Archiv für den Monat: Oktober 2012

Leseempfehlungen

Heute mal eine eher wilde Mischung, dafuer mit Anrissen 😉

Nicht ein Gläschen? Nur eins, zum Anstoßen? Nein, kein zum Gläschen verniedlichtes Alkoholglas für mich, und eins schon gar nicht, eins ist ja ganz zwecklos. Wenn ich am Alkoholtrinken etwas immer verachtet habe, so ist es das sogenannte maßvolle Trinken. Vernünftig trinken wohl gar noch, Rausch ohne Reue? Amateure! Was „leicht angeheitert“ genannt wird, nenne ich Bausparerrausch, fast so absurd wie alkoholfreies Bier.

„Nuechtern“: Benjamin von Stuckrad-Barre beschreibt sechs Jahre ohne Alkohol. Via @fukami.

Wer sich an die Flüchtlingsdebatte der 90er erinnert und die Parallelen zu heute feststellt, schämt sich für das mangelhafte gesellschaftliche Gedächtnis und den politischen Stillstand.
Das Unwort des Jahres 1992, „Scheinasylant“ schürte das Klima des Hasses. Ausländerfeindliche Kampagnen der Republikaner fielen auf fruchtbaren, spießbürgerlichen Boden mit Motiven wie „Das Boot ist voll“ und führten unmittelbar zur Pogromstimmung von Rostock und den abscheulichen Brandmorden in Mölln.

„Niemand ist illegal“: Bruno Gert Kramm zu Asylrecht. Verwandt: Frontal21-Beitrag. Das „illegale“ Democamp in Berlin scheint JournalistInnen derweil nur am Rande zu interessieren — was Laura Dornheim zu einem vermutlich anfangs nur sarkastisch gemeinten Plan fuehrte…

If Bob doesn’t take any drugs, then it will be in my best interest to take them. They will give me a performance edge against Bob. I have a better chance of winning.

Similarly, if Bob takes drugs, it’s also in my interest to agree to take them. At least that way Bob won’t have an advantage over me.

So even though I have no control over what Bob chooses to do, taking drugs gives me the better outcome, regardless of his action.

“Lance Armstrong and the Prisoner’s Dilemma of Doping in Professional Sports”, von Bruce Schneier. (via @mikko bzw. @vollkorn)

Ich war immer aus unterschiedlichen Gründen gegen die Frauenquote, obwohl ich den Frauen in unserer Gesellschaft mehr Chancengleichheit, Gleichberechtigung und mehr Selbstbestimmung gewünscht habe. Projeziert man Sixtus’ Tweet auf meinen Wunsch, so stellt man fest: Vom Wünschen alleine wird den Frauen leider nicht geholfen.

„Ich unterstuetze jetzt die Quote“. Von einem Piraten Peter Piksa (kein Pirat). Geht doch!

Like any son with a father in his late 60s, I assumed his sudden silence meant he was having a minor cardiac event. He wasn’t, however: he was simply back in the presence of a building he hadn’t seen in half a century.

We got out of the car and circled the mass of black marble. Dad didn’t say much for a minute or so, but I was astonished that this forgotten edifice had made the cut in Rockstar’s highly compressed take on Los Angeles. […] It’s the kind of building that wouldn’t really be missed, and yet here it was, and dad was visibly shaken.

We drove about for another hour or two after that, and by this point dad was hooked. Not hooked on L.A. Noire’s narrative, perhaps, or caught up in the complex chains of missions, but hooked on the city, on the fascinating, insightful job that Rockstar had done in stitching the past together. Even though I can’t actually drive, and the car we were in wasn’t a real car anyway, I had a strong sense that I was in the front seat, turning the wheel beneath my hands, and he was riding low in the back, face pressed to the glass. Role reversal. It happens to all fathers and sons eventually, I guess. Why shouldn’t it happen because of games?

„Night and The City“: Chris Donlan spielt LA Noir mit seinem Vater, der im LA der 1940er aufwuchs. Ein Grund mehr, warum ich so gerne so viel Digitalisate a la Google Street View haette — digitale Archaeologie quasi, und sei’s fuer solch ein Spiel. (via @lorz)

Human Transit

Kleiner, interessanter Nebeneffekt aus den Diskussionen rund um das Buergerforum zum Verkehrsentwicklungsplan Ulm/Neu-Ulm: Ich wurde auf das Buch Human Transit von Jarrett Walker und vor allem das gleichnamige Blog desselben Autors aufmerksam gemacht.

Mal sehen, ob ich die Buchbestellung ueber die Unibib irgendwie begruenden kann — aber auch das Blog ist fuer alle lesenswert, die sich irgendwie mit Nahverkehr und Verkehrsplanung beschaeftigen.

