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CMS-Tuecken

Wenn irgendwo im CMS der oertlichen Zeitung noch ein Artikel indiziert ist, der zwar nicht aufgerufen werden kann, aber durch irgendwelches Voodoo als verwandt zu einem anderen Artikel „erkannt“ wird, kann sowas schon mal vorkommen 🙂

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Kausalzusammenhaenge konstruieren

Die oertliche Zeitung macht zu meiner Freude neuerdings auch wieder ein wenig auf Datenjournalismus: Der Schwoermontag soll laut Willen des Gemeinderats ein frueheres Ende bekommen, weil „die Exzesse zunaehmen“, und ich war positiv ueberrascht, dass man in der Onlineredaktion bei Stadt und Rettungsdienst nach Zahlen fragte, die das belegen sollen. (Warum ich nicht auf den Originalartikel linke, steht hier.)

Visualisiert sind die Zahlen dort mit dem freien Data Wrapper, und da der die Originaldaten immer gleich mit ausliefert, habe ich die Diagramme mal ein wenig ueberarbeitet und hier mit eingestellt. Die Originale kranken naemlich an mancher Stelle:

Im Original des Diagramms steht hier nur „Koerperverletzungen“, und das ist irrefuehrend. Es ist naemlich nicht einfach nur Kleingeistigkeit, hier auf dem Label „erfasste Koerperverletzungen“ oder „Koerperverletzungen, die Polizei und Stadt bekannt gemacht wurden“ zu beharren, sondern ein wesentlicher Unterschied, da das Dunkelfeld ueberhaupt nicht bekannt sein duerfte. Interessant waeren hier noch zusaetzliche Zahlen, beispielsweise wie intensiv bestreift wurde, ob bei den jeweiligen Koerperverletzungen Strafantrag gestellt wurde oder die Polizei das „Einschreiten von Amts wegen“ fuer geboten hielt, und ob es hier die Moeglichkeit einer Korrelation geben koennte. (Spaeter mehr)

Interessant wird es ab hier: Die Entwicklung von Koerperverletzungen und Festnahmen sieht aehnlich aus. Das kann banalerweise damit zusammenhaengen, dass jemand verletzt und die jeweiligen TaeterInnen danach festgenommen wurden — muss es aber nicht, denn der Grund der Festnahme ist nicht aufgeschluesselt. Genauere Daten waeren — wieder einmal — hilfreich.

…und auch die Zahlen des ASB scheinen aehnlich zu verlaufen wie die von Festnahmen und Koerperverletzungen — wobei man sich wieder die Frage stellen darf, ob es auch hier ein Dunkelfeld gibt. Man denke an eine Alkoholintox, die von BesitzerIn in eine Kneipe in der Neustadt geschleppt wird, wo sie/er dann im Strahl reihert und in die Uniklinik gebracht wird — deren Zahlen waeren ebenfalls interessant. Genauso auch hier wieder die Aufschluesselung, was denn genau passierte: Die hohe Verletztenzahl 2012 koennte prinzipiell auch etwas mit schlechter Gefahrenabsicherung und verstauchten Knoecheln zu tun haben, so einfach ist das aus den nackten Zahlen nicht herauszulesen. Genauso gut haette aber auch 2011 eine Massenschlaegerei stattfinden koennen, die einfach von der Polizei nicht wahrgenommen, von den Beteiligten nicht angezeigt und deren Beteiligte nicht medizinisch behandelt wurden.

Man weiss es schlichtweg nicht.

Abschliessend stellen sich zwei Fragen.
Einmal, welches Jahr denn nun der statistische Ausreisser war, 2011 oder 2012, und wie der Trend ueber einen laengeren Zeitraum aussieht. Die ASB-Zahlen geben eine Ahnung, wie es aussehen koennte, verlassen wuerde ich mich aber nicht darauf.
Und zum Anderen, auf was fuer einer verdammt duennen Datenlage die Stadt ihr Vorgehen rund um den Schwoermontag begruendet, und warum.

Blockade erfolgreich

Der „leise Verdacht“, dass der Platz der NPD-Demoanmeldung samt zugehoeriger Polizeiabsperrung sehr geeignet fuer Zufahrtsblockaden sein wuerde, hatte sich dann tatsaechlich bestaetigt:

War schoen zu beobachten und alte Bekannte auf der fuer die Kuerze der Zeit angenehm grossen Gegendemo wiederzusehen. Mehr gibt es beim SWR und bei acht9.

