Archiv für den Monat: Dezember 2009

T2, Technische Hilfeleistung, mittel

Ich hasse Gaffer.

Die Sache mit dem absichtlichen Geisterfahrer auf der BAB7 duerfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Wir wurden dazugerufen, weil zunaechst nicht klar war, auf welcher Fahrspur und in welcher Fahrtrichtung das Ganze passiert ist — die Verwirrung angesichts des Falschfahrers tat wohl ihr uebriges — so dass letztendlich die zustaendigen Feuerwehren aus beiden Fahrtrichtungen an der Einsatzstelle eintrafen, was im Nachhinein angesichts der noetigen Materialschlacht auch kein Fehler war.

Als dann irgendwann herauskam, dass der Unfallverursacher offenbar mit suizidaler Absicht in den Gegenverkehr gefahren war, gab das hochgezogene Augenbrauen bei den Einsatzkraeften. Erst zwei Tage vorher waren wir zu dem gerufen worden, was die Eisenbahner „Fremdberuehrung“ nennen und was bei der Feuerwehr — genau wie der Unfall auf der A7 — unter T2, Technische Hilfeleistung, mittel faellt. Zwei Suizide innerhalb von 48 Stunden, die auch dementsprechend aussehen, das nimmt auch erfahrene Einsatzkraefte mit.

Gaffer dagegen scheinen sich zu freuen.

Der gemeine Gaffer horcht auf, wenn er irgendwo Blaulicht sieht. „Da muss was passiert sein, schauen wir mal“. Eigentlich kann ich einem das gar nicht veruebeln, ich war auch mal so. Auch im Einsatz. Man will ja schliesslich sehen, weswegen man eigentlich gerufen wurde. Und irgendwann kommt dann bei vielen so ein Einsatz, nach dem man sich zukuenftig in dieser Hinsicht eher ein wenig zurueckhaelt. Gab’s auch bei mir.

Seither schaue ich mir nur noch an, was ich auch unbedingt sehen muss, um meinen Job zu machen. Wenn man einen konkreten Auftrag hat, ist das sowieso am besten, dann ist ein Patient ein Patient, und man denkt neben der Arbeit nicht viel drueber nach. Wenn man gerade nichts zu tun hat, schaut man sich dann am besten nach einer Arbeit um, und ansonsten ist es kein Fehler, dem Geschehen vorne einfach mal den Ruecken zuzudrehen und Gaffer abzuwimmeln. Bei Bahnsuiziden kommen sie „zufaellig“ spazieren, auf der Autobahn sitzen sie in ihren Autos und schauen mit offenen Augen und Muendern durch die Seitenscheibe, anstatt zuegig an der Engstelle vorbeizufahren. Einer hatte heute den Nerv, beinahe bis zum Stillstand abzubremsen und seine Digitalkamera aus dem Fahrerfenster hochzuhalten, um einen Schnappschuss mitzunehmen.

So etwas nervt mich tierisch. Aber die Gefahr, dass mich das irgendwann in den kommenden Tagen am Einschlafen hindert, ist dann doch deutlich geringer, als wenn ich mich umdrehen und dieses Bild auf mich wirken lassen wuerde, dass sich einem bietet. Wenn man in der Situation naemlich gerade nichts zu tun hat — so wie das ist, wenn man wartet, bis der Kriminaldauerdienst seine Arbeit abgeschlossen hat — kommt man ins Gruebeln. Wer das war, warum er das getan hat, und wie das wohl die Angehoerigen aufnehmen? …Nein.

Deswegen gibt es bei schweren Einsaetzen die Witzchen, die fuer einen Aussenstehenden furchtbar brutal klingen muessen. Und deswegen machen wir auch „das“ weg, und nicht „den“, ob das Anke Groener und Lars Reineke nun passt oder nicht. Natuerlich sind das Menschen, denen es furchtbar ging, und die voller Verzweiflung den vermeintlich letzten Ausweg waehlten. Wenn ich aber so tue, als seien sie’s nicht, wenn ich mich darueber aergere, warum sie „nicht ein bisschen ruecksichtsvoller sterben konnten“, geht’s wenigstens mir ein wenig besser. Kein Mensch, nur eine T2, Technische Hilfeleistung, mittel.

