Archiv für den Monat: April 2009

Es gibt Journalisten, die fuer Zensur sind

swp_brief

Auf meine E-Mail an die SUEDWEST PRESSE habe ich ja keine Antwort erhalten — auf mein Schreiben samt dickem Anlagenpaket der meisten von mir zitierten Artikel im Netz gab es nun eine schriftliche Antwort von Herrn Hoelkemeier, Ressortleiter Politik. Die liest sich auf den ersten Blick besaenftigend:

[…] Die von Ihnen genannten Quellen und dort vertretenen Positionen sind uns durchaus bekannt. Wir haben in diesem Sinne auch mehrfach kritisch über Netzsperren […] berichtet.

Wir haben insbesondere am Donnerstag, 26. März 2009, auf unserer Brennpunkt-Seite im Rahmen eines Pro und Contra sowie mit einem Erklärstück, weshalb die angedachten Sperren nicht funktionieren, auch diese Seite des Themas beleuchtet.

Ansonsten gilt: Es existieren in unserer Redaktion beide Positionen — für und gegen die Einrichtung von Netzsperren. Das schlägt sich so auch im Blatt nieder

Nun kann und soll man auch als Journalist selbstverständlich eine Meinung haben. Thomas Veitinger scheint beispielsweise für Netzsperren zu sein, von ihm stammt der „Pro“-Artikel „Ausstieg aus dem Wahnsinn“, und auch Gunther Hartwig blaest im grossen Hauptartikel der Brennpunkt-Seite ins Horn der Netzsperrer. Das ist an sich nicht schlimm.

Gerade von einem Journalisten erwarte ich aber, dass er ganz besonders die Quellen, die er zur Untermauerung seiner Meinung verwendet, auch ausreichend prüft. So schreibt Hartwig beispielsweise, dass in anderen Laendern „seit Jahren Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten systematisch gesperrt“ wuerden, zitiert ausfuehrlich vdL mit ihren Ansichten, laesst die Koalition auf die Blockade von „bis zu 400.000 Zugriffe[n] taeglich“ hoffen, die von „zufälligen Nutzer[n] (80 Prozent) sowie kriminelle Paedophile[n] (20 Prozent)“ kommen sollen, und ausserdem sollen mit diesen Massnahmen der „nicht nur in Deutschland boomende Kinderporno-Markt empfindlich [gestört]“ werden. „Ursula von der Leyen weiss, dass hinter diesen verwerflichen Angeboten ‚maechtige Geldinteressen‘ stehen“. Dass zu all diesen Zahlen und Angaben Gegenargumente und Relativierungen existieren, erwaehnt Hartwig nicht.

Nun gibt es zwei Moeglichkeiten.

Entweder, die Zensur-Befuerworter in der SWP haben diese Zahlen nicht auf ihre Stichhaltigkeit hin geprueft, und deshalb nicht erkannt, dass die Behauptungen des Familienministeriums keiner genaueren Kontrolle standhalten. Dann ist ihre Arbeit journalistisch fragwuerdig, zumindest aber lax.

Oder aber, die Herren Hartwig, Veitinger et al wussten tatsaechlich um diese Gegenargumente, wie auch der Brief von Herrn Hoelkemeier nahelegt, und veroeffentlichen dennoch kritikfrei diese inhaltlich unhaltbaren Argumente, mit denen eine grundgesetzwidrige Zensurinstanz geschaffen werden soll, ohne dass auch nur ein missbrauchtes Kind etwas davon hat. Dann waeren sie als Journalisten kaum tragbar. Und auch die restliche Redaktion rueckte in ein schlechtes Licht, so sie denn einen Artikel wie den der KNA vom 18. April in der Form veroeffentlichte, ohne die dort angefuehrten zweifelhaften Zahlen und Aussagen zumindest zu relativieren.