Eine kleine Randnotiz ist noch die oertliche Zeitung wert, die das Ereignis samt Hashtag zwar auf Twitter konsequent ignorierte, dafuer viele Bilder auf Facebook hochlud — und ein wenig Flak abbekam:

Beim „Salt Law“ musste ich dann doch herzlich lachen :>

Nachtrag zum ersten Roxy-Slam

Puenktlich zum ersten Werktag nach dem Poetry Slam kam gestern auch zunaechst von mir unbemerkt die Begleitberichterstattung; der Artikel auf swp.de teilt weitestgehend meine Einschaetzungen und Formulierungen vom Sonntag, und auch die Videos der beiden Sieger und von Christian Ritter sind nun online. Meine heimlichen Veroeffentlichungsfavoriten Max Rechsteiner und Almuth Nitsch von Kerry haben es leider nicht auf Youtube geschafft, aber vielleicht gibt’s da ja kuenftig einen Policy- und hoffentlich auch einen Aufnahmeperspektivenwechsel 😉

Dichterkrieg im Roxy

Ich hatte ja vorab so leichte Zweifel, ob man mit dem Ulmer Poetry Slam, der bislang die Podium.bar des Theaters mit ihren 180 Plaetzen maximal ausfuellte, auch das Roxy fuellen koennen wuerde. Zumindest waren selbst eine halbe Stunde vor Beginn noch ganz regulaer ermaessigte Karten zu haben — im Theater waere das praktisch unmoeglich gewesen, dort war schon drei Wochen vor jedem Slam alles ausverkauft (und man bekam an der Theaterkasse auch vorab ermaessigte Karten, was im Roxy wieder nur mit der fuer Studierende nur leidlich interessanten Abomax-Karte funktioniert)

Die Zweifel verflogen aber, je naeher der Beginn rueckte: In Ulm kann man also erwiesenermassen rund 600 Gaeste zu einem Poetry Slam bewegen, und wie fast immer waeen die meisten von ihnen Slamneulinge, die erst einmal einer anfaenglichen Unterweisung bedurften.

Die kam dieses Mal von einem ganz anderen Moderatorenduo. Rayl Patzak wird aus gesundheitlichen Gruenden nach seiner nun beinahe ein Jahr waehrenden Abstinenz anscheinend gar keine Slams mehr moderieren, und so fuehrte Ko Bylanzky im Roxy mit Science-Slam-Moderatorin Dana Hoffmann durch den Abend. Das war stellenweise ein wenig holprig anzuhoeren — Ko und Rayl hatte ich ueber zwei Jahre lang mit ihrem Monat fuer Monat quasi text-identischen Einfuehrungsvortrag erlebt, und vor dem Hintergrund „hakte“ es jedes Mal merkbar, wenn Ko Baelle spielte, die Dana dann in ganz andere Richtungen weiterpasste oder Ansagen machte, die so gar nicht ins Poetry-Slam-Schema passen wollten. Vielleicht haette es geholfen, vorab ein paar Mal als Gast auf einem Slam gewesen zu sein.

Den Einstand der SlammerInnen fand indes nicht nur ich sehr gelungen: Clara Nielsen kann sich ruehmen, nicht nur beim allerersten Slam im Theater, sondern nun auch im Roxy brilliert zu haben; Max Steiner ist als einer der wenigen lokalen Slammer in Text und Vortrag ganz gewaltig gewachsen; und eine mir bis gestern gaenzlich unbekannte Almuth Nitsch von Kerry (die laut Internetz seit Jahren slamt, unter anderem mit Tilman Doering) waere so meine Lieblingsslammerin fuer eine Videoveroeffentlichung abseits des Finales. Und wenn der Local aus Babenhausen den Vortrag seiner in ihrer politischen Unsubtilitaet hervorstechenden Texte noch weiter uebt, kann vielleicht irgendwann auch er im Finale stehen, vielleicht dann zusammen mit Max Kennel, der ebenfalls ungewohnt politisch unterwegs war.

Und weil das der Ueberraschungen nicht genug war: Franziska Holzheimer vollzog nicht nur optisch durch einen Stilwechsel, sondern sprach einen Text ganz (fuer sie) anderer Art, den man sich vermutlich noch mindestens drei Mal anhoeren muesste, um ihn ganz erfassen zu koennen. Wobei sie mit ihrer Stimme vermutlich auch durch das Vorlesen von Packungsbeilagen ein Publikum fesseln koennte. Das waer mal ein Podcastformat: Franziska Holzheimer und Patrick Salmen lesen den Bundesanzeiger vor. Ich wuerd’s abonnieren.

