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Fazit aus Berlin — #rp11

Impressionen auf der re:publica 2011

((cc) Anja Pietsch/re:publica)

Allgemein

Keine Rants, die gibts anderswo genuegend. Generell: Die re:publica kam mir dieses Jahr deutlich heterogener vor als die vergangenen Jahre, und das Experiment, eine Konferenz fuer die ganze Republik machen zu wollen, strapazierte offenbar einige Nerven. Die Vortraege im Friedrichstadtpalast konnten die Ueberfuellung der Workshops in der Kalkscheune nicht mildern, und so kam man nur durch Zufallsprinzip dort hinein, wo man eigentlich hin wollte.

Digitale Gesellschaft

Hat mir bislang nix getan, auch wenn ich Kritik und Gegenkritik interessiert beobachte. Schauen wir mal, was rauskommt, und wenn sie mir irgendwann mal auf die Fuesse treten sollten, muss ich halt ueberlegen, was ich mache. Konstruktivismus regelt, das kann man mal so mitnehmen — die Energie, die manche darauf aufwenden, das von vorneherein herunterzuputzen, ist mir schlicht zu schade. Schoen beschreiben das Christopher Lauer und Rene Meissner.

Gesehen und gut gewesen

Quo Vadis, Web?

(cc) Jonas Fischer/re:publica

Quo vadis, web? u.a. von Nils Dagson Moskopp, der meinetwegen um sein „gutes“ Gratisessen geprellt wurde und „nur“ das aus der Helferverpflegung bekam. Sehr sehr hybsche Folien (mit Inkscape Slides gemacht), die eigentlich mal eben ein bis zwei der WebEng-Einfuehrungsvorlesungen ersetzen koennten (als ob.) Thematisch insgesamt leider ein viel zu grosses Fass, um das in einer Stunde abarbeiten zu koennen, und erlehmanns Tendenz, thematisch wild zu maeandern, tat das Seine

Machines talking to themselves von Martin Spindler — auch hier wieder eine wunderbare Inspiration fuer „echte“ Motivationsfolien in der UbiComp-Vorlesung.

Of course: we’ve built out the nervous system (the Internet) & now we’re turning it on (sensors). Next we’ll build muscles & activate those.

(https://twitter.com/#!/bopuc/status/42849706392551424)

Erinnernswerte Beispiele: Die „GlowCap“, die mittels GSM-Modul an die Medikamenteneinnahme erinnert und im Zweifelsfall per Telefon die Angehoerigen alarmiert, falls sich nichts ruehrt. Ausserdem: „The Street as platform“ fuer eine Vision ubiquitaerer Systeme.

Die Illusion vom oeffentlichen Raum war eine froehliche Rant- und Bash-Runde, die hauptsaechlich Spass machte. Ich bin gespannt auf die Videoaufzeichnung.

Ebenso von Dezentrales Clustern, gehalten von Stephan Urbach. Sehr inspirierend, mit schoenen Aussagen: AKs sind in der Regel moerderisch schwerfaellig, starr und exklusiv — dezentrale Cluster brauchen einfach nur ein Mission Statement, einen coolen Namen und vor allem Spass fuer alle Beteiligten. Bei Aussagen wie „ich muss nicht immer alles mit allen besprechen“ musste ich irgendwie an gewisse Studierendenvertretungen denken, und wie man so etwas dort einfuehren koennte.

In loser Reihenfolge ausserdem: „Aktivismus im oeffentlichen Raum“ als kurzweiliges Wohnzimmerpanel mit viel Unterhaltung. mixd.tv ist mittlerweile etwas ganz anderes als letztes Jahr und wohl auch weniger auf Konfrontation aus. Und der Stuxnet-Vortrag war trotz fefes Kritik am Referenten nett.

Highlights

"Beyond Medienkompetenz" auf der re:publica 2011

(cc) Anja Pietsch/re:publica

Der Dueck. Klar. Seinen vielverlinkten Auftritt muss man wohl auch hier verlinken, auch wenn ich selbst gar nicht dabei war — dafuer habe ich ihn direkt danach beim Panel mit Joeran erlebt und war recht angetan von der Runde. So haette ich mir die Schule gewuenscht — und auch hier bin ich auf das Video aus dem grossen Saal gespannt. Nicht zuletzt, um es vielleicht einmal ein paar Lehrern vorzuspielen…

Und die Leute?