In jedem Fall verspielen Zeitungen wie die SUEDWEST PRESSE mit derartiger Arbeit ihre Glaubwuerdigkeit gegenueber der jungen Generation, die sie anderenorts zu gewinnen versuchen, um auch weiterhin junge Abonnenten zu finden. Ich denke, es ist an der Zeit, dass diese junge Generation das der SWP auch einmal mitteilt. Aber bitte per Briefpost — auf E-Mail gibt es keine Antwort.

swp

Ich habe spasseshalber auf der mir von der SWP uebersandten Brennpunkt-Seite die hauptsaechlich fuer Netzsperren argumentierenden Artikel blau, die gegen Sperren argumentierenden Artikel gelb markiert. Die zwei Artikel unten sind relativ neutral gehalten, inhaltlich fragwuerdige bzw. im Netz widerlegte Angaben sind orange markiert.

Wie man keinen Obama-Wahlkampf macht

Hach, es ist doch immer wieder wahlweise erfrischend oder erschreckend — einen inspirierenden Kandidaten haben sie sowieso allesamt nicht, aber auch die Sache mit dem Internet haben die bundesdeutschen Volksparteien so rein gar nicht im Griff.

So wartet netzwertig heute mit dem Link auf das StudiVZ-„Edelprofil“ der CDU auf (das ist sowas wie die Fan-Seiten bei Facebook), in dessen Gaestebuch einige Netzfilter-Kritiker der CDU einmal ordentlich die Meinung geigen. Die Reaktion der CDU beschraenkte sich bis vor einigen Stunden auf einen einzigen Antwortkommentar der nicht von schlechten Eltern ist — Auszug:

Wer ein Stopp der Kinderpornographie im Internet zur Zensur erklärt, dem sind offensichtlich geschäftliche Interessen wichtiger als die Menschenwürde.

Hoppla, so geht man oeffentlich mit Kritikern um, nicht schlecht. Interessanterweise deckt sich der Text auch quasi 1:1 mit den Antworten, die CDU-Abgeordnete bei abgeordnetenwatch abgeben, wie einer der Kommentatoren bei netzwertig feststellt.

pinnwand

Mittlerweile hat man wenigstens so ein bisschen reagiert, indem man es diversen Onlineablegern deutscher Zeitungen gleichtut und die Pinnwand des StudiVZ-Profils bis morgen frueh um 1000 Uhr sperrt. Ich bin gespannt, was da noch folgt.

Von der SWP gabs uebrigens immer noch keine Antwort zur Zensursula-Berichterstattung. Langsam habe ich Lust, unverschaemt zu werden.

Hallo Martin Bormann

Liebes Ulm-Gegen-Rechts-Team,

huebscher Kinospot. Nicht ganz mein Geschmack, aber okay.

Nur eine Bitte.

Gutenberg Bible 4

Bitte, bitte, BITTE hoert endlich alle mal auf, Frakturschrift mit „braun“ in Verbindung zu setzen. Oder informiert euch mal ueber diesen Brief des NSDAP-Reichsministers Bormann, in dem er die Schwabacher als „Judenlettern“ bezeichnete.

Danke.

Bild: Gutenberg-Bibel G42 in New Haven, CT — Textura, aber nicht braun

Bleistift-Typo

Q: Woran erkennt man den perfekten Typographen?

A: Er kann aus der Hand, nur mit einem Bleistift bewaffnet, Schriftzuege in einem ganz bestimmten Schriftschnitt zeichnen.

zeichnung

Na gut, ich gebs ja zu — ich erkenne die Myriad, wenn ich sie irgendwo sehe, und ich weiss auch, wie sie so laeuft, aber mit dem Overheadprojektor als Zeichenhilfe geht das dann doch noch ein wenig sauberer.

projektor

Und dafuer, dass es fuer alle Beteiligten das erste so gebaute Forenplakat fuer die Uni war, hat das auch ganz gut funktioniert — vom Bahnen schneiden ueber das Grundieren und Vorzeichnen bis zum naechtlichen Malen auf Niveau 1 unter steigendem Biereinfluss.

malen

Die Kreise sind mittlerweile auch dran — und wer Vorverkaufskarten haben will, stehe entweder am 5. Mai vor dem BECI, im Forum, bei der FS-ET oder im Klinikhoersaal an, oder bestelle sie rechtzeitig(!) beim Org eures Vertrauens. Preis 3 EUR.