Ankes „Fresse, Idiotenbande.“ leite ich dann gerne an diejenigen weiter, die mir unterstellen, dass ich das doch abkoennen muesse, wenn ich den Job schon mache. Ich kann gerne mit ihnen tauschen. Oder mit den Gaffern.

Nachtrag: Link hinzugefuegt, sonst versteht in einem Jahr keiner mehr, worum es ging.

Neuer Lesestoff

In den letzten Wochen bin ich gar nicht dazu gekommen, dieses Buch ausreichend zu loben und empfehlen, also muss ich das wohl jetzt endlich nachholen: Auf netzpolitik.org wurde vor ewigen Zeiten auf Bootstrapping Complexity hingewiesen, das ein Remix des Buches „Out of Control“ ist. Und das sei so gut geworden, hiess es, dass sogar der Originalautor Kevin Kelly davon begeistert sei.

Also habe ich zum ersten Mal ein Buch komplett auf dem Bildschirm gelesen, und weil ich das meistens beim Pendeln tat, dauerte es etwas laenger als die sonst ueblichen wenigen Tage. Der Empfehlung Kellys kann ich mich aber nur anschliessen: Bootstrapping Complexity beleuchtet auf beeindruckende Weise, wie selbst-organisierende Systeme funktionieren koennen. Angefangen von Schwarmintelligenzen bei Bienen (und Menschen), ueber das Problem, wie man eine Savanne nachbauen soll, ohne zunaechst zu wissen, welche Zutaten man in welcher Reihenfolge dazu benoetigt, hin zu evolutionaeren Computeralgorithmen und der Frage, wann Maschinen echte Intelligenz als emergentes Verhalten zeigen koennen geht die Reise, und ich fuerchte, dass ich das ganze Buch mindestens noch einmal lesen muss.

Falls also jemand fuer das neue Jahr noch nichts vorhat: Haut rein 🙂

Was der Lieblingsautor ueber einen aussagt

Ich arbeite gerade so ganz langsam meine Feeds auf, die in den letzten Wochen vor lauter Anwendungsfach, RTMI10 und O27-Party ziemlich liegen geblieben sind. Das meiste ist mittlerweile sowieso „Reddit from two weeks ago“, wie @d33r sagen wuerde, weswegen ich nicht noch einmal darauf hinweisen muss, aber ueber die beiden Artikel hier musste ich herzlich lachen:

Einmal, wie man Leute anhand ihrer Lieblings-Indie-Bands kategorisieren kann. Auszug:

Sufjan Stevens
People who believe in two things: Jesus and Juno.

The Yeah Yeah Yeahs
Girls who bought checkered sneakers in the 8th grade.

Radiohead
Everyone.

Inspiriert wurde das ganze von einem Artikel, den ich noch lustiger fand: Was der Lieblingsautor ueber jemanden aussagt. Einen einzigen Lieblingsautoren habe ich nicht, aber wenn man das aufteilt, sollte ich wohl ein enge Jeans tragender, bondage-, scotch- und Amazon-Kindle-liebender, selbst Orwell-Fans bei Verschwoerungstheorien uebertreffender und luegender Geek sein, der eine drittklassige Medizin-Uni besucht, irgendwann im Marketing enden wird und der bei Gespraechen mahnend ins Bein gezwickt wird, wenn jemand anders beim Essen etwas vollkommen Laecherliches und Falsches sagt. (Am lustigsten finde ich die Sache mit der drittklassigen Medizin-Uni. Haha.)

A propos Inspiration, die brauche ich dann wohl auch ueber Weihnachten noch. @b_erb meinte zwar, dass das aktuelle RTMI10-Paper ja ohnehin nur der Entwurf sei, ich haette aber trotzdem nich schlampen, sondern stattdessen tatsaechlich sechs Seiten inklusive der Grafiken einreichen sollen, anstatt es bei 4,4 Seiten zu belassen und die Grafiken einfach im Endentwurf nachzureichen. Der rote Faden fliesst ohnehin nicht so, wie ich das wollte, und die Arbeiten, die ich als Reviewer bekommen habe, sehen zum Teil deutlich besser aus als das, was ich eingereicht habe. Schauen wir mal, was meine Reviewer an Verbesserungen vorschlagen.

