Archiv für den Monat: Juli 2009

Lustiges Blaulichtfahren

Ich bin/habe gestern:

  • mehrere Male mit einem schicken nagelneuen Notarzteinsatzfahrzeug ueber den James-Franck-Ring gebraust
  • dabei zum ersten mal mit einer Haensch-Warnanlage mit LED-Blaulichtbalken herumgespielt (Praedikat: Ohne Presslufthorn ist alles langweilig)
  • beinahe aus besagtem NEF gefallen (nicht fragen)
  • zusammen mit der halben Abteilung Medieninformatik fuer einige verwirrte Gesichter gesorgt

…und alles nur, um eine Diplomarbeit zu verfilmen, die am Ende nicht einmal meine ist. Andy weiss halt, dass ich fuer Bier fast alles mache fuer Freunde einspringe, wenn’s drauf ankommt 😉

Die Diplomarbeit ist aber wirklich interessant. In der Kurzfassung geht es darum, dass moeglichst alle Fahrzeuge ueber IEEE 802.11p miteinander drahtlos kommunizieren, und bevorzugt wegeberechtigte Fahrzeuge — also alles, was sich per Blaulicht und Einsatzhorn Wegerecht verschaffen kann — ueber Funk andere Fahrzeuge warnen, die sich potenziell in ihrem Weg befinden. Das geht von der Warnung vor Kreuzungen ueber automatische Ampelsteuerungen bis zu Ueberholwarnungen oder der Aufforderung, auf der Autobahn eine Rettungsgasse zu bilden.

Das Thema finde ich persoenlich schon rein „berufsbedingt“ hochspannend, und wenn es irgendwie geht, werde ich hier im Blog gerne das entstandene Video oder Auszuege aus dem gerade entstehenden Paper praesentieren. Mir sind auch gleich Erweiterungen und andere Anwendungsfaelle eingefallen, die im Feuerwehrkontext haeufiger zu finden sind als beim Rettungsdienst, insbesondere die Verkehrssicherung auf Bundesautobahnen, die ja in erster Linie den Feuerwehren zufaellt. Wer weiss, vielleicht ist in dem Thema ja auch fuer mich irgendwann mal eine Diplomarbeit drin — die letzten 24 Stunden beschaeftigt sich mein Unterbewusstsein jedenfalls staendig mit dem Thema 😀

Dag van Cuijk: Mit Ach und Krach zur Via Gladiola

Freitag, 24. Juli 2009. Ich liege morgens im Bett und ueberlege mir ernsthaft, ob ich ueberhaupt aufstehen soll. Die ganze Nacht lang hat mein linkes Knie und das rechte Schienbein geschmerzt, und beim Toilettengang fuehlte sich das Knie an, als staechen tausend Messer von der Seite hinein. Andererseits bin ich nun schon 150 Kilometer gelaufen, und wenn ich den heutigen Tag — egal wie — ueberstehe, winkt das Viertageskreuz. Also noch einmal aufraffen.

Am Start treffen wir einen Laeufer aus Sachsen-Anhalt, der heuer das dreizehnte Mal mitlaeuft. Der meint, ich solle einfach draufloslaufen, die Schmerzen ruecken dann irgendwann in den Hintergrund. Genau das passiert auch. Auf den ersten 500 Metern lenken uns wieder die Nachtschwaermer mit Applaus ab, danach trenne ich mich wieder von Christian, da sein (ebenfalls laediertes) Knie noch belastbarer scheint. Wieder geht es durch das Gewerbegebiet in Richtung Sueden, nur sind dieses Mal tatsaechlich auch vereinzelt Zuschauer an der Strecke, die mit Beschallung und Discolichtern anfeuern.

Die ersten zwei Stunden kann ich mich prima ueber eine Gruppe blutjunger britischer KadettInnen ablenken, die schweinische Strophen zum besten geben:

Gesang von allen: „I used to work in Chicago in a large department store / I used to work in Chicago but I don’t work there any more“

SoldatIn: „One day, a lady came in for some nails!“

Alle: „Nails from the store?!“

SoldatIn: „Nails she wanted, a screw she got!“

Alle: „Yaaaaaay!“

SoldatIn: „…I don’t work there any more“

So geht das dann reihum, bis keinem mehr irgendwas versautes einfaellt, danach kommt dann „Lady in Black“, und so kaempft man sich durch. In der Morgendaemmerung ueberholt uns ein Politie-Fahrzeug mit Blaulicht, und aus der anderen Richtung faehrt eine Ambulanz mit Sondersignal vor: Ein Soldat einer anderen britischen Gruppe war zusammengebrochen und muss vom Rettungsdienst versorgt werden.

Direkt nach der Bruecke pausiere ich das zweite Mal und muss wieder mit meinem Knie kaempfen. Sobald ich einige hundert Meter laufe, spuere ich kaum mehr Schmerzen, nach jeder Pause fuehlt sich das Anlaufen aber an wie tausend Messer im Knie. Ein ehemaliger Versorger der US-Armee, mit dem ich mich bei der Pause unterhalten habe, bekommt Mitleid und gibt mir eine 400er-Ibuprofen mit, die ich mir fuer das letzte Stueck am Nachmittag aufbewahren will.