Warum es um Zensur geht

Ich werde in wenigen Minuten einen fuenfseitigen Brief mit 15 per Fussnote referenzierten und zur Sicherheit ausgedruckt beigefuegten Artikeln und Websites in den Briefkasten der Suedwest-Presse werfen, nachdem ich auf meine E-Mail eine Woche lang keine Reaktion erhalten habe.

Der nachstehende Text von Jens Scholz gehoert ebenfalls dazu. Scholz fordert ausdruecklich dazu auf, ihn zu copy/pasten und beliebig zu verbreiten. Der Aufforderung komme ich gerne auch hier nach.

Warum es um Zensur geht (Jens Scholz)

Da reiben sich gerade so viele die Hände, daß man eigendlich ein beständiges Rauschen hören müsste. Die Idee, das Thema Kinderpornografie als Popanz vorzuschicken, um das nun geplante Internet-Zensursystem einzuführen war aber auch wirklich eine richtig gute. Hat das ja zuvor mit den Themen Terrorismus und Internet-Kriminalität nicht wirklich hingehauen, kann man hier spitzenmäßig mit dem Holzhammer wedeln und Kritiker einfachst diffamieren, indem man die eigentliche Kritik ignoriert und ihnen vorwirft, sie wollten die Verbreitung von Kinderpornografie schützen. Wie schnell schon der Vorwurf zum beruflichen und gesellschaftlichen Tod führen kann, zeigte man nur wenige Wochen zuvor ja schonmal anschaulich am Exempel Tauss (der übrigens natürlich nicht im Netz „erwischt“ wurde, sondern über Handykontakte und DVDs per Post).
Aber ich schweife schon wieder – wie es durch die Wahl dieses Themas ja auch gewünscht ist – ab.
Denn das Problem, das die Kritiker haben, ist ja natürlich nicht, daß man den Zugang zu Kinderpornografie sperren will, sondern das Sperrinstrumentarium, das man dazu baut. Schaut man sich das an, merkt man schnell: Es geht nicht um Kinderpornos und wie man dagegen vorgeht. Ging es nie.
Es geht um die Installation eines generellen technischen Systems und die generelle Art und Weise, wie es betrieben wird: Es geht darum, daß eine waschechte, diesen Namen zu Recht tragende, Zensur ermöglicht wird. Auch wenn die zunächst gesperrten Websites tatsächlich nur Kinderpornografie beinhalten (was die Liste eigentlich extrem kurz halten müsste) wäre sowohl die Technik, die Verwaltung und sogar die Psychologie installiert, um sofort eine effektive Zensur betreiben zu können.

Technik
Die Provider sollen ihre Nameserver so umbauen, daß Webseiten, die das BKA aussucht und ihnen nennt, nicht erreichbar sind und dem Nutzer bei Aufruf stattdessen eine Sperrseite angezeigt wird. Gleichzeitig soll das BKA jederzeit abrufen könne, welche Nutzer auf Webseiten aus dieser Liste zugreifen wollten und stattdessen auf die Sperrseite geleitet wurden.
Ein normaler Internetnutzer, der seinen Nameserver nicht auf einen freien DNS-Server umstellt, sieht bestimmte Seiten nicht und erhält die Mitteilung, er wolle sich gerade Kinderpornografie ansehen. Ob das stimmt, weiß er nicht und nachprüfen darf er das auch nicht, da ja schon die Suche nach Kinderpornografie strafbar ist. Der Nutzer muss sich in diesem Moment weiterhin im Klaren sein, daß er gerade etwas getan hat, was das BKA als illegal ansieht und als Grund ansehen kann, gegen ihn vorzugehen.
Die allein schon technisch verursachten Risiken für jeden Internetnutzer sind immens, noch dazu, weil man damit auch noch eine perfide Beweisumkehr eingebaut hat: Sie müssen künftig ihre Unschuld beweisen, z.B. daß sie „versehentlich“ die gesperrte Seite angesteuert haben. Viel Spaß beim Versuch, Richtern TinyUrls, iFrames, Rootkitangriffe, Hidden Scripting und so weiter zu erklären, wenn Sie überhaupt wissen, was das ist.
Die Lösung zunächst: Den Nameserver umstellen, um sich dieser Gefahr vollständig zu entziehen. Geht schnell und kann jeder.
Die Technik ist allerdings interessanterweise das kleinste Problem in dieser ganzen Geschichte. Es gibt Staaten, die in ihren Zensurbemühungen schon wesentlich weiter sind. Die Menschen dort können dennoch sowohl anonym als auch unzensiert das Internet benutzen. Das Internet ist von Nerds gebaut worden. Ein Staat kann da so viel fordern wie er will, er wird das Netz auf technischer Ebene never ever kontrollieren können.