PS: Ich wuerde gerne ein via an die Musikliste dranschreiben, habe aber nicht die leiseste Ahnung, woher das urspruenglich kam. Der Fluch des tabbed browsing.

Von Zukunftsvisionen und verbindenden Highways

Die mit viel Leidenschaft innerhalb des Netzes gefuehrte und ausserhalb quasi vollkommen ignorierte Debatte ueber Schirrmachers juengstes Buch habe ich eigentlich nur irritiert-amuesiert vom Spielfeldrand aus beobachtet. Erstens, weil ich „Payback“ noch gar nicht gelesen hatte (und mich wundert bis heute, wie schnell das die Kritiker schafften), hauptsaechlich aber deswegen, weil das argumentative Widerlegen eines deutschlandweit bekannten Feuilletonisten zwar definitiv auf meiner Bucket-List, auf der Prioritaetenliste aber erstmal hinter ein paar anderen Sachen steht. Ihr wisst schon, Studium und so. Und als ich dann endlich Zeit hatte, war ohnehin schon alles gesagt, nur eben noch nicht von allen, und da muss ich mich eigentlich auch nicht mehr einmischen.

Seinen Artikel ueber das „Schwellenjahr 2010“ in der FAZ habe ich hingegen gelesen, und zwar mit Freude. Erstens, weil in dem Text keine Donnerpfeile gegen die generell boesen Entwicklungen der Moderne aus einem mit Haekeldeckchen versehenen Elfenbeinturm geschleudert werden, sondern Schirrmacher durchaus tiefgehende Ahnung von dem zu haben scheint, ueber das er schreibt. Ob die zu 100% von ihm selbst stammt, oder ihm bei manchen Passagen jemand beistand, ist dabei eigentlich nebensaechlich.

Zweitens, weil er mich zum Nachdenken ueber Zukunftsvisionen gebracht hat. Die zeichnen sich ja in der Regel dadurch aus, dass wir alle schon im Jahr 2000 mit fliegenden Atomraketenautos durch die Welt haetten fliegen muessen und fuer uns moderne Leute des Atomraketenautozeitalters immer ein wenig laecherlich wirken. Sie liegen aber im Kern selten verkehrt, wenngleich sie einfach auf ganz andere Art und Weise Realitaet wurden, wie man sich das damals vorgestellt hatte.

Bei Star Trek begibt man sich in ein Holodeck, um an alten Autos herumzuschrauben oder Sherlock Holmes zu spielenVirtual Reality also, das, an dem seit Jahren herumgeforscht wird, ohne dass man der Zukunftsvision des ganz normalen Holodecks naeher gekommen waere. Zu Recht bezeichnet Schirrmacher das als „Uebergangsbegriff“:

Das Jahr 2010 könnte das Jahr sein, in dem der immer blasser gewordene Begriff „virtual reality“, der Übergangsbegriff des letzten Jahrzehnts, endgültig verlöschen wird. Die Brücke zwischen virtueller und wirklicher Wirklichkeit bricht gerade hinter uns zusammen, kaum dass wir den ersten Fußtritt ins neue Jahr gesetzt haben. Es ist ganz anders gekommen als gedacht. Die Menschen treten nicht mit Cyberhelmen und digitalen Handschuhen bewaffnet in ein Paralleluniversum des zweiten Lebens ein. Wir sind, wo wir auch sind, im Netz.

Stattdessen also Augmented Reality? Alternate Reality Games gibt es bereits, und das allgegenwaertige Netz koennte sogar das bislang doch eher arg nerdige LARP einer breiten Masse zugaenglich machen. Aber E-Mail war schliesslich auch mal nur etwas fuer Nerds.

Abschliessend: Nochmal eine ausdrueckliche Leseempfehlung fuer den FAZ-Artikel, und das Video einer ganz anderen Zukunftsvision, erdacht vor ueber 51 Jahren in den Disney-Studios, ueber die Highways der Zukunft:

Okay okay, das mit den Turbinenautos hat ebensowenig stattgefunden wie die Erfindung des Massen-Atomautos, und die Idee einer vollkommen zersiedelten Landschaft ist im ersten Moment fuer uns eher erschreckend.