Die kommende Strecke ist unspektakulaer. Ich pausiere wenigstens einmal stuendlich und lege die Beine hoch, zwischen Overasselt und Nederasselt regnet es einmal kurz, ansonsten bleibt es — trotz angezeigter Unwetterwarnungen — trocken und sonnig. In Grave bin ich erleichtert, als ich mir ausrechnen kann, dass ich trotz vieler Pausen insgesamt im Schnitt 4 km/h zurueckgelegt habe. Wenn das so weitergeht, bin ich noch vor 1700 Uhr im Ziel, also eine gute Stunde vor Schluss der Zielregistrierung.

Zwischen Grave und Beers teilen wir uns die Strecke mit den Militaers, und die sind eine willkommene Ablenkung von den Knieschmerzen. Ich ueberlege mir schon, einfach nichts mehr zu trinken, weil das Anlaufen nach jeder Pinkelpause die pure Hoelle ist. „Push! Push! Push a little harder!“ presse ich mantraartig zwischen den zusammengebissenen Zaehnen hervor, einmal eine ganze Stunde lang am Stueck, um mich weiterzutreiben. Dann ist endlich Beers in Sicht, und alle englischsprachigen Militaergruppen posieren fuer Gruppenbilder vor dem mittlerweile mit unzaehligen Truppenaufklebern verzierten Ortsschild.

Zum zweiten Mal fuer heute muessen wir 50er nach Beers noch einmal fuenf Kilometer auf uns alleine gestellt marschieren, bis wir im Hauptort der heutigen Etappe, Cuijk, ankommen. Wie schon die vergangenen Tage donnern immer wieder Jagdflieger in tiefer Gangart ueber unsere Koepfe, heute ueberfliegt uns ausserdem ein AWACS-Flugzeug im tiefen Langsamflug. Ganz schoen beeindruckend. (Video von irgendeiner Bundeswehrkompanie)

Ich schleppe mich in Richtung Cujk, mittlerweile muss ich alle 30 Minuten Pause machen. In Cujk ist die Hoelle los: Die Marschroute geht durch ueber die Strasse gebaute Bierzelte(!), vorbei an jubelnden Menschenmassen. Dieser Tag gehoert uns allen, die noch dabei sind: Der Marschierer aus Sachsen-Anhalt hatte uns erzaehlt, dass man heute quasi alles machen kann und dafuer beklatscht wird: Polonaise durch Cujk, Leuten das Bier wegnehmen, egal. Es geht in Richtung Maas und riesiger Zuschauertribuenen und Livemusik, bevor es ueber eine militaerische Rollstrasse zur Pontonbruecke der Landmacht ueber den Fluss geht. Manche Laeufer sind morgens angeblich so schnell, dass sie an der Maas ankommen, bevor die Bruecke fertig aufgebaut ist. Ich gehoere definitiv nicht dazu, von den 50ern liege ich mittlerweile im hinteren Drittel.

zuschauer

Direkt nach der Maasueberquerung beschliesse ich, den Hulppost im Rastplatz an der Pontonbruecke aufzusuchen. Eine junge niederlaendische Militaeraerztin sieht sich mein Knie und Schienbein an und klaert mich auf, dass der 4daagse einfach „nicht gesund“ sei. Bei mir seien aber vermutlich einfach die Sehnen ueberlastet, sie gibt mir Eisbeutel und nochmal eine 400er-Ibuprofen und den Tipp, dass es jetzt nur noch 16 Kilometer schoene Strecke seien — ins Ziel sollte ich es also schaffen.

Ich mache noch einmal 15 Minuten Pause und kuehle die schmerzenden (und nun auch richtig heissen) Stellen. Trinkwasser auffuellen, Schmerztablette schlucken und auf den Weg. Nach wenigen Minuten sind die Schmerzen kaum mehr zu spueren, die Sonne scheint auf die wirklich herrliche Strecke, und ich fliege mit mindestens 5 km/h dahin und ueberhole sogar reihenweise andere Laeufer. Langsam werden die Zuschauerreihen dichter, in Mook und Molenhoek feuert man uns frenetisch an. Einmal muss der Lauf fuer Querverkehr unterbrochen werden, der niederlaendische Polizist steht zur nebenan abgespielten Sambamusik tanzend auf seiner Plattform und winkt abwechselnd Querverkehr und Laeufer passend zum Takt entlang, ich muss herzhaft lachen.

gladiola

Kurz vor Beginn der Via Gladiola kommen die Schmerzen langsam wieder durch und ich werfe die zweite Ibu ein, die ich morgens von dem Ami bekommen hatte. Jetzt laeuft es sich ohnehin wie im Rausch. Christian und ich waren schon bei der Anreise durch die St. Annastraat gefahren und hatten am Montag schon jede Menge aufgestellter Sofas und per Flatterband abgesteckte Claims gesehen. Nun stehen die Zuschauer hier sechs Reihen tief, halbe Bierzelte sind auf der Mittelinsel aufgebaut, die Menge tobt. Junge Frauen verteilen Gladiolen an die Laeufer – Christian will die Blumen nicht mitschleppen und verteilt sie wieder an Niederlaenderinnen am Strassenrand, die ihm dafuer um den Hals fallen. Hundert Meter weiter faellt wieder jemandem auf, dass er ja keine Gladiolen hat, und so beginnt das ganze von neuem.

kapellen

Die Militaergruppen schwenken nun aus, formieren sich neu und marschieren mit Musikkapellenbegleitung in Richtung Zieltribuene. Sambagruppen reihen sich ein und treiben mich mit fetzigen Rhythmen noch einmal an, als es zum Windsprung kommt. Die Gewitterwolken zieht es nun tatsaechlich in Richtung Boden, und auf einmal schuettet es wie aus Kuebeln. Mir ist das egal, nur noch eine halbe Stunde zu laufen, dann bin ich im Ziel. Auch die Zuschauer spannen einfach Schirme auf und trotzen dem Wetter. Zehn Minuten vor dem Ziel reissen die Wolken wieder auf, Sonnenschein. Die Fuesse sind nass, bei jedem Schritt schmatzen die Schuhe. Egal. Vorbei an den grossen Tribuenen, vorbei an den letzten Zuschauern, noch eine Kurve, dann kommt der Wedren, 1610 Uhr. Eigentlich koennte ich sofort rechts abbiegen und zu meiner Zielregistrierung gehen, aber nichts da: Ich laufe noch die 30 Meter extra, um unter dem grossen „Finish“-Banner durchzulaufen. Dann ab zur Zielregistrierung, anstehen, den anderen in der Schlange gratulieren, Karte abscannen lassen, gratulieren lassen, Kreuz bekommen.

finish

Ich wanke zurueck zur Unterkunft, breit grinsend, das Kreuz am Laufhemd. Christian liegt schon oben, wir gratulieren uns (grinsend) ich gehe duschen (grinsend), falle auf Bett (grinsend). Nur zwei Stunden ausruhen, dann in die Stadt, aufs Zomerfeest, mich feiern lassen.

Aber dann loest der Koerper die Schuldscheine ein, die er die letzten vier Tage ausgestellt hat. Gegen 2100 Uhr wache ich auf und will mich aus dem Bett schwingen — nichts geht mehr. Wir liegen beide in unseren Betten und wissen gar nicht, wie wir uns hinlegen sollen. Alles schmerzt. Wir lachen uns gegenseitig aus, wenn wieder einer mit den Zaehnen klappert, weil die Cool-Salbe so kalt ist, oder weil der andere vor Schmerzen wimmert.

Egal.

Auf der Heimfahrt ertappen wir uns dabei, wie wir Plaene schmieden, was man alles besser machen koennte, „das naechste Mal“.

„Das naechste Mal“?

Ja. So ein Kroenchen auf dem Kreuzchen, das waere ja was.

(Der urspruengliche Text wurde 2009 von mir geschrieben. Ich habe einige Jahre spaeter Formulierungen entfernt, die ich heute so nicht mehr waehlen wuerde).

Dag van Groesbeek: Ich mag nicht mehr

Donnerstag, 23. Juli 2009. Fuer heute ist wieder Regen angekuendigt, wieder hat es ueber 80% Luftfeuchtigkeit, zum Glueck bei angenehmen Temperaturen, wieder geht es morgens erst einmal zwei Stunden lang durch das oede Gewerbegebiet in Richtung Sueden. Meine Idee mit dem langsamen Laufen habe ich aufgegeben, ich marschiere wieder mein eigenes Tempo, moechte aber haeufige Pausen einlegen. Anfangs ist das Christian noch ganz Recht, nach drei Stunden sind ihm die stuendlichen Unterbrechungen aber zu viel und wir trennen uns wieder. Eine Pause in Mook wird mir dann zum Verhaengnis: Ich ueberdehne mein linkes Bein, sofortige stechende Schmerzen im Knie sind die Folge. Vorsichtiges Anlaufen, es geht noch, tut aber weh. Nun gut.

Mitbewohner Marwin hat uns morgens noch einmal ordentlich motiviert. Sobald wir in Groesbeek angekommen seien, haetten wir das Kreuz quasi schon in der Tasche — der Rest gehe dann im Flug, und der vierte Tag sei sowieso ganz etwas anderes. Das spornt an, und so haenge ich mich bei der obligatorischen 10-km-Extrarunde an zwei Polizisten aus NRW, die einen ordentlichen Schritt vorgeben. Ottersum markiert die Halbzeit der Extrarunde, und kurz vorher kommt er nun endlich tatsaechlich, der schon die letzten beiden Tage vorhergesagte Wolkenbruch. Es schuettet aus Kuebeln, und trotz Poncho ist binnen weniger Minuten meine Hose ab dem Knie patschnass. Schlimmer noch ist, dass ich meine Laufschuhe nie auf ihre Eignung fuer Maersche im Regen getestet habe. Das luftige Obermaterial ist naemlich ganz toll atmungsaktiv, dafuer sickert mir aber nun das Wasser in die Socken. Egal. Nur bis Groesbeek kommen, von da ab geht ja alles von selber. So bescheisst man sich selbst, und es funktioniert tatsaechlich.

regen

Der Weg bis Groesbeek ist die Hoelle. Die Socken sind langsam aber sicher vollkommen durchnaesst, jeder Schritt tut nun an den Ballen und Zehen weh. Endlich in Groesbeek angekommen goenne ich mir doch noch einmal eine Pause, und nachdem ich nun schon ueber zwei Stunden durch den Regen marschiert bin, beschliesse ich, die Socken zu wechseln, bevor es auf den Zevenheuvelenweg geht. Heute ist naemlich Tag der Bergwertung — auf der folgenden Strecke warten vier ganz schoene Anstiege auf uns, bevor wir in die passend benamste Ortschaft Berg en Dal kommen.

Die neuen Socken sind natuerlich auch in kuerzester Zeit durch und durch nass, und langsam fuehle ich Scheuerstellen an den Zehen, die im bloedesten Fall heute abend dicke Blasen bedeuten. Mir tut alles weh: Das Knie, die Fuesse, es ist kalt, es regnet immer noch Bindfaeden, mir rollen vor Zorn und Schmerzen die Traenen herunter. Dann, kurz vor dem ersten Anstieg, geschieht das Wunder: Es hoert zu regnen auf, und nach wenigen Minuten reisst der Himmel auf und die Sonne scheint. Rechts und links des Anstiegs stehen hunderte Menschen, mit Wohnwaegen, Musikbeschallung und Gurkenscheibchen, die uns anfeuern. Von hinten kommt eine Gruppe englischer Soldaten, „we eat hills! we eat hills! we eat hills!“, danach nochmal Air Cadets: „Push! Push! Push a little harder, Push! Push! Push a little harder…“. Ich lasse mich von diesem Mantra anstecken und von der klatschenden Menge ueber den Huegel tragen, und ueber den naechsten sowieso. Psychospielchen: Nur noch zwei Stunden laufen, dann sind 150 Kilometer geschafft, und der vierte Tag, den bekommen wir auch noch hin. Irgendwie.

Besonders die Abstiege von den Huegeln sind die Hoelle. Beim Bremsen schmerzt das linke Knie wie Feuer, und die gewechselten Socken haben einen verdammt engen Bund, der rechts staendig am Schienbein reibt. Ich stake mehr als ich laufe, durch Berg en Dal, am kanadischen Soldatenfriedhof vorbei, noch einen Huegel, dann kommt fast schon Nijmegen. Dort saeumen wieder Menschenmassen die Strassen, die ich aber nicht mehr wahrnehme, ich will nur noch ins Ziel, dann nach Hause, duschen und ins Bett. Wie ein Roboter tapse ich die letzten 45 Minuten der Route zu Ende, um 15.20 Uhr bin ich im Ziel. Auf dem Heimweg hole ich mir noch ein Menue und einen Becher Extra-Eis zum Kuehlen des Knies bei McDonalds, ich fuerchte naemlich langsam, zu wenig zu essen: Heute waren es nur zwei Sandwiches und zwei Muesliriegel. Fuer den Heimweg habe ich am ersten Tag unter 10 Minuten benoetigt, heute sind es inklusive McD-Bestellung fast 40. Dann endlich Dusche, Salbe, Bett. Ich will nicht mehr.

Dag van Wijchen: Koerperliche Grenzen

Mittwoch, 22. Juli 2009: Der zweite Tag der Nijmeegse Vierdaagse ist traditionell der Tag mit der hoechsten Ausfallquote, und auch 2009 sind am Mittwoch 1.784 Laeufer nicht ins Ziel gekommen. Das liegt einerseits an der sehr undankbaren Strecke und andererseits an den Laeufern, die nach dem ersten Tag die Nase voll haben und morgens gar nicht erst wieder antreten.

Wir sind natuerlich m0rgens wieder dabei und haben uns auch vorgenommen, aus den Fehlern vom Vortag zu lernen. Wir wollen ein wenig das Tempo reduzieren, um unsere Kraefte zu schonen. Das ist gar nicht so leicht getan wie gesagt. Sobald die Militaergruppen dazustossen, muss ich mich sehr beherrschen, um nicht automatisch in deren Gleichschritt einzufallen, wenn sie mit Gesang an mir vorbeiziehen. Und noch etwas ist tueckisch: Immer wieder ueberholen mich morgens auf der eintoenigen Strecke durch das Gewerbegebiet Nijmegens kleine, zierliche Frauen. In Wahrheit handelt es sich bei diesen Frauen moeglicherweise um Uebermenschen. Frauen muessen naemlich eigentlich nur 40 Kilometer am Tag laufen, um das Viertageskreuz zu erhalten. Diese harmlos wirkenden Gestalten koennen demzufolge nur Laufmaschinen sein. Ach was, Kampfroboter. Also Kopf runter und innerlich eines der vielen englischen Marschlieder singen, die ich gestern gehoert habe („The enemy’s lying in his blood… in the morning…“). Christian moechte doch ein etwas schnelleres Tempo vorlegen, und so trennen wir uns schon an der ersten

Die Strecke geht mit furchtbar schlechter Zuschauerbeteiligung durch die Vororte Nijmegens nach Westen an die Maas und (alleine fuer die 50er) durch ein ausgestorben wirkendes Niftrik. Hier scheint der Hund begraben, mir tun die Oberschenkel weh, und ich habe bald schon keine Lust mehr — die heutige 50er-Extrastrecke raubt mir komplett die Motivation. Die kommt zum Glueck zumindest ansatzweise in Wijchen wieder, das im Gegensatz zu Niftrik vor Zuschauern nur so ueberquellt. Eine Niederlaenderin erklaert mir spaeter, dass die Niftriker alle nach Wijchen gehen, weil dort alle Marschrouten zusammen durch den Ort gehen. Das ergibt Sinn.

Meine Tags zuvor mit Blasenpflastern behandelten Fuesse melden sich mittlerweile wieder. Das klingt nun seltsam, aber ich habe Blasen an den Blasen. Waehrend des Laufens ist das nicht mal schlimm, aber nach jedem Neubeginn schmerzt das wie die Hoelle. Mittlerweile habe ich mehrere andere Laeufer in Adiletten und Holzschuhen(!) gesehen und frage mich ernsthaft, wie die das durchhalten.

nijmegen

Nijmegen will und will nicht naeherkommen. Wegen meiner Oberschenkelschmerzen mache ich nur noch ganz kurze Schritte und werde regelmaessig von anderen Laeufern angesprochen, ob es mir gut gehe. Ich nicke verbissen und laufe weiter. Um 1510 ist dann endlich auch diese Etappe vorbei, und angesichts meiner Hoellenblasen lasse ich diese erst einmal beim Roten Kreuz behandeln.

Waehrend der drei Stunden Wartezeit auf die Blasenbehandlung unterhalte ich mich mit einem Schotten, der den 4daagse schon einige Male mitgelaufen ist. Der beruhigt mich, als ich laut meine Befuerchtung aeussere, zu schlecht trainiert zu haben: „Nothing can prepare you for something like this.“ Er erklaert mir auch, dass meine Schmerzen von uebersaeuerten Sehnen herruehren und zeigt mir Dehnuebungen, die ich zukuenftig bei Pausen und am Abend nach der Dusche machen soll. Der naechste Tag werde auch deutlich abwechslungsreicher werden, beruhigt er mich, und am vierten Tag laufe ohnehin alles wie von selber. Hoffen wir das mal.

blasenpflaster

Das Blasenbehandlungszelt ist krass. Rund 75 Behandlungsliegen stehen bereit, auf denen die Laeufer ihre Blasen desinfiziert, punktiert, entleert und mit Leukoplast abgeklebt bekommen. Beim Anblick meiner Karwendsmaenner pfeift der Rot-Kreuz-Mann erst einmal anerkennend. Meine Blasenpflaster seien schon okay, die seien aber einem Event wie diesem hier nicht gewachsen. Ich nicke und grinse innerlich, weil der Pflasterhersteller den 4daagse sponsort und auch auf der Brust der Rodes-Kruis-Shirts aufgedruckt ist. Nach einer Stunde stechen, ausdruecken und kleben geht es mir gleich schon viel besser. Zurueck zur Unterkunft, dort Christian beruhigen, der sich angesichts meiner fuenf Stunden Verspaetung schon Sorgen gemacht hat, und angesichts der guten Tipps und der zu erwartenden schoenen Donnerstagsroute nach einer heissen Dusche zufrieden ins Bett.

Zum Glueck weiss ich noch nicht, was Donnerstag wirklich auf mich wartet.

(Der urspruengliche Text wurde 2009 von mir geschrieben. Ich habe einige Jahre spaeter Formulierungen entfernt, die ich heute so nicht mehr waehlen wuerde).

Dag van Elst: Die ersten 50 Kilometer sind die einfachsten

Dienstag, 21. Juli 2009. Um 0230 Uhr ist fuer uns die Nacht vorbei — keiner kann mehr schlafen. Also aufstehen, fertig machen und auf zum Fruehstueck. Unten sitzen schon zwei der Niederlaender, die ebenfalls die 50 laufen. Marwin schaetzt, so gegen 1230 im Ziel zu sein. 8,5 Stunden fuer 50 Kilometer. Heftig. Dementsprechend haengt er uns auch schon beim Marsch zum Wedren, den Startplatz, beinahe ab, vorbei an (immer noch) laermenden Bars und gespenstisch stillstehenden, eigens fuer den 4daagse aufgebauten Freiluftdiscos. Unterwegs sehen wir jede Menge junge Leute, die aus den diversen Bars und Discos wanken, und fragen uns, warum wir uns das eigentlich antun. Egal. Auf zum Wedren.

startplatz

15 Minuten zu warten. Irgendwo weit vorne vor den drei (vier?) Starttoren spielt eine Sambakapelle, es wird viel geklatscht und gesungen: Volksfeststimmung. Dann ist es endlich 0400 Uhr, der Startschuss, lauter Jubel, und langsames Vordraengen bis zum Start, wo der Barcode der Laeuferkarte abgelesen wird. Jetzt ist auch klar, wohin die jungen Leute aus den Bars gegangen sind: Den ersten Kilometer saeumen beidseitig zwei Reihen von Jungs und Maedels, die uns begeistert anfeuern, veel succes wuenschen und an die ganz harten Laeufer Bier verteilen. So wird das auch die kommenden Tage sein: Wenn wir etwas spaeter zum Wedren laufen, treffen wir schon die ersten After-Party-Start-Zuschauer, und wenn wir bejahen, dass wir lopen gehen, gibt’s Glueckwuensche oder Beifall. Krass.

In totaler Dunkelheit geht es durch den Nordteil Nijmegens ueber die Waalbruecke in Richtung Arnhem. Natuerlich nicht auf direktem Weg, sondern ueber die nordoestlich gelegenen kleinen Doerfer. Und dort ist schon jetzt alles auf der Strasse: Die Anwohner der Route haben Gartenstuehle und Tische in den Garten oder vor den Zaun gestellt und verteilen Kaffee und Tee. Alle paar Haeuser steht eine Musikanlage oder sogar ein eigener DJ unter einem Pavillon und sorgt fuer Stimmung. Kleine Kinder stehen mit Tellern und Schuesseln am Strassenrand und bieten uns Gurkenscheibchen und Suessigkeiten an oder wollen moeglichst allen unter succes!-Rufen High-Fives geben. So etwas baut natuerlich auf, und so marschieren wir zuegig weiter nach Norden.

zwischendurch

Bald zweigt die 40-Kilometer-Route von der 50er-Route ab, und es marschieren tatsaechlich einige 40er-Laeufer mit ihren weissen Lanyards um den Hals links weg, obwohl die erst eine Stunde nach den 50ern gestartet sind. Nun gilt es zwei Stunden lang die zusaetzlichen zehn Kilometer zu marschieren, durch die eher spaerlich mit Zuschauern bestueckten Vororte von Arnhem. Dann ist aber auch das ueberstanden, und wir treffen in Elst — dem Hauptort der ersten Etappe — auf um so groessere Menschenmassen. Musikkapellen spielen, ganze Grundschul- und Kindergartenklassen stehen am Strassenrand und wollen bei uns einschlagen, und im Ortskern stehen Zuschauer aller Altersgruppen dicht gedraengt. Irgendetwas scheint ausserdem in den hollaendischen Tomaten zu sein, das die Maedels dort besonders huebsch macht, so kommt es uns jedenfalls vor. Von denen dann auch noch bejubelt zu werden gibt natuerlich den Extraschub, und so machen wir uns auf, die letzten Kilometer gemeinsam mit den 40ern und 30ern sowie den Militaergruppen zu bewaeltigen.

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Ein paar Kilometer vor Nijmegen geht mir langsam die Puste aus, ich muss noch einmal die Wasserflasche an einem der Gartenschlaeuche fuellen, die viele Hausbesitzer hierfuer ueber ihren Zaun gehaengt haben. Christian hat ein schnelleres Tempo drauf und moechte besser nicht aus seinem Trott kommen, also trennen wir uns kurz nach Oosterhout. Inzwischen ist es heiss, sehr heiss, und der Rest des Weges geht ziemlich eintoenig und ohne viele Zuschauer ueber den Damm an der Waal entlang. Die Bruecke ist schon in Sicht, nur will sie einfach nicht naeher kommen. Ich haenge mich hinter zwei norwegische Soldaten, die relativ langsam marschieren, nehme den Kopf runter und schalte das Hirn aus.

deich

Ab der Bruecke wird es dann wieder besser: Zuschauer, Musik, Applaus, also noch einmal die Zaehne zusammenbeissen und die letzten Meter zum Wedren marschieren. Um kurz nach 1400 Uhr bin ich im Ziel – 50 Kilometer in zehn Stunden. Abends geht es noch einmal durch die Stadt, ein wenig umsehen und neue Blasenpflaster kaufen. Die sind auch noetig: Meine Laufschuhe sind prima fuer Distanzen bis 35 Kilometer, darueber hinaus gibt’s Blasen aussen an der Ferse. Die werden nun einmal abgeklebt und dann geht’s ab ins Bett – um 2100 Uhr, begleitet von Jammern ueber die schmerzenden Beine und der rhetorischen Frage, ob wir am zweiten Tag tatsaechlich noch einmal antreten sollen. Schau mer mal.

Aufgeregt wie kleine Schulbuben: d-1 und d0

Unglaublich, wie oft man doch unterwegs heutzutage an Internet kommt. Aber der Reihe nach.

Christian hatte mich puenktlich 45 Minuten vor der abgemachten Zeit am Treffpunkt in Koblenz erwartet, was nur geruechtehalber auf seine Fahrweise zurueckzufuehren ist. Von dort aus waren es auch nur wenige Kilometer bis zu unserer Zwischenstation in Wittlich, wo wir bei einem Bekannten Chris‘ Vaters unterkamen, der dick im Erdbeerstandbusiness unterwegs ist. Man kann uebrigens zu dritt locker eineinhalb Erdbeerkuchen vertilgen, das wissen wir spaetestens seit gestern. Mir wuerden Erdbeeren vermutlich zu den Ohren herauskommen, wenn ich die Dinger jeden Tag ab 0400 Uhr sehen muesste, aber bei Familie Linden lebt man die Erdbeere. Oder so aehnlich.
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Lindensche Erdbeerverkaufsstaende findet man auch in Bernkastel-Kues, dem idyllischen Tourismusparadies an der Mosel. Die Wortwahl ist bewusst getroffen, denn ein Touristenparadies sieht fuer mich anders aus — mir als Klischeetourismushasser kam das eher vor wie die Vorhoelle fuer alle Individualreisende. Fehlte nur noch ein Scheiterhaufen aus Lonely Planets. Ansehnlich ist es dort schon, man muesste nur etwas gegen die vielen Reisegruppen tun, am besten mit einem Flammenwerfer. Aber egal.

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Nach einem hervorragenden Braten verzogen wir uns dann in die eigens fuer die polnischen Plantagenpflueckhilfen bereitgestellte Wohnung — und konnten nicht einschlafen. Unsere Unterkunft ist mitten im Stadtzentrum, zwischen Waal und dem Startpunkt am Wedren gelegen, und uns plagte die Vorstellung, dort nicht einmal zum Ausladen halten zu koennen, oder ewig weit zum Parken aus der Stadt fahren zu koennen und dann vielleicht keinen Bus zurueck zu erwischen und dann nicht bis um 1700 Uhr zur Einschreibung am Wedren zu sein und ueberhaupt PANIK!!!!111 (Raimar kennt das von mir). Also um 0700 Uhr losfahren, damit wir auch trotz eventueller Staus rechtzeitig dort sein wuerden.

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Und nun sitzen wir hier in dem Haeuschen am Klokkenberg, das wir zusammen mit vier anderen Wandereren komplett fuer uns haben — Gastgeberin Joyce schlaeft die naechsten Tage naemlich bei ihrem Freund, ein paar Haeuser weiter. Krass. Die Einschreibung hat wunderbar geklappt und wir haben auch schon zumindest einen Teil der Volksfestatmosphaere hier mitbekommen.

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Achja, und einen heftigen Platzregen. Also so richtig heftig. Ich hoffe instaendig, dass das Wetter uns die naechsten Tage gnaedig gestimmt ist, und wir weder mit Hitze noch mit Unwettern zu kaempfen haben. Christian auch 😀

Morgen geht es um 0320 Uhr los. Daumen druecken.

stk macht Urlaub. Sort of.

Eigentlich habe ich drei Artikel in der Warteschleife: Einen Rueckblick auf Hohenpeissenberg, etwas ueber Urheberrecht und die dringend notwendige Neuauflage der „Ein Herz fuer Blogs“-Aktion, bei der dann auch noch die anderen endlich verlinkt werden, die das verdient haetten. Leider sind die aber allesamt noch nicht wirklich veroeffentlichungsreif, weswegen es hier voraussichtlich bis zum 26. Juli still werden wird. Ich bin jetzt naemlich erstmal unterwegs in den Norden, und danach in Nijmegen beim Vierdaagse, und ob ich dort Internet bekomme, ist fraglich.

Solange also einfach den Vodafone-1984-Remix, den ich immer noch schwer beeindruckend finde.

Dann lieber gar keine Kommentare

Eine Demonstration zu organisieren, ist nicht einfach. Eine Demonstration an der Uni Ulm zu organisieren, schier unmoeglich und auch frustrierend: Die Haelfte der Studenten sind Mediziner, und die haben traditionell wenig Zeit oder Lust, fuer oder gegen irgendetwas aktiv zu werden — man muss ja schliesslich viel Fleissarbeit verrichten, wenn man im sechsten Semester nebenher promovieren will. Kein Wunder, dass die meisten ehemaligen Demo-Orgs mittlerweile etwas frustriert sind und so etwas nur ungern noch einmal in die Hand nehmen moechten.

Bissige Kommentare zu schreiben ist hingegen sehr einfach. Als Student kann man sich einfach berieseln lassen, und wenn dann irgendwelche Mails kommen, schickt man einfach boese Repliken zurueck, wie unorganisiert und grundsaetzlich schlecht die ganze Aktion ist (uebrigens hauptsaechlich von Leuten, die sich noch nie selbst irgendwo eingebracht haben. Das scheint eine Gesetzmaessigkeit zu sein). Als Journalist hat man es noch einfacher: Man sitzt in seinem Elfenbeinturm, versucht taegliche Geschehnisse in sein Weltbild zu integrieren und schreibt dann hauptsaechlich ueber Dinge Artikel, von denen man fachlich nur wenig Ahnung hat.

Anders kann ich mir den Kommentar „Dann lieber gar keinen Streik“ in der SWP nicht erklaeren. Schon im ersten Absatz hat man sich offenbar keine grossen Gedanken gemacht, die Hintergruende der Verspaetung in Erfahrung zu bringen, ueber die ich ja schon hier gebloggt hatte.

„Brav: Klausuren und Abi-Vorbereitung gingen vor.“ heisst es dort. Die Realitaet sah anders aus: In der StuVe hatte sich keiner verantwortlich fuer eine Ulmer Beteiligung am bundesweiten Bildungsstreik gezeigt. Bene war davon entsetzt, hat alle Hebel in Bewegung gesetzt und wollte gemeinsam mit Schuelern und Studenten doch noch etwas in Ulm auf die Beine stellen.

Alleine die Schueler kamen nicht. Lediglich Sprecher des Anna-Essinger-Gymnasiums und des TG waren mit Feuereifer dabei, den restlichen Schuelervertretungen schien die ganze Angelegenheit — mit Verlaub — am Arsch vorbeizugehen. Sehr aufschlussreich war hierbei ein Treffen am Kepler-Gymnasium, wo sich ein Kepler-Sprecher (und immerhin der Verbindungslehrer) interessiert zeigte, die zwei anderen Kepler-Sprecherinnen schienen das nicht fuer ihre Angelegenheit zu halten. Andere Schuelervertretungen waren gar nicht erst zu einem Treffen zu bekommen.

Also wurde — hauptsaechlich auf mein Draengen — die Reissleine gezogen, um das ganze einen Monat spaeter ordentlich aufziehen zu koennen. Das war wohl ein Fehler, denn alleine schon die Berichte der Aktionen aus anderen Staedten haetten wohl sicher den einen oder anderen mobilisiert. Aber gut.

Das Ende vom Lied waren nun rund 70 Demonstranten, davon etwa 20 Schueler. Und das noetigt den SWP-Kommentatoren zu folgender Aussage:

Der „Ulmer Bildungsstreik“ lässt deshalb nur vier Schlüsse zu. Entweder die Jugend interessiert sich kein bisschen für Bildungspolitik; oder sie besteht überwiegend aus angepassten Strebern; oder sie ist mit dem gegenwärtigen Bildungssystem vollauf zufrieden; oder sie hat schon resigniert. Alle Varianten sind gleichermaßen trostlos.

Wenn man nun den Elfenbeinturm verlaesst und sich die Realitaet ansieht, hat das noch andere Gruende. So weiss ich von Schulleitungen, die jegliche aktive Werbung fuer diese Demonstration untersagt hatten. Von einigen Schuelern hatte ich auch gehoert, dass das Fernbleiben vom Unterricht (trotz beendeter Schulpflicht) nicht gestattet werden wuerde. Und nicht zuletzt scheinen nur wenige Schueler auch nur ansatzweise politisiert zu sein — vielleicht schwingt da Resignation mit, ich weiss es nicht.

Dass die Pruefungsphase fuer die Schueler nun vorbei ist, ist ebenfalls zweischneidig. Das heisst naemlich auch, dass die 13er nicht mehr greifbar sind, entweder schon den Pflichtdienst beginnen oder irgendwo jobben. Zudem bedeutet das Semesterende auch den Beginn der Pruefungsphase fuer die Bachelor, diejenigen also, die die ganze Angelegenheit mit am meisten betrifft, und die am meisten zu leiden haben — und die sich aus genau diesen Gruenden ueberlegen muessen, ob sie nun an Podiumsdiskussionen teilnehmen, oder sich den Pruefungsstoff ins Hirn quetschen, um eine Pruefung nach der anderen zu schreiben und hoffentlich die Punktegrenze erreichen, um weiter studieren zu koennen.

Der Bildungsstreik 2009 in Ulm war ein Anfang, nachdem die Studierenden jahrelang nichts von sich hoeren lassen hatten. Die ersten Demonstrationen sind quasi immer die am schlechtesten besuchten, das duerfte eigentlich jeder wissen, und in diesem Fall gab es in der Tat auch viele gute Gruende fuer die schlechte Resonanz. Aber die haetten halt nicht in einen aetzenden Kurzkommentar gepasst.

„Dann lieber gar keine Kommentare“ scheint man indes auch bei der SWP zu glauben: Gestern abend gab es acht Kommentare von zwei Kommentatoren, die sich inhaltlich mit dem Artikel auseinandersetzten. Diese wurden mittlerweile kommentarlos geloescht. Einen Vergleich zu vorher habe ich von Simon L als PDF bekommen, danke.

PS: Die vielen Maekler sind aufgerufen, sich gerne beim naechsten Mal zu beteiligen. Und das ist kein Sarkasmus, sondern ernst gemeint. Fuenf erfahrene Helfer mehr haetten viel bewirkt.

Schlechtes Demowetter

Wenn’s gegen Rechts geht, scheint das Wetter zu stimmen, und auch jetzt scheint in Ulm wieder die Sonne. Als heute morgen um 10 Uhr die Demonstration zum Bildungsstreik begann, schuettete es aber erst einmal.

Ob es nun am Mistwetter oder am Interesse der Schueler und Studenten lag, wird sich nicht so leicht beantworten lassen — jedenfalls nahmen nur (von mir geschaetzte) rund 70 Demonstranten am Zug vom Bahnhof zum Muenster und von dort aus am Wochenmarkt vorbei zum Weinhof teil. Massgeblich wurde die Kundgebung von so.lid organisiert, die so auch Strom und Unterstuetzung vom Gewerkschaftshaus organisierten, aber auch fuer mitunter seltsame Parolen sorgten, denen sich die restlichen Teilnehmer nicht so recht anschliessen wollten, und auch ich musste ein paar Mal die Stirn runzeln, als ein geschaetzt 16jaehriger so.lid-Angehoeriger irgendwelche alten Arbeiterkampflieder anstimmte oder lauthals die CDU verbieten wollte. Aber okay, als ich 16 war, habe ich auch viel komisches Zeug erzaehlt.

Bilder der ganzen Aktion gibt es in der passenden Galerie auf Team-Ulm.

Mittlerweile sind uebrigens ueber 20 Piratenflaggen in Ulm im Umlauf. Fuer David stellt sie wohl so etwas wie das klassische Handtuch im Anhalter dar — er hat sich damit schon im BECI beim schlafen zugedeckt, heute diente sie ihm als Regenmantel und generell scheint jeder seine neu erworbene Flagge erst einmal als Superheldencape zu verwenden. So auch @Nitek, der damit auf dem Wochenmarkt fuer getuschelte Unterhaltungen sorgte — ich habe heute sehr oft „Kinderporno“ fluestern hoeren. Vorurteile funktionieren offensichtlich.