Verwaltung
Hier liegen die springende Punkte, die das Ganze zum Zensurinstrument machen:
1. Die gesperrten Inhalte stehen auf einer Liste, die das BKA direkt und ohne Prüfungsinstanz erstellt und die die Provider möglichst ohne sie anzuschauen zu installieren haben. Es entscheidet kein Richter über den Inhalt, es überprüft keine unabhängige Institution über die Rechtmäßigkeit, es gibt keine Regelung, wie Adressen überhaupt wieder von der Liste gelöscht werden könnten. Die Polizei, die Verbrecher verfolgt, bestimmt, welcher Wunsch nach welcher Information ein Verbrechen ist. Vorab zu definieren, was ein Verbrechen ist und hinterher darüber zu entscheiden, ob ein Verbrechen begangen wurde ist aber nicht Aufgabe der Polizei.
2. Die Liste ist geheim. So lange diese Liste nicht in die Öffentlichkeit gerät kann alles drinstehen und nichts davon muss gerechtfertigt werden. Wer das in Frage stellt wird zum Verdächtigen. Wie Zensur in Reinform eben funktioniert.
3. Der Gesetzentwurf ist schwammig genug, daß das BKA im Prinzip alles in die Liste setzen kann. Da im Web jeder Inhalt nur einen Klick weiter vom letzten entfernt ist und das Gesetz möchte, daß auch „mittelbare“ Seiten gesperrt werden können, kann somit de facto auch jede Seite gesperrt werden.
4. Das System soll die direkte Verfolgung von Zugriffen erlauben. es wird nicht nur gesperrt, sondern es kann auch nachgeschaut werden, wer sich die gesperrten Seiten ansehen will. Dies kann dann Anlass für verdeckte Überwachungen, Hausdurchsuchungen und andere existenzbedrohende Vorgänge sein.
Die Staatsanwälte dieses Landes üben ja seit einiger Zeit kräftig an der Vorverurteilungsfront, indem Sie inzwischen gerne mal Pressemitteilungen über eingeleitete Verfahren rausgeben und die Presse direkt zu möglichst spektakulär und öffentlichkeitswirksam inszenierten Verhaftungen mitnehmen (Zumwinkel, Tauss, Frau B.).

Psychologie
Womit wir schon beim gewünschten Effekt von Zensur sind: Die Einführung der Schere im Kopf. Die wirksame Selbstzensur, weil man nicht weiß, was eventuell passiert, wenn man zu laut und deutlich Kritik äußert. Die Geheimhaltung der Sperrliste und ihre völlige Unverbindlichkeit durch das Fehlen jeglicher Kontolle ist ein bewußt eingesetzes Instrument, um Verunsicherung zu erzeugen.
Ein anderes ist die Verknüpfung mit dem Thema Kinderpornografie, womit wir wieder am Beginn dieses Artikels wären. Man weiß ja inzwischen, daß auch nur der leiseste Ruch, man könnte eventuell irgendwas mit Kindesmissbrauch und Pädophilen zu tun haben, die Existenz vernichten kann, selbst wenn hinterher rauskommt, daß tatsächlich nichts an den Vorwürfen dran war. Wie nahezu generell nichts rauskommt. Das ist ein so extrem starkes und wirksames Druckmittel, was natürlich beispielsweise ein Herr Gorny sofort erkennt, weil sein Versuch, diese Schere im Kopf einzuführen (durch den Versuch, Filesharing als schreckliches Verbrechen zu diskriminieren), wirkungslos blieb und er sich nun an den besser funktionierenden Trigger dranhängt (indem er Urheberrechtsverletzung mit Kindesmissbrauch gleichsetzt).
Die Justizministerin gibt dann noch Tipps in die richtigen Richtungen, die natürlich prompt reagieren. Überhaupt, das mal ganz nebenbei, finde ich es immer wieder seltsam, daß Frau Zypries immer wieder als Warnerin vermittelt wird. Dabei war – so sagt sie zumindest – sie es, die den Gesetzentwurf gegenüber dem Vorabvertrag von Frau von der Leyen verschärfen ließ und dieser nun schon den Zugriff auf Stopp-Seiten verfolgen lassen will.

