Archiv für den Monat: Januar 2010

Und nochmal die Tutorenstellen

Guido hat — zu Recht — nachgefragt, wie es denn mit dem Betreuungsverhaeltnis Hilfskraefte/Studierende aussehen wuerde. Mittlerweile habe ich auch eine Uebersicht des Studiendekanats, wie viele Hilfskraefte in den vergangenen Jahren eingestellt worden sind, so dass sich der folgende Graph ergibt:

Diese Auswertung ist mit grosser Vorsicht zu geniessen. Die Zahl der HK-Stellen ist in meiner Quelle naemlich immer nur fuer ein volles Jahr gegeben, wobei mir nicht klar ist, welcher Zeitraum genau gemeint ist. Ich habe demnach jeweils die Haelfte der Tutorenstellen fuer das WS und das SS veranschlagt, wohl wissend, dass das nicht sein kann — alles andere waere aber Glaskugelschauerei. Auch die zu erwartende Studierendenzahl fuer das SS10 steht noch in den Sternen, ich habe einfach grob die Zahlen des WS verwendet.

Ablesen laesst sich aber trotzdem, dass das Betreuungsverhaeltnis nach Einfuehrung der Studiengebuehren (SS07) langsam, im SS08 dann recht stark verbessert wurde — und nun wieder nur unwesentlich ueber dem „alten“ Verhaeltnis liegen wird.

Zusammenfassend heisst das fuer 2010:

  • So wenige Hilfskraefte wie nie* zuvor
  • So wenig Hilfskraftausgaben wie nie* zuvor
  • Das Betreuungsverhaeltnis ist nur geringfuegig besser als vor Einfuehrung der Studiengebuehren — und das bei jaehrlich 1000 EUR pro Studenten „zur Verbesserung der Lehre“

* Soweit mir bekannt — Aufzeichnungen liegen bis 2004 vor

Neues von der Studiengebuehrenfront

Seit gut einer Woche haengen ja schon die schicken Plakate ueberall im und ums O27, die darauf hinweisen, dass es nun weniger Tutoren in der Informatik gibt, als das noch vor Einfuehrung der Studiengebuehren der Fall war.

Das hat einigen schon nicht so arg gut geschmeckt, weil sie um das Image der Fakultaet fuerchteten. Das echte ans-Bein-Pinkel-Gefuehl kam dann aber offenbar auf, als diese Plakate aufgeschnuert und vom obersten Stockwerk des O27 aus im Treppenhaus bis auf Niveau 1 abgehaengt wurden.

Der Studiendekan fuehlte sich (zu Unrecht) persoenlich angegriffen und argumentierte, dass die Tutorenstellen ja teurer geworden seien. Das aendert aber nichts an der inhaltlichen Richtigkeit der Plakate 😉

In der aktuellen Geruechtekueche (PDF-Direktlink) geht es noch einmal ausfuehrlicher um das Thema, soweit man das von studentischer Seite aus einsehen konnte. Und neben dem fiktiven Interview mit Herrn U. Freundlich sei an dieser Stelle auch noch einmal darauf verwiesen, dass am kommenden Freitag um 1220 Uhr ausdruecklich keine Trauerfeier fuer die dahingeschiedenen Tutorenstellen vor dem medizinischen Hoersaal stattfinden wird. Schliesslich findet dort ja parallel der Dies Academicus statt.

Correct in substance

Ich bin gerade ein wenig irritiert. Auf Facebook und auch in diversen Blogs wird gerade haemisch ueber ein Video eines englischsprechenden Guenther Oettinger hergezogen.

Und ich frage mich, warum.

Okay, man kann gerne und auch zu Recht ueber den Unsympathen Oettinger herziehen. Aber jetzt nicht unbedingt wegen dieses Videos. Sein Akzent mag naemlich noch so schlimm sein, aber inhaltlich ist das, was er spricht, vollkommen korrekt. Zugegeben, das extreme Kraut-Radebrechen tut mir in den Ohren weh, aber so etwas hoert man auch auf Konferenzen und Workshops, und zwar manchmal oft auch von international renommierten Wissenschaftlern. Inhaltlich muss ich mich also voll und ganz dem Kommentar von erz bei Thomas Knuewer anschliessen.

Man darf natuerlich auch nicht vergessen, dass ein schwaebisch sprechender Oettinger auch nicht viel besser klingt.