Ja, deswegen faehrt man ja auf so eine Veranstaltung, wenn man von vorneherein weiss, dass man zwei Drittel der gewuenschten Vortraege nicht sehen koennen wird. Man war in Gespraechen auf dem Hof recht angetan von der Offenheit Ulms in Sachen Open Data, und ich habe jetzt einige Kontakte, mit denen das hoffentlich nun in die Gaenge zu bringen ist. Mehr dazu… morge^w demnaechst.

Abwesenheitsnotiz

Hallo Internet.

Ich bin gerade auf der re:publica. Hier ist es schoen. Es gibt zwar kein Internet, und in ganz Berlin geht mittlerweile kein O2-Mobilinternet mehr, dafuer kann man alte Bekannte wieder treffen, wenn man vor den Workshops steht, die total ueberfuellt sind und sowas. Oder Leute endlich mal live treffen. Oder neue Kontakte knuepfen. Open Data und so. Toll ist das.

Nur Steve Jobs hab ich noch nicht gesehen. Aber das wird schon noch.

Vom Stadtgefuehl

Great cities attract ambitious people. You can sense it when you walk around one. In a hundred subtle ways, the city sends you a message: you could do more; you should try harder.

The surprising thing is how different these messages can be.

(Paul Graham: „Cities and Ambition“)

Wenn man die Augen schliesst und an eine grosse Stadt denkt — sagen wir mal Berlin — draengt sich einem unweigerlich ein gewisses Bild auf. Es ist egal, was jetzt am inneren Auge vorbeizieht: Fernsehturm, U- und S-Bahnen, Brandenburger Tor oder aber c-base und c3. Unabhaengig davon duerfte jeder so ein diffuses, mehr oder weniger ausgepraegtes Gefuehl von Berlin haben, gepraegt aus eigenen Erfahrungen, Erzaehlungen und Berichten.

Und natuerlich auch gepraegt von den Menschen aus dem eigenen Bekanntenkreis, die es dorthin gezogen hat — die meisten davon zieht es ja nicht ohne Grund dorthin, sondern weil sie sich von dieser Stadt etwas versprechen. Noch einmal die Augen geschlossen, klappt das wunderbar, sich ein Klischeebild der Berlin-Zuzieher zu bilden. Natuerlich sind das Klischees — genauso wie die MoPo-Kampagnenspots ueberzeichnen — aber so ein gewisses Etwas an Wahrheit ist immer dahinter.

Im Grunde sind Staedte riesige Reaktoren. Je groesser die Stadt, desto hoeher die Wahrscheinlichkeit, dass Gleichgesinnte kritische Massen bilden und ihre Kraefte entfalten koennen. Es ist aber nicht allein die Groesse, sondern auch das Reaktor Stadtdesign, das solche Prozesse beschleunigen oder bremsen kann: Durch geeignete (Frei)raeume, Infrastruktur, gesellschaftliches und politisches Klima.

Ein Musterbeispiel der schlechten Sorte fuer Stadtplanung, die am Bewohner vorbei konzeptioniert ist, war Pruitt-Igoe. Anonyme Wohnflure verfielen quasi unmittelbar, weil sich schlichtweg niemand fuer sie verantwortlich fuehlte:

When the number of residents per public space rose above a certain level, none would identify with these „no man’s land[s]“ – places where it was „impossible to feel … to tell resident from intruder“

(Oscar Newman, „Creating Defensible Spaces“, 1996)

Aehnliche Probleme gibt es bei anderen Wohnanlagen, die man grosszuegigerweise mit grossen Gartenanlagen umgeben hat — fuer die sich wiederum niemand zustaendig fuehlte und die dementsprechend versifften (hierzu gab es auch eine Quelle, die ich nachreiche, sobald ich sie finde).

Eine vernuenftige Strategie ist also, Verantwortung zu schaffen. Das kann freiwillig oder unfreiwillig geschehen: Dass sich Buerger im Rahmen von Stuttgart 21 zusammenfinden und verantwortlich fuer die Zukunft ihrer Stadt und der Region fuehlen, ist per se gut, wenngleich weder von der Bahn noch von der Regierung in der Form gewollt.