Abschließend: Um 2200 Uhr einen Slam hinter anstatt vor sich zu haben, ist dann doch ungewohnt, aber auf angenehme Weise. Ich hatte noch Zeit, ausgiebig mit Michael Sommer, Martin Wegen und Ko zu quatschen und vor allem mit Ersterem „endlich“ einmal rein als Zuschauer einen Slam zu erleben, nachdem der SWP als Medienpartner des Slams das Aufzeichnungsangebot von Micha und mir zu teuer war. Abgesehen vom Dead or Alive und einigen noch herumliegenden Perlen wird es auf unserem Kanal also erst einmal keine Slamvideos mehr geben — dafuer im Laufe des Jahres voraussichtlich ein paar ganz andere Sachen. Wenn ihr darauf genauso gespannt seid wie ich darauf, was die SWP aus den Slamvideos macht, freu ich mich schon 🙂

Sinnvoll ist anders

Die letzten Wochen fuehlte ich mich an einen Blogpost von Thomas Knuewer erinnert. Die oertliche Zeitung ist seit einiger Zeit auch auf foursquare vertreten, was auf einen Projektversuch des von mir geschaetzten Pascal Paukner zurueckgeht. Es gab eine Reihe mehr oder weniger sinnvoller Tipps zu Lokalitaeten rund um Ulm, und auch die Mitarbeiter*innen nutzten den Dienst privat.

In letzter Zeit frage ich mich aber, wer eigentlich die Tipps kuratiert…

Weil ich bei der Bank nahe der Zeitung bin, bekomme ich die Website der Zeitung, der ich virtuell bereits folge, als Tipp. So funktioniert das.

Nungut. Koennte ja ein Tourist sein, der das nutzt. Als Ulmer kommt man sich ein wenig verkackeiert vor -- "richtige", tiefergehende Information waere natuerlich toll.

Aber das... WTF? Ernsthaft?!

Die komplette Liste gibt es hier.

Ulm: Welle seltsamer Schluesse schwappt ueber

„Ulm: Die Welle der Gewalt gegen Hilfskräfte schwappt über“ hiess es gestern beim oertlichen Lokaljournalismusanbieter. Und dieser Text ist in seiner Gesamtheit so merkwuerdig, dass ich ihn hier mal kurz abklopfen moechte.

Inspiriert wurde die oertliche Recherche offenbar durch mindestens zwei Artikel der letzten Tage: Die zitierte Geschichte um einen Nuernberger Rettungssanitaeter, der im Einsatz gebissen wurde, findet sich auch auf sueddeutsche.de (vom 31.08.2011, im swp-Artikel auch verlinkt) und auf bild.de (vom 04.09.2011).

Das gab dann wohl Anlass, einmal in Ulm nachzurecherchieren — die Idee ist nachvollziehbar, der Zusammenhang zwischen dem Artikel und der Ueberschrift vom Ueberschwappen einer Gewaltwelle dagegen so gar nicht. Von Gewalt, auch nur ansatzweise im Umfang wie im Nuernberg-Aufreisser ist naemlich bei den Interviewten nie die Rede:

„Solch extreme Schutzmaßnahmen müssen wir zum Glück noch nicht treffen. Und hoffentlich kommt es auch nie dazu“, sagt Rainer Benedens, Rettungssanitäter des Deutschen Roten Kreuz aus Ulm.

[…]

Die Hemmschwelle, den Rettungsdienst zu rufen, sei gerade bei Jugendlichen gesunken. „Früher hat man seinen zu betrunkenen Kumpel in eine sichere Lage gebracht und auf ihn Acht gegeben, bis er sich erholt hatte. Heute ist ‚Koma-Saufen‘ angesagt und wenn einer zu viel hat, ruft man halt den Rettungsdienst. Problematisch wird es, wenn bei einer Gruppe der zu Behandelnde minderjährig ist und nicht mehr Herr der Lage ist, aber sich weigert mitzukommen. Dann meinen die anderen, helfen zu müssen und uns davon abzuhalten, den Freund mitzunehmen – wenn es dumm läuft artet es aus und es wird bedrohlich. Hier hilft dann nur noch eine Zwangseinweisung mithilfe der Polizeibeamten vor Ort“, erklärt Benedens.