Mein Shirt

Chemiker-Huette, kurz vor der Abfahrt. ChemikerInnen-Erstis schauen mein T-Shirt an:

„Dein… Shirt…“

„Ja?“

„Ist das das MIT?“

„Ja.“

„Haha, das hast aus dem Mailorder, oder?“

„Noe. Dort gekauft.“

„Whoa. Was hast da gemacht?“

„Oh, ich war nicht am MIT… ich habe in Connecticut den beruehmten Forscher Raimar Wagner besucht und war mit ihm dann an der University of Chicago, der UQAM und dem MIT. Kennt ihr den nicht? Der ist ab und zu an der Uni West, muesst ihr mal schauen.“

Dass wir die Uni Chicago gar nicht gefunden und uns beim Versuch einen abgefroren haben, hab ich nicht erzaehlt. Auch nicht, dass Raimar kurz vorm MIT-Besuch das neue Jahr in einem Club gefeiert hat, in dem’s nur Saft gab.

Irgendwie muss das mit der Legendenbildung ja funktionieren. Und die MedizinerInnen kennen jetzt auch den Erzkanzler der uulm, dessen Job sie echt cool finden.

Darth-Vader-Geraeuschimitation

Eigentlich bin ich seit 2003 Atemschutzgeraetetraeger in meiner Feuerwehr. Hierzu gehoert es, alle drei Jahre eine arbeitsmedizinische Untersuchung nach dem Grundsatz 26.3 zu machen: Neben einer allgemeinen Untersuchung sowie Seh- und Hoertest wird der Thorax geröntgt, ein Belastungs-EKG gemacht, Urin- und Blutproben genommen.

2009 waere meine turnusgemaesse Untersuchung faellig gewesen… und ich habe sie herausgezoegert. Erst war ich im Nachgang des 4daagse nicht wirklich fit, dann fehlte die Zeit, dann stellte ich fest, dass ich immer mehr Couch-Potato geworden war, und irgendwann gab ich mich mit der Ausrede zufrieden, eh nur noch Verwaltungsdienst zu machen und kaum Atemschutz zu fahren, so dass ich das eh nicht braeuchte. Also kam das „A“ vom Helm und der Codierstecker fuer die Registrierung und Zeitkontrolle fuer AtemschutzgeraetetraegerInnen von der Ueberjacke. Finito.

Irgendwann kam aber der Ehrgeiz wieder, auch mal bei den neu gestalteten Leistungspruefungen unter Atemschutz mitzumachen — und so holte ich mir Ende Mai 2012 mit gerade mal drei Jahren Verspaetung (*hust*) die obligatorischen EKG-Knutschflecke ab.

Der zweite Teil zur Wiedererlangung der A-Zulassung sorgte dann fuer etwas mehr Scheu: Der Durchgang der Atemschutzuebungsstrecke. Nacheinander muessen dort in voller Ausruestung 25 Meter auf der Endlosleiter und wahlweise 35 Huebe am Hammerschlaggeraet oder zwei Minuten lang 400 Watt auf dem Fahrradergometer oder dem Laufband leisten, bevor man mit tiefen Atemzuegen den Puls runterbringt, durch eine simulierte Industrieanlage klettert und dann truppweise in tiefer Gangart durch den verdunkelten und vernebelten „Gitterkaefig“ mit Hindernissen wie beispielsweise einer 2,50 Meter langen Metallroehre krabbelt, durch die man sich im Team gegenseitig durchschieben und -ziehen muss.

Um keine Missverstaendnisse aufkommen zu lassen: Die Scheu betraf nicht die koerperliche Leistung 🙂

Schon in der Ausbildung war ich einer derjenigen, die am Ende der Uebungen noch am meisten Atemluft „uebrig“ hatten. Tiefes, kontrolliertes Atmen ist das Schluesselwort, um die „Verluste“ durch anatomischen und technischen Totraum moeglichst niedrig zu halten und nach intensiveren Belastungen den Puls wieder normalisiert zu bekommen — waehrend bei anderen nach Uebungen oft schon die Druckwarner der Atemschutzgeraete ihre durchdringende „du hast weniger als 55 bar uebrig!“-Warnung pfiffen, hatte ich meistens noch 150 oder noch mehr der urspruenglich 300 bar Flaschendruck uebrig. Irgendwie kann ich das, keine Ahnung warum.

So machte es gestern auch richtig Spass, erstmals seit Jahren wieder ein Geraet aufzuhaben, die Standards abzuwickeln (Kurzpruefung, gegenseitige Kontrolle und Anschluss, immer Kontakt zu einem Stiefel der/des TrupppartnerIn halten, Gangartwechsel etc) und ordentlich durchgeschwitzt aus der Strecke zu kommen. Mit 150 bar Restdruck, waehrend die anderen mit 10, 70 und 90 bar rausgingen. Nicht schlecht 🙂

Nur ein gewaltiger Wermutstropfen truebt die ganze Sache. Zum Streckendurchgang und ueberhaupt zur gesamten Atemschutztauglichkeit gehoert es, die komplette Wangen- und Kinnpartie rasiert zu haben. Klar, denn wie sonst sollte die Atemschutzmaske dicht abschliessen koennen. Und so kam es, dass ich gestern die „wer rasiert, verliert“-Wette vom Mai 2011 endgueltig beendet habe. Ich hab sowas von gewonnen, Dominic :3

Und weil sich einige fragten, wie mein Gesicht denn ohne Bart aussaehe (17 Monate sind ja wirklich eine lange Zeit!), hier ein Vorher-Nachher-Bild:

Und nochmal Ulm im Zeitraffer

Nach dem Ulm-bei-Nacht-im-Zeitraffer-Video von Michi gibt es nun ein Nachfolgevideo von magges hoefi, der allgemeine Nachtszenen, Volksfest, Nabada, Lichterserenade und Ulmer Zelt in ein Video vereint hat. Man merkt ein wenig die Begeisterung ueber seinen selbst gebauten Kameraslider — was fast ein wenig schade ist, denn einige Einstellungen wirken ein wenig wie Slideraufnahme-weil-ich-nen-Slider-hab-Aufnahmen.

Egal. Schoen. Und wie zu fast jeder Zeitrafferaufnahme passt als Alternativsoundtrack prima Philipp Glass dazu.

Ulm auf Zeit from magges höfi on Vimeo.

(danke, Jonas!)

Paperfunde: Wahlbetrug und Bill Clintons Zigarre

Die zwei Fundstuecke des Tages:

Klimek, Yegorov, Hanel & Turner: Statistical detection of systematic election irregularities

Wer sich mit Wahlmanipulationen wie Gerrymandering nicht zufrieden gibt, greift zu „haerteren“ Wahlfaelschungstechniken — aber wie deckt man diese auf? Klimek et al streifen kurz den (umstrittenen) Ansatz ueber Benford’s Law, bevor sie ein eigenes Modell vorstellen; zur Visualisierung eines „Fingerabdrucks“ werden Wahlbeteiligung und Wahlergebnis der Siegerpartei in ein 2D-Diagramm abgetragen. Man beachte die deutlichen Aussreisser bei der 100%/100%-Marke der Wahlen in Russland und Uganda…

Wer sich ueber den Fingerprint der Kanadischen Wahlen wundert: Quebec vs. anglophones Restkanada 🙂

(via fasel)

Zeitliche Zufaelle sorgten dafuer, dass plomlompom ein Paper fand, das ich vor kurzem gerne schon gekannt haette und sich mit der Frage beschaeftigt, was eigentlich als „Sex“ durchgeht. Verdacht: Clinton ist schuld daran! Tatsaechlich eher: Unsere Sprache ist viel zu unpraezise.

Hans, Gillen & Akande: Sex Redefined: The Reclassification of Oral-Genital Contact.

Professionals themselves use these terms inconsistently. For example, in some contexts, abstinence encompasses any and all sexual activity with oneself or others, but in others, it refers to a
more limited scope of behaviors, such as those that carrya risk of STD or may result in conception. Perhaps most infamously, President Bill Clinton played on the ambiguity concerning what behaviors constitute sex by emphatically stating at a White House press conference in January 1998 that he “did not have sexual relations” with a White House intern. Some considered this statement misleading when it later became known that oral-genital contact had occurred, yet many Americans shared the interpretation that President Clinton relied on

Die befragten Studierenden an der UKY teilten diese Ansicht offenbar auch: Nur 20,1% (m) bzw. 19,8% (w) der ProbandInnen wuerden Oral-Genital-Kontakt als „Sex“ bezeichnen — immerhin mehr als bei intensivem Kuessen (8,1%/4,9%), aber deutlich weniger als bei penil-analem (79,9%/77,7%) oder vaginal-analem Geschlechtsverkehr (96,0%/98,2%).

Ich haette gerne DesignerInnen, die einem per Baukasten ein menschliches Aequivalent zu Aircraft Safety Cards zusammenklicken lassen. Da darfs dann auch eine spezielle Karte fuer Sex geben, auf der besondere Eigenschaften des Modells verzeichnet sind, das einem gegenuebersteht. Problem geloest! \o/