Um die Frage zu beantworten, warum und wann es in einer Gesellschaft überhaupt dazu kommen kann, daß ein Teil davon meint, einen solchen Eingriff vornehmen zu müssen und der andere Teil (zu dem ich u.a. mich zähle) darin ein so massives Unrecht sieht, das es zu bekämpfen gilt, kann man sich bitte den Artikel „Kampf der Kulturen“ drüben bei netzpolitik.org durchlesen.

Ergaenzung

Mittlerweile ist klar, was hinter der nicht ganz so durchdachten Aktion von ver.di steckte.

Ein „Designer“ aus Ulm hatte offenbar beanstandenswertes Material auf Team-Ulm gesammelt, auf CD gebrannt und neben ver.di/DGB auch an den Oberbuergermeister, alle Stadtratsfraktionen, den Kinderschutzbund und weiss Gott noch wen alles geschickt.

Ohne auf weitere Details eingehen zu wollen: ver.di war zum Glueck die einzige Organisation, die sich von dem betreffenden Brandbriefschreiber derart vor den Karren spannen lassen hat — im Rathaus kennt man uns ja mittlerweile, und die mir bekannten Reaktionen in anderen Gremien, deren Mitglieder angeschrieben wurden, haben mich sehr positiv ueberrascht. Es freut natuerlich, wenn die Vertreter offizieller Stellen in solchen Runden unsere Massnahmen zum Jugendschutz ausdruecklich loben.

Nach wie vor unklar ist fuer mich die Motivation des Herren Briefeschreibers. Angesichts dessen, was ich ueber den Herrn bislang herausgefunden habe, wundert es mich schon ein wenig arg, warum er Eintraege teilweise auf Seite 200(!) einzelner Gaestebuecher ausgegraben hat, um sie dann anschliessend auf CD zu brennen, anstatt sie einfach fuer die Moderation zur Loeschung zu markieren.

Ich bin ja sehr versucht, ihn einmal anzurufen und ihn zu fragen.

Die Hoelle auf Erden

The Gates of Hell are not here.

Vom katholischen Kanzelrambo Walter Mixa hatte ich es hier ja schon einmal, und zu Ostern war er ja bekanntermassen wieder propagandatechnisch aktiv:

„Wo Gott geleugnet oder bekämpft wird, da wird bald auch der Mensch und seine Würde geleugnet und missachtet. Eine Gesellschaft ohne Gott ist die Hölle auf Erden“, sagte der Militärbischof in seiner Osterpredigt in der Augsburger Marienkathedrale. (Welt Online)

Ich bin seinerzeit nicht darauf eingegangen. Munition gaebe es ja genug: Wie war das denn mit der Inquisition? Mit der Hexenjagd? Bei lebendigem Leibe verbrannt zu werden, weil einen der Nachbar als Hexe denunziert hat, das stelle ich mir wie die Hoelle auf Erden vor, mitten in einer ganz und gar gottesfuerchtigen Gesellschaft.

Gibts ja natuerlich lange nicht mehr, winkt der Kirchenmann ab.

Doch, anscheinend schon.

Ich habe mir lange ueberlegt, ob ich den entsprechenden Blogpost bei Malte Welding direkt verlinken soll. Ich habe mich dagegen entschieden, aus zwei Gruenden.

Erstens, weil beim Aufruf des Artikels das dort eingebettete Video sofort loslaeuft, das anscheinend die Verbrennung von fuenf angeblichen Hexe(r)n in Kenia zeigt.

