Warum ich keiner Wahlprognose traue

Ich finde es ja immer wieder erstaunlich, wieviel Bedeutung der Sonntagsfrage beigemessen wird. Auch bei Infostaenden wird immer wieder gefragt, bei wieviel Prozent die Piraten denn in Umfragen laegen (aktuell weist nur die INFO GmbH im Auftrag des Handelsblatts die Piraten separat aus, dort liegen sie bei 2%)

Ich habe mich ein wenig in die Umfrageerhebung eingelesen — und gebe seither keinen Cent mehr auf die Werte. Ich hatte nie Statistik hoeren muessen, bin aber ueber eine kleine Einfuehrung ueber die Repraesentanz von Stichproben gestolpert. Bei einer Stichprobe von 1000 Befragten laesst sich mit 95%er statistischer Sicherheit eine Genauigkeit von ±3% erreichen. Wenn die Union in der Sonntagsfrage also bei 37% liegt, heisst das tatsaechlich, dass die Union mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% ein Wahlergebnis zwischen 34 und 40% einfahren koennte, wenn am naechsten Sonntag Bundestagswahl waere.

Diese Rahmenbedingungen bedeuten aber auch, dass sich das Umfrageergebnis bei gleichbleibender Stimmung in der Bevoelkerung von einer Woche zur naechsten um 6% veraendern koennte — schon alleine wegen der Methodik, mit der die Auswahl der Umfrageteilnehmer getroffen wird. Alle mir bekannten Umfrageinstitute suchen sich zufallsgesteuert Teilnehmer aus dem Telefonbuch, die nun telefonisch befragt werden. Diese Zufallsziehung fuehrt zu bisweilen erheblichen Lotterieschaeden, wie man auch selbst per Computersimulation ermitteln kann.

Deswegen werden die Umfrageergebniss offenbar ausgehend von der letzten Bundestagswahl fortgeschriebendenn die sind in den letzten 20 Jahren immer relativ konsistent geblieben. Die aergsten Ausreisser waren der Regierungswechsel 1994–1998 (CDU −5,8%, SPD +4,5%), der SPD-Wahlabsturz 2005 (−4,3%) und die FDP 1994 (−4,1%) . Man glaubt also den eigenen Zahlen nicht, sondern stuetzt sie auf vergangene Ergebnisse, und versucht Meinungsumschwuenge zu erkennen.

Was das alles heisst? Dass ich der Sonntagsfrage relativ gleichgueltig entgegen sehe. Denn wenn die Piraten dort bei 2% liegen, heisst das nichts anderes, als dass sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% am 27. September ein Wahlergebnis irgendwo zwischen 0 und 5% einfahren werden.

Und das haben wir auch vorher schon gewusst.

PS: Es macht mir derzeit einen riesigen Spass, auf allerlei Wahlumfragen immer die Partei anzukreuzen, die ich nie im Leben waehlen wuerde. Macht es mir nach! :)

Addendum: Mehr zur Droge Demoskopie bei Michael Spreng.

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