„Es kommt regelmäßig vor, dass Polizeihilfe angefordert wird, weil sich psychisch kranke Personen gegen die Versorgung durch Sanitäter mit Gewalt zur Wehr setzen. Wie oft wir aufgrund willkürlicher Gewalt gegen die Hilfskräfte ausrücken müssen, kann ich nicht sagen, da im System leider nicht erfasst wird, ob der Rettungsdienst bedroht wird oder andere Personen“, sagt Wolfgang Jürgens, Polizeisprecher Ulm.

Wir halten fest:

  • Eingangs werden Eigenschutzmassnahmen wie durchstichsichere Westen fuer Rettungsdienstmitarbeiter beschrieben.
  • Diese Massnahmen sind laut DRK-Rettungsdienst in Ulm nicht notwendig.
  • Das DRK berichtet von einer sinkenden „Hemmschwelle, den Rettungsdienst zu rufen, […] gerade bei Jugendlichen“.
  • Gelegentlich seien alkoholisierte Jugendliche nicht mehr einwilligungsfaehig und muessten „zwangseingewiesen“ werden (gemeint ist wohl polizeiliche Ingewahrsamnahme nach §28 Abs. 1 Ziffer 2b PolG BW)
  • Die Polizei gibt an, regelmaessig angefordert zu werden, wenn sich psychisch Kranke gegen medizinische Versorgung zur Wehr setzen. Diese Baustelle heisst dann aber Psychisch-Kranken-Gesetz oder Unterbringungsgesetz. Diese polizeiliche Hilfe ist das, was z.B. in bayerischen psychiatrischen Kliniken als „Unterbringung nach 10-2“ bekannt ist.
  • konkrete Zahlen ueber polizeiliche Massnahmen gegen BOS-Kraefte liegen der Polizei Ulm nicht vor.

Zwischendurch wird dann von der Verschaerfung des § 113 StGB (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) erzaehlt, und auch da tut sich erstaunliches auf:

Im Sommer 2010 wurde dann der Paragraf 113 des Strafgesetzbuches verschärft. Seither gilt, wer ‚Widerstand gegen Vollzugsbeamte‘ im Einsatz – auch Feuerwehr und Rettungsdienst – leistet, hat mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren zu rechnen.

Richtig ist: Es gab im Sommer 2010 einen Gesetzesentwurf, der den Strafrahmen auf drei Jahre erhoehen, den Einsatz „gefaehrlicher Gegenstaende“ ebenfalls strafverschaerfend werten und auch Feuerwehr- und Rettungsbedienstete unter Schutz stellen sollte. (An dieser Stelle uebrigens: Feuerwehr und Rettungsdienst sind nach wie vor keine Vollzugsbeamte, und schon gar keine „Hilfskraefte“.)

Beschlossen war dadurch aber noch lange nichts — der Bundesrat hatte beispielsweise moniert, dass Katastrophenschutzkraefte nicht vom Entwurf beruehrt wurden (was dann wieder eine Gegenstellungnahme erforderlich machte), waehrend diverse Strafrechtler nicht ganz zu Unrecht mal laut fragten, ob hier eigentlich zusammen mit dem Strafmass auch gleich das Problem verschaerft werde.

Am 30. Juni 2011 waere dann also eigentlich der Termin fuer den Beschluss des StrRAendG gewesen, das den 113 StGB verschaerft haette. Wurde aber nix draus. Kam wohl die Energiewende dazwischen. Oder die aktuelle Stunde „Einschränkung des Versammlungsrechts durch Massenfunkzellenabfrage“ anlaesslich der polizeilichen Lauschaktion bei den Anti-Nazi-Blockaden in Dresden. Oder wegen etwas ganz anderem, wer weiss.

Was das mit Ulm zu tun hat, weiss ich aber nach wie vor nicht. Vielleicht ist ja die Zahl der psychisch Kranken gestiegen, die renitent werden. Nachdem die Polizei aber keine Zahlen dazu hat (wie das der Artikel zwischen ganz viel Mutmassung ueberraschend ehrlich einraeumt), werden wir das wohl auch nicht herausfinden koennen.