Mich erstaunt aber doch, wie viele der aufgezeigten Ideen heutzutage tatsaechlich Alltag sind, wenngleich eben in ganz anderer Form, als man sich das damals vorstellen konnte. Und wer den Schluss uebermaessig pathetisch findet, der substituiere gedanklich einfach mal „Highway“ durch „Information Highway“ und schaue sich das nochmal an. Aha-Moment garantiert.

PS: Bin ich der einzige, dem das Gesamtdesign des Films so ueberragend gut gefaellt? Allein schon die Architektur des Einkaufszentrums… ich liebe diesen Stil!

Audiofunde

Ich kann kaum glauben, dass das nun schon wieder so lange her ist: Vor fast auf den Tag genau einem Jahr waren Raimar und ich nach einer Air-Canada-Odyssee in Montreal angekommen und hatten natuerlich auch gleich die Stadt erkundet. Neulich bin ich wieder mal auf die vielen Audioschnipsel gestossen, die ich immer wieder einmal mitgeschnitten hatte, und unter anderem auf folgenden Mitschnitt aus dem Weihnachtskonzert, das wir vor 366 Tagen in der Altstadt Montreals gehoert hatten:

STE-028

Bisherige Versuche, das Stueck zu identifizieren, waren vergebens — neulich habe ich aber genau diese Melodie im Vorbeigehen auf dem Roggenburger Weihnachtsmarkt gehoert, die sollte also auch in Deutschland bekannt sein. Falls das also irgendjemandem bekannt vorkommt, bitte melden 🙂

Die Idee, Audio aufzunehmen, habe ich uebrigens von Caroline geklaut, die damals[tm] so ziemlich ueberall Minidisc-Recorder und SM58 dabei hatte, um im den Nationalparks, auf der Fahrt, abends am Zeltplatz und eigentlich ueberall ein paar Soundbites zu sammeln. Und es gibt kaum etwas tolleres, als nach mittlerweile viereinhalb Jahren die Kopfhoerer aufzusetzen, die Augen zu schliessen und einfach noch einmal vier Minuten lang „Stille“ im Bryce Canyon anzuhoeren. Das ist noch einmal eine ganz andere Liga als Bilder oder Videos…

Party-Un(i)kultur

Jetzt ist auch die O27-Party vorbei, und damit das Jahr, in dem ich bei fuenf von sieben offiziellen Parties einen Org- oder Edelhelferausweis abbekommen habe. Und ich ueberlege mir ernsthaft, in Zukunft nur noch Edelhelfer zu machen — denn so kaputt wie gestern morgen nach 24 Stunden durchgehender Arbeit war ich bislang noch auf keiner Party.

Aber vielleicht waren da ja auch nur ein paar der Gaeste schuld.

Es ist einfach und billig, anderen in die Schuhe zu schieben, wenn etwas nicht passt. Aber irgendwie verliere ich gerade den Glauben daran, dass es noch etwas bringt, so viele Parties an der Uni zu machen. Auf der KIF hatten wir festgestellt, dass Ulm in der Hinsicht eine herausragende Position einnimmt: Wenn an anderen Unis gefeiert wird, dann vielleicht ein oder zwei Mal jaehrlich irgendwo an der Uni, ansonsten extern in Clubs. In Ulm feiern dagegen die vereinigten BECI-Fachschaften (BECI-Fruehlingsfest), Chemiker (Chemikerfasching), Wirtschaftsmathematiker (Viva La Wima), Mediziner (Physikumsparty), E-Techniker (O27) und als Einklang fuer die Erstis bzw. als kroenenden Sommerabschluss die StuVe/AStA (FUESE-Party und SoNaFe), und zwar alles direkt an der Uni und zu vergleichweise krassen Preisen.