Das funktioniert auch auf kleinerer Ebene. Die Uni Ulm gefaellt mir gerade deswegen so gut, weil man als einfacher Student so unglaublich viel bewegen kann, oder sogar muss. Ich haette mir zumindest vor fuenf Jahren nicht traeumen lassen, dass ich irgendwann einmal mit Kanzler und Praesidenten am Tisch sitzen und ihnen vorrechnen wuerde, dass sie ursaechlich fuer die Tutorenkrise in der Informatik verantwortlich sind. Natuerlich waere das Studentenleben einfacher, wenn man so etwas gar nicht machen muesste — aber um ehrlich zu sein, macht das Pieksen in Schwachstellen einfach zu sehr Spass. Vor allem, wenn man sieht, dass man sich auf diese Weise fuer sich und seine Mitstudenten etwas bewegen kann.

Vor diesem Hintergrund bin ich mir gar nicht so sicher, ob ein zu ueberwindender Widerstand fuer ein um so ueberzeugteres Engagement nicht foerderlicher waere. Mit dem Rammbock durch offene Tueren zu rennen ist ja schliesslich auch etwas antiklimaktisch. Trotzdem freue ich mich darueber, dass die Stadt Ulm derzeit sehr offene Ohren fuer Experimente hat, die mit Kontrollaufgabe ihrerseits und der Uebertragung von Mitverantwortung an die breite Buergerschaft zu tun hat; Stichworte: OpenData und OpenGovernment. Claus hat momentan ein Wiki aufgesetzt, in dem bestehende Datenquellen gesammelt werden, die fuer Mashups interessant sein koennten — momentan noch auf SWU-Daten, Car2Go und die hoffentlich bald von der Stadt kommende Schnittstelle fuer Parkhausdaten beschraenkt.

Falls jemand Interesse an weiteren Datensaetzen hat, moege er sich gefaelligst nicht zurueckhalten und sich eine Wunschliste im Wiki anlegen.

Vor diesem Hintergrund habe ich nun langsam auch eine Antwort auf die Frage, die ich mir (und quasi jedem, dem ich begegnet bin) immer wieder gestellt hatte, seitdem ich „Cities and Ambition“ gelesen habe: Wofuer steht eigentlich Ulm?

Fuer Berlin ist diese Frage schon irgendwie zu beantworten (nicht einfach! Und eigentlich in der Gesamtheit auch gar nicht zutreffend!), aber Ulm? Was zum Teufel ist Ulm?

Die einzige Antwort, die mir bislang eingefallen ist, ist entweder total banal oder genial, ich bin mir da noch nicht so ganz sicher: Ulm ist, was du draus machst.

Matthias ist nicht der Lastactionseo

Hallo Matthias K. aus Berlin,

nett, dass du den Last-Action-SEO-Wettbewerb gewinnen willst. Nur: Lass dabei mein Blog in Ruhe. Dein Karl Kool ist ganz nett, ich habe aber persoenlich was gegen SEO, weil es im Endeffekt das Exploiten von Schwachstellen ist, und der eigentlich gewuenschten Nuetzlichkeit von Suchmaschinen diametral gegenuebersteht.

Deswegen verlinke ich unter Lastactionseo jetzt mal auf Netzpolitik. Das hast du davon.

(Und wer von den Lesern mal ein bisschen grinsen will, sucht einfach mal nach dem eingangs genannten Namen, plus „SEO“, und schaue sich die Kommentarspalten unter seinen eigenen Blogbeitraegen an. Das ist schon… hm.)

Edit: Namen gekuerzt, weil ich nicht boese bin. Und die einfallenden SEOler, die sich auf den Schlips getreten fuehlen, verweise ich auf die Folien von diplix, der auch mal einen Blogpost dazu geschrieben hatte, den ich aber nicht mehr finde. Wenn ihr mit SEO simple Dinge wie sprechende Domainnamen, accessability und usability meint, finde ich euch voll toll. Speziell bei dem aktuellen Wettbewerb duerfte es aber nicht wirklich darum gehen. Oder wollt ihr mir da widersprechen?

