Archiv für den Monat: Juni 2009

State of Play kann man schon ansehen

Normalerweise kommen in der Sneak ja in der Regel Filme, die irgendwann in ein paar Wochen anlaufen. State of Play kam am Montag, und morgen laeuft er schon an. Und ja, man kann sich den schon ansehen:

Wer sich gerne ueber die Darstellung von Internet und Blogs und was dazugehoert in Filmen lustig macht, wird auch dieses Mal auf seine Kosten kommen. Nix besonders peinliches oder doofes, aber die dargestellten Website- und Block-Mockups sind schon gaaaaanz tief aus der Klischeekiste gegriffen.

Wer leidender Journalist ist und so einen richtig geradlinigen, tollen, unbeugsamen Journalisten auf der Leinwand bewundern moechte, wird Russel Crowe gebannt am Bleistift haengen. (Keine Metapher.)
Teilweise etwas arg dick aufgetragen, aber nett.

Und wer Zeitungsdruckereien faszinierend findet, der findet den Abspann bestimmt genauso toll wie ich. Irgendwie wie in „The Wire“ (ja, ich bin Fan. Ja, ich bin einen Sommer lang jeden Morgen frueher aufgestanden, um taeglich vor der Uni eine Folge sehen zu koennen).
Nachteil: Man muss sich vorher durch einige Laengen kaempfen. Aber das ist schon verschmerzbar. Solides Popcornkino eben.

Bei den Ruhrbaronen gibts dann auch ein schoenes Klischeedialog-Zitat Online vs. Print.

Angenehme Ueberraschungen

Gestern mit einem ueber 50jaehrigen ausgesprochenen Nicht-Computernutzer ueber die Piraten geredet. Ich hatte ihn vor einer Woche um eine Unterstuetzerunterschrift gebeten, er hatte abgelehnt, weil er sich nicht ausreichend informiert fuehlte.

Gestern, wie gesagt, lange Unterhaltung ueber Politik allgemein und wann es einer neuen Partei oder politischen Stroemung bedarf, um die etablierte Politik zu beeinflussen. Sein Fazit, grinsend ausgesprochen: „Frueher, da waren die Gruenen fuer die anderen komplette Spinner. Und heute sagt sogar die CSU von sich, sie sei gruen. Von daher… viel Glueck.“

Es geht los.

Die E-Petition ist die erfolgreichste in der Geschichte des deutschen Onlinepetitionswesens, und trotzdem scheinen die Netzsperren beschlossene Sache zu sein.

Na gut.

dann gibt es eben auch in Deutschland einen groß angelegten Online-Wahlkampf mit Tausenden, die sich mit Kreativität politisch engagieren und die sich mit technologischen Werkzeugen einmischen, dabei aber über Twitter und Blogs hinaus wirken.

(Alexander Svensson)

Es geht los. Seid dabei.

twitter_nss

Warum man in Ulm mit Verspaetung streikt

Es waere jetzt einfach, mit Fingern zu zeigen.

Beispielsweise auf AStA und StuVe der Uni Ulm, die sich in den vergangenen Monaten intensivst mit Hausordnungen, Plakatierregeln und Geschaeftsordnungen beschaeftigt haben, waehrend der Posteingang des — seit zwei Jahren unbesetzen — Aussenreferats mit Aufrufen zur Beteiligung am bundesweiten Bildungsstreik unbeachtet ueberlief.

Man koennte auch auf die Schueler, besser gesagt die SMVen der Ulmer Schulen zeigen, denen das alles zum groessten Teil grob gesagt am Arsch vorbei ging. Alleine die SMV des Anna-Essinger-Gymnasiums war gleichermassen begeistert wie bei jedem der extrem kurzfristig anberaumten Planungstreffen dabei. Im Kepler-Gymnasium, frueher die Planungszentrale fuer Schuelersturm und was weiss ich, begegnete man uns dagegen groesstenteils mit Irritation nach dem Motto „was geht uns das an?!“.

Die Schulleitungen sind ein Thema fuer sich. Am TG, wo ich Abi gemacht habe, und das ich bisher fuer einen Hort der Liberalitaet gehalten habe, hat der Fachabteilungsleiter anscheinend jegliches Engagement und jegliche Werbung fuer den Bildungsstreik verboten. Ich werde ihn demnaechst beim Ehemaligentreffen einmal darauf ansprechen, wie er darauf kommt, die Versammlungsfreiheit seiner durch die Bank nicht mehr schulpflichtigen Schueler einschraenken zu koennen.