Zweitens, weil ich in den nunmehr zehn Jahren bei der Feuerwehr zwar schon einige Male mit dem Tod und auch der einen oder anderen gar nicht so appetitlichen Leiche konfrontiert war, ich aber die 2:11 Minuten nicht ganz ansehen wollte, weil die mich sonst vermutlich noch nachts beschaeftigt haetten.

Wer sich sicher ist, mit einem Video zurechtzukommen, in dem fuenf Menschen bei lebendigem Leib verbrannt werden, der findet es bei Malte Welding im Blogpost „Video einer Hexenverbrennung in Kenia“ vom 20. April 2009.

Weniger graphisch, aber dennoch abstossend auch ein Artikel des Guardian, in dem beschrieben wird, wie Kindern Naegel in die Koepfe getrieben werden. Und alles im Namen des Vaters, und des Sohnes…

(Bild cc-by-nc mightymightymatze)

Schoen hier. Aber waren Sie schon mal…

Mir wurde heute unterstellt, ich betreibe ein eher unbekanntes, aber trotzdem gutes Blog. Dem widerspreche ich entschieden — stk ist weder bekannt noch gut. Dafuer stehe ich mit Videos der Wasserschlacht Kreuzberg-Friedrichshain, die sich hervorragend als Vorlage fuer den Krieg zwischen Uni Ost (aka BCI) und Uni West (aka FS-ET) eignet.

Hinter vorgehaltener Hand gefaellt mir die Idee aber tatsaechlich, und dank Pascal habe ich nun auch ein weiteres Blog im Feedreader — merci.

ein-herz-fuer-blogsUnd so will ich auch ein paar Blogs beitragen, die ich wegen der Unterhaltung lese und euch nicht vorenthalten moechte, die es aber noch nicht in meine (sowieso sehr versteckte) Linkliste geschafft haben. Die meisten sind zwar eher nicht klein, aber gut.

Coffee and TV

Das Druckerey-Blog von Martin Z. Schroeder

wirres — fachdings fuer dingens

Und in spaetestens 10 Minuten fallen mir noch tausend andere Blogs ein, die hier vielleicht sogar noch besser aufgehoben gewesen waeren. Aber zu spaet.

(Idee vom stylespion)

Wer solche Freunde hat…

Man kann von Gewerkschaften halten, was man will.

Ich zum Beispiel habe frueher mit Gewerkschaften den Kampf fuer bessere Arbeitsbedingungen, angemessene Loehne und Gleichberechtigung verbunden. Dieses Bild habe ich auch heute noch im Kopf — aber mit Dampfmaschinen im Hintergrund.

In juengster Zeit scheinen sie den Anschluss verloren zu haben, die Gewerkschaften. „IG Metall“, „IG Bergbau, Chemie, Energie“, das klingt so nach Mitte des 20. Jahrhunderts. „ver.di“ als Dienstleistungsgesellschaft, das hoert sich schon moderner an. Theoretisch.

Ich war ja schon ein wenig irritiert, als ich auf der rp09 im Panel „Die Rolle des Staates in der digitalen Gesellschaft“ sass. Vorne, auf dem Podium, sass Annette Muehlberg vom ver.di-Bundesvorstand, die das Thema wohl ganz anders verstanden hatte als die meisten Zuhoerer. Die wollten naemlich, so jedenfalls mein Eindruck, ueber Netzneutralitaet, Datenschutz und den Netzanalphabetismus vieler Regierungsmitglieder diskutieren, waehrend Muehlberg auf e-Government herumritt. Das muss man ihr nicht uebel nehmen, das Thema ist ja ihr Fachgebiet. Ich habe aber einige rollende Augen gezaehlt, als sie zum wiederholten Mal auf den Einsatz von Open-Source-Software in der Regierung zurueckkam, obwohl die Diskussion laengst in eine andere Richtung gewandert war.

„Gegen Nazis“ ist immer gut. Fast.

Mehr als nur irritiert war ich aber gestern nach einer Unterhaltung mit Andy B., seines Zeichens Geschaeftsfuehrer von team-ulm. Wie ja bekannt sein duerfte, plant die NPD-Jugendorganisation am 1. Mai eine Demonstration in Ulm, was erstens fuer Wirbel und zweitens fuer ein Grossaufgebot an demonstrativer multikultureller Integration sorgt. Verschiedenste Organisationen uebertreffen sich gegenseitig mit mehr oder weniger tollen Ideen, wie man den Braunen die Stirn bieten oder zumindest demonstrieren kann, wie weltoffen selbst eine kleine schwaebische Grossstadt sein kann.