Edit2: Mit euren Kommentaren unterstuetzt ihr LastactionSEOler ab sofort Netzpolitik 😉

Das war die FSA10

Wo soll man anfangen. Ich habe lange ueberlegt, ob ich auf der Demo den Prototypen des diretto-Uebertragungsrucksacks ausprobieren soll. Bloederweise hatte ich aber vergessen, den GPS-Empfaenger einzupacken, und nachdem unsere Einsatzzeit von 1200 bis 1730 Uhr ging, haette der Akku ohnehin nicht so lange durchgehalten.

Trotzdem sind mir einige Dinge aufgefallen, die auch fuer den diretto-Einsatz passen koennten. Es gab wieder das Problem, dass die „diskreten Sprechgarnituren“ fuer die Funkgeraete alles andere als diskret waren, und immer wieder Leute auf uns zeigten und tuschelten. Beim „Sorgenkind“ Antikapitalistischer Block gabs dann auch mehrere Ansprachen, warum wir einen Knopf im Ohr haetten, ob wir Zivilbullen seien oder ein paar aufs Maul wollten. Wir bekamen dann zum Glueck aber keine auf die Birne, wie das einem der AK-Vorrat-Beobachter ging.

Auch die Sache mit GPS-Daten und Dateiupload hat noch ein paar Feinschliffprobleme, wie mir auffiel, als wir mehrmals die Bundespolizei im S-Bahnhof Potsdamer Platz unter die Lupe nahmen. Da muss ich mir noch eine bessere Strategie fuer den Umgang mit GPS-Fix-Verlusten ausdenken.

Interessant fand ich den subjektiv empfundenen anderen Umgang der Polizei mit den Kameras der Demonstranten. Nach wie vor erlebt man tief ins Gesicht gezogene Muetzen und hochgezogene Kraegen, sobald Polizisten jemanden mit „gezogener“ Kamera bemerken. Erst einmal seltsam fand ich es aber die Situation, als eine EHu an mir vorbeizog, als ich die Kamera auf dem linken Arm aufgelegt hatte, mit der rechten Hand demonstrativ nicht am Ausloeser: Trotzdem hielten einige Polizisten ihren Helm vors Objektiv, und einer der letzten beugte sich vor die Kamera und quatschte irgendwas „in die Kamera“. Es dauerte eine Weile, bis bei mir der Groschen fiel: HDSLR-Kameras mit Videofunktion. Klar. So wie die von Alvar, den ich gefuehlte 20 Mal beim Filmen sah 😉

Und nicht zuletzt: Ja, mit der Moeglichkeit, die Bilder sofort „sicher“ zu uebertragen und dem KoZe gleichzeitig meinen Standpunkt zu zeigen, haette ich mich subjektiv ein wenig „sicherer“ gefuehlt. Nun gut.

Insgesamt: Die Polizei kam mir nach dem Terz des letzten Jahres sensibilisiert vor — was aber nicht viel heissen muss: Personalienfeststellungen und offenbar auch Festnahmen gab’s trotzdem, dieses Mal eben bei Leuten, die auf dem Nachhauseweg waren. Schau‘ mer mal.

Ein Abend in der Boell-Stiftung

Die Haeppchen und das Freibier nach der Soiree konnten das ein wenig retten, aber trotzdem: Ich war nicht zufrieden nach dieser Podiumsdiskussion.

Einmal zu Jarvis: Ja, er ist mitreissend, in seiner Vortragsart gleichermassen wie mit seinen Vergleichen. Aber auch bei der zehnten Wiederholung werden seine ungueltigen Parabeln nicht wahrer. Das „German Paradox“ existiert schlichtweg nicht. Ganz im Gegenteil spiegelt der scheinbare Widerspruch zwischen den gemischten Nacktsaunas und der Paranoia vor StreetView genau die Angst vor Kontrollverlust wider, um die es geht. In der Sauna sitzen zehn andere Nackedeis, die ueberschaubar sind und von denen keiner eine Kamera dabei hat, um den Anblick mit der ganzen Welt zu teilen (Von einzelnen Ausnahmen abgesehen).

