Archiv für den Monat: Februar 2013

Das Leistungsschutzrecht als Nagelprobe fuer den Herbst

„Leistungsschutzrecht“ heisst die Idee, ein Gesetz so masszuschneidern, dass (Zeitungs)verlage Google dafuer zur Kasse bitten duerfen, dass Google News (das selbst nirgendwo Werbung einblendet) die aktuellsten Meldungen besagter Verlage verlinkt und auffindbar macht. Morgen soll sie durch den Bundestag.

Eine irre Idee ist das. So irre, dass seit Wochen eine breit angelegte Kampagne versucht, der Zeitungsverleger-Kampagne — vornehmlich vom Axel-Springer-Verlag angefuehrt — ein wenig Gegengewicht entgegenzuwerfen. Udo Vetter erklaert die Problematiken, die sich vor allem „kleinen Bloggern“ stellen werden:

Da sich auf diesem Gebiet also nichts ändern wird, stellt sich die Frage: Wer braucht eigentlich das Leistungsschutzrecht? Ich habe nach wie vor die große Befürchtung, dass es in Wirklichkeit gar nicht gegen Google geht. Sondern darum, die Deutungshoheit der Verlage im Netz gegenüber Blogs, Facebook und Twitter zurückzugewinnen.

Man wuerde ja meinen, es gebe fundierte Argumente, die fuer dieses Gesetz sprechen. Stefan Niggemeier zeigt auf, wie Springer und Co. nicht nur auf Nachfrage keine Argumente nachliefern koennen, sondern fundierte Kritik von Medienwissenschaftlern zu diskreditieren versuchen. Kritik kommt mittlerweile auch von JournalistInnen, vom DJV bis zu den Freischreibern; und der frueher Chef der Monopolkommission erklaert im Interview, dass das Gesetz „ein Fiasko“ sei.

Alexander Svensson zerpflueckt derweil die juengste Zusammenkuerzung des Entwurfs, die das Gesetz noch absurder macht, und auf Netzpolitik ist ein Sammelsurium an Stellungnahmen einzelner Gruppierungen zu finden, die sich gegen das LSR aussprechen.

Ob’s hilft, weiss man nicht. Die CDU/CSU steht zu grossen Teilen nach wie vor hinter dem Entwurf, der dadurch im bloedesten Fall morgen durch den Bundestag gewunken wird.

Sollte das passieren, darf man die Augen offenhalten. Welche der „eigenen“ Abgeordneten fuer dieses Chaosgesetz stimmten. Bei denen kann man sich dann folgerichtig sicher sein, dass die digitale Welt ihnen scheissegal sind, und/oder sie, was Netzpolitik angeht, entweder ignorante Idioten oder gefaehrliche Irre sind.

Was mich am Rande noch interessiert ist ja, wie die lokalen Zeitungsverlage so stehen. Sagt, NUZ, SWP, wie haltet ihr’s mit dem LSR?

Polizei, Verfassungsschutz, Bundeswehr

Ein etwas anderer Rundumschlag…

Der Professor las die drei Artikel. Und ärgerte sich. Er lehrt an der Polizeihochschule in Hamburg und heißt Rafael Behr. Behr meldete sich bei der Journalistin, die über die Polizei geschrieben hatte. Zwei Wochen später erschien ein neuer Artikel, Überschrift: „Hamburger Kriminologe: Die Polizei jammert zu viel“. Das war es, was Behr so geärgert hatte. Das Jammern.

Gewalt gegen Polizisten: Heule, heule Gänschen (FAZ)

Wir sind jetzt ganz innen und ganz oben angekommen. Und zum ersten Mal ergibt sich ein Bild: Die Rechten waren zwar im Blickfeld des Verfassungsschutzes. Aber es fehlte die Tiefenschärfe. Denn der Dienst, der schlecht organisiert und abgelenkt war und sich trotzdem überschätzte, suchte nur, was er zu kennen glaubte. Er hatte sich abgewöhnt, das Unvorhergesehene für möglich zu halten – und als es geschah, merkte er es nicht.

Wenn der Verfassungsschutz nicht in der Lage ist, eine Terrorgruppe wie den NSU zu entdecken – braucht man ihn dann noch?

Geheimdienst: In Heimlichheim (Zeit Online)

Nach Freischaltung spielte ich folglich auch ein bisschen mit diesen Fragestellungen herum, angereichert um eine politische Variante. Die Vermutung, dass einige Angehörige der Bundeswehr auch der NPD nahestehen, hielt ich nicht für komplett abwegig. Also gab ich es ein.

Facebook Graph Search findet Nazis in der Bundeswehr. Oder: Wie man V-Leute spart.

Open Data Day 2013

Und dann haben wir einfach wieder gehackt. Oder so aehnlich.

