Archiv für den Monat: Juni 2009

Stell dir vor, es ist SoNaFe, und keiner hat Strom

Das internationale SommerNachtsFest kurz vor dem Sommerlernendspurt ist die groesste Party, die auf dem Gelaende der Uni Ulm stattfindet. Waehrend die anderen Parties im Herbst und Fruehling zwangslaeufig im Forum O25 stattfinden muessen (BECI, O27, Physikumsparty, Viva la Wima, FeBo,..), war das SoNaFe bisher immer die einzige Outdoor-Uniparty im Innenhof der Zahnklinik. Wegen Umbauten ging das aber nicht, also beschloss man in diesem Jahr kurzerhand, die Party in den riesigen Innenhof zwischen den Gebaeuden 45 und 47 der Uni West zu verlegen. Nur mal so als Vergleich per Luftbild: Alt (die zwei umschlossenen Innenhoefe) und neu (der gesamte GROSSE Innenhof). Oder, um es kurz zu sagen, dieses SoNaFe war das groesste SoNaFe aller Zeiten. Und vermutlich auch das kritischste 🙂

laaaaaange Schlange schon frueh abends

laaaaaange Schlange schon frueh abends

Die ganze Woche vor dem Fest hatte es geregnet, und selbst am Mittag goss es noch einmal wie aus Kuebeln. Ich hatte mit der Organisation nichts am Hut und war auch ganz froh darueber, als nachmittags ganze Sturzbaeche den James-Franck-Ring heruntergurgelten. Die gesamten Rasenflaechen im Westen scheinen aber wunderbare Drainagen zu haben, denn nur eine Stunde spaeter war nicht nur keine einzige Wolke mehr zu sehen, sondern auch der gesamte Rasen trocken und fest. Erstes merkliches Aufatmen beim Orga-Team, das schon seit dem Vorabend mit dem Aufbau beschaeftigt war, und endlich nicht nur metaphorisch endlich schoenes Wetter sah.

Bis 17 Uhr 45.

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Also doch Staatshilfen fuer Zeitungen?

Heutzutage muss man als Unternehmer nicht einmal mehr ein attraktives Produkt anbieten, um Umsatz zu machen — im Zweifelsfall faehrt man den Laden einfach gegen die Wand und laesst sich auf Kosten des Steuerzahlers gesundfinanzieren. Staatshilfen fuer Opel, ein Katalog fuer Offlineversandhaendler, alles scheint moeglich heutzutage, solange nur das Geschaeftsmodell antiquiert genug ist, um im Wettbewerb mit neuen Ideen langsam aber Sicher ausser Puste zu geraten. Nun ist unabhaengiger und guter Journalismus weder antiquiert noch verstaubt, sondern in der Tat unglaublich wichtig fuer eine funktionierende Demokratie. Ob dieser Journalismus aber zwingend auf bedrucktem Papier ausgeliefert werden muss, ja das ist natuerlich so eine Frage.

Um es anders zu sagen, den Verlagen laufen die jungen Leser ins Netz weg, und anstatt ihnen dorthin zu folgen, will man sich mit Gratiszeitungen anbiedern. Natuerlich mit staatlicher Unterstuetzung. „Staatshilfe fuer NRW-Verleger“ titelte Thomas Knuewer am Dienstag ueber die Plaene in Nordrhein-Westfalen und erklaert auch ganz anschaulich, warum das, mit Verlaub, bescheuert ist. Man muss sich das einmal vor Augen halten: Entweder kommt die Zeitung in die Schule und treibt die Lehrer in den Wahnsinn (*raschelraschel*). Oder sie wird nach Hause geliefert — was die Eltern freuen wird, die ihr regulaeres Abo dann abbestellen koennen.

Nun will man diese Idee auch in Baden-Wuerttemberg durchziehen. Natuerlich auch mit staatlichen Mitteln kofinanziert. Interessantestes Zitat:

„Leider ist es nicht hip, Zeitung zu lesen“, sagt Bourauel, „das muss sich ändern.“

Zeitung lesen ist nicht mehr „hip“, und es wird sich so schnell wohl auch nicht mehr aendern. Ich selbst bin Newsjunkie. Ich habe mit unserer Tageszeitung das Lesen gelernt, und ohne taeglichen Zeitungskonsum ging frueher gar nichts. Das hat sich geaendert, seitdem ich Zugriff auf Onlinenachrichten habe, die ich selbst verifizieren kann, bei denen ich gegebenenfalls mit wenigen Klicks die Quellen lesen und mein Wissen vertiefen kann, und bei denen auch Feedback moeglich und erwuenscht — und vor allem auch von den Autoren gelesen und beantwortet wird. Das ist nicht hip, das ist Alltag. Nur eben nicht immer in allen Printredaktionen. Das muss sich aendern.

Du sollst keine charakterlosen Schriften benutzen

Ich habe mir lange ueberlegt, ob ich eine Diskussion vom Zaun brechen will, und habe mich dagegen entschieden. Weil ich das aber loswerden moechte, landet das Thema eben hier. Dafuer hat man ja so ein Blog.

bkMan stelle sich einmal jemanden aus der Kreativbranche vor. Ihr wisst schon welche Ecke. Das taeglich‘ Brot besteht daraus, sich Ideen aus dem Hirn zu saugen, handwerklich solide umzusetzen und dabei den Anspruch zu bewahren, letztlich qualitativ hoechstwertige und aesthetische Produkte zu liefern. Richtig gute Arbeit also. Natuerlich spezialisiert man sich in irgendeine Richtung, schliesslich kann nicht jeder alles gleich gut. Muss ja auch keiner.

Was ich nun nicht verstehe: Ein Fotograf wuerde angesichts eines Grafikers oder Typographen, der zur Illustration seiner Arbeit einfach nur miese Bilder macht, die Stirn runzeln. Sich vielleicht fragen, warum der Kerl nicht einfach einen Deal mit nem befreundeten Fotografen macht — der eine macht dem anderen die Bilder, dafuer gibts im Gegenzug eine Corporate Identity. Eine Hand waescht die andere, jeder hat ein hochwertiges Gesamtkonzept.

lhUmgekehrt scheint das aber kaum einen Fotografen zu jucken (Vorweg: Ich bin keiner. Ich bin Hobbyknipser, und das ist gut so.)

Was ich da schon gesehen habe, rollt mir regelmaessig die Fussnaegel auf. Richtig gute Fotos werden von dahingerotzten Wortmarken schlicht versaut. Richtig gern scheint man unter Fotografen zwei ganz und gar nicht zueinander passende Schriftschnitte aufeinanderzuklatschen, und generell scheint man sich auch wenig Gedanken darueber zu machen, welchen Charakter die Schrift der Marke denn ueberhaupt ausdruecken soll.

nikeJetzt ist klar, dass man als brotloser Kuenstler in der Regel nicht die Kohle locker hat, um mal eben in der Bergmannstrasse vorbeizuspazieren und den Fontshop leerzukaufen. Das ist aber kein Grund, abgedroschene und ausgelutschte Schriftarten zu verwenden oder zwei nicht zueinander passenden Schriften zu kombinieren. Quasi alle Windows-Standardschriften sollten (fast) prinzipiell ein No-Go sein.

Nicht einmal unbedingt, weil sie alle schlecht waeren — das sind sie naemlich nicht (alle). Die meisten sind aber einfach furchtbar ausgelutscht. Sie finden sich auf dem Briefkopf des Baeckers um die Ecke (der sich keinen Designer leisten moechte) gleichermassen wie beim kleinen Selbstaendigen gegenueber (der sich keinen Designer leisten kann) und den kostenlosen Vistaprint-Visitenkarten mit den haesslichen Verzierungen des Nachbarn (der nicht mal weiss, wie Design geschrieben wird).

Verdana zum Beispiel, als Bildschirmschrift konzipiert und in tausenden seltsamen Drucksachen missbraucht. Am besten per WordArt. Oder mein persoenlicher Hasskandidat Arial, ein schlechter Abklatsch der (meines Erachtens ihrerseits abgelutschten) Helvetica, und durch die Erhebung Erniedrigung zur Windows-Standardschrift seither in hunderttausenden schlecht gesetzten Eigendrucksachen quasi die Ikone des schlechten Geschmacks und des Billig-Looks. Mark Simonson beschreibt das so:

Arial is looked down on as a not-very-faithful imitation of a typeface that is no longer fashionable. It has what you might call a “low-end stigma.”

Um mal in der Fotografendenkweise zu bleiben: Arial ist das typographische Gegenstueck zum ausgelutschten Akt. Ihr wisst schon, der, in dem das Modell den String mit dem Absatz der High Heels anlupft, und am Absatz nachtraeglich in Photoshop ein Lensflare eingefuegt wurde. Und im Hintergrund ist ne Taurolle. Oder ein durchbrennender Gluehlampenfaden. Einfach das, was an sich gar nicht mal so schlimm waere — dadurch, dass es aber tausend begabte wie unbegabte Leute nachgemacht haben, tut es einfach mittlerweile in den Augen weh. Es gibt also einen Grund, warum keine vernuenftige Firma ihr Logo in Arial setzt. Deswegen sollte das auch niemand anders tun. Besonders nicht, wenn man selbst aus der kreativen Ecke kommt.

