Opas Krieg

Der Großvater sagt: »Goebbels hatte ja einen Klumpfuß und hinkte. Und da haben wir immer gesagt: Lügen haben kurze Beine.« Der Enkel liest die Briefe der Großeltern. 1943, Wollt ihr den totalen Krieg? »Ich bin auch so froh und glücklich über die Reaktion, die diese Rede bei Dir hatte«, schreibt die Großmutter. »Genau wie Du, Lieber, habe ich gefühlt, dass diese große Rede […] für unser Schicksal von weittragender Bedeutung ist!«

Der Großvater sagt: »Da habe ich nichts von mitgekriegt.« Gemeint sind die verbrecherischen Wehrmachtbefehle, Juni 1941, Überfall auf die Sowjetunion. Der Enkel geht ins Archiv, 79. Infanteriedivision. Er kommt zu dem Schluss: »Offenbar hat mein Großvater erheblich mehr gesehen und gewusst, als er [später] einzugestehen bereit war.« Eine Zeit lang sei er sogar selber derjenige gewesen, der zu entscheiden hatte, ob gefangene Rotarmisten sofort erschossen werden oder nicht.

 

Zeit Online beleuchtet den Weg des Historikers Moritz Pfeiffer, der die muendlichen Aussagen seines 2006 verstorbenen Grossvaters mit den historischen Fakten abglich und ein Buch darueber schrieb (Amazon-Partnerlink; ISBN 3943425029). Fazit: Opa mag nicht der einzige gewesen sein. Aber er war ein Nazi. Lesenswert.

Es gab noch andere, die entschieden, wer erschossen werden sollte. Vierer Ulmer Opfer der NS-Militärjustiz wird morgen an den alten Schiessstaenden gedacht:

  • Reinhold Bürkle (erschossen am 18.2.1942)
  • Jakob Eckstein (erschossen am 17.3.1945)
  • Kurt Henne (erschossen am 17.3.1945)
  • Richard Stemmle (erschossen am 21.3.1945)

Zitat aus dem begleitenden Flyer:

Zeichen setzen im 21. Jahrhundert… für jene Soldaten, die sich zwischen 1939 und 1945 dem nationalsozialistischen Angriffskrieg verweigerten – und die hierfür in Ulm von der NS-Militärjustiz verfolgt
und inhaftiert, zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden.
Jahrzehntelang fanden die Deserteure und „Wehrkraftzersetzer“ kein ehrendes Gedenken. Auch in Ulm blieb ihnen eine öffentliche Anerkennung verwehrt.
Nach heftigen Auseinandersetzungen um ein Deserteur-Denkmal in den späten 1980er/frühen 1990er Jahren sollte dies erst ein Gedenkbuch aus dem Jahr 2011 ändern.
Auf seiner Grundlage wurden – auf Initiative Ulmer Bürgerinnen und Bürger und mit Unterstützung der Stadt Ulm und des Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg Ulm
e.V. – 2012 Informations- und Gedenktafeln an den historischen Tatorten angebracht

Die Tafeln werden am morgigen 8. Mai 2012 im Rahmen der Gedenkfeier ab 1800 Uhr eingeweiht. Treffpunkt ist die Bushaltestelle „Schiessstaende“ beim Eingang zum Botanischen Garten im Lehrer Tal.

Ein Gedanke zu „Opas Krieg

  1. Rolf A. Piro

    Was ein Enkel und Zeitzeuge zum Opas Krieg von Moritz Pfeiffer zu sagen hat

    Als neun-jaehriger Junge hatte ich mit meinem Grossvater und meiner Mutter die Flaechenbombardierung von Stuttgart waehrend den drei Tagen vom 26.-bis 29. Juli 1944 miterlebt. Wir sind im Wagenburg Tunnel von Stuttgart gewesen, der damals als Luftschutzbunker fuer die Bevoelkerung gedient hat. Meiner Schaetzung nach sind dort zu der genannten Zeit nicht weniger wie 2,000 Leute gewesen, die den Luftangriff mit seinen schreckenden Ausmassen aehnlich wie die der Nagasaki Bombardierung miterlebt hatten. Die Zeit im Luftchutzbunker hat vielen der anwesenden Leuten einen Gedankenstoss gegeben, die Frage nach der Ursache vom Krieg zu stellen. “Warum wir eigentlich einen Krieg haben”. Bei den Gespraechen die Opa gefuehrt hatte war ich sehr aufmerksam dabei als unter den anwesenden Personen der gezielte Handelskrieg der Allierten gegen Deutschland erwaehnt wurde, dem eine hoche Schuld fuer das Elend der horrenden Arbeitslosigkeit gegeben wurde. Den Leuten damals war es begreiflich, dass von allierter Seite dem demokratischen Prozess entgegengesteuert wurde um einen Diktatur zu schaffen der als Zielscheibe fuer einem Krieg gegen Deutschland dienen kann. Oftmals vom Chef der Britischen Propaganda Sefton Delmer bestaetigt. Das war fuer mich die Erklaerung warum es eine grosse Begeisterung fuer den Nationalismus gegeben hat, denn ohne diese Handlung haette es keinen Diktator gegeben und die Demokratie haette eine Chance gehabt viel Unheil zu vermeiden.
    Als Zeitzeuge find ich es zuwider, wenn besonders heute in der Nachkriegszeit von der jungen Generation und den Medien keine Anstrengungen gemacht wird trifftige Punkte dieser Art in eine Diskussion mit einzubeziehen. Die Medien sind heute mehr wie je gefordert Klarheitdie auf einer ausgewogene Geschichtsforschung bestehen kann zu berichten und auf einer moralisch vertretbaren Stufe bestehen kann. Das Buch Opas Krieg muss, wenn die Wissensvermittlung das Primaerziel ist.viele Aenderungen machen.

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