Genauso duerfte es Google so ziemlich zuletzt um die armen Chinesen gehen, wenn sie ihre Suchmaschine in China entgegen staatlicher Zensurbestrebungen betreiben. Google ist immer noch von wirtschaftlichen Interessen getrieben, genauso natuerlich wie quasi alle Staaten, die im Interesse ihrer heimischen Firmen abgesehen vom erhobenen Zeigefinger einen Teufel gegen die chinesische Zensur tun. Hier schenkt sich keiner etwas.

Und nicht zuletzt halte ich Positionen wie die, dass derjenige, der die Privatheit hochhaelt, die Oeffentlichkeit „bestiehlt“, der Diskussion fuer nicht zutraeglich. Aber gut.

Der eigentliche Kracher des Abends war Thilo Weichert. Ich weiss nicht, wie man dazu kommt, muendigen Buergern die Entscheidungsfaehigkeit absprechen zu wollen, unter Kenntnis und Abwaegung aller Risiken einen Dienst wie Google Mail zu waehlen. Nils meinte spaeter, das Publikum habe ihm gar keine Fragen mehr gestellt, weil die Antworten vermutlich schmerzverursachender gewesen waeren als ihn zu ignorieren.

Die Weichertsche Argumentation geht in etwa so: Wem man seine Daten anvertraut, der muss vorher en Detail offenlegen, wie er mit den Daten verfaehrt und was damit passiert. Wer das tut, erhaelt eine staatliche Zertifizierung (und jeder weiss ja, dass solche Siegel total toll sind!) und ist damit offiziell vertrauenswuerdig.

Jetzt kann man sich fragen, ob Weichert jemals per Anhalter unterwegs war, und wenn ja, ob er sich jedesmal vorher das polizeiliche Fuehrungszeugnis zeigen liess. Abseits technokratischer Automatenvorstellungen duerfte die reale Welt eher so funktionieren: Ein Gegenueber bekommt erst einmal einen Vertrauensvorschuss, den es erfuellen oder verspielen kann. Baut ein Unternehmen Mist, spricht sich das herum; der Markt reguliert sich also selbst. Wo in diesem Prozess ein staatliches Siegel notwendig oder sinnvoll ist, hat sich mir nicht erschlossen. In den Sphaeren, in denen Weichert schwebt, scheint das aber dringend erforderlich zu sein (wo diese Sphaeren sind und wie man da hinkommt, will ich besser gar nicht wissen).

Was mich noch viel mehr gewurmt hat, war die Frage, die ich nicht gestellt habe (und auch niemand sonst). Die Diskussion wurde wieder einmal ganz um Unternehmen, namentlich Google gewickelt. Wie passt es aber in Weicherts Offenlegungs- und Zertifizierungsweltbild, dass der Staat — wo der Opt-Out dann doch ungleich schwieriger ausfaellt — in vollkommener Abgeschottetheit geheime Vertraege wie ACTA und INDECT aushandelt, die zweifelsfrei in die Privatsphaere der Buerger eingreifen?

Wahrscheinlich werden die beteiligten Behoerden dann im Umgang mit den Daten zertifiziert und bekommen ein Siegel. Oder sie sind von vorneherein vertrauenswuerdig. Das wuerde sicher in Weicherts technokratisches Weltbild passen.

//addendum: Ganz vergessen: Jens Bests Fragen sowohl in Inhalt als auch in Form fand ich furchtbar. Was sollte das denn eigentlich?

(Titelbild von Pascal geklaut. Unten: @presseschauer uebt sozialen Druck auf @nullsummenspiel aus, um Spenden fuer die FSA zu sammeln.)

Ulm goes Freiheit statt Angst 2010

Ich liebe es, wenn irgendetwas trotz Chaosorganisation wie von selber laeuft. Die Mensa der uulm wird seit gestern beflyert, und heute hingen auch Plakate fuer die Freiheit statt Angst 2010 zwischen O27 und M27.