AI-Vortrag ueber Folter

Noch ein Veranstaltungshinweis in letzter Minute: Die Amnesty-Hochschulgruppe der uulm richtet heute einen weiteren Vortrag zum Thema „Folter“ aus. Ein Vertreter des (mit ai verknuepften) Ulmer Behandlungszentrums fuer Folteropfer wird heute, 26. Januar 2010 ab 19.30 Uhr im Hoersaal H7 ueber die Ueberwindung von Foltertraumata referieren. Ich habe parallel bloederweise eine andere Veranstaltung, aber vielleicht interessiert es den einen oder anderen ja — der erste Vortrag vor einer Woche war jedenfalls hochinteressant.

Fuer Ortsunkundige: Anfahrt mit der Buslinie 3 bis Universitaet Sued, Eingang ueber den Suedeingang, rechts an der Cafete vorbei und dann gleich der erste (kleine) Hoersaal auf der rechten Seite.

Neues vom Poetry Slam

In den letzten Wochen konnte ich allen Widrigkeiten zum Trotz endlich die neue Videoschnittmaschine bei team-ulm in Betrieb nehmen — erst hatten wir vier Wochen lang auf die fehlenden Platten, Gehaeuse und Grafikkarte warten muessen, weil letztere nicht lieferbar war, und dann fehlte beim Gehaeuse der komplette Schraubensatz und die Plattenrahmen.

Nun werkelt die Kiste fleissig vor sich hin, und nachdem sie nach Vorlage des DIY7-Systems bei den Videoguys entstanden ist, steckt da auch ordentlich Dampf dahinter: Im Inneren steckt ein Intel Core i7 in einem Asus P6T V2 Deluxe, und 2*3 GB RAM und ein eigenes RAID-0 mit 2*1 TB nur fuer die Videodaten sorgen fuer den richtigen Durchsatz. Auf so einer Kiste kann man nun auch muehelos HD in voller Aufloesung schneiden, das macht richtig Spass 🙂

Nachdem nun auch die Speicherplatzprobleme endlich behoben sind, konnte ich mich auch endlich der Videos vom Dezember-Slam annehmen, die bis dato nur auf externer Platte lagen. Und weil mir der Text von Bibercap sogar noch besser gefallen hat als die der jeweiligen Rundensieger, habe ich einfach mal beschlossen, ihn zuerst fertig zu machen und hochzuladen. Viel Spass damit 😉

PS: Alle anderen Videos der Ulmer Slams gibts am besten in meinem Vimeo-Stream.

Schluesselprobleme

Das hier ist lustig: Daniel Bejar liess eine Kopie seines Wohnungsschluessels machen, davon dann wieder eine Kopie, davon dann wieder eine… mittlerweile hat er geschaetzte 50 Iterationen hinter sich und einen Satz Schluessel, die mit dem Original gar nicht mehr so viel am Hut haben. Bild beim Original.

Passende Anekdote: Als ich 2005 in den USA gewohnt habe, war ich anfangs ganz alleine im Park, spaeter habe ich mir dann die Wohnung mit zeitweise bis zu vier Maedels geteilt. Irgendwann waren aber die Schluessel alle und man hat fuer die Neuankoemmlinge neue nachmachen lassen muessen. Mein „Original“ war offenbar auch schon eine Kopie und/oder das Schloss an der Eingangstuer war crappy, jedenfalls musste ich den Schluessel von innen wieder leicht herausziehen, um auf- und zuschliessen zu koennen. Zuschliessen musste man auch, denn sonst war die Tuer offen, und regelmaessig kamen irgendwelche Besucher reingeschneit, die unsere Kueche mit dem Laundromat verwechselt hatten (es ergaben sich manchmal auch noch ganz andere seltsame Situationen, die zu beschreiben hier aber noch seltsamer aussehen wuerde.)

Anyway.

Irgendwann ergab es sich dann mal, dass ich aus Versehen eine meiner Mitbewohnerinnen eingeschlossen habe und sie nicht mehr raus konnte. Ich hab ihr dann die Eigenheit des Schlosses erklaert und gut war’s. Zwei Wochen spaeter habe ich sie dann nochmal eingeschlossen, und das Spielchen wiederholte sich dann glaube ich noch ein drittes Mal. Es dauerte tatsaechlich bis zum vierten Mal, als meine ebenfalls eingeschlossene britische Kollegin mich tobend begruesste, dass ich herausfand, dass keiner der kopierten Schluessel der Maedels von innen funktionierte, egal wie man den ins Schloss steckte. Das muss dann wohl mit daran gelegen haben, dass jeder unserer Schluessel ein ganz kleines bisschen anders aussah — und jeder von uns seine eigenen Tricks hatte, wie man herumwackeln musste, um die Tuer wenigstens von aussen auf- und zugeschlossen zu bekommen. Wertarbeit halt 😉

Krisensichere Aufklaerung

Und noch einmal so ein Aha-Erlebnis: Freiwillige des Openstreetmap-Projekts haben sich quasi ueber nacht des bislang kaum kartographierten Haiti angenommen und in den vergangenen Tagen in fuenf-Minuten-Intervallen neue Datensaetze bereitgestellt — auch fuer Garmin-Navigationsgeraete, die damit sogar den Weg von A nach B berechnen koennen. Und auch das zu diretto verwandte Ushahidi stellt eine eigene Seite bereit, um Ereignisse verorten zu koennen.

Ushahidi hatte Benni in den letzten Wochen schon schlaflose Naechte bereitet. Bislang war das vollkommen ausserhalb unseres Radars gewesen, seit einigen Wochen taucht es aber immer wieder in irgendwelchen Features auf und war nun auch wieder im Blickpunkt u.a. von Netzpolitik. Der Fokus liegt bei Ushahidi aber immer noch auf Textnachrichten, die hauptsaechlich per SMS abgesetzt werden sollen — mit dem Nebeneffekt, dass man groesstenteils von funktionierenden GSM-Netzwerken abhaengig ist, die auf Haiti natuerlich erst einmal ausgefallen waren. Trotzdem einmal interessant, so etwas in Action zu sehen, vor allem in diesem riesigen Massstab, dem gegenueber das — momentan fuer raeumlich deutlich eingeschraenkterere Lagen gedachte — diretto recht winzig aussieht. Es wird auch sicher interessant werden, das Konzept des ausgelagerten Stabes einmal im KatSchutz-Szenario umzusetzen, beispielsweise bei einer Waldbranduebung mit „echten“ Kraeften vor Ort.

Wir konzentrieren uns derweil erst einmal auf den Ansatz, unseren Uplink Devices ihr eigenes Netz mitzugeben, egal ob das nun ueber WLAN, TETRA oder WiMAX umgesetzt wird. Wie Simon Columbus naemlich ganz richtig erkennt: So ueberwaeltigend der Einsatz der ueber das Netz organisierten Spender und freiwilligen Helfer ist, so verfrueht sind die Jubelrufe, die hier das „soziale“ Netz in den Himmel loben. Letztendlich braucht es immer noch Einsatzkraefte vor Ort, die die zu verarbeitenden Daten sammeln, um eventuell spaeter von einer community-aufgewerteten Fassung profitieren zu koennen. Schauen wir mal, dass wir ihnen ein geeignetes Werkzeug bauen 😉

Warum sich auch die Filmindustrie Sorgen machen sollte

Martin Weigert hat bei netzwertig einige Thesen aufgestellt, wieso sich die Filmindustrie keine Sorgen machen brauche, die ich allesamt interessant finde. Mir kommt es naemlich so vor, als wuerde er genau die Argumentation verfolgen, die mittlerweile der Musikindustrie als extrem kurzsichtig vorgeworfen wurde:

These 1: Erlebnis Kinobesuch.

Nach Weigert habe das Kino immer noch den Vorteil ueberlegener Technik (Beispiel „Avatar“ in 3D), und zweitens sei der soziale Aspekt des gemeinsamen Kinobesuches hervorzuheben. Was 3D-Technik wie bei Avatar angeht, hat er natuerlich vollkommen Recht, und auch das Grossbilderlebnis ist kaum mit dem Heimkino zu vergleichen. Riesige HD-Fernseher oder sogar hoch aufgeloeste Videoprojektoren samt passender Mehrkanaltonanlage sind aber mittlerweile keine besondere Ausnahme mehr, sondern finden sich heutzutage in vielen Wohnzimmern wieder. Und das „soziale“ Element ist eher ein zweischneidiges Schwert — wer schon einmal im Kinosaal voller Popcornraschler, Laesterer und Zwischenrufer sass, kennt das. Im Vergleich dazu mit Freunden im Wohnzimmer (oder dem Feuerwehr-Lehrsaal) zu sitzen und gemeinsam einen Film zu sehen, ist da oft angenehmer. Zumal man den Film auch mal zur Toilettenpause unterbrechen kann, wenn das Bier drueckt.

Einzige Ausnahmen sind hier fuer mich die Sneak-Previews und Sonderformate a la Avatar. Ansonsten kann ich Weigerts These hier nicht folgen.

These 2: Begrenztes Angebot

Im Gegensatz zu Musik sei das Angebot an Filmen deutlich begrenzter und demnach wertvoller. Erst einmal wird ein Film anders konsumiert als ein Musikstueck, das man auch mal beim Joggen oder kochen „nebenbei“ hoert. Worldwideboxoffice.com hat zudem allein fuer 2009 ganze 198 Kinofilmproduktionen verzeichnet — hieraus eine prinzipielle Knappheit abzuleiten, halte ich also fuer etwas arg konstruiert.

These 3: Kosten-Nutzen-Missverhaeltnis bei nicht lizenzierten Downloads

Der Aufwand, einen Film per Tauschboerse o.ae. herunterzuladen, sei unverhaeltnismaessig hoch. Behauptet jedenfalls Weigert, der zu geringe Uebertragungsraten, Trafficbegrenzungen des Breitbandanschlusses (hat das jemand?!), Dateiformatvielfalt und die fehlende Verbindung zwischen PC und Fernseher als Gruende hierfuer anfuehrt.

Von allen Thesen halte ich diese fuer die undurchdachteste. Weigert sitzt der Fehleinschaetzung auf, dass sich die Technologie gerade so weit entwickle, dass sie zum Vorteil der Rechteinhaber gereiche — und dann einfach anhalten werde. Ein 700 MB grosses ISO-Image laesst sich schon ueber eine Leitung mit 2 Mbit/s in deutlich unter einer Stunde herunterladen — bei heutigen 16-Mbit/s-Anschluessen kann so ein Film bei voller Auslastung der Leitung in unter 10 Minuten geladen sein, und die Bandbreiten werden sicher auch in Zukunft weiter zunehmen. Heimanwender-NAS-Systeme und Netzwerkstreamer wie die WD TV Live kommen zu bezahlbaren Preisen mit eingebautem Bittorrent-Client samt einfachem Webinterface und sorgen fuer die hochaufloesende Verbindung zum Fernseher, ganz ohne ueberhaupt noch einen PC zu benoetigen — und die aktuellen Chipsaetze spielen so ziemlich alles ab, vom AVI-Container in den ueblichen Codierungen ueber die verschiedenen MPEG-Varianten bis zum hochaufloesenden MKV-Container. Teilweise kommen sogar schon Fernseher mit eingebauter USB-Schnittstelle und Decoderchipsatz daher.

Der Aufwand, den man sich fuer die illegale Beschaffung eines Filmes machen muss, ist also mittlerweile stark gesunken und wird auch weiter sinken — und somit das Herunterladen von Filmen noch breiteren Bevoelkerungsgruppen ermoeglichen. Gleichzeitig muss man sich weiterhin mit nicht ueberspringbarer Werbung und Anti-Piracy-Warnungen im Kino und auf legalen Filmtraegern herumschlagen. Das Angebot der illegalen Version ist also ironischerweise immer noch besser als die legale Variante, die nach wie vor noch nicht sinnvoll und zu angemessenen Preisen ueber das Netz gekauft werden kann.

These 4: Entwicklungspotenzial von Filmen

Weigert behauptet, dass bei Filmen noch „unzaehlige“ neue Moeglichkeiten offen stuenden, ohne diese — mit Ausnahme der derzeitigen 3D-Filme — konkret benennen zu koennen. Gleichzeitig erwaehnt er aber, dass die 3D-Technik in Kuerze auch fuer das Heimkino zur Verfuegung stehen koennte. Fuer mich stellt sich da die Frage, wieso es nicht moeglich sein soll, dass derartige Techniken — wie auch immer diese zukuenftig aussehen moegen — zukuenftig auch gerippt werden koennen.

Alles in Allem hinterlaesst dieser Exkurs bei mir einen sehr schalen Beigeschmack. Auf die tatsaechlichen Herausforderungen, naemlich funktionierende Geschaeftsmodelle, ein einfach zu bedienendes und preislich attraktives iTunes-Pendant fuer Filme zum Beispiel, wird kein Stueck eingegangen. Eingehen kann mit dieser Sichtweise nur die Filmindustrie.