Ja, und nicht zuletzt kann und muss man den anklagenden Finger auf das Ulmer Planungskommittee richten, im Klartext Bene und mich. Uns zwei, die binnen dreier Wochen alles komplett auf die Beine zu stellen koennen glaubten. Die nicht gleich von Anfang an demoerfahrene Mitorganisatoren ins Boot geholt haben, um die Arbeit zu verteilen. Die auch nicht die Schulen und Elternverbaende rechtzeitig informiert haben. Und die zunaechst zu zoegerlich vorgegangen sind.

So werden nun in der kommenden Woche Bilder unzaehliger Aktionen zu sehen sein, aus Universitaetsstaedten der ganzen Bundesrepublik. Nur Ulm wird wieder einmal nicht dabei sein.

Vorerst.

Denn waehrend ich fuer einen Exit war, solange man noch heil rauskommt, ohne sich mit einer Demo mit 50 Studenten zu blamieren, kamen aus unerwarteten Richtungen neue Mitstreiter. Bene hat sich noch einmal mit vollem Eifer in die Sache gestuerzt, und so wird die Ulmer Beteiligung eben mit ein wenig Verspaetung kommen: In der 29 KW (13-17.Juli)

Wer sich beteiligen oder informieren moechte: Die passende StudiVZ-Gruppe „Bildungsstreik 2009 – Ulm ist dabei“ und die Mailingliste bildungssstreik_09 auf dem uulm-Listserver.

Eine Infoveranstaltung wird es am 22. Juni geben — genaueres kommt noch ueber die Mailingliste und die svz-Gruppe.

Interessenskonflikt

Die Weitergabe von Schlüsseln oder elektronischen Schließberechtigungen [ist] nur mit ausdrücklicher
Erlaubnis gestattet.

So steht es in Artikel 4, Absatz 2 des Hausordnungsentwurfes fuer die uulm. Mein Studierendenausweis ist so eine Schliessberechtigung fuer den Ausseneingang und mehrere Raeume innerhalb der Uni, und diesen Absatz hatte ich gerade im Hinterkopf, als ich dem heute besonders genauen Fahrscheinkontrolleur in der Bahn meinen Studiausweis nicht in die Hand geben bzw. ihn nicht loslassen wollte.

Da er aber offenbar auch ohne seine Finger lesen konnte, musste ich ihm das nicht erklaeren. Auf die Diskussion waere ich gespannt gewesen.

Runter von den Elfenbeintuermen!

Ich muss nochmal den Artikel von (der?) ennomane aufgreifen, in dem er dazu auffordert, endlich auch mal tatsaechlichen Kontakt zu „den Menschen da draussen“ aufzunehmen:

Der zentrale Gedanke: Wir bloggen und twittern im Elfenbeinturm und sind dabei ganz mit uns selbst beschäftigt . Wir müssten Begegnungen mit den Menschen da draußen herbeiführen, und genau das geschieht momentan nicht.

Die Sache mit dem Elfenbeinturm duerfte spaetestens seit dem Wahlsonntag bewiesen sein. Ginge es nach der deutschen Twittersphere, haetten die Piraten ueber 50% der Stimmen eingefahren — ein Ergebnis, nach dem sich selbst die scheinbar uebermaechtige CSU heutzutage die Finger lecken wuerde.

Das Problem ist: Wir fuehlen uns in diesem Elfenbeinturm scheinbar so wohl, dass wir lieber unsere Gedanken in Tweets und Blogeintraegen ausdruecken und davon ausgehen, dass unsere Nachbarn sie denn schon finden werden, sofern sie sich dafuer interessieren sollten.

Das ist schlichtweg falsch.

Vor ein paar Jahren bin ich mit Kollegen nach einigen Bierchen ins Sinnieren gekommen. „Politik wird am Stammtisch gemacht“ war eine der Aussagen, die dort fielen, und es duerfte mit die kluegste des Abends gewesen sein. (Die restlichen sind ueberwiegend nicht jugendfrei und werden deswegen hier nicht wiedergegeben.)

Politik wird am Stammtisch gemacht. Dort, wo die Leute sitzen. Ihr wisst schon. Das Volk. Das ist natuerlich Unsinn. Das Volk geht nicht zum Kartenspielen in der „Sonne“. Aber Herrn P., Herrn G. und Herrn L. trifft man dort.

Und so habe ich Herrn und Frau P. getroffen. Und Herrn L., Herrn und Frau M., und einige andere. Bei Familie P. sass ich abends im lockeren Plausch im Garten. Es ging um den glaesernen Buerger, wo wir doch viel besser einen glaesernen Staat haben sollten. Um Netzneutralitaet. Und Urheberrechte.