//Nachtrag, 9.9.: Mir ging es nicht darum, hier den Autoren blossstellen zu wollen. Ich habe mich hauptsaechlich darueber geaergert, dass ich nach der ersten Irritation ueber die seltsame Argumentation gerade mal 20 Minuten gebraucht habe, um die passenden Stellen in den jeweiligen Gesetzen und die Beschlusslage zum 113 StGB zu finden — und dass ein kurzer Blick auf den 113 StGB genuegt haette, um festzustellen, dass er bislang noch nicht geaendert wurde. 20 Minuten. Nicht mal so viel Zeit war ein vernuenftiger Artikel wert m(

Update, 9.9., 1500 Uhr

Ich war nicht der einzige, dem die Argumentation etwas seltsam vorkam. Auf Facebook gab es einige Kommentare (danke fuer den Link auf diesen Artikel), und ein namenloser SWP-Facebook-Seitenbetreuer hat eine Ueberarbeitung des Artikels angekuendigt.

Diese Ueberarbeitung besteht, soweit ich das erkennen kann, aus zwei Punkten. Einmal ist das „Ulm:“ aus der Ueberschrift verschwunden, die nun nur noch „Gewaltbereitschaft gegen Rettungskraefte gestiegen“ heisst. Wo das der Fall ist, aund uf welcher Faktenbasis man einen Anstieg gegen Rettungskraefte statistisch belegen kann, bleibt zwar weiter im Dunkel, aber das nehmen wir einfach mal so hin.

Interessant wird es beim woertlichen(!) Zitat des Ulmer Polizeisprechers Wolfgang Juergens, das nun anders lautet als in der ersten Fassung:

„Es kommt regelmäßig vor, dass Polizeihilfe angefordert wird, weil sich Personen gegen die Versorgung durch Sanitäter mit Gewalt zur Wehr setzen.

Vorher stand hier noch, „dass Polizeihilfe angefordert wird, weil sich psychisch kranke Personen gegen die Versorgung“ wehrten. Ob Juergens mit seinem woertlichen Zitat eigentlich die Unterbringung tatsaechlich psychisch Kranker nach dem UBG oder Ingewahrsamname Alkoholisierter nach dem PolG meinte, bleibt leider unklar — im Artikel wurden weder die Aenderungen gekennzeichnet, noch, dass ueberhaupt etwas am Artikel geaendert wurde.

Dafuer blieb dem Artikel der Verweis auf den angeblich schon geaenderten §113 StGB erhalten. Der nach wie vor falsch ist.

Bigotte Facebook-Hysterie

In den letzten Tagen rauschte quasi im Viertelstundentakt ein hysterisches „Oh Gott! Facebook erkennt dein Gesicht!“ durch die Facebook- und Twittertimeline, inklusive dem Hinweis, dass man das unbedingt ausschalten solle und passender Anleitung.

Ich hatte da nur eine Frage:

„Warum“?

Okay, Pascal hatte in seiner Antwort auf Facebook schon irgendwie Recht: Facebook rollt staendig Features aus, die einfach mal da sind, ohne dass die Benutzer grossartig informiert werden. Neues Profillayout, zum Beispiel. Oder Gesichtserkennung. Einfach so.

Das kann man andererseits aber auch irgendwie verstehen. Denn der Aufschrei ist immer da. Native Retweets oder die Ausblendung der @-Replys an andere bei Twitter? Wie kann man nur! Furchtbar! Neues Facebookprofillayout! Frechheit! Man erkennt da ein Muster: Es kommt eine Neuerung, alle regen sich furchtbar auf, gruenden Protestgruppen, der Anbieter sitzt das einfach aus, und nach zwei Wochen kraeht kein Hahn mehr danach.

Die lautstarken Proteste nerven mich aber offen gestanden. Zum Einen scheint Sven Dietrich einer der wenigen zu sein, die sich ueberhaupt mit der Thematik an sich kritisch auseinandersetzen. Der Rest verbreitet einfach ohne weitere Reflektion die Anleitungen zum Abschalten der Tagging-Funktion, und wirkt dabei manchmal grenzdebil. Beispiel aus der oertlichen Zeitung:

Zwar kann das Feature durchaus von praktischem Nutzen sein, jedoch sollte bedacht werden, dass sich in den Kontaktlisten vieler Facebook-Nutzer nur in seltenen Fällen die engsten Freunde befinden.

Ja, das sollte man halt immer bedenken. Hat aber mit dem Feature speziell nichts zu tun.