Bleibt also, nochmal im Netz aufzurufen: Fahrt hin, bastelt euch schoene Transparente — und wenn ihr nicht teilnehmen koennt, verbreitet die Kunde, haengt Plakate auf oder spart euch einen Fuenfer vom Munde ab. Ich wurde ausserdem von den Ueberresten der Ulmer AK-Vorrat-OG mit mehr Flyern als noetig ausgestattet, d.h. wer hier noch Bedarf hat, kann gerne etwas abhaben.

Zugegeben, die Logistik nach Berlin kann „mal eben“ fuer eine Demo zum Problem werden. Claus‘ Auto scheint mittlerweile gut gefuellt, es gibt aber noch weitere Interessenten — unter Umstaenden wird es die Tage noch eine „offizielle“ Mitfahrkoordination geben, bis dahin nehme ich aber gerne Fahrangebote und -gesuche von/bis Ulm in den Kommentaren entgegen.

Und wer mehr als nur den Samstag in Berlin verbringen will, sei beispielhaft auf das Symposium „Verbotene Filme“ verwiesen — oder auf die droelf Millionen anderer Dinge, die man an einem Wochenende in Berlin so anstellen kann.

Statt Vorlesung: Strassenkunst und Flugzeugwerbung

Man stelle sich vor, man sieht auf eine Kreuzung und trinkt Kaffee. Oder Tee, oder sonstwas, jedenfalls sieht man auf diese Kreuzung, als dort auf einmal Fahrradfahrer anhalten. Das ist an sich nichts spektakulaeres, also Fahrradfahrer an sich, wenn die nicht an allen Zufahrten zur Kreuzung jeweils einen Kuebel Farbe ausleeren wuerden. Also Kreidefarbe vermutlich, da kann ich nur spekulieren, aber es soll wohl abwaschbar sein, auch wenn die Stadtwerke wohl bislang vergeblich herumschrubben.

Unabhaengig von der Art der Farbe (und ob man nun Kaffee oder Tee trinkt), ergibt sich in Kuerze ein wunderbares Farbenbild auf der Strasse, verursacht durch hunderte Autoreifen. Schoen 🙂

Mehr dazu hier oder auch hier (schoene Bilder).

Und weil’s so schoen war, noch ein Video, wie Germanwings guenstig Werbung an Bord der Konkurrenz macht:

Einfach mal machen

Der Artikel bei Spreeblick, wie man ein Szene-Berliner wird, ist eigentlich ziemlich wahr. Das Dumme daran ist nur, dass er das wahrscheinlich eher unfreiwillig ist.

Die klischeehaften Hipster, wie sie dort beschrieben werden, sind ja jetzt nichts wirklich neues. Vor fuenf Jahren haben wir uns ueber Emos lustig gemacht, und in zwei Jahren wird es die naechste Gruppe geben, die in ihrem Nichtkonformismus erstaunlich uniform auftritt. Geschenkt. Ebensowenig ist es neu, dass irgendwelche Trends in den USA anfangen, irgendwann dann in Grossstaedte wie Berlin oder Koeln schwappen, und ein Jahr spaeter tragen dann auch in Ulm auf einmal alle Frauen Ugg-Boots. Wenn der Trend bis dahin nicht unterwegs verhungert (bei Ugg-Boots leider nicht der Fall), in welchem Fall man das maximal noch ironisch verwenden kann.

Zu jeder Kultur gibt es dann eine Gegenbewegung, die sich ihrerseits von den Konformnonkonformisten abhebt, sich abfaellig ueber sie auslaesst und das dann „Satire“ oder „den Spiegel vorhalten“ nennt.

Man koennte sich jetzt darueber auslassen, warum denn Leute ueberhaupt nach Berlin ziehen, wenn sie nicht mit den Szenetypen zurechtkommen. Vermutlich, weil sie diese Rolle geniessen und gerne mal Artikel fuer die Neon schreiben wuerden. Oder man koennte lamentieren, dass ja nun alles viel doofer ist als vor 10 Jahren, wegen der vielen Schwaben, undsoweiter. Und dann kommt der naechste und sagt, dass das vor 10 Jahren auch schon doof war, im Gegensatz zu vor 20 Jahren. Und zur selben Zeit finden noch mehr Schwaben ihre Kleinstadt doof und wollen auch nach Berlin, um Szenetypen zu werden.