Die groesste derartige Aktion ist das Buendnis „Ulm gegen Rechts“, getragen unter anderem von den Staedten Ulm/NU und den lokalen DGB-Ablegern. Eine weitere Aktion ist „Zeig Gesicht gegen Rechts“, ausgedacht von ScanPlus und mitgetragen von team-ulm, Radio7, der Suedwest-Presse und dem Stadtjugendring Ulm.

Von ZGRR kann man nun ebenfalls halten, was man will. Ich selber halte nicht viel davon, die Gruende dafuer erklaere ich vielleicht einmal in einem separaten Artikel, wenn ich ausreichend schlecht gelaunt ist. Maria Winkler vom ver.di-Regionalverband hat den Vogel aber ohne Zweifel abgeschossen. So schreibt sie in einer E-Mail an alle beteiligten Verantwortlichen von ZGRR, sie habe in der vorigen Nacht erfahren, dass „auf der home-page von team-ulm pornografische, sexistische, faschistische und rassistische Einträge vorhanden“ seien. Sie sei dem Hinweis nachgegangen und habe feststellen muessen, dass „das Gaestebuch“ (sic) eine Vielzahl von „pronographischen“ (usw.) enthalte. Die Verantwortlichen bei TU gingen anscheinend sorglos „mit den gespeicherten Profilen im Gaestebuch um“ (sic). Das Buendnis Ulm gegen Rechts distanziere sich gegen die Inhalte, fordere die ZGRR-Verantwortlichen auf, den Link zu TU zu „sperren, solange diese Seiten mit pronographischen […]“ aufweise und werde sonst den Link auf ZGRR von der Ulm-gegen-Rechts-Seite entfernen.

Ja, Frau Maria Winkler, es gibt Nutzer auf TU, die in Gaestebuecher anderer Nutzer Bilder mit zuweilen pornographischen, sexistischen und manchmal auch rassistischen Inhalten einbetten. Tut mir leid, ich wuerd’s gerne verhindern, ich wuesste nur nicht, wie das funktionieren soll. Wenn man, so wie ver.di, nur statische Seiten ohne nennenswerten Nutzerinput betreibt, mag das Netz wie ein ausdruckbares Bluemchenwieseninternet scheinen. Wenn man aber zeitweise ueber 12.000 User gleichzeitig online hat, gestaltet sich das etwas schwieriger.

Das soll nicht heissen, dass nichts gegen solche Inhalte unternommen wird — dazu hat Frau Winkler ja auch schon Stellungnahmen von Team-Ulm und ScanPlus erhalten. Die Moderatoren sind aber mit darauf angewiesen, diese Inhalte von den Nutzern auch gemeldet zu bekommen. So haette Frau Winkler beispielsweise saemtliche von ihr erkannten „pronographischen“ (&c) Eintraege mittels des „Spam“-Buttons markieren koennen. Dann waeren sie bei den passenden Moderatoren gelandet und vermutlich schon lange nicht mehr in den betreffenden Gaestebuechern zu sehen. Stattdessen schreibt Frau Winkler boese E-Mails, mit denen der TU-Moderation nicht geholfen ist, und entfernt Links — weil sie offenbar nicht begriffen hat, dass sich in einem sozialen Netzwerk ein Querschnitt durch die Bevoelkerung tummelt, und dementsprechend dort leider auch ein paar Idioten unterwegs sind.

Wenn man boese ist, liest man noch viel mehr aus der E-Mail. „Homepage“. „Das Gaestebuch“. „Profile im Gaestebuch“. Klasse. So liefert man sich untereinander Grabenkaempfe, anstatt sich gegenseitig zu unterstuetzen — entweder aus schierer Berufsbetroffenheit, oder weil man einfach keine Ahnung vom Netz hat und offenbar auch erklaerungsresistent ist. Wer solche Freunde hat, braucht keine Nazis mehr.