Im Klartext heisst das also, man bekommt bis zu sieben Mal im Jahr zu laecherlichen Preisen (ab 3 EUR) eine Party mit in der Regel zwei DJs, Bier- und Cocktailbars zu ebenfalls kaum vergleichbaren Preisen, ner Garderobe fuer nen Euro, bei Ankunft bis 2200 Uhr in der Regel ein Freigetraenk, und eigentlich jedes Mal eine verdammt gute Stimmung auf der Party. Und weil der Fussmarsch vom oberen Eselsberg nach Mitte halt ne halbe Stunde dauert, geben die Orgs noch einmal gut 1000 Euro fuer Nachtbusse aus, damit auch moeglichst alle gut nach Hause kommen.

Und was macht eine gefuehlt gar nicht so kleine Menge der Leute? Meckern.

Keine Vorverkaufskarten mehr? Meckern. Hey, wir brauchen unbedingt noch Helfer, kannst dich eintragen, dann kommst kostenlos rein. „Pffff.“

Gutschein bis 2200 Uhr, sowieso allgemein echt billige Getraenke? Nae. Lieber zuhause ordentlich vorgluehen und dann alle zusammen mit den letzten Bussen hoch an die Uni fahren. Und wenn daraufhin 100 Leute vor der Tuer stehen und halt realistischerweise nicht alle auf einmal abgefertigt werden koennen? Meckern. „Warum koennen wir uns da drueben nicht auch anstellen?“ — Weil der Flaschenhals beim Einlass ist, und es vollkommen egal ist, wie breit die Schlange wird. Aber nein, werf ruhig die Bauzaeune um, prima Idee.

Drei Nachtbusabfahrten, von denen die letzte erfahrungsgemaess ziemlich voll ist? Einfach den letzten Bus abwarten und fuenf Minuten vor planmaessiger Abfahrt zur Garderobe gehen, wo man sich mit den anderen rangelt, die dieselbe Idee hatten. Das dauert ja lange, was macht man dann? Meckern! Wenn man dann eine Viertelstunde nach Abfahrt der letzten Busse an die Haltestelle kommt, beschimpfe man die dortigen Orgs, weil man fuer 3 EUR — also ganze 1,30 EUR mehr als eine SWU-Einzelfahrt! — ja wohl erwarten kann, dass noch mehr Busse herbeigezaubert werden, wenn noch 20 Leute in die Stadt wollen.

Mann.

Wenn ich das jetzt noch einmal lese, klingt das verdammt verbittert. Und klar, die Motzer, die einem die Laune verderben, sind meistens weniger als 50 Leute, von insgesamt weit ueber 1000 Partygaesten. Aber es macht mich halt doch ein wenig nachdenklich, wenn ich darueber nachdenke, dass es einerseits immer schwieriger wird, Helfer auch fuer die weniger beliebten Schichten zu finden (von drei(!) eingetragenen Abbauhelfern ist eine(!) tatsaechlich erschienen), man aber andererseits gefuehlterweise immer haeufiger dumm angepflaumt wird oder astronomische Ansprueche an eine Party gestellt werden, bei der man am Ende fuer 20 EUR mit zertanzten Haaren, einer Leberkaesesemmel und einem ordentlichen Rausch am Freitag morgen im Nachtbus nach Hause fahren kann.

Wenn die Parties an der Uni irgendwann einmal flach fallen sollten, weil sich nicht mehr genuegend Helfer finden und auch die Orgs keinen Bock mehr auf solche Scheisse haben, bleiben naemlich nur noch die „Uni“-Parties in der Stadt, bei denen man zu marktueblichen Preisen in den marktueblichen Locations eine marktuebliche Party hat, deren einzige Verbindung zur Uni der Name auf dem Plakat und die Handvoll „freischaffender“ Studenten sind, die dafuer Werbung machen und hinterher ihren Anteil einsacken, um ihn in unbekannten Kanaelen zu versenken. Und das ist eigentlich keine Alternative.

Wie man einen Vortrag nicht haelt

Wer mich kennt, weiss, dass ich wie ne Dampfmaschine funktioniere: Unter Druck arbeite ich am besten und am liebsten; ist der Druck weg, pfeif ich nur vor mich hin und lunger in der Gegend rum. Bloed wirds, wenn der Druck unvorhergesehen steigt — so geschehen in der vergangenen Woche, weshalb hier auch nichts von mir zu hoeren war. Einerseits war zusammen mit Cookie und Benni eine Literaturkritik fuers Anwendungsfach zu schreiben (der Reportage-Rucksack, der langsam Formen annimmt), andererseits hat mich Marcus so lange genervt, bis ich zugestimmt hatte, einen Vortrag ueber das Urheberrecht zu halten.

