Datenflut – Vortrag bei twenty.twenty in Wien – 21.03.2012 from datenjournalist.de on Vimeo.
Als ich vor zwei Jahren bei der grossen Ulmer Zeitung ein Praktikum in der Onlineredaktion machte, verfiel ich in ein typisches Informatikerverhalten. Mir fiel auf, dass ein nicht unerheblicher Teil der Arbeit aus prinzipiell automatisierbaren Teilaspekten bestand, und innerlich drehten die Muehlen, die das irgendwie scripten wollten. Beispielsweise wurde der Polizeibericht, sobald er per E-Mail eintraf, sowohl von der Onlineredaktion als auch von Print jeweils gelesen, in der Regel umgeschrieben, in das jeweilige Contentmanagementsystem befoerdert und veroeffentlicht.
Nach hinreichend vielen Semestern Informatikstudium reicht das fuer einen inneren Aufschrei und einen kaum zu baendigenden Willen, dieses System zu automatisieren.
Geschafft habe ich das damals nicht, aber ich habe mir wenigstens einige Seiten festgehalten, mit deren Hilfe ich damals ein wenig in die Welt des Datenjournalismus eingestiegen bin.
Fast forward: Zwei Jahre spaeter, und wir sind eigentlich immer noch nicht bahnbrechend weiter als 2010.
Ich glaube, es gibt recht viele Journalisten, die entweder Angst vor Daten haben oder aus irgendwelchen Gründen glauben, eine Analyse sei nicht nötig. Sie glauben, dass die traditionellen Wege der Berichterstattung immer schon richtig waren und das das auch so bleiben sollte. Das ist für mich eine Sünde des falschen Handelns. Auf der anderen Seite gibt es das Problem, dass in vielen Redaktionen die Existenz bestimmter Werkzeuge, Techniken oder Möglichkeiten einfach nicht bekannt ist. Von den zwei Gründen der Nicht-Nutzung ist das die besonders tragische Auslassung
sagt Aron Pilhofer im Interview mit Tereza Bouza, dessen deutsche Version der in dieser Thematik beinahe allgegenwaertige Lorenz Matzat in seinem Blog veroeffentlicht hat.
Der Einstieg ist dabei denkbar einfach — damals stiess ich auf grosse Begeisterung, als ich eine einfache Flash-Timeline zu einem Thema vorschlug, die mit wenigen Zeilen Code eingebunden werden konnte. Flowingdata ist eine schoene Anlaufstelle fuer Inspiration zu Visualisierungen jeglicher Art, und wer tiefer einsteigen moechte, findet bei Florian Gossy eine umfassende Linkliste.
Trotzdem werde ich immer wieder ueberrascht, wie abweisend mit dem Thema umgegangen wird. Es mag an der Mathematik liegen, die oft gefordert wird, oder an dem mehr oder (eher) weniger grossen Programmieraufwand, aber oft habe ich den Eindruck, dass man nicht so recht Lust hat, sich ueberhaupt mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Beim kommenden OpenCityCamp im Mai hier in Ulm war von Anfang an der Plan, sich auch mit Datenjournalismus auseinanderzusetzen, und dementsprechend war das auch Teil der Pressemitteilung der Universitaet, die zu meiner Freude auch in diversen oertlichen Medien aufgegriffen wurde.
Wenn wir aber dann kurz auf die Moeglichkeit verwiesen, doch auch als JournalistIn am OpenCityCamp teilnzunehmen, gab es bislang nur Kopfschuetteln: Das sei ja am Wochenende, und wenn man da nicht vom Arbeitgeber freigestellt werde, gehe ja die Freizeit drauf. Mehr als dass meine da schon laengst fuer draufgeht, konnte ich dann auch nicht mehr entgegnen…
(eingebettetes Video ebenfalls von Lorenz Matzat)
Addendum, beinahe vergessen: Bei der Spreerunde gibt es Aufzeichnungen der NR-Tagung Datenjournalismus. Fuer diem, die’s dann vielleicht doch interessiert.
Du sprichst mir wahrhaft aus der Seele.