Zwei Tage spaeter habe ich das noch einmal wiederholt. Mittlerweile habe ich 27 Unterstuetzerunterschriften fuer die Zulassung der bayerischen Piratenliste fuer die Bundestagswahlen in der Mappe, das feste Versprechen fuer mindestens neun weitere Unterschriften, und einige Ueberraschungen erlebt. Einige, von denen ich fest mit Unterstuetzung gerechnet hatte, wollten sich nicht fuer eine weitere Partei auf dem Stimmzettel einsetzen. Bei anderen rannte ich schon beim „glaesernen Buerger“ offene Tueren ein — die wollten gleich noch ein weiteres Wahlprogramm und zwei Unterstuetzerformblaetter zum Weitergeben dazu. Vielen war die Piratenpartei durch den Einzug der Schweden ins EU-Parlament bereits ein Begriff, wenngleich die meisten konkret mit den Piraten wenig anfangen konnten.

Und so konnte ich erzaehlen. Unterstuetzerunterschriften sammeln. Und beim einen oder anderen vielleicht sogar Interesse fuer diese mitunter etwas seltsam klingenden Netzthemen wecken. Gesamter Arbeitsaufwand: Weniger als 12 Arbeitsstunden. Finanzieller Aufwand: Weit unter 5 EUR.

Man kann etwas bewegen. Wenn man sich nur heraustraut, aus den Elfenbeintuermen.

Faehrt ein Atheistenbus durch Ulm

Falls heute nachmittag jemand nix vor hat, kann er ja mal in Ulm mit der Buskampagne eine Runde durch die Stadt drehen:

14:00 Uhr Infostand in der Fußgängerzone Glöcklerstraße
15:00 Uhr Lesung Christian Lührs: „Gut sein ohne Gott“, im Bus
15:30 Uhr kostenlose Stadtrundfahrt (KZ-Gedenkstätte, Riedhof, Wissenschaftsstadt, Bundesfestung, Deserteurdenkmal, u.a.m.)
18:00 Uhr (bei Bedarf) Zweite kostenlose Stadtrundfahrt
ab 19:30 Uhr Tagesausklang mit Musik im Haus der Gewerkschaften, Am Weinhof

In anderen Laendern wurden ja ganze Linienbusflotten mit der Botschaft beschriftet, dass es vermutlich keinen Gott gebe und man doch einfach leben solle — in der Bundesrepublik straeubt man sich aber offenkundig als durchschnittliches Verkehrsunternehmen davor, derartige Botschaften auf den Bussen herumzufahren. Und weil das nicht nur in Bayern, sondern auch in Berlin so ist, gibt es nun nur einen einzigen Bus. So ist das eben in einer aufgeklaerten Gesellschaft.

Jede Stimme zaehlt

Ich war ja schon etwas irritiert, als ich die Wahlergebnisliste in der Illertisser Zeitung gesehen habe. Schriftlich aufgefuehrt sind dort beispielsweise „Die Frauen“ mit 0,18%, AUF mit 0,17% oder EDE mit 0,04%(!).

Die Piraten haben 0,8% eingefahren. Sieht aber keiner. Weil’s im Diagramm nicht auftaucht.

iz_wahlergebnis

Nach Prozentpunkten sortiert kommen die Piraten im Wahlkreis NU immerhin auf Rang 9 — einen Platz hinter den Republikanern. Oh Mann.

ergebnisse_nu_@Notesoflife hat sich auch ueber aehnliches Vorgehen in der Schwäbischen Zeitung beschwert. Dort tauchen zwar die Republikaner und die Freien Waehler auf — die Piraten, die mehr Stimmen als die beiden eingefahren haben, fallen aber unter den Tisch. Nach Stimmen sortiert landen die eigentlich auf Platz 6, zwischen Linkspartei und Freien Waehlern.

wahlergebnisse_ulIch war uebrigens der einzige, der in meinem Wahllokal orange gestimmt hat, und auch in den anderen Altenstadter Wahllokalen waren es meist nur 1-2 Stimmen — trotzdem ausreichend, um oertlich auf 0,7% zu kommen. Ein Beweis mehr, dass wirklich jede Stimme zaehlt…

Selbstgebrauter Konzentrationsvernichter

Falls sich uebrigens jemand fragt, warum @Nitek so langsam mit seiner DA vorankommt, kann ich als Erklaerungsversuch den Kanister Himbitee anbieten, den zwecks Vorgluehen fuers Sprollfest man mich zu brauen genoetigt hat.

nitek1

In den Schnapsflaschen ist uebrigens Wasser, das zum Verduennen des dieses Mal recht konzentrierten Stoffs noetig war. Vielleicht gebe ich ja wirklich mal dem Draengen nach und ruehr das Zeug zum Ausschank auf einer Uniparty an 😉