Eigentlich kam uns — also der datalove-Hochschulgruppe, die unter Anderem ulmapi.de befeuert — der weltweite Open Data Day am 23. Februar eher so mittelgelegen. Eigentlich wollen wir Mitte des Jahres wieder ein OpenCityCamp machen, fuer dessen Verpflegung wieder Gelder eingeworben werden muessen, eine Ueberlassung von der Universitaet eingeholt, ein Rahmenprogramm aufgestellt… die Beteiligung am Open Data Day war eigentlich eher mal so eben eingeschoben, nebenher organisiert, um die Flagge hochzuhalten.

Eigentlich.

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Umso erfreuter bin ich im Nachhinein, dass mit so wenig Aufwand so viel herauskam. Aehnlich wie beim Node Knockout 2011 einfach mal in der Gruppe zusammenzusitzen, Dinge bauen, diskutieren, dazulernen — und damit Ulm zu einer von gerade einmal acht deutschen Staedten machen, die sich an diesem Hackday beteiligten. In Koeln beispielsweise hat man angefangen, unsere Livemap auf Koelner Verhaeltnisse umzubauen, waehrend Falco seinerseits besagter Ulmer Karte einige Bugs auszutreiben versuchte.

Mit Simon Streib vom kiz diskutierten wir im „Kaffeezimmer“, was an der eigenen Uni in Sachen Open Access getan wird und wie hoch die Betraege sind, die ueblicherweise in Journal-Abonnements versenkt werden. Ich haette mir an der Stelle ja auch die Praesenz der einen oder anderen Studierendenvertreter gewuenscht, aber der Hinweis auf kostenloses Essen war wohl nicht gross genug geschrieben gewesen…

Was leider immer noch nicht klappte: Den Haushalt der Stadt Ulm auf openspending vollstaendig zu importieren. Von der Zeppelin University kamen trotz des Austauschs im November weder TeilnehmerInnen noch Feedback, wir wissen nach wie vor ebensowenig von Doppik wie damals, und externe Hilfe kam leider auch doch keine zu uns. Wir haben nun die Wahl zwischen einer Interpretation, in denen verschiedene Teilhaushalte zusammen 400% des Gesamthaushalts ausmachen, und einer, in der der Haushalt drei- bis viermal so gross ist wie das, was auf der offiziellen Seite der Stadt steht. Wir vertagen erneut. Leider.

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Dafuer wurden andere Projekte fertig: Michi hat eine Oeffnungszeitenkarte fertig gebaut, die auf Basis der Daten aus der OpenStreetMap anzeigt, welche Einkaufsmoeglichkeiten gerade geoeffnet haben. Benni hat in Rekordzeit den ersten Datensatz, den wir jemals von der Stadt bekamen, in Click that Hood eingebaut — wo Ulm nun zwischen Toronto und Vancouver steht, als dritte deutsche Stadt ueberhaupt. Und wir haben uns viele neue Ideen angesehen, an „alten“ Projekten weitergearbeitet und mit den TeilnehmerInnen aus anderen Staedten ausgetauscht.

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Alles fuer die ueberschaubare Summe von knapp 60 EUR fuer die Verpflegung, die Benni als mittlerweile-Geld-Verdiener grosszuegig uebernommen hat.

Das naechste OpenCityCamp bekommen wir vor dem Hintergrund vermutlich guenstiger hin als das letzte. Und hoffentlich haben wir bis dahin jemanden gefunden, um endlich den beschissenen Haushalt zu importieren :>

Bilder von Michael Mueller, unter Creative-Commons-Namensnennung-Lizenz.

Das Problem mit Nicht-so-ganz-open-Data

Vorbemerkung: Wer mit tatsaechlich vorhandenen offenen Daten spielen und etwas machen mag, sei herzlich eingeladen: Am Samstag, 23. Februar, ist Open Data Day, und Ulm gehoert zu einigen wenigen Staedten, in denen an diesem Samstag gehackt wird. Bonustrack: Open Access an der Uni Ulm. Mehr auf ulmapi.de!

Alle reden, keiner tut’s. Oder so aehnlich. Wenn man mit offenen Daten aus Regierungshand zu tun hat, kommt man sich oft vor wie eine kaputte Schallplatte — oder als wuerde man eine hoeren. Von den Daten, die offizielle Stellen erheben und sammeln, sind die wenigsten in irgendeiner Form verfuegbar, und selbst diejenigen, die es sind, sind selten „offen“.

Die SZ titelt „Lasst endlich Daten sehen!“, und spricht mir aus der Seele. Zu langwierig sind die Prozesse hinter Open Government in Deutschland, zu halbherzig die Ergebnisse. Juengstes Beispiel ist das Datenportal des BMI, govdata.de, das zwar nun endlich ein bundesweites Portal fuer Regierungsdaten darstellt, aber nicht ohne Grund kein „Open“ vor dem „Government Data“ stehen hat. Fuer dessen Daten hat sich Fraunhofer FOKUS eigens eine selbst ausgedachte „Datenlizenz Deutschland“ gebaut, die eine vollstaendig eigene, zu etablierten Lizenzen wie Creative Commons oder ODbL inkompatible Inselloesung darstellt und sich dazu noch den Vorwurf unsauberer Formulierung machen lassen muss. Die ausfuehrliche Version findet sich in einer gemeinsamen Erklaerung auf not-your-govdata.de. (Dass das System vom „Ansturm ueberlastet“ war, ist zwar peinlich, aber nicht kriegsentscheidend, lieber Fefe.)

