Woher Politikverdrossenheit kommen und wohin sie fuehren koennte

Hat eine Weile gedauert, bis ich das Video endlich mal in voller Laenge sehen konnte — und ich moechte es gerne teilen.

In D ist der gesamte wirtschaftliche Zuwachs der vergangenen 20 Jahre statistisch gesehen ausschließlich bei den Beziehern von Kapitalerträgen und Unternehmensgewinnen gelandet, während die Arbeitnehmer real und netto auf dem Stand von 1991 blieben. Weil aber viele hoch Qualifizierte heute natürlich mehr Einkommen haben, heißt das, dass erhebliche Teile der Bevölkerung seit Jahren mit schrumpfenden Einkommen auskommen müssen.

Gleichzeitig häufen sich in einem ganz kleinen Teil der Bevölkerung sich immer größere Vermögen an. Heute besitzen in D 10% der Bürger. 2/3 des gesamten
Anlagevermögens. Knapp 1% der Erwerbsbevölkerung, also 650.000 Menschen, besitzen ein Viertel. Und selbst diese Zahl ist noch irreführend, weil auch selbst genutzte Immobilien eingerechnet sind, also Oma ihr klein Häuschen ist auch dabei. Rechnet man das heraus, sind die Werte sogar noch deutlich höher.

Das ist keineswegs nur Problem der Gerechtigkeit, sondern auch massives volkswirtschaftliches Problem: Denn diese Vermögen und die Einkommen daraus dienen nicht dem Konsum, sie erzeugen keine Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen. Stattdessen steigt unablässig die Nachfrage nach Finanzanlagen und so ist die Vermögenskonzentration selbst eine wesentliche Ursache für die Aufblähung der Finanzindustrie und der damit produzierten Krise

[…]

Während die Minderheit der Vermögenden über ihren Besitz an Kapital immer größere Macht anhäufen, breitet sich in der übrigen Gesellschaft die Angst vor dem Abstieg aus. Und das führt überall zur selben Konsequenz:

Wer sich von Ausgrenzung bedroht sieht, trachtet seinerseits nach Ausgrenzung der noch schwächeren und der Fremden.

Kaum etwas ist politisch so explosiv wie die Ausbreitung von Statusängsten. Denn diese verunsichern die Menschen in ihrer Identität, in ihrer Vorstellung über ihren Platz in der Gesellschaft.
Dann suchen sie nach Absicherung nach unten, und das geht nun mal am ehesten über die Abwertung anderer. Beinahe automatisch greifen darum mit wachsender sozialer Spaltung Rassismus und der Ruf nach Abschottung gegen das böse Ausland um sich. Nicht die Armut selbst ist eine Gefahr für die Demokratie, aber umso mehr die Angst davor.

Dies ist eine historische Konstante, die über alle Zeiten und Kulturen hinweg gilt:

Wachsende Ungleichheit stärkt unvermeidlich die irrationalen politischen Kräfte.

 

(Harald Schumann – Wirtschaftliche Macht und Demokratie / Transcript / via Jens Scholz)

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