Die Streisand, die sie riefen

Addendum: Nachtrag zum Markenrecht, Schutzklassen und warum abgemahnt werden “muss” — ganz am Ende.

Noch ein Nachtrag: @shirtissimo hat mich auf eine zweite Markenanmeldung hingewiesen, siehe unten.

Markenrecht ist schon etwas interessantes. Jack Wolfskin hat beispielsweise unter der Registernummer 1049489 eine Bildmarke fuer ihr Tatzenlogo angemeldet und deswegen auch schon die taz abgemahnt, weil die ein Handtuch (Nizza-Klasse 25) mit ihrer nicht-angemeldeten taz-”Tazze” bedruckt hatten, obwohl die eigentlich aelter ist als die JW-Tatze. Ging dann auch vor Gericht und gab viel Bohai, und seit ich das weiss, kaufe ich auch bei JW nix mehr, obwohl die wirklich  brauchbare Arbeitshosen haben. Einkauf ist eben immer auch Sympathiesache.

Die letzten Sympathien hat sich JW wohl nun durch die Abmahnung von Dawanda-Mitgliedern verscherzt. Dawanda ist sowas wie das deutsche Etsy: Leute naehen, basteln Zeugs und verkaufen es dann auf der Plattform. Hab ich nie genutzt, find ich aber nett. Und genau dort gab es wohl Leute, die Bekleidung mit — festhalten — Tatzen bedruckt haben. Glitterkatzentatzen beispielsweise. Und waehrend ein Markeninhaber rechtlich die Pflicht hat, gegen Verwaesserung seiner Marke vorzugehen (da sonst Verwirkung und was weiss ich drohen), sehen offenbar viele nicht ein, warum die betroffenen Dawanda-Nutzer nun rund 1000 EUR Abmahnkosten tragen muessen.

Da stelle ich mir mal wieder die Frage: Egal ob Jako, Jack Wolfskin, der DFB — sind die wirklich alle so bloed, oder tun die nur so? Duerfte mittlerweile nicht auch der letzte erkannt haben, dass es verdammt kontraproduktiv ist, einzelnen Leuten dicke Abmahnsummen aufzubrummen? Weil sich das herumspricht, andere empoert sind, in Kommentaren zur Unterstuetzung aufgerufen wird, der Werbeblogger mit seinem Anstoss gebenden Artikel seit gestern abend wegen massiven Ansturms down ist und nach dieser Aktion vermutlich nicht nur ich keine JW-Artikel mehr kaufen werde.

Das war eine rhetorische Frage. Nein, haben sie nicht. Wir duerfen gespannt bleiben, wann das Cluetrain-Manifest endlich auch beim Rest der Welt ankommt.

Nachtrag: Die Sache mit den Nizza-Klassen

Weil ich in manchen anderen Blogs Behauptungen sehe, JW koenne einen abmahnen, wenn man irgendwo was tatzenartiges besaesse: Nein, so einfach ist das nicht. JW hat die Bildmarke fuer die Nizza-Klassen 20, 21 und 25 die Bildmarke urspruenglich fuer die Nizza-Klassen 20, 21 und 25 angemeldet, 2005 gab es nochmal eine zweite Markenanmeldung fuer die Schutzklassen 1, 3, 9, 18, 21, 22, 24, 25, 27, 28, 35, 41 und 42 (whew, danke fuer den Hinweis an @shirtissimo). Von diesen Klassen gibt es ganze 45, und bei einer Markenanmeldung kann man sich beliebig viele davon heraussuchen (wenn man das denn begruenden kann). Drei gibt’s zum Einheitspreis, alles darueber hinaus kostet nochmal extra.

Jack Wolfskin darf also exklusiv sein Tatzenlogo u.a. auf Moebel, Zelte, Planen, Segel, Kleidungsstuecke, Schuhe und Huete drucken — und das war’s seit 2005 unter anderem auch auf Impraegniermittel, Waschmittel, Zahncreme, Laptopcases, Lederwaren, Rucksaecke, Bergstoecke, Geschirr, Badewaesche, Matten, Spiele etc.

Die taz darf (trotzdem) weiterhin ihre tazze auf der Website und in der Zeitung abdrucken, weil diese Bildmarke zwar nicht angemeldet ist, aber “durch die Benutzung […] im geschaeftlichen Verkehr […] innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben hat” (§4 MarkenG). Das Problem trat also auf, als die taz ein Handtuch mit der tazze verkauft hat — das faellt offenbar in die Klasse 25, in der JW einen Markenanspruch hat.

Die Crux ist, dass ein Markeninhaber irgendetwas tun muss, falls jemand anders seine geschuetzte Marke verwendet — auch bei aehnlich aussehenden Marken. Falls naemlich ein Markeninhaber die Verwendung solch einer anderen, aehnlichen “Marke” fuenf Jahre in Folge duldet, kann er die Verwendung dieser juengeren Marke nicht mehr untersagen (§21 MarkenG). Dass die Art und Weise, wie das geschah, reichtlich bescheuert ist, brauchen wir wohl nicht weiter eroertern.

Und noch ein Nachtrag: Nein, Jack Wolfskin kann weder mir noch sonst jemandem verbieten, mir eine Tatze auf den Parka zu malen. Nur verkaufen darf ich ihn dann nicht.

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