Leider dreht man sich in Deutschland aber immer in denselben Spiralen. Kultureinrichtungen koennen ihre Schaetze nicht unter freier Lizenz bereitstellen — weil sie nicht den Haushalt bekommen, den sie brauchen, sondern von ihnen erwartet wird, ihn sich mit Lizenzierungsgebuehren auszubauen. Was dazu fuehrt, dass sich die staedtische Oeffentlichkeitsarbeit fuer die offizielle Facebookseite Ulms Archivbilder beim staedtischen Archiv im wahrsten Sinne des Wortes einkaufen muss. Anstatt den einen Topf ordentlich zu befuellen, damit alle etwas davon haben, wird intern umgetopft. So ist das in der Verwaltung eben. Und ueber Vermessungsaemter reden wir jetzt am besten gar nicht erst.

Lorenz Matzat zieht ein eher ernuechtertes Fazit:

 

In meinen Augen geht es um die Themen Macht und Herrschaft: Also darüber, wer gesellschaftliche Regeln festlegen und dann auch durchsetzen kann. Neben dem Gewalt- spielt das Informationsmonopol dafür eine zentrale Rolle. Dass das Internet hier als „Gamechanger“, als „Disruptor“ auftritt ist mittlerweile eine so banale Feststellung, dass es mir fast weh tut, sie aufzuschreiben. Trotzdem ist Dynamik um und der Ruf nach Open Government inklusive Open Data eben Ausdruck davon.

Dieser Ruf wird verhallen. Das ist mein Fazit. Weil er ausgesessen werden wird. In den Verwaltungen und mit ihnen verzahnten Parteistrukturen ist das Phänomen des Selbsterhalts von Institutionen so ausgeprägt, dass ein radikales Konzept wie Open Data (als wichtiger Bestandteil von OpenGov) – wenn es nicht ignoriert werden kann – weichgespült werden wird. Da wird auch ein “Kulturwandel” wenig nützen, weil es einen Wandel bzw. eine deutliche Fortentwicklung des gesamten jetzt bestehendem politischen Systems bräuchte.

Den gesamten Text zu lesen lohnt, nicht zuletzt der Links rund um die Debatte wegen. Ebenso seinen zweiten Text zu den Entwicklungskosten, und was man eigentlich fuer 150.000 EUR stattdessen alles haben koennen haette.

Allein: Ja, auch ich bin nicht mehr so enthusiastisch, wie ich es 2010/2011 war. „Uphill Battle“ trifft es recht gut. Aber da gibt es dann wieder so Momente, in denen ich zufrieden laecheln muss. In denen das Schlachtfeld zumindest lokal wieder schoen aussieht. In den naechsten Tagen kommt hoffentlich ein Datensatz online, fuer den ich lange gefochten habe, und wenn alles glatt geht, unter einer hervorragenden Lizenz. Und ich kann auch nicht verhehlen, so ein bisschen viel stolz zu sein. Darueber, dass die „neuesten Datensaetze“ auf govdata.de allesamt aus Ulm sind — und dass sie unter cc-by-Lizenz stehen.

Manchmal ist Ulm halt doch ganz okay. Danke in Richtung Rathaus an Lucia und Konsorten — ihr koennt was, und wir wissen, was wir an euch haben 🙂

Schei� Encoding!

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Selber faellt einem das vermutlich kaum mehr auf, aber Ortsfremde sind immer wieder belustigt, wenn sie in den RBA-Bussen sitzen und die etwas eigenwillige Haltestellenanzeige begutachten. Der handgemalte Bus, und dass weder folgende Halte noch die Zeit bis zum Eintreffen angezeigt werden (koennen) — geschenkt. Viel auffaelliger ist die Implementierung von Umlauten und scharfem S.

Ich hatte die RBA bzw. NeUBus auch tatsaechlich per E-Mail gefragt, warum sie denn auf ihren DFI-Monitoren nicht die Ersetzungen vornehmen, die durch den 7-Bit-Zeichensatz der IBIS-Bordrechner notwendig werden — „{“ bezeichnet in den IBIS-Datentelegrammen ein kleines „ä“, „~“ ein „ß“, und so weiter.

Bislang kam keine Antwort. Vielleicht klappt’s ja bis naechstes Jahr. Dann wird der zugehoerige Standard 30 Jahre alt.

Linkrundumschlag

„Holland vs Netherlands“ — grafisch erklaert, der Unterschied zwischen Holland und den Niederlanden. Und dem Koenigreich der Niederlande, den besonderen Gemeinden, den ehemaligen Niederlaendischen Antillen und wo man mit Euro bezahlen kann und wo nicht. Durch den Youtube-Kanal klicken macht Spass 🙂

Außerdem: