Ich bin stolz darauf, dass sich binnen weniger Tage 50.000 Leute mobilisieren liessen, die bereit waren, mit ihrem Namen fuer (bzw. gegen) eine Sache zu stehen. Rein ueber das Internet und die deutsche Blogosphaere. Und dass diese Leute ihrerseits bereit waren, mehr als 50.000 weitere Unterstuetzer in dieser Sache zu finden. On- wie offline. Das ist beachtenswert. Und das hat auch schon etwas bewirkt.
Der Zyniker in mir haelt aber dagegen, dass der IQ einer Gruppe immer der IQ des duemmsten Mitglieds, geteilt durch die Anzahl der anwesenden Menschen ist. Und deswegen fiel mir bei der Kampagne „blockt @npdde“ nicht nur das Fruehstueck aus dem Mund, sondern auch vergangene aehnliche Aktionen wie der Fall Heilmann ein.
Leute. Nur weil sich die Netzgemeinde Gehoer verschaffen konnte, heisst das nicht, dass man nun eine neue, strahlende Elite ist. Und retweetet bitte nicht jede bescheuerte Idee. Vor allem nicht die bescheuerten Ideen. Man koennte sonst den Eindruck haben, es mit einem seltsamen Mob zu tun zu haben, der auf jede Sau aufspringt, die irgendein Alpha-Blogger oder -Twitterer durchs Dorf treibt.
Danke.
Hmm, ich versteh nicht ganz? Was genau ist denn „bescheuert“ daran eine rassistische, faschistische und völkische Partei nicht zu Wort kommen zu lassen und (symbolisch) gegen sie vorzugehen?
Ich war schon auf dem Twitter-Profil und kurz davor, auf den Block-Button zu klicken. Symbolische Aktionen gegen Organisationen, deren Weltanschauung man fuer untragbar haelt, sind die eine Sache — ich halte es aber fuer falsch, andere nicht zu Wort kommen zu lassen.
Wenn man sich fuer Meinungsfreiheit einsetzt, muss man diese Meinungsfreiheit auch allen zugestehen, und ganz besonders denjenigen, deren Meinung man verachtet. Das Recht auf Meinungsfreiheit bedeutet ja andersherum nicht die Pflicht aller anderen, dass man demjenigen auch zuhoeren muss.
Stimm ich dir grundsätzlich zu. Natürlich gilt Meinungsfreiheit zunächst mal universell. Meinungsfreiheit heißt aber nicht, sagen können was man will, sondern findet ihre Schranken dann, wenn Meinung zur Lüge wird und geltendes Recht betroffen ist. Man kann jetzt natürlich darüber streiten inwieweit dieser Sachverhalt auf die NPD zutrifft und wird wahrscheinlich zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Schau ich mir die Tweets des NPD-Accounts an, dann ist dagegen aus juristischer Sicht wahrscheinlich nichts einzuwenden. Schau ich mir aber an, wes Geistes Kind die Partei ansonsten ist (Holocaustleugner als Chef, Söldner die in Kroatien für die Faschisten im Krieg gekämpft haben in den Landesvorständen, Schulterschluss mit militanten Gruppierungen usw.) dann bleibt für mich nur der Schluss, dass all das verfassungsfeindlich ist. Und in dieser Hinsicht (als Lehre aus Weimar) ist unsere staatliche Verfassung eindeutig, nämlich „wehrhaft“.
Im übrigen liefert „ihr“ der NPD damit eine wunderbare Argumentationshilfe und Legitimation:
http://www.npd.de/html/1/artikel/detail/660/
Die „Argumentationshilfe“ interpretiert sich die NPD so oder so zurecht. Laesst man sie nur unter strengen Auflagen demonstrieren oder untersagt die Demonstration, schiessen sie sich auf die Meinungsfreiheit ein und unterstellen der BR, ein Unrechtsstaat oder ein Regime zu sein. Laesst man sie ungehindert marschieren, machen sie sich ebenso lustig.
Man kann von der NPD halten, was man will. Ich persoenlich verachte sie als Sammelbecken tumber Schlaeger und verbohrter Ewiggestriger. Der wichtige Punkt ist aber meines Erachtens, dass die NPD niemals von sich aus zu einer derarten Gefahr fuer unsere FDGO wird, dass sich die staatliche Verfassung ihrer wehren muesste — Wenn tatsaechlich Waehler in solch grossen Stroemen zur NPD ueberlaufen wuerden, waere das ein Versagen der anderen Parteien. Und in dem Fall duerfte die NPD an sich eine der kleineren unserer Sorgen sein.
Weise gesprochen! Ich sag das ja nicht oft, aber hier ist es angebracht.
Zu deinem letzten Punkt: Das ist leider gar nicht so abwegig. In Bayern gibt es schon jetzt ein theoretisches Wählerpotenzial von 15% rechts der CSU. In den neuen Bundesländern ist das noch wesentlich höher. Das das noch nicht voll zum Tragen kam, liegt lediglich daran, dass den deutschen Rechtspopulisten und Rechtsextremisten fähiges politisches Personal fehlt.
Wenn man sich unser Parteiensystem mal so über die Jahrzehnte anschaut kommt man eh zu dem Schluss, dass wir es eher mit einem zentrifugalen statt einem zentripetalen Parteienwettbewerb zu tun haben, die logische Konsequenz wäre, dass auch eine Rechtsaußenpartei irgendwann den Sprung in den Bundestag schafft, womit wir zwar nicht automatisch Weimarer Verhältnisse hätten, einem polarisierten Pluralismus aber schon um einiges näher wären.
Ist das dann aber die Schuld einer extremistischen Partei? Oder die Schuld der anderen Parteien, die es durch eigene Inhaltsleere und Geschwurbel so weit kommen lassen haben, dass fuer eine signifikante Waehlerzahl Parteien am extremen Rand des Spektrums scheinbar eher waehlbar sind als die sogenannten Volksparteien?
Ich habe immer so ein Problem mit Parteiverboten — von einem NPD-Verbot halte ich ebensowenig wie vom schon lange vollzogenen Verbot der KPD, auch wenn ich selbst weder Nationalsozialist noch Kommunist bin. Ich bin aber der Ansicht, dass keine politische Willensrichtung von einer aktuell aktiven Regierung „verboten“ koennen werden sollte.
Nochmal: Ich mag furchtbar falsch liegen (und bin in dem Fall auch auf Aufklaerung gespannt!), aber meines Erachtens koennen extremistische Stroemungen von rechts oder links einer Demokratie nur dann schaden, wenn sie ohnehin destabilisiert ist.