Gratis-Tipps fuer Gratis-Fonts, die etwas gleichsehen:

  • Museo Sans als moderne Futura-artige fuer die Sans-Serif-Fanatiker
  • Tallys als eigenwillige Serifenantiqua
  • Cardo — edel edel, an die Bembo angelehnt, furchtbar gut ausgebaut, aber „nur“ ein Schnitt.
  • Day Roman — wuerde ich vermutlich selbst waehlen, wenn ich einen freien Font fuer ein derartiges Logo verwenden muesste.

Es lohnt sich auch, immer mal wieder beim Fontblog bzw. Fontshop reinzusehen, wenn einzelne Schnitte verschiedener Schriften fuer lau verklopft werden. Und ja, es ist glaube ich schon gut, dass die abgebildeten Marken in Wirklichkeit nicht in Arial gesetzt werden.

Hochschulpiraten entern die uulm

Ob es nun die erste ist, weiss keiner so genau, aber auf jeden Fall ist die Piraten-Hochschulgruppe der Uni Ulm eine der ersten politischen Hochschulgruppen bundesweit, die sich an den Zielen der Piratenbewegung und der Piratenpartei Deutschland orientiert, und das ist doch schon einmal etwas 😉

hochschulpiraten

20 Piraten und Sympathisanten hatten sich im O27 getroffen, um gemeinsam zu beschliessen, was die unter Federfuehrung von Finn bereits mit Mailingliste und AStA-Anerkennung ausgestatteten Hochschulpiraten ueberhaupt tun sollen. Um einen Kapitalgrundstock zu schaffen, werden einige Helfer des SoNaFe ihre Helferpunkte den Piraten verbuchen lassen, und ein Finanzen-AK wird pruefen, auf welche Art und Weise wir dieses Geld ohne Probleme mit dem Finanzamt verwalten koennen, ohne gleich starre Organisationsstrukturen schaffen zu muessen.

Selbige gibt es naemlich bis dato noch nicht. Keine Sitzungsleitung, keinen „Kapitaen“, nur einen freiwilligen Protokollanten. Und ich bin gar nicht mal so arg ueberrascht, dass das trotzdem hervorragend funktioniert 😉

Eines der erkannten Hauptprobleme war, dass sich nicht alle Interessenten vorab mit den Zielen der Piraten auseinandergesetzt hatten, und natuerlich kennt nicht jeder die Problematiken beispielsweise hinter Open Access ausfuehrlich. Um dies zu beheben, wurde vorgeschlagen, vor jedem Treffen der HSG einen Vortrag zu halten, in dem jemand, der sich in der Thematik auskennt, die Hintergruende vermittelt — diese Vortraege sollen natuerlich fuer jedermann offen sein und auch im Vorfeld beworben werden, nicht zuletzt auch deswegen, um andere Interessenten ueberhaupt einmal auf die Existenz der HSG hinzuweisen.

Das kann BTW auch gerne als Aufruf verstanden werden: Falls sich einer der Mitlesenden zu einem der Kernthemen besonders auskennt und an solch einem Vortrag mitwirken moechte, melde er sich mal unverbindlich bei stefan at bloggt punkt es!

Am kommenden Montag, 6. Juli ist uebrigens Open Grill: Fuer Grill und Kohle ist gesorgt, BYOG&B (Bring your own Grillgut und Bier), 1800 Uhr vor O27.

„Loeschen statt sperren“ in Stuttgart

So, nun war ich tatsaechlich auch zum ersten Mal in meinem Leben als „echter Demonstrant“ an einer Demonstration teilgenommen. So wunderbar ist das mit dem Internet: Ein paar Mails ueber die Hochschulpiratenliste, ein Eintrag im Wiki, ein paar Posts im Politikforum und der „Zensursula“-Gruppe bei Team-Ulm, und auf einmal standen sage und schreibe 20 Leute in Ulm vor dem Hauptbahnhof, die gemeinsam mit BaWue-Tickets nach Stuttgart fuhren.

Wene musste natuerlich gleich mal aus dem Zug twittern, dass Ulm zwei Drittel der angemeldeten Demoteilnehmer stemmt, und Raimar hat das getan, was er am besten kann: Pennen :->

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Skurril: In Stuttgart angekommen wird man von einem Stuttgarter Mit-Org begruesst und erst einmal Geld fuer in letzter Minute zu kopierende Flyer gesammelt. Jeder laesst ein paar Euro springen, ein paar Leute verschwinden in den Copyshop, der Rest sucht die Demo.

