da war neben Orgareferent (und FINnie) Krieger auch noch Orgareferentin (und Medizinerin) Undine da und grillte mit, und baute Pavillions auf, und fuehrte die Leute durch die Gewoelbe der Uni.

Und da war mal eben fast die ganze KIF lang Flo vom AStA-Anlagenreferat da und fuhr dem spaetabendlichen „AK Schlechte Splatterfilme schauen“ mit dem Kommentar „Die Boxen in den Seminarraeumen sind zu schlecht fuer das, was ihr vorhabt“ mal eben „die kleinsten Boxen, die ich auf die Schnelle gefunden habe“ samt Verstaerker und Mischpult in das Forschungsgebaude O29. Mit merkbaren Folgen.

Oder, dass man auch abends vor dem Feiertag noch jemandem beim kiz erreicht, um die Sache mit dem fehlenden WLAN zu fixen. Generell: Wir sind ja gewohnt, dass wir hier als Studierende eigene DECT-Geraete einbuchen und benutzen koennen, aber fuer viele andere wirkte das alles andere als selbstverstaendlich. Oder, dass wir Gartenliegen und Stuehle in der Wiese vor der Uni stehen haben. Oder, dass wir dicke Grills von FIN und FS-ET benutzen konnten. Oder, dass Undine dann noch mal eben die AStA-eigene Eiswuerfelmaschine anwarf und wir einen riesigen Container voll davon fuer Cocktails, Smoothies, das Ewige Fruehstuecksbuffett und Getraenke benutzen konnten.

Ueberhaupt, das Buffett. Anfangs sah das alles ein wenig unordentlich aus. Dann kam Bene und mischte alles auf. Mit Gurkentierchen. Oder Apfelvoegel. Oder Honigmelonenhaifischen. Frischem Ananassaft. Smoothies. Dekoobst. Kam gut an 🙂

Ich hatte dann noch ueber Nacht eine Stadtfuehrung zusammengezimmert und einen zweistuendigen Rundumschlag von der ehemaligen BTX-Leitzentrale ueber Einstein, Muenster, Rathaus, Weinhof, Schiefes Haus und Donau bis Bundesfestung gegeben, bevor eine gar nicht so kleine Gruppe das Muenster bestieg. Auch das gefiel wohl.

Und noch eine Stadtfuehrung gab’s von Juka und mir: Anstatt (vernuenftigerweise) frueh nach Hause zu gehen und tags drauf nach Friedrichshafen zum BarCampBodensee zu fahren, liess ich mich dann doch noch zur Kneipentour breitschlagen. Auch die… wirkte 😉

(Ich merke gerade, die Vielzahl der „ernsten“ AKs geht irgendwie in den abgedrehten vollkommen unter…)

Aber, ja, es gab ernste Arbeitskreise. Nach welchen Anstellungs- und Arbeitszeitenmodellen InformatikerInnen beispielsweise kuenftig arbeiten wollen. Oder die altbekannte Genderdiskussion aus dem Abschlussplenum in einen separaten AK zu verlagern. Spoiler: Klappte nicht, weil gerade diejenigen, die am lautesten rumzupoebeln anfangen, wenn die Diskussion aufkommt, sich am wenigsten wissenschaftlich mit dem Thema auseinandersetzen wollen.

Ansonsten: Wie man Konflikte zwischen Fachschaften und Hochschulleitung bzw. Profs loesen kann; wie man effizient Lerngruppen organisiert; den Dauerbrenner Zivilklausel — die meisten AKs habe ich wegen eigener Arbeit nicht einmal mitbekommen.

Das machte jedenfalls wieder Lust auf mehr. Irgendwie wirkt das immer wie ein Barcamp, nur ohne den ganzen SEO- und Vermarktungsmist. Und mit mehr Unfug.