Beides zusammen haette ich ja vielleicht sogar noch hinbekommen, wenn nicht dazu noch der Buergermeister meiner Heimatgemeinde nach kurzer, aber schwerer Krankheit gestorben waere. Dass die Sache unheilbar ist und er vermutlich Weihnachten nicht mehr ueberleben wuerde, war schon vorher abzusehen — dass es dann gegen Ende so schnell ging, hatte aber kaum einer gedacht. Fuer uns als Feuerwehr bedeutete das Protokolldienst: Gebaeude auf Halbmast beflaggen, Traueranzeigen der Kommandos und der Foerdervereine, einen Nachruf schreiben, und auch das Begraebnis selbst mit vorbereiten. Zu meinem grossen Unmut gab es als Resultat daraus einige Vereinsvertreter (ich werde weder Namen noch den Verein nennen), die es als „Vordraengen“ der gemeindlichen Feuerwehren sahen, dass diese die Totenwache, Spalier und Sargtraeger stellten. Man wuerde diesen Leuten dann ja gerne erklaeren, dass die Feuerwehr eben nicht der Fussballverein (ups), sondern eine gemeindliche Einrichtung ist, die da gerade ihren offiziellen gesetzlichen Dienstherren zu Grabe traegt, aber irgendwie bleibt da immer der Eindruck, dass man das genauso gut sein lassen koennte.

Wie dem auch sei.

Jedenfalls fuehrte das alles dazu, dass ich die letzten acht oder neun Tage nicht mal mehr dazu kam, den Feedreader zu lesen, sondern mir nur noch Passagen in Papers anstrich und Materialien fuer den Vortrag sammelte. Und letztlich lief es darauf hinaus, dass ich eben genau das alles nicht tat, was ich normalerweise vor einem Vortrag zu machen pflege: Ich habe mir nicht den kompletten Text inklusive aller Ueberleitungen vorher schriftlich skizziert, damit er sitzt. Ich hatte nicht spaetestens 24 Stunden vorher alle Unterlagen fertig, so dass ich den Vortrag ein- oder zweimal durchsprechen und unsaubere Passagen ausfeilen konnte (Ja, in der Hinsicht bin ich normalerweise Kontrollfreak). Und ich hatte nicht alle Folien ausgedruckt greifbar, so dass ich das letzte Viertel des Vortrags quasi im Blindflug absolviert habe. Wenn Marcus nicht so viel Werbung gemacht haette, waere das auch einigen Leuten weniger aufgefallen, aber so waren gut 25 Leute im 2203, bei denen ich mich jetzt nochmal fuer die schlechte Vorbereitung entschuldigen muss. Normalerweise sieht das bei mir besser aus 😉

Wie das besser geht, steht unter anderem in Presentation Zen (20 EUR), das ich fuer den Einstieg sehr empfehlen kann, und das meinem aesthetischen Empfinden sehr entspricht: Keine Bullet Points, Folien als Gedankenstuetzen und nicht als Script.

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Und weil ich direkt im Anschluss nach der verwendeten Schriftart und den Piktogrammen gefragt wurde: Der Font ist die freie Fontin Sans von exlijbris, bei denen es auch noch viele weitere schicke freie Schriften gibt (hat schon jemand die Calluna ausprobiert? Die sieht ja auf den ersten Blick extrem sexy aus…). Die Piktogramme kommen aus der Pictorial Communication Language (PICOL), die unter by-sa-Lizenz steht. Schrift und Piktogramme stehen in sehr hellem Grau (irgendwo zwischen 3 und 5%) oder Gelb auf einem grauen Farbverlauf. Mir taugt das sehr gut als Standardvorlage, und das ist auch mal was anderes als das hellgrau-rot-schwarzgrau, zu dem ich sonst oft neige 😉