Und dann frage ich mich, warum die eigentlich alle meckern, anstatt ihre Stadt einfach selbst ein bisschen toller zu machen. So wie Laura und Wanda.

Ganz grosses Kino.

//edit: der Kommentar bei Spreeblick, der mir am besten gefallen hat.

ach, zeug halt

Um dem Untertitel dieses Blogs mal wieder alle Ehre zu machen, verzichte ich jetzt mal auf eine auch nur ansatzweise sinnvolle Sortierung.

Dinge, die man in Berlin machen sollte. Ganz viele. Richtig echte Berliner kennenzulernen, zum Beispiel. Ist schwieriger, als es sich anhoert. Dinge, die ich aus Erfahrung empfehlen kann: Den Club der Visionaere. Fremde Haeuser besteigen, wobei ich nicht weiss, ob das auch ohne Wlada so klappt wie vor nem Jahr. Die Caldera-Bar, vor allem Wochenends, wenn Manuel die Cocktails macht. Paules Metal-Eck, direkt um die Ecke, hat zwar keine funktionierende Website mehr, sollte man auch mal gesehen haben: Krossener Str. 15, Friedrichshain. @gruenzeug war beispielsweise sehr angetan von ihrem Cocktail und der Art, wie er serviert wurde. Und Dank @hey_johnnypark habe ich jetzt noch einen ultimativen Insidertip: Den Madenautomat im Wedding. Genau.

A propos Wlada. Die ist ja gerade in Washington und hat entsetzt erkannt, dass die Zeitungsbranche dort tatsaechlich so am Arsch ist, wie ich ihr immer erzaehlt habe. Auch dort drueben kann sie aber das publizieren nicht lassen und schreibt fuer brightestyoungthings, und unter anderem war sie neulich bei einem Konzert von Nouvelle Vague. Und die find ich gut. Echt jetzt. Deswegen binde ich hier jetzt ein Video ein, so:

Und weil ich eigentlich nicht nur Youtube will (kennt eigentlich jemand youtube.com/disco noch nicht? Jetzt jedenfalls schon.), fuehle ich mich versucht, endlich mal die angeblich so tollen Amazon-MP3-Downloads auszuprobieren. Mal schauen.

Der elegante Rueck-Uebergang zu Berlin ist jetzt natuerlich am Arsch. Unbeeintraechtigt davon werde ich aber im April nun doch wieder bei der re:publica sein, und Scheisse, sieht das Programm dieses Mal gut aus! Derzeit habe ich mal nur nach der Lustig-und-potenziell-interessantigkeit der Titel ausgewaehlt, und die sind zum Teil schon ganz toll:

Ich werde mich dann wohl entweder klonen lassen oder kurz vorher den ganzen Plan wieder umschmeissen muessen. Zum Glueck wird vieles aufgezeichnet, d.h. man geht einfach in die kleinen Vortraege, bei denen am ehesten eine interessante Diskussion entsteht, jedenfalls wenn die Speaker nicht wieder gnadenlos ueberziehen.

Diskussionen. Ja. Ich versuch jetzt gar nicht erst, einen Uebergang zu bauen. Ueber die research trends in media informatics 2010 wollte ich jetzt schon seit Wochen etwas schreiben. Stattdessen schliesse ich mich einfach Benjamin an: rtmi10 war so ziemlich das tollste, was ich bislang an der Uni Ulm erlebt habe. Die Vortraege waren durch die Bank qualitativ top, die Themen interessant, und mit den anschliessenden Diskussionen haette man sicherlich nochmal einen Tag fuellen koennen. Benni, Basti, Flo und ich waren so angetan davon, dass wir die wahnwitzige Idee ins Auge gefasst haben, so etwas als offenes, dauerhaftes Format an der Uni einzurichten. Jeder soll vortragen duerfen, Thema egal, nur zwei Vorgaben: Je Vortrag maximal 17 Minuten, und das Publikum darf sich unter gar keinen Umstaenden langweilen. Wer also schon immer mal in 17 Minuten auf interessantestmoegliche Weise ueber das Wanderverhalten der siebzehnjaehrigen Zikade referieren wollte, fuehle sich hiermit bereits eingeladen, einen Vortrag zu bauen — naeheres folgt.