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Die Kundgebung war dann auch ein wenig arg leise. Megaphone oder andere Verstaerker waren nicht genehmigt worden, Redner gab es eigentlich auch keine, es haben sich dann aber doch noch ein paar Freiwillige gefunden, die — ja, Nerds! — Texte vom UMTS-Handy ablasen.

Gut fand ich den Kontakt zu den Passanten, die natuerlich (besonders beim Marsch, siehe spaeter) die Menschenansammlung skeptisch beaeugte. Man blieb nicht bei sich „in der Blase“, sondern verteilte aktiv Flyer an Umstehende und Passanten, kam auch ins Gespraech und konnte viele Vorurteile aufklaeren. „Sauerei“ hoerte ich von einer aelteren Dame, als es um die Petition ging, die erst im Herbst Thema im Ausschuss werden soll, und auch das Anliegen „Loeschen statt Sperren“ traf auf weitverbreitete Zustimmung. Gerade aeltere Leuten war das Argument der einmal errichteten Zensurinfrastruktur leicht zu vermitteln und traf auch auf offene Ohren.

Amuesant wurde es dann nach der offiziellen Aufloesung um 1400 Uhr. Ich wollte eigentlich nur die Ulmer sammeln, um gemeinsam zum Bahnhof zu laufen, damit kein BaWue-Ticket-Mitfahrer abhanden kommt. Als sich dann das Ulmer Grueppchen in Bewegung setzte, liefen aber auf einmal immer noch mehr Menschen hinterher — schlussendlich zog der Grossteil der Demonstranten „Nur Diktatur braucht Zensur“ skandierend und Flyer verteilend durch die Stuttgarter Innenstadt. War zwar nicht so geplant, hat aber offenbar fuer Aufmerksamkeit gesorgt 😀

Eine Auswahl meiner Bilder gibt es auf Flickr — allesamt unter cc-by-nc-sa-Lizenz. Wer die Bilder in gross fuer Veroeffentlichungen lizenzieren mag, kann sich vertrauensvoll an stefan at bloggt punkt es wenden.

Mathias Richling kommt nach Ulm

Mal etwas ganz anderes: Am 4. Juli (Samstag) kommt Mathias Richling im Rahmen seiner „E=m*Richling²“-Tour ins Congress Centrum Ulm. Ich liebe seine Auftritte, weil er es so herrlich schafft, die Macken und Eigenheiten verschiedenster Politiker zu persiflieren — manche zwar etwas weniger gut, andere dafuer genial.

Youtube Direktkoehler

Wer das ganze live sehen will, hat momentan auf Team-Ulm die Moeglichkeit, 2×2 Freikarten zu gewinnen. Geld waere der Abend aber sicher auch wert 😉

Wieder und wieder

Mir war wirklich koerperlich schlecht gestern abend.

Die Fachschaft Informatik tagte wie jeden Donnerstag abend im BECI, und ich habe mit einem Ohr ueber Telefon der Debatte rund um die Netzsperren gelauscht. Das war schwer ertraeglich. Noch schwerer ertraeglich war die Abstimmung.

Ja, es waere wohl wirklich naiv gewesen, zu glauben, das Gesetz wuerde nicht durchkommen. Aber wie Tauss das in seiner bemerkenswerten Stellungnahme angesprochen hat, fuehle ich mich wie mit Fuessen getreten — mit Anlauf ins Gesicht. Und es lief mir eiskalt ueber den Ruecken, als mir waehrend der kurzen FIN-Sitzungsunterbrechung mit Schweigeminute das dazu passende Zitat aus „1984“ einfiel. Aus Politikverdrossenheit wurde in dieser Minute die feste Ueberzeugung, dass ich alle mir zur Verfuegung stehenden — legalen — Mittel ausnutzen werden muss, um diese Abgeordneten daran zu hindern, dem Internet und unserem Land weiteren Schaden zuzufuegen. „Ihr werdet euch noch wuenschen, wir waeren politikverdrossen“ (@343max)

Abschliessend:

  • Ekin Deligoez (Gruene, NU): Enthalten
  • Hilde Mattheis (SPD, UL): Dafuer gestimmt
  • Dr. Georg Nuesslein (CSU, NU): Dafuer gestimmt
  • Anette Schavan (CDU, UL): Dafuer gestimmt

Kann man sich ja merken fuer den Herbst.

(Achja, das Zitat: „Sie wollen ein Bild der Zukunft? Stellen sie sich einen Stiefel vor, der in ein menschliches Antlitz tritt — wieder und wieder“)