Mit der automatischen Gesichtserkennungs-Software hat man zusätzlich keinerlei Einflussmöglichkeit, welche Bilder „Freunde“ tatsächlich hochladen und markieren und vor allem, was darauf zu sehen ist.

*facepalm* — das hat man so oder so nicht. Mit den Tags findet man wenigstens heraus, dass etwas mit dem eigenen Gesicht hochgeladen wurde. Was ist denn das fuer eine Recherche, geschweige denn Schlussfolgerung?!

Da die Gesichtserkennung, wie bereits in früheren Fällen, standardmäßig aktiviert ist, muss diese manuell vom User abgeschaltet werden: Dazu sollte man […], um die Gesichtserkennung deaktivieren zu können.

Nein, verdammt! Abgeschaltet wird nur, dass man zum Tagging vorgeschlagen wird. Wie soll denn bitte abgeschaltet werden, dass genau mein Gesicht nicht erkannt werden soll? Um zu erkennen, dass auf einem Bild mein Gesicht ist, (das nicht getaggt werden soll, ) muss mein Gesicht doch erkannt werden.

Wer mit den Features von Facebook ein Problem hat, soll doch wenigstens so konsequent sein und sich abmelden. Genauso bigott wie die Facebook-Kritiker, die sich dann auf Facebook organisieren, um gegen Facebook zu protestieren (sic!), finde ich dann die Medienportale, die einerseits keine Gelegenheit auslassen, um auf die vielen Facebook-Skandaelchen hinzuweisen, andererseits aber ihre Inhalte bereitwillig dort abladen, um Klicks zu generieren und dabei ihren Beitrag zum Lock-In leisten.

Ob es Non-Profit-Alternativen zu den kommerziellen Diensten Facebook und Twitter gibt, liegt nicht zuletzt an uns Nutzern selbst. Vor diesem Hintergrund bekommt auch das franzoesische Verbot, Facebook und Twitter in den Medien zu erwaehnen, wenn es nicht um die Dienste selbst geht, eine ganz andere Bedeutung.

Nur damit das nicht untergeht

Die Netzsperren sind wohl Geschichte. Da freuen sich jetzt alle. Schreiben wir aber trotzdem sicherheitshalber mal auf:

  • Die Idee fuer diese ganze Scheisse kam urspruenglich mal aus der CDU. Von Frau von der Leyen. Damit das keiner vergisst. Friedrich hin, CSU her. Und der Uhl kam meines Wissens doch auch aus der CSU, nicht?
  • Das auch noch in Gesetzesform giessen zu wollen war Plan der SPD. Tralafitti!
  • Blaetter, die heute dpa-Meldungen zum Ende der Netzsperren auskippen, hatten vor zwei Jahren zum Teil „differenziertere“ Meinungen. Ich zitiere nochmal aus dem Brief des SWP-Ressortleiters Wilhelm Hoelkemeier an mich:

    Ansonsten gilt: Es existieren in unserer Redaktion beide Positionen — für und gegen die Einrichtung von Netzsperren. Das schlägt sich so auch im Blatt nieder

    Es gab also durchaus Journalisten, die die Zensursula-Ideen gut fanden oder zumindest nicht tiefgehend hinterfragten (in diesem Beispiel Gunther Hartwig und Thomas Veitinger)

Sollte man vielleicht im Hinterkopf behalten.

Fundstueck des Tages

Als vor einiger Zeit unbekannte Haekelkuenstler einen Poller vor dem Buero Ralf Mildes „einhaekelten“, war das Kunstwerk schon verschwunden, bevor ich es fotografieren konnte. Eher zufaellig bin ich heute auf zwei weitere Guerilla-Haekelwerke gestossen: Der Pavillon beim Botanischen Garten, auf der Strecke zwischen O28 und der Helmholtzstrasse auf dem Campus der uulm, wurde an zwei Stellen eingesponnen.

Diese Kunstwerke tragen im Gegensatz zum verschwundenen Pollerstrumpf kein Etikett, und die Wolle sah auch schon ein wenig verblichen aus — vielleicht war das ja ein Testlauf, der einfach bislang unentdeckt blieb? Oder handelt es sich beim Mildeschen „ulmgarnt“-Kunstwerk nur um einen Versuch von Guerilla-Marketing, waehrend die Haekelwerke an der Uni ganz uneigennuetzige Street Art sind? Ich halte mal die Augen offen 🙂