Der Kauf der Steuer-CD ist fuer mich ein Armutszeugnis

Warum? Weil sie gestohlen wurde, in der Absicht, sie gewinnbringend zu veraeussern. Ginge es dem Datendieb um die idealistische Vorstellung, dem deutschen Staat zu helfen, haette er sie ja Wikileaks zukommen lassen koennen. Oder per Einschreiben an das BMF schicken. Nein. Hier geht es um persoenliche Bereicherung.

Natuerlich ist die Aussicht, tausende Steuerverbrecher auf diese Art und Weise dingfest machen zu koennen, verlockend. Ebenso verlockend ist aber auch die Aussicht, tausende Wohnungen, Privatkonten und Tagebuecher von beliebigen Leuten zu durchsuchen, von denen „man“ ja weiss, dass sie Dreck am Stecken haben muessen — aber ganz ohne konkreten Verdacht, richterliche Anordnung und dergleichen. Heraus kaeme bestimmt etwas. Auch bei all denen, bei denen sich Polizei und Justiz jahrelang die Zaehne ausgebissen haben, ohne etwas zu erreichen. Rechtsstaatlich ist das aber nicht mehr.

Dass sich ein freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat gewisse Schranken auferlegt, sorgt bisweilen dafuer, dass Kriminelle ungeschoren davonkommen. Das ist aber kein Argument gegen diesen Rechtsstaat — diese Schranken schuetzen letztlich die Rechte einer unbescholtenen Allgemeinheit, die in ihrer Gesamtheit zumindest meiner Ansicht nach schwerer wiegen, als die nicht ausgeuebte Gerechtigkeit im Falle einzelner Verbrecher.

Im konkreten Fall tut diese Abwaegung sicher weh. Aber man substituiere gedanklich einfach mal „Kauf von Diebesgut“ mit „Folter“. Mir reicht das.

6 Gedanken zu „Der Kauf der Steuer-CD ist fuer mich ein Armutszeugnis

      1. Pascal

        Naja, ein Grundprinzip unseres Staates ist eben auch die Sozialstaatlichkeit und die steht zwar unter Umständen in einem Spannungsverhältnis, aber zunächst eben auch gleichberechtigt neben der Rechtsstaatlichkeit.
        Ich kann deine Argumentation grundsätzlich ja nachvollziehen und finde sie auch schlüssig, aber die Rechtsstaatlichkeit als einzigen Maßstab zu nehmen und sie damit zum alleinigen Primat der Politik zu machen, finde ich zu kurz gegriffen.

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          1. Pascal

            Puh, gute Frage. Ich weiß es nicht. In diesem Fall war es wohl die Bundeskanzlerin und die zuständigen Ministerien. Aber klar, allein mit rechtlichen Maßstäben kommen auch die da nicht weit. Auch wenn das irgendwie unbefriedigend ist.
            Ich jedenfalls würde es nicht entscheiden wollen.

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        1. Andreas Krey

          Tendenziell ist der Sozialstaat aber in die Rechtslage eingearbeitet, und dort sind die Konflikte eher derart, daß der Staat etwas leisten müßte, was von Rechts wegen nicht erforderlich ist. (Paßt sinnigerweise auch auf den vorliegenden Fall: Der Staat muß dem Klauer kein Geld geben, sondern eigentlich sogar verhaften. Nur im Gegensatz zum Klauer bekommt der Staat von einem extralegal alimentierten Obdachlosen keine CD als Dankeschön.)

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