Unter Ulm

Freitag morgen, gegen 0300 Uhr: Sechs Gestalten schleichen sich auffaellig-unauffaellig wieder in das Ulm ueber Tage. Und sehen aus wie die Sau. Vorbeilaufende Passanten (und beim Heimweg zu Fuss offenbar auch eine Streifenwagenbesatzung) fragen sich: Was zum Teufel haben die denn gemacht?

Urban Explorer

Nun, das begab sich so: Anfangs waren wir sogar noch zu acht, von denen drei vor gar nicht allzulanger Zeit schon einmal in die Ulmer Unterwelt abgetaucht waren. Ulm Underground, quasi. Einen noch tiefer liegenden Ort galt es aber noch zu erkunden, und wir hatten das schon ewig vor uns hergeschoben — die oertliche Zeitung beschleunigte unsere Plaene dann aber unversehens um einiges.

Im Schacht

Noch sind die Stiefel sauber...Dort hatte man sich naemlich Don Vanone als Ideengeber fuer das Sommerloch gesucht und sich zu besagtem Ort fuehren lassen, um daraus einen Artikel verwursten zu koennen.

Unter Geocachern ist es eher umstritten, ob man der Presse ueberhaupt allzuviel zeigen soll — zu oft haben Reporter offenbar schon Raetsel, Cacheverstecke und Besonderheiten „gespoilert“. Bei besagter Lokalitaet kommt dann dummerweise noch dazu, dass man zwar ungehindert hinein- und wieder herauslaufen kann, ohne dass irgendwo Gitter waeren — man dazu aber erst einmal herausfinden muss, wo der Eingang ist, und die Abwesenheit von Gittern wohl nicht zuletzt dem Umstand geschuldet ist, dass die ueberwiegende Mehrheit der Ulmer bislang keinen blassen Schimmer hatte, was da unter ihren Fuessen liegt.

Im Schacht II

Auch der SWP-Redakteurin wurde dann wohl klar, dass das nicht so ganz offiziell ist, woraus dann offenbar die glorreiche Idee entstand, den Artikel so zu bauen, bei Stadt und Behoerden herauszufinden, was die denn davon halten.

Glorreiche Idee.

Licht im Dunkel

Laut dem Don wird die SWP die Story vielleicht dann doch fallengelassen, fuer uns war das auf jeden Fall ein passender Anlass, diese besondere Exkursion nun doch endlich mal in Angriff zu nehmen. Die Zeit bis zum „Warmduscher-Cache“ kam uns im Vergleich zur ersten Tour laecherlich kurz vor, also ging es weiter… durch Hitze… und enge Gaenge… unter Hindernisse… ueber Hindernisse…

Wer noch nie da unten war, macht sich keine Vorstellungen, wie verdammt heiss das wird. So heiss, dass die Klamotten in kuerzester Zeit am Koerper kleben. So heiss, dass das Objektiv der Kamera beschlaegt, wenn es nicht eh schon voller Matsch ist.

KEB 130, Full Power

Ah, ja, die Kamera. Die wollte ich naemlich nach der Erfahrung mit dem Warmduscher unbedingt dabei haben. Im Nachhinein war es eine gute Idee, nur ein Billig-Objektiv mitzunehmen, dem auch ein paar Stoesse nichts mehr anhaben koennen.

Den ferngezuendeten Blitz haette ich mir dagegen fast sparen koennen: Das Bild da oben wird von einem umgebauten Eisemann KEB130 beleuchtet. Die ehemalige Bundeswehr-Standardfunzel hat vier(!) Cree-LEDs mit jeweils 5(!) Watt Leistung im Scheinwerferkopf. „Taghell“ ist ein ganz passender Ausdruck fuer dass, was der Handscheinwerfer kann. Da kann mein W276 nicht gegen anstinken.

Es wird heiss. Kein Weg nach draussen

Irgendwann wurde der Marsch unter Quertraegern hindurch aber etwas fad: Ueber eine Stunde waren wir schon unterwegs, und noch kein Ende in Sicht. Zwei der Mitstreiter (und mit ihnen der KEB130) drehten wieder um, waehrend wir weiterzogen.

Zu weit

Irgendwann kam aber auch uns sechs Verbliebenen Entdeckern die Sache etwas spanisch vor. Zuvor war auf der „Hindernisstrecke“ der Boden von vielen Fussabdruecken aufgewuehlt — hier war wegen des Ziegelbodens zwar kaum an Spurenlesen zu denken, in Kopfhoehe waren aber dichte Spinnweben zu sehen, die man leicht mal eben im Gesicht hatte.

Eine Moraststelle brachte Gewissheit: Hier war vor uns schon lange niemand mehr gelaufen. Eine vorsichtige Erkundung kam zum Ergebnis, dass wir uns schon unterhalb eines recht markanten alten Bauwerks kurz vor der Grenze zur Oststadt befanden. Also zurueck.

Ex-Brunnen, Ex-LSR, Ex-Partykeller

Und dann waren wir endlich am richtigen Ort — bloederweise waren wir auf dem Hinweg einfach mit der gesamten Gruppe vorbeigestiefelt. Umso bloeder fuer die Rueckkehrer, die dann offenbar gleich zweimal am Ziel vorbeigekommen waren, ohne es dann am Ende ueberhaupt zu sehen 🙁

Ziel erreicht

Klugen Spruch ausdenken

An dieser Stelle jedenfalls: Ein riesiges Dankeschoen an die Cacheowner, die einem so eine schoene Erkundung bescheren! Wir haben auch was nettes dagelassen 🙂

Umwidmung

Mittlerweile habe ich auch ein wenig recherchiert: Uns kam schon vor Ort die Beschilderung als Luftschutzraum sehr spanisch vor. Die Raeume hatten keine erkennbare Gasschleuse, keine Belueftung, generell kaum Einrichtungen, wie man sie in einem LSR erwarten wuerde. Die Bausubstanz wirkte deutlich aelter als Weltkriegszeit, bot (fuer uns) aber auch keine offensichtlichen Hinweise auf eine fruehere andere Verwendung.

Mittlerweile weiss ich, dass der Name des Caches nicht von ungefaehr kommt: Die Raeume sind Teil der mittelalterlichen Wasserversorgung, die im Krieg lediglich zum Luftschutzraum umgewidmet wurden. Und wer mehr hierueber erfahren will, kann das Seehausbrunnenwerk beim Zundeltor nach Anmeldung auch ganz offiziell besuchen.

Da haetten wir ja also schon gleich noch ein wenig mehr Kultur mitgenommen.

Und jede Menge Wasch- und Putzarbeit.

Ueberreste

8 Gedanken zu „Unter Ulm

  1. Matthias

    Ihr seid vorbeigelaufen? Wie habt ihr das geschafft? 🙂
    Ich bin erstmal erschrocken, als ich das gelesen hab, weil ich direkt vom Owner weiss, dass sie damals bei der Erstbegehung auch, wie ihr, weitergelaufen sind (schon „unten drunter“ weiter, oder?) und dann irgendwann der Sauerstoff merklich knapp wurde. Hörte sich fĂŒr mich durchaus gefĂ€hrlich an….

    Kleine Anekdote: Als ich zum zweiten mal im letzten Herbst dort unten war, brannte am Ende eines Ganges Licht. Wir kamen und um die Ecke, und plötzlich sehen wir 40 Meter vor uns, das da jemand sein muss. Licht halt. Der Herzschlag gleich mal doppelt so schnell, nur noch geflĂŒstert, Angst machte sich breit.
    Naja, war dann doch nur eine vom Techniker des Telefonverteilerkasten (oder was das auch immer war…vermutlich Ulms Hauptbackbone ;)) angelassene Neonröhre. Aber so wurde auch die eigentlich schon bekannte Strecke nochmal ziemlich aufregend.

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    1. stk Beitragsautor

      Wir hatten auf dem Hinweg vergessen, den Hinweis aufzulesen. Ich war recht weit hinten in der Gruppe, und die anderen Untergrunderfahrenen sind strack am Warmduscher vorbeigelaufen, also dachte ich mir nichts weiter und bin ihnen hinterher ^^

      Sauerstoff war recht okay da unten, ich vermute mal, dass die Waerme fuer ordentlich Umwaelzung sorgt. An dem besagten Endpunkt haette man durch einen recht schmalen Schacht weitergehen koennen, angesichts der Uhrzeit (war glaub ich schon gegen 0200) und weil wir die Lokalitaet eben nicht kannten, sind wir dann aber umgekehrt, um anhand der Spuren das eigentliche Ziel zu finden (was dann auch geklappt hat). Ich kann mir schon vorstellen, dass _dort_ hinten die Luft aber eher aus dritter Hand kommt und nicht so sehr zu sportlichen Leistungen animiert.

      Der weitere Weg sah aber schon interessant aus, und ich glaube auch, ich weiss, wo der hinfuehrt… 🙂 Ich koennte mir theoretisch ja einen Pressluftatmer mitnehmen, wobei die Aussicht, den auf den Hindernisparcours zu schleppen, wenig verlockend ist 😀

      Ich wuerde sowieso gerne mal den Wegeverlauf oberirdisch nachvollziehen. Anhand unseres Fehlziehls haben wir das schon ein wenig gemacht, aber gerade die Windungen am Anfang sind schwer nachzuvollziehen.

      Angelassenes Licht gabs bei uns auch an einem Abzweig. Unser Vorauskommando hatte dann zu unserer aller Herzklopfenverursachung recht scharf „Licht aus!“ befohlen und vorsichtig erkundet ^^

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  2. Marcus

    Ich hab heute Nacht auch die beiden Caches gemacht. Raus sind wir dann beim RĂŒckweg durch die Baustelle. Muss allerdings sagen, dass mir Niveau 0 der Uni wesentlich besser gefĂ€llt… Aber die Erfahrung war schon cool.

    Bitte gib doch bescheid, wenn du ein paar Oberirdische Punkte weißt. Das wĂŒrde mich auch interessieren. Und gleich noch ne Frage: Dort beim Licht, als man hĂ€tte abbiegen können, kommt da noch was? Meine Gruppe wollte auch nur grade voran.

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    1. stk Beitragsautor

      Raus durch die „Baustelle“? Es steht eigentlich explizit dran, dass man _nicht_ irgendwelche anderen Touren machen sollte… ich habe ein paar oberirdische Punkte feststellen koennen, mag die aber aus genau dem Grund eigentlich nicht weitergeben.

      Licht gibts btw an mehreren Stellen (jedenfalls von der Moeglichkeit her). Ka, was da gerade an war. Kannst dich ja an den Cacheowner wenden, der kennt sich aus 😉

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  3. Christoph

    Hi,

    der Eintrag ist zwar schon ein paar Tage Ă€lter, dennoch die Frage, ob es von der umgebauten KEB 130 Bilder vom Innenleben gibt? Ich habe nĂ€mlich eine solche Lampe beim kramen gefunden, und ĂŒberlege momentan, ob ich nicht auch gleich auf LED umrĂŒsten soll?

    Danke und Gruß
    Christoph

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    1. Henning

      Hallo Christoph,

      ja die gibt es. Wenn ich es schaffe daran zu denken, verlinke ich sie die Tage hier mal.

      Zugegebenermaßen ist die KEB 130 aber nicht beste Basis fĂŒr solche Projekte. Ich wĂŒrds sicherlich nicht nochmal machen..

      Ich kann aber vorweg schon mal den Aufbau beschreiben:
      Insgesamt sind vier Cree XP-G..irgendwas nebeneinander auf einen alten CPU Alu KĂŒhlkörper geklebt. Die Dioden sind paarweise in Reihe geschaltet. Jedes Paar wird von einer Konstantstromquelle mit 1400mA versorgt. Die Dioden nehmen so jeweils ca. 5 Watt auf.
      Das ist viel zu viel Leistung auf zu wenig Platz, bei zu wenig KĂŒhlleistung!
      WĂŒrd ichs nochmal machen, dann vielleicht eher mit einer einzelnen Diode. GrundsĂ€tzlich stellt sich das Problem, dass man an den runden GehĂ€usewĂ€nden unglaublich schlecht irgendwas anbringen kann (ohne zu schweißen) und entsprechend auch keine thermische Verbindung zwischen GehĂ€use und der Plattform auf der die Dioden angebracht sind herstellen kann – und diese Verbindung braucht man. Der KĂŒhlkörper im GehĂ€use-inneren